Protocol of the Session on January 26, 2017

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es ist zu warm in deren Büros.)

dass die Fraktion der AfD

(Thomas Krüger, SPD: Zu viel CO2.)

die Hinweise der Landtagsverwaltung nunmehr zumindest in ihren Änderungsantrag aufgenommen hat.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich etwas klarstellen, ich habe es bereits gesagt, aber ich möchte es an dieser Stelle noch mal wiederholen: Diejenigen, die sich strafbar gemacht haben, diejenigen sollen bestraft werden. Aber in Deutschland gilt – anders als in Diktaturen – glücklicherweise bis zur rechtskräftigen Verurteilung für jede Person die Unschuldsvermutung. Herr Kollege Manthei, ich hoffe – damit wende ich mich ausdrücklich an Sie persönlich –, dass Sie, der als Richter für diesen Rechtsstaat tätig war, dies Ihren Kolleginnen und Kollegen bei Gelegenheit in Erinnerung rufen.

Und, meine Damen und Herren, was genauso wichtig ist, die Zeiten, in denen in Deutschland Sippenhaft galt, haben Gott sei Dank 1945 ihr Ende gefunden.

(Beifall Thomas Krüger, SPD – Zurufe von Holger Arppe, AfD, Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD)

Und sie sind, auch wenn im Vorfeld dieser Landtagssitzung in der öffentlichen Diskussion gezielt – gezielt! – ein anderer Eindruck herbeigeführt werden sollte, noch nicht

wieder angebrochen. Ein Herr Höcke oder ein anderer der Parteifreunde der Antragsteller mögen das bedauern, aber ein demokratischer Rechtsstaat basiert darauf,

(Stephan J. Reuken, AfD: Wie war das noch mit Sippenhaft?)

dass jeder Mensch nur für sein eigenes Tun oder Unterlassen Verantwortung trägt.

Nun will ich gar nicht darauf eingehen, dass weder die SPD noch die sogenannten etablierten Parteien Verantwortung dafür tragen, was einzelne ihrer Mitglieder in ihrem Privat- oder auch in ihrem Berufsleben tun oder getan haben. Das, Herr Holm, Herr Manthei, wäre ungefähr so, als ob ich Ihnen vorhalten würde, dass, wenn sich Ihre Parteifreundin Beatrix von Storch in der Vergangenheit wiederholt mit Vorwürfen auseinandersetzen musste, sie habe Geld veruntreut, oder wenn beispielsweise Ihr Parteifreund Brett aus der Stuttgarter Ratsfraktion, der im vorigen Jahr schon zweimal Vorwürfe wegen Veruntreuung gegen sich erheben lassen musste, dies beispielgebend für die gesamte AfD-Partei wäre.

Ich kann weder bei der einen noch bei der anderen Person beurteilen, ob die Vorwürfe zu Recht erhoben wurden, aber, anders als es Ihr Fraktionskollege Herr Fernandes in der letzten Landtagssitzung tat, käme es mir eben nicht in den Sinn, solche Vorwürfe zu verallgemeinern, zu pauschalisieren und sämtliche AfD-Mitglieder als Teil einer kriminellen Vereinigung zu diffamieren. Ich will auch gar nicht darauf verweisen, dass es allein in diesem Land mehrere Tausend SPD-Mitglieder gibt, die sich zu einem nicht unerheblichen Teil, vor allem ehrenamtlich in Sozialverbänden und -vereinen engagieren,

(Zuruf von Bert Obereiner, AfD)

ohne dafür mehr als ein Dankeschön, als einen Händedruck zu erhalten – Menschen, deren Engagement am meisten durch das Fehlverhalten einiger weniger in ein schiefes, ein falsches Licht gestellt wurde.

Ich will an dieser Stelle – das wird vielleicht am meisten wehtun, Herr Holm, man hat es schon bei Ihrer Einbringung gemerkt –, ich will an dieser Stelle einfach das wiederholen, was der Vorsitzende der LIGA der Freien Wohlfahrtsverbände, Herr Martin Scriba, auf die pauschalen, undifferenzierten Vorwürfe aus den Reihen der AfD ausgeführt hat. Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich aus der Meldung der dpa vom 17. Januar dieses Jahres, dort heißt es: „Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege hat pauschale Kritik der AfD an der Arbeitsweise der Sozialverbände in Mecklenburg-Vorpommern als Verunglimpfung bezeichnet und entschieden zurückgewiesen. Es bleibe der AfD-Fraktion unbenommen, im Landtag einen Untersuchungsausschuss zu Fragen der Verbandsförderung zu beantragen. ‚Inakzeptabel ist jedoch, wenn die AfD dieses Ansinnen mit öffentlicher Stimmungsmache gegen die freie Wohlfahrtspflege begleitet und deren Verbände durch Verbreitung von nicht belegten Gerüchten und unbewiesenen Behauptungen diskreditiert‘, betonte der Vorsitzende der Liga, Martin Scriba“. Weiter wird Herr Scriba in der dpa-Mitteilung dergestalt zitiert: „Mit ihrem Generalverdacht beschädige die AfD Ruf und Engagement von etwa 150.000 Menschen, die sich landesweit in den Wohlfahrtsverbänden und deren Einrichtungen haupt- und ehrenamtlich enga

gierten, beklagte Scriba. Sie trügen maßgeblich zu sozialer Gerechtigkeit und einem menschenwürdigen Leben auch für Hilfebedürftige bei.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, diesen Worten ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Die AfD pauschaliert, sie diffamiert, sie grenzt aus, sie macht mit ihren Worten das Engagement vieler unbescholtener Menschen in unserem Land, die sich ehrenamtlich oder hauptamtlich im Bereich der Wohlfahrtspflege engagieren, schlecht.

(Holger Arppe, AfD: Sie erzählen Märchen.)

Wer diese Menschen unter Begriffen wie „Sozialmafia“ zusammenfasst, wer die Arbeit dieser Menschen mit den Worten „Sozialindustrie“, wie durch Herrn de Fernandes von der AfD in der letzten Landtagssitzung geschehen, deklassiert, macht deutlich, dass es ihm eben nicht um die Aufklärung von Sachverhalten, sondern um die Diffamierung und Ausgrenzung von Menschen geht. Einem solchen Verhalten, sehr geehrte Damen und Herren, werden wir uns als SPD-Fraktion allerdings immer und überall entgegenstellen.

Heute und hier werden wir als Fraktion uns der Stimme enthalten. Wir hoffen, dass die bisherigen Äußerungen der AfD nicht der Maßstab sind, mit dem sie versucht, den Untersuchungsausschuss zu instrumentalisieren.

(Jürgen Strohschein, AfD: Von Pontius zu Pilatus.)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Torsten Renz, CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Torsten Koplin für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bedeutung von Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen kann man nicht hoch genug einschätzen. Das gilt natürlich vor allem aus Sicht der Opposition, geht es doch bei Untersuchungsausschüssen um die Rechte von Minderheiten, um Kontrolle der Landesregierung, um Aufklärung und Transparenz. Nicht ohne Grund gelten Parlamentarische Untersuchungsausschüsse als schärfstes Schwert der Opposition. Dieses hat meine Fraktion beziehungsweise Vorgängerfraktion mehrfach genutzt, war es doch meistens DIE LINKE, die in der Vergangenheit Untersuchungsausschüsse entweder allein oder gemeinsam mit anderen Fraktionen durchsetzte.

Ich denke etwa an den Untersuchungsausschuss zur Klärung von Sachverhalten im Zusammenhang mit dem Kauf und dem Betrieb der Deponie Ihlenberg bei Schönberg aus der 1. Wahlperiode. Ich denke an den Bereich des Innenministeriums. Damals ging es um die Vergabe von Spielbanklizenzen, den Verbleib und die Verwendung von Waffen und Munition aus DDR-Beständen und die Beschaffung von Dienstfahrzeugen. Das war in der 2. Wahlperiode. Ich erinnere an den Untersuchungsausschuss zur Klärung von Sachverhalten im Zusammenhang mit der Verschwendung beziehungsweise Veruntreuung von öffentlichen Geldern bei der Privatisierung von ehemals volkseigenen Betrieben in MecklenburgVorpommern. Einen solchen Untersuchungsausschuss

gab es sowohl in der 2. als auch in der 3. Legislaturperiode. In der letzten Wahlperiode – viele von uns werden sich daran noch lebhaft erinnern – hat sich ein Untersuchungsausschuss mit Sachverhalten im Zusammenhang mit der finanziellen Unterstützung der P+S Werften gründlich auseinandergesetzt.

(Torsten Renz, CDU: Ergebnis?)

Meine Damen und Herren, niemand dürfte also ernsthaft bestreiten,

(Torsten Renz, CDU: Das war überflüssig, Herr Koplin.)

dass es in Mecklenburg-Vorpommern, Herr Renz, eine gewisse Tradition mit Untersuchungsausschüssen gibt. Die Landtage haben mit Untersuchungsausschüssen solide Erfahrungen sammeln können. Niemand dürfte ernsthaft bestreiten, dass meine Fraktion Untersuchungsausschüssen in der Regel aufgeschlossen gegenübersteht.

Umso enttäuschender, sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrte Kollegen der AfD, war für unsere Fraktion der heutige Antrag der AfD-Fraktion. Mit großem Tamtam haben Sie den Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit Zuschüssen des Landes an die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern angekündigt. Die AfD, Sie also, hatte mehrere Monate Zeit zur Vorbereitung und Formulierung des Antrages. Was herausgekommen ist, ist, mit Verlaub, eine ganz dünne Suppe, ganz dünne Suppe.

(Holger Arppe, AfD: Schmeckt aber.)

Kurioserweise stützen Sie sich auf ein Sammelsurium von Zeitungsartikeln und Zeitungsschnipseln, die Sie zusammengeschoben haben. Kurioserweise ist es so, dass aus Ihren Reihen nicht selten der diffamierende Begriff „Lügenpresse“ kam. Nunmehr, beim Untersuchungsausschuss, vollzieht die AfD jedoch eine Kehrtwende:

(Torsten Renz, CDU: Sehr interessanter Aspekt.)

Aus der „Lügenpresse“ macht die AfD mit diesem Antrag „Kronzeugen“. Das passt der AfD an dieser Stelle schön in den Kram.

(Torsten Renz, CDU: Das ist ein sehr interessanter Aspekt.)

Nun haben Sie wenige Stunden vor Beginn dieser Sitzung einen Änderungsantrag vorgelegt, mit dem Sie Formulierungen Ihrer ursprünglichen Antragstellung präzisieren wollen und wichtige Formalien – wir haben es gerade gehört –, offensichtlich auf Anraten der Landtagsverwaltung, aufgenommen sehen wollen. Das macht den Antrag möglicherweise korrekter,

(Jochen Schulte, SPD: Aber nicht besser.)

aber wissen Sie, ein Geschmäckle bleibt dennoch, denn ich unterstelle Ihnen an dieser Stelle mal, Ihnen ging es ursprünglich mehr um Effekthascherei als um seriöse Aufklärung und um die Dinge, die Herr Holm vorhin als zwei entscheidende Punkte genannt hat.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Mit den Formalien und den Fragen, die mit dem Änderungsantrag auf den Tisch gekommen sind, will ich mich jetzt nicht im Detail auseinandersetzen, uns geht es an dieser Stelle vor allen Dingen um inhaltliche Fragen. Einige Fragen möchte ich deswegen an Sie, die Mitglieder der AfD-Fraktion, richten. Vielleicht bekommen wir hier noch mal Aufklärung.

Eine erste Frage: Warum haben Sie Ihre Fragen nicht zunächst im Finanzausschuss gestellt?

(Thomas Krüger, SPD: Richtig. Gute Frage!)

Der Finanzausschuss wird sich doch auf unseren Antrag hin mit den Sozialverbänden befassen. In der letzten Sozial…, nein, Finanzausschusssitzung – Entschuldigung, wenn ich mich jetzt versprochen habe –, in der letzten Finanzausschusssitzung am vergangenen Donnerstag gab es zu diesem Antrag ein Expertengespräch, aufschlussreich, wie ich finde. Der Landtag hat den Antrag, den wir im Dezember gestellt haben – er hieß „Sozialverbände besser prüfen und unterstützen“ –, überwiesen, hat also die Ansprüche, Herr Holm, die Sie vorhin gestellt haben, bereits in sich aufgenommen.

(Dr. Matthias Manthei, AfD: Der Landesrechnungshofbericht von 2015, da war noch genug Zeit, da war genug Zeit.)

Diese sind bekannt, ja, Herr Dr. Manthei?!

Nunmehr ist es so, wir befassen uns damit. Wir haben einstimmig entschieden, dass dieser Antrag in den Ausschuss kommt. Dort wird bereits die Sacharbeit geleistet. Und nun kommen Sie gleichwohl mit einem Antrag …

(Jochen Schulte, SPD: Es geht ja nur um die Öffentlichkeit.)

Ja, es geht offensichtlich weniger um die Sache, mehr um die Öffentlichkeit.