Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3606 zur Beratung an den Innen- und Europaausschuss zu überweisen. Wer möchte diesem Überweisungsvorschlag zustimmen, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktion Freie Wähler/BMV, der AfD-Fraktion, der Fraktion DIE LINKE und des fraktionslosen Abgeordneten und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3606. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV auf Drucksache 7/3606 bei Zustimmung der Fraktion Freie Wähler/BMV, Gegenstimmen der Fraktionen von SPD und CDU sowie Enthaltung der Fraktionen der AfD und DIE LINKE und des fraktionslosen Abgeordneten abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 42: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Insektenfreundliches Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 7/3599.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Keine Angst, jetzt kommt nicht das große Krabbeln, aber es geht vielleicht doch ein kleines bisschen in diese Richtung.
Vor gut zwei Wochen legte der Weltbiodiversitätsrat der Vereinten Nationen einen dramatischen Bericht vor. Demnach sind rund eine Million Arten in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vom Aussterben bedroht, wenn es zu keinem Umsteuern bei der Landnutzung, beim Umweltschutz, bei der Eindämmung des Klimawandels kommt. Ein zuverlässiger Indikator für die Biodiversität ist dabei der Zustand der Insektenwelt. Vielfach sind gerade die Insekten die Basis der Nahrungspyramiden oder stehen am Anfang von Ketten, die die gesamte Funktionstüchtigkeit des Ökosystems überhaupt gewährleisten – im Rahmen der wissenschaftlichen Kenntnislage ein düsteres Bild. Dieses düstere Bild benennt auch eine ganze Reihe von Verursachern.
Zugegeben, dieser Bericht passt zum Antrag. Aber bevor gegoogelt wird – Herr Renz ist ja sowieso anders beschäftigt jetzt –: Unser Antrag war vorher da.
Der UN-Bericht unterstreicht Aktualität, Bedeutung und Dringlichkeit unseres Anliegens. Wir nehmen für uns nicht in Anspruch, die einzige mahnende Stimme, Idee oder Taktgeber zu sein. Ganz im Gegenteil, wir begreifen uns als ein Teil eines großen Chores und würden uns wünschen, wenn Sie in diesen Chor mit einstimmen.
Auch hierzulande hat der Verlust der biologischen Vielfalt oder das Insektensterben, wie es oft verkürzt dargestellt wird, schon des Öfteren eine Rolle gespielt. Nicht zuletzt die Regierungskoalition hat schon mittels Antrag auf die Veröffentlichung der sogenannten Krefelder Studie reagiert und einen entsprechenden Landtagsbeschluss mit dem Titel „Insektensterben stoppen – Forschungen intensivieren“ herbeigeführt. Es gab ebenso einen Antrag zur Förderung von insektenfreundlichen LEDs, der die Zustimmung des Landtages fand, und die Oppositionsfraktionen stellten Anträge, die hauptsächlich die Forschung über die Ursachen des Rückganges der Insektenpopulation ins Zentrum stellten. Zwischenzeitlich hat die Regierung die Initiative „Mehr Respekt vor dem Insekt!“ gestartet. Das begrüßen wir außerordentlich und ich bin dem Minister sehr dankbar dafür, dass das auch mit der entsprechenden medialen Kraft verbreitet wird. Das begrüßen wir in dem Falle also gleich doppelt. Das Problem ist mittlerweile in den meisten politischen Parteien und mitten in der Gesellschaft angekommen.
In der Wissenschaft ist es mittlerweile Konsens, dass weltweit ein alarmierender Rückgang an biologischer Vielfalt in der Kultur und insbesondere in der offenen Agrarlandschaft zu verzeichnen ist. Die Zahlen des UNBerichtes haben wir alle wahrgenommen. Meist steht dabei der Verlust an bestäubenden Insekten im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte, weil dieser unmittelbar die dramatischsten Auswirkungen hat. Die Honigbiene ist dabei zum Symbol geworden, nicht nur wegen Maja.
Und wenn ich an unseren Landtag denke, meine Damen und Herren, in Schwerin, stellt sich dieses Thema in der Praxis bereits mit einem Bienenstöckchen auf dem Dach des Hauses.
Ich korrigiere, mit mittlerweile fünf Bienenstöcken auf unserem Dach sind wir gewissermaßen dort auf dem Wege, ein gutes Beispiel für andere zu sein.
Insekten bilden ein wichtiges Glied in der Nahrungskette und rund ein Drittel der Nahrungs- und Futtermittelproduktion sind direkt auf Bestäubung durch diese Insekten angewiesen. Gleichzeitig muss dies aber auch als ein
Die Ursachen für diese Entwicklung sind sehr komplex. Durch die Wissenschaft werden hauptsächlich der Lebensraumverlust durch Urbanisierung und Versiegelung, durch die Intensivierung der Landwirtschaft, chemischsynthetische Pflanzenschutzmittel und Düngemittel, Pathogene und Einschleppung fremder Arten sowie der Klimawandel verantwortlich gemacht. Das zeigt, dass diese Verluste an biologischer Vielfalt nur ein Symptom für systematische und strukturelle Ursachen sind. Dabei ist ein falsches Agrarmodell der EU und in Deutschland ein besonderes Moment, denn dort wird auf Agrarexporte für den Weltmarkt gesetzt, für den möglichst viele und möglichst billige agrare Rohstoffe produziert werden sollen. Damit wird Landwirtschaft auf eine billige Rohstofflieferfunktion reduziert, statt eine gemeinwohlorientierte Versorgungsfunktion mit nachhaltig produzierten Lebensmitteln für kostendeckende Erzeugerpreise auszufüllen. Das habe ich extra noch einmal ausgeführt, weil möglicherweise der im Antrag unter I formulierte Satz für die Erklärung eines falschen Agrar- und Wirtschaftsmodells der EU und in Deutschland sonst missverständlich wäre.
Von diesem Agrarmodell profitieren Saatgut- und Verarbeitungs- und Vermarktungskonzerne, und am Ende stehen die, die zu zahlen haben, die Menschen, die Natur und vor allem auch die Bauern. Doch dagegen formiert sich wachsender Widerstand. Erste Fortschritte wurden erreicht, sind aber angesichts der wissenschaftlichen Datenlage längst nicht ausreichend. Obwohl zum Beispiel selbst die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die Wirkstoffgruppen der Neonikotinoide als besonders bienengefährlich bewertet hat, sind nur erste Verbote der Anwendung solcher Pflanzenschutzmittel im Freiland erfolgt.
Das Volksbegehren „Artenvielfalt“ in Bayern mit über 1,7 Millionen Unterschriften in nur ganz kurzer Zeit hat mehr als deutlich gemacht, dass dies immer mehr Menschen nicht mehr hinnehmen wollen. Diese Botschaft muss auch im Parlament von Mecklenburg-Vorpommern verstanden werden. Aber, um es klar auszusprechen, meine Fraktion und ich wollen auf keinen Fall die Landwirtschaft an den Pranger stellen. Statt einen Pranger für die Landwirte und Landwirtinnen will DIE LINKE in den verschiedensten Landtagen von Berlin, Brandenburg, Hessen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen und im Bundestag gemeinsam mit meiner Fraktion in diesem Hause eine grundlegende strategische Änderung in der europäischen und deutschen Agrarpolitik, damit sie von nachhaltiger Landwirtschaft auch leben kann.
Zukünftig sollen EU-Agrarsubventionen konsequent an soziale und ökologische Kriterien gebunden werden und für mehr insektenfreundliche Kulturflächen, wie Brachenschutz, Streifenhecken, Kleingewässer, aber auch für gute und fair bezahlte Arbeit in der Landwirtschaft benutzt werden. Dazu muss die Landwirtschaft auf Augenhöhe mit der Konzernmacht agieren können. Dafür müssen die regionale Produktion, Verarbeitung, Vermarktung ausgebaut und das Kartell, das Kartellrecht, Entschuldigung, auf Gemeinwohlinteresse ausgerichtet werden. Dazu muss das EU-Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel so geändert werden, dass es transparenter und unabhängig ist und in der Risikobewertung alle Gefahren Berücksichtigung finden.
Auch die Weidetierhaltung muss als wichtiger Beitrag zu einer nachhaltigen Landwirtschaft umfassend gefördert werden, Flächenversiegelung vermieden und, auch wenn die Positionen, beispielsweise zu Mitteln wie Glyphosat, durchaus strittig sind, hier ein unverzügliches Verbot eingeleitet werden. Das dritte Urteil in den USA mittlerweile gegen Monsanto ist doch ein Signal, das auch Europa aufhorchen lässt.
Gleichzeitig hat durchaus ein Umdenken in der Landwirtschaft begonnen. Das zeigt, dass nicht nur stetig, wenn auch langsam wachsend, der Anteil des Ökolandbaues zunimmt, sondern auch in mehr konventionell produzierenden Betrieben wächst die Bereitschaft zur Veränderung. Politik muss deshalb zwingend für Rahmenbedingungen sorgen, damit notwendiges Handeln nicht zum existenziellen Risiko für diese Betriebe wird. Die Landwirtschaft muss zum Verbündeten der Politik werden, genauso, wie wir Verbündete der Landwirtschaft sein müssen.
Bleibt, für unser Land ein besonderes Problem zu erwähnen: Immer mehr Agrarflächen befinden sich im Besitz von außerlandwirtschaftlichen, von außeragrarischen Investoren, die ihre Flächen von Dienstleistern bewirtschaften lassen, und da stören insektenfreundliche Landwirtschaftsstrategien, Umweltschutzauflagen, Einschränkungen im Düngerecht oder beim Einsatz von PSM bei der Gewinnoptimierung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin mir durchaus bewusst, dass der vorgelegte Katalog von insgesamt 16 Punkten nicht in jedem Falle von jedem geteilt wird, aber seien Sie sich bewusst auch der Tatsache, dass wir von den insgesamt 52 Punkten, die wir vorgehabt haben, eine ganze Reihe gestrichen haben. Maßnahmen, die im Voralpenland sinnvoll sind und in der Oberrheinischen Tiefebene, sind natürlich genauso nicht enthalten wie Dinge, die hier mehr strittig sind als andere.
„Mehr Respekt vor dem Insekt!“ sagt die Landesregierung. Wir stimmen in dieses Lied mit ein und bitten Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. Ich freue mich auf eine angeregte Debatte. – Danke schön.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ehe wir weiter verfahren, möchte ich eine Ankündigung machen: Die Fraktion Freie Wähler/BMV hat zwischenzeitlich ihren Antrag auf Drucksache 7/3604 zurückgezogen. Damit entfällt die Beratung des Tagesordnungspunktes 43.
An dieser Stelle unterbreche ich die Sitzung, bis ein dritter Minister oder eine dritte Ministerin das Parlament wieder beehrt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung wieder und bitte Sie, wieder Platz zu nehmen.
Wir setzen die Beratung zum Tagesordnungspunkt 42 fort. Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich
Für die Landesregierung hat um das Wort gebeten der Minister für Landwirtschaft und Umwelt. Herr Dr. Backhaus, bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den nächsten Stunden werden junge Leute wieder auf die Straße gehen und demonstrieren für und gegen die Veränderung des Klimas.
Ich glaube, dass dieser Antrag heute auch ein Teil einer Strategie ist, weil alles hängt mit allem zusammen. Wer das nicht versteht und begreift, dass wir Menschen nur ein Teil des ökologischen Fußabdruckes dieser Erde, dieses Planeten sind, der wird auch nicht verstehen, dass wir nur zu Gast auf dieser Erde sind. Und deswegen finde ich es gut, dass junge Leute sich engagieren. Ich habe das gestern schon gesagt. Ich bin auch sehr glücklich darüber, dass wir gemeinsam RUN gegründet haben, nämlich den Rat für Umwelt und Nachhaltigkeit.
Herr Weiß, ich möchte Ihnen ausdrücklich danken, für die Art der Darstellung und auch für den Antrag. Der reiht sich vom Prinzip her in unsere Strategie wirklich sehr, sehr gut ein. Sie haben selbst angedeutet, natürlich kann der eine oder andere Punkt auch differenziert betrachtet werden, aber unterm Strich zählt, gelingt es uns nach außen und nach innen, Mecklenburg-Vorpommern wirklich zu einem ökologischen Paradies weiterzuentwickeln. Von außen werden wir so betrachtet, das ist auch so dokumentiert, als ökologisches Paradies.
Und ich glaube auch wirklich, ganz ehrlich sagen zu dürfen, dass Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren seit der politischen Wende immense Leistungen für den Natur- und Umweltschutz auf den Weg gebracht hat, natürlich mit den Kommunen, mit den Unternehmen, aber auch mit den Verbänden. Und da beziehe ich sowohl die schützenden Verbände als auch die Natur nutzenden Verbände mit ein.
Ich glaube, man darf auch unterm Strich eins festhalten, hätten wir die Insekten nicht, die im Übrigen uns überlegen sind, wenn ich das mal herausarbeiten darf: Die Insekten leben, was wir heute wissen aus Wissenschaft und Forschung, seit mehr als 500 Millionen Jahren auf dieser Erde. 500 Millionen Jahre auf dieser Erde! Sie haben sich angepasst. Sie haben im Übrigen auch den letzten Klimawandel, den es vor 56 Millionen Jahren gegeben hat, sie haben das zum Teil überstanden. Wir reden ja heute in der Wissenschaft und Forschung davon, dass wir in einem Zeitalter der fünften Epoche dieses blauen Planeten leben dürfen, der nur knapp 14 oder 11.700 Jahre alt ist. Diese fünfte Epoche ist durch den Menschen geprägt. Das heißt, wir haben es in der Hand, dafür zu sorgen, dass die nachfolgende Generation auch noch auf diesem Planeten leben darf und möchte. Wenn es nicht gelingt, auch bei der Artenvielfalt im Übrigen jetzt die Notbremse zu ziehen, dann muss jedem klar werden, ohne Insekten gibt es kein Leben auf der Erde, es gibt nichts zu essen und es würde stinken.
Und wenn man das alles ein Stückchen verinnerlicht, dann wird man auch nachvollziehen können, warum wir
in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur den Wettbewerb gemacht haben insektenfreundlichste Region/Gemeinde, sondern ich habe auch diese, genau diese Strategie, Mecklenburg-Vorpommern zum insektenfreundlichsten Bundesland Deutschlands, Europas und der Welt zu machen. Und da kann jeder seinen eigenen Beitrag leisten,