Protocol of the Session on May 24, 2019

der Arbeitsplatzinhaber frei geworden sind, das hat Herr Foerster ja schon gesagt.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das mal vorweg.

Jetzt zu dem Antrag „Existenzminimum sichern – Hartz IV überwinden“. Ich bin ja ein sehr tierlieber Mensch und habe da in meiner Fraktion manchmal, was Wolf, Biber und so weiter angeht, durchaus Probleme mit der Durchsetzungsfähigkeit. Insofern finde ich auch Murmeltiere ganz niedlich.

(Heiterkeit bei Christiane Berg, CDU)

Und ich bin gern bereit, auch das Murmeltier der Linksfraktion pfleglich zu behandeln – insofern also viel Verständnis dafür. Herr Ritter hat mal gesagt, das Grundprinzip des Verstehens und auch des Lernens ist Wiederholen. Auch da sind wir in einem Boot. Insofern habe ich sehr viel Verständnis für diesen Antrag. Man muss eben die Bereiche, die einem besonders am Herzen liegen, immer wieder betonen. Das machen Sie.

Wir haben x-mal schon über alles Mögliche bei Hartz IV gesprochen. Ich frage mich nur manchmal: Sie haben doch eine Bundestagsfraktion, warum schicken Sie die nicht ins Rennen?

(Henning Foerster, DIE LINKE: Die sind genauso am Ball, aber heute reden wir über landespolitische Probleme. – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das machen die auch. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sie reden über Landespolitik, insofern, als dass wir sagen, der Landtag fordert die Landesregierung auf, im Bundesrat dies und jenes zu machen – gut, ist zugestanden, machen wir auch manchmal,

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

aber es wäre eigentlich schön, wenn wir das etwas minimieren, alle minimieren und die Dinge, die Bundespolitik betreffen, dann auch im Bundestag besprechen würden.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Also „mehr Richter an den Sozialgerichten“ entscheiden wir hier?! – Glocke der Vizepräsidentin)

Im Einzelnen: „Existenzminimum sichern – Hartz IV überwinden“ – wir wissen ja, dass Sie ein Problem mit Hartz IV haben, und es ist zugestanden, es gibt eine Menge Probleme im Detail mit Hartz IV. Deswegen – um das vorwegzusagen – würden wir diese Probleme gerne im Sozialausschuss besprechen, würden einer Überweisung in den Sozialausschuss zustimmen, damit man im Detail mal die Probleme angehen kann.

Aber Hartz IV ist erst das Ende einer langen Kette verfehlter arbeits- und sozialpolitischer Regelungen. Sachgrundlose Befristungen, Zeitarbeit und, und, und sind die Vorgänger von Hartz IV. Sie betonen das ja auch immer wieder und stellen Anträge, um dagegen vorzugehen. Der Fairness halber muss man eben sagen, Hartz IV ist das Ergebnis einer teilweise auch verfehlten Arbeitsmarktpolitik im Arbeitsbereich. Das muss man komplex sehen.

„Existenzminimum sichern“ – da könnte ich sagen, da lasst uns doch auch mal über die Grundrente, über Altersarmut und so weiter reden. Und wenn Sie wirklich Existenzminimum sichern wollen – Sie hatten gesagt, jeder zwölfte Bürger in Mecklenburg-Vorpommern unterfällt dem Hartz-IV-Regime –, senken wir doch die Mehrwertsteuer, dann haben wir alle Bürger in jedem Bereich erfasst.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das ist „Existenzminimum sichern“ auf einer viel breiteren und wirkungsvolleren Basis, als nur an den Symptomen von Hartz IV rumzudoktern.

Im Einzelnen: Unter Nummer 1 beklagen Sie sehr zu Recht die langen Verfahrensdauern. Fast zwei Jahre vor den Sozialgerichten, zweieinhalb vor dem Landessozialgericht als Verfahrensdauer in Fällen, in denen es zumindest auch um Existenzminimum geht, sind untragbar. Darüber brauchen wir, glaube ich, überhaupt nicht zu diskutieren, da haben Sie völlig recht. Deswegen freue ich mich auf die Haushaltsdebatten und bin überzeugt, dass wir alle zusammen eine entsprechende Aufstockung der Richterstellen und des Justizpersonals an den Sozialgerichten und am Landessozialgericht einfordern werden. Ich denke, auch die Freien Wähler/BMV sind da mit im Boot. Jedenfalls hat Herr Manthei das bisher auch immer so praktiziert. Also deutliche Aufstockung – insofern alles okay.

Aber dann kommt wieder das Kind-mit-dem-Badeausschütten: Hartz IV überwinden, abschaffen, ohne dass Sie irgendeine brauchbare Alternative darstellen. Wir können gerne über Alternativen zu Hartz IV sprechen, aber dann hätte ich gerne mal gewusst: Wie sollen denn die brauchbaren Alternativen aussehen? Was wollen Sie anstelle von Hartz IV verwirklichen?

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das haben wir schon zigmal gesagt: eine sanktionsfreie Mindestsicherung. – Zuruf von Karen Larisch, DIE LINKE)

Wir haben eine Reihe von Problemen. Die Regelsätze haben Sie schon angesprochen. Dass die Regelsätze bedarfsgerecht zu orientieren sind und dass da in der Skala dessen, was in die Berechnung einfließt, viele unterwertige Zahlen zu finden sind, da sind wir uns einig. Ob man deswegen pauschal diese Erhöhungen, die Sie hatten, auf 518 oder was, oder 68 Euro, fordern muss,

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

da müssen wir uns im Detail dann um die einzelnen Punkte kümmern. Aber richtig ist, Regelsätze, die jetzt genannt werden, sind zu gering.

Gravierender in unseren Augen ist die viel zu kurze Verbleibdauer im Arbeitslosengeldregime. Da wird die Arbeits- und Erwerbsbiografie der Menschen nicht beachtet. Wer fast ein ganzes Erwerbsleben lang fleißig gearbeitet hat und dann nach eineinhalb Jahren in Hartz IV absinken soll, dem wird man damit in keiner Weise gerecht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Diese Zahl, dieser Übergang von Arbeitslosengeld zu Hartz IV muss gestaffelt werden nach der Zahl der Beitragsjahre im Arbeitsleben und dementsprechend müssen diese Fristen mindestens, mindestens bei entsprechender Erwerbsbiografie auf drei Jahre verlängert werden. Das allein wird auch dem Charakter dessen gerecht, was das Arbeitslosengeld war: Arbeitslosenversicherung. Da hat man eingezahlt.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Versicherungsleistung.)

Das ist eine Versicherungsleistung und kein Sozialgeschenk. Das, was wir jetzt haben mit Hartz IV, degradiert Versicherungen der Arbeitnehmer zu einer, ja, sozialen Geschenkleistung. Das wird dem überhaupt nicht ge

recht. Auch da sind wir also weitgehend einig, wenn wir sagen, da ist noch sehr viel Reformbedarf.

Dann möchte ich sagen, die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen, auch das Ergreifen einer Ausbildung, sind Punkte, die außerdem die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes verlängern sollten und nicht während der Ausbildung den Übergang von Ausbildung zu Hartz IV, wenn überhaupt, einleiten. Das heißt, auch da wären Stellschrauben. Mindestens genauso wichtig ist uns aber auch ein Grund – Sie haben die Zahlen genannt –, wie viele Menschen nun von Hartz IV dann ihre Wohnung verlieren und so weiter, weil sie durch Überschuldung die Miete nicht bezahlen können. Das ist ein grundsätzlicher Mangel.

Wir hatten letzten Monat schon darüber gesprochen, dass Hartz-IV-Empfänger die Beiträge, die auf Heizung, Unterkunft und Strom entfallen, selbst zugeleitet bekommen und dann weiterleiten müssen. Da ist natürlich der Anreiz bei einem verknappten Finanzmittelhaushalt sehr groß, auch davon für andere Bedarfe Zugriff zu nehmen, sodass dann die Miete oder die Heizkosten oder die Stromrechnung nicht mehr bezahlt werden können. Heute können die Hartz-IV-Empfänger einen Antrag stellen, dass das direkt vom Amt an den Vermieter oder die Versorgungsunternehmen bezahlt wird. Daran krankt das Problem, daran krankt das System.

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

Man sollte das generell so handhaben. Das verhindert ein solches Aufsummen an Schulden.

(Karen Larisch, DIE LINKE: Sie können die Menschen nicht entmündigen. Meinen Sie nicht, sie sind nicht fähig, das alleine zu tun?)

Grundsätzlich sollten direkt durch Abtretung entsprechender Ansprüche die Mietkosten, die Heizkosten und die Stromkosten direkt an die entsprechenden Empfänger geleistet werden.

Alles in allem – ich könnte hier noch weitermachen, ich habe hier noch etliche andere Punkte – sind das alles Detailregelungen. Insofern – wir hatten es schon gesagt – würden wir gerne im Detail im Sozialausschuss, von mir aus auch in allen anderen sich angesprochen fühlenden Ausschüssen, über diese berechtigte Grundkritik reden. Ihr Antrag aber, der wieder alles undetailliert zusammenwirft und dann in der Forderung mündet „Hartz IV überwinden“, ohne ein plausibles Ersatzsystem anzubieten, der ist uns zu weit. Wir sind für Gegensteuerung im Detail, aber nicht für Verabschiedung von einem System, ohne ein anderes an dessen Stelle zu stellen. Deswegen, wie gesagt, Diskussion über die Einzelpunkte gerne im Ausschuss, den Antrag selbst müssen wir aber ablehnen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich begrüße auf der Besuchertribüne Mitglieder der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern. Herzlich willkommen!

Und ich rufe auf für die Fraktion der SPD den Abgeordneten Herrn Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich will mal mit einer Geschichte aus dem Leben anfangen:

(Torsten Renz, CDU: Das mit dem Wasserstand würde mich jetzt noch mal interessieren! – Heiterkeit bei Sebastian Ehlers, CDU)

Mir ist in Schwerin ein Betrieb bekannt, der macht Catering, Partyservice und so weiter und so fort, das heißt, die bauen Bänke auf, Zelte. In diese Richtung geht das. Das ist eine Arbeit, die im Sommer deutlich stärker anfällt, als das im Winter der Fall ist, also Saisonarbeit. Und diese Leute sind darauf angewiesen, dass sie Arbeitskräfte finden. Sie arbeiten da mit dem Jobcenter und der Bundesagentur für Arbeit zusammen und erleben dann Folgendes, also die Geschäftsführerin dieses Betriebes erzählt mir Folgendes: Die sagt, das Gros, was wir heute erleben, ist, wenn Leute kommen sollen, entweder kommen sie gar nicht, der Nächste kommt mit der Bierflasche in der Hand.

(Dietmar Eifler, CDU: Oha!)

Dann sagt einer, ja, ich bin dann morgen um 10 Uhr da, der kommt dann um 13 Uhr. Und wenn man ihn fragt, warum kommst du erst um 13 Uhr, dann sagt er, na ja, es hat geregnet und ich muss mit dem Fahrrad kommen,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

ich komme doch nicht, wenn es regnet, da warte ich, bis der Regen aufgehört hat.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Also alle Hartz-IV-Empfänger sind faul und unfähig?!)

Diese Firma arbeitet hart. Und das, was die mir erzählen, ist ja nicht gelogen, das ist deren Wahrnehmung.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Und jetzt stellen Sie sich mal vor, wenn man denen sagt, passt auf, das, was wir jetzt hier an Hartz machen, das gibt es bedingungslos, jeder kriegt quasi Geld zur Verfügung, egal, ob er sich dann kümmert oder nicht! Das würde bei denen in erheblichem Umfang zu Verständnisschwierigkeiten führen, weil die würden sagen, das kann doch nicht sein, wir quälen uns hier und machen unsere Arbeit, und auf der anderen Seite gibt es eine Gruppe, die was tut oder nicht, das ist völlig egal, die werden aus staatlichen Leistungen, völlig unabhängig, ob es Steuermittel oder Sozialversicherungsbeträge gibt, finanziert, und so läuft das da. Das würde bei denen nicht auf wirklich großes Verständnis stoßen.

Herr Heydorn, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Foerster?