Protocol of the Session on May 23, 2019

Wissen Sie, aber das können Sie vielleicht gar nicht wissen …

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Einen Moment, Frau Oldenburg! Bitte einen Moment! Ich bitte um Ruhe! Die Rednerin ist nicht mehr zu verstehen.

Bitte, Frau Oldenburg.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sie provozieren, das möchten Sie ja!)

Wer hier provoziert, das werden Sie gleich hören!

Warum stehen Sie nicht mit drauf? Weil Ihre Kollegen aus dem Bundestag und der Bundestagsfraktion im letzten Jahr einen Antrag gestellt oder eine Kleine Anfrage gestellt haben.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Aufgrund dieser Kleinen Anfrage haben sich 18 Sozialverbände zusammengeschlossen und gewarnt vor der AfD,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Aufgrund der Medienbericht- erstattung über eine Anfrage.)

haben gesagt, es geht uns alle an, Wachsamkeit für Menschlichkeit.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Warum schließen sich 18 Sozialverbände zusammen und werben in einer Riesenanzeige darum, nicht auf Sie zu hören? Was wurde in dieser Kleinen Anfrage erfragt? In der Vorbemerkung sagten Ihre Kollegen, Behinderungen entstehen unter anderem durch Heirat in der Familie. Die ganze Anfrage hat den Titel „Schwerbehinderte in Deutschland“. Sie haben gefragt, welches die Hauptursachen sind für Schwerbehinderung. Sie haben gefragt, welches die Gründe sind und ob die sich seit 2012 verlagert haben. „Wie hat sich … die Zahl der Behinderten seit 2012 entwickelt, insbesondere die durch Heirat innerhalb der Familie …? … Wie viele der in der Bundesrepublik … lebenden Schwerbehinderten … besitzen keine deutsche Staatsbürgerschaft …?“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und da wollten Sie auf den Antrag mit drauf?! Na das können Sie vergessen!)

Das sind die Gründe, warum Sie heute auf diesem Antrag nicht mitstehen und warum Sie auf solchen Anträgen niemals stehen werden.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Da schweigt Herr Jesus.)

Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Herr Schulte.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht mal vorab ein Satz zur sachlichen inhaltlichen Aufklärung, weil hier immer wieder moniert worden ist, das wäre auch ein schwerwiegender Fehler, dass hier nicht in dem Antrag auf die UN-Behindertenrechtskonvention hingewiesen worden ist. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist durch die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet worden, sie bindet die Bundesrepublik Deutschland, und die Bundesregierung ist aufgefordert, in ihrem Handeln und ihrem Verhalten entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention zu handeln. Wir müssen weder die Bundesregierung noch die Bundesrepublik Deutschland regelmäßig dazu auffordern, entsprechend dieser UN

Konvention oder anderen zu handeln. Wir sollten es monieren, wenn sie es nicht tut, aber dies ist im konkreten Fall nicht gegeben.

Hier geht es erst mal darum, dass Verkehrsunternehmen, die privatrechtlich organisiert sind, entweder selbst agieren oder aber, wenn sie das denn nicht tun, auch im Sinne der Barrierefreiheit der betroffenen Menschen in diesem Land und in der Bundesrepublik Deutschland, natürlich die Bundesregierung entsprechend der eigenen Bindung, die sie eingegangen ist, unter anderem der UNBehindertenrechtskonvention, handelt. Das sehe ich aber im Moment noch nicht, dass man sie explizit in diesem Antrag dazu auffordern muss. Wir müssen auch keine Anträge stellen, dass die Sonne im Osten aufgeht. Das vielleicht vorab.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das ist eigentlich klar.)

Eben, das denke ich mir nämlich auch, Frau Kollegin Oldenburg.

(Heiterkeit und Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Jetzt zu dem Punkt, weswegen ich mich hier eigentlich zu Wort gemeldet habe.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, diejenigen, die mich kennen, die mich etwas länger kennen,

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Ich!)

wissen, dass ich durchaus auch manchmal den Wunsch zu einer etwas schärferen Auseinandersetzung verspüre.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Das kann ich verstehen.)

Das gehört auch zum parlamentarischen Leben.

(Heiterkeit und Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Herr Kollege Ritter lacht.

Aber die, die mich etwas länger kennen, wissen auch, dass dort, wo ich es für angebracht halte – und dies ist genau einer der Punkte bei diesem Antrag –, ich Wert darauf lege, dass wir möglichst breit in diesem Haus über die Frage Regierungsfraktionen/Oppositionsfraktionen gemeinsam agieren.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist richtig.)

Weil es gibt Dinge, da ist der politische Diskurs zwischen Parteien und Fraktionen im Interesse der politischen Auseinandersetzung auch in der Öffentlichkeit erforderlich, da muss man das hier mit der nötigen fachlichen, sachlichen und nicht unter die Gürtellinie gehenden Schärfe vortragen, aber die Fragen von Barrierefreiheit, vom Umgang mit Menschen in der Bundesrepublik Deutschland, in Mecklenburg-Vorpommern, mit Menschen, die Beeinträchtigungen haben, gehören nicht zu den Punkten, die man parteipolitisch diskutieren sollte.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist der Grund, weswegen ich mich persönlich, als die Überle

gung kam, dass wir dieses Thema politisch aufgreifen sollten, auch der Landtag, zum selben Zeitpunkt sowohl an die Kollegin Schwenke als auch an den Kollegen Eifler gewandt habe.

Und, sehr geehrter Herr Kollege Koplin, nur deswegen habe ich mich noch mal zu Wort gemeldet. Hier in diesem Plenarsaal eine Mär aufzubauen, dass es dann tatsächlich des Agierens des Vorsitzenden des Sozialausschusses bedurft hätte, damit hier überhaupt noch was zustande kommt – denn so habe nicht nur ich Ihren Redebeitrag aufgenommen –,

(Heiterkeit und Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

das, sehr geehrter Herr Kollege Koplin, schadet letztendlich der gemeinsamen politischen Arbeit aller demokratischen Fraktionen. Ich hoffe, dass ich so was in diesem Haus aus Ihrem Mund nicht noch mal wiedererlebe. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Um das Wort gebeten hat noch mal für die Landesregierung der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte hat jetzt eine größere Breite erreicht, als ich sie vorher angenommen hätte. Ich würde trotzdem gern auf einen Punkt zurückkehren, der aus der AfD-Fraktion zweimal Erwähnung gefunden hat.

Im ersten Wortbeitrag war die Annahme getätigt worden, die Anhörung habe erbracht, dass sei ohnehin alles in den Gesetzen stehend und deshalb kein Problem. Das würde mich überraschen, wenn das das Ergebnis der Anhörung war. Herr Professor Weber hat es dann etwas differenzierter formuliert, das will ich trotzdem gern noch mal aufgreifen. Der Antrag, den Sie jetzt vorliegen haben, und nach meiner Überzeugung zu Recht, geht davon aus, dass es eben keine hinreichende bundesgesetzliche Abbildung dieser konkreten Frage, über die wir hier sprechen, gibt

(Rainer Albrecht, SPD: Genau.)

und man im Zweifel genau da ranmüsste. Ich versuche mal, vielleicht für diejenigen, die in diesem Parlament sitzen und nicht vertieft mit der Frage befasst sind, weil sie in einem anderen Ausschuss mitarbeiten, noch einmal aufzurufen, wo der Hintergrund liegt.

1994 hat man den DB-Konzern, mit alldem, was da drinsteckt, filetiert in lauter Einzelteilchen. Dazu gehört, dass der DB Fernverkehr, die Intercitys und ICEs eine eigene GmbH sind. Diese machen eine völlig eigene Unternehmenspolitik, zwar unter dem Dach einer großen DB, aber eine Unternehmenspolitik, eigener Vorstand. Das Gleiche gilt für den Regionalverkehr, die DB Regio. Das gilt auch für die Stromversorgung und was weiß ich nicht alles, aber insbesondere für die Schienen und Gleise. Die liegen nämlich in der DB Netz AG und noch weiter differenziert. Die Bahnhöfe sind noch mal eine eigene Gesellschaft, die heißen DB Station&Service.

Nun gibt es leider nicht ganz so nicht weich gezeichnete Formulierungen in deutschen Gesetzen, die sagen, jeder

Bahnhof muss ab 01.01.2022 so barrierefrei sein, dass er jedem jederzeit das An- und Abfahren ermöglicht, sondern da stehen immer nur Sachen drin wie, „nach Möglichkeit“ und ähnliche Formulierungen. Im Übrigen, auch die UN-Behindertenrechtskonvention erteilt einen Auftrag nach Möglichkeiten, um darauf hinzuwirken und so weiter, es gibt eben kein festes Datum und eine Garantie, ab dem Tag passiert es. Deshalb ist schon die eigentliche Umsetzung an der Stelle nicht ganz einfach. Gleichwohl würde ich von der DB Station&Service erwarten, dass die Bahnhöfe barrierefrei sind. Wenn sie nicht barrierefrei sind, so sagt die DB Station&Service, dann kannst du die Hotline anrufen, und die helfen dir, ein bisschen salopp, wenn es darauf ankommt, die Treppe hoch oder wenn es keine Ansage gibt, würden wir in den Zug geleiten. Das ist die eine Seite.

Jetzt stehen wir also an der Bahnsteigkante und dann kommt eine andere Gesellschaft, die DB Regio könnte es sein, der DB-Konzern, es kann aber auch die ODEG oder die UBB sein, wir könnten weitere Gesellschaften nennen, und die sagen mir nicht zu Unrecht, ihr habt uns – auch da eine kleine Korrektur, das Land bestellt den Nahverkehr – in euren Verträgen verpflichtet, mit jedem Zug einen Zugbegleiter oder eine Zugbegleiterin mitzusenden, unter anderem im Übrigen mit dem Auftrag, dass die Züge barrierefrei sein müssen, und da, wo wirklich Hilfe benötigt wird, genau die Zugbegleiter, weil sie in jedem Zug dabei sein müssen, auf den Bahnsteig schauen, und wenn jemand Hilfe braucht, genau die Hilfe anbieten.

Nun bin ich an einer Schnittstelle, wo die einen sagen, das, was wir von euch an Geld bekommen, deckt genau den Service ab, den wir hier tun. Wenn ihr von uns jetzt wollt, dass wir uns zusätzlich an einer kostenpflichtigen Hotline beteiligen, die das alles koordiniert, dann sagen wir, unseren Job tun wir, ab der Bahnsteigkante nehmen wir jeden in den Zug und tun ihn rein und raus, keine Sorge, wir sorgen für alles das, was an Begleitung erforderlich ist.

Aber das ist nicht das Problem der Reise. Die Reisenden sagen, ich hätte gern sichergestellt, dass erstens der Zugbegleiter/die Zugbegleiterin das weiß, und zwar in all den Zügen, mit denen ich fahre. Zweitens würde ich ungern für dieses Bis-zur-Bahnsteigkante-kommen jemand anderes anrufen müssen als ab der Bahnsteigkante. Diese koordinierende Funktion hat bisher die Deutsche Bahn mit ihrer Servicehotline übernommen. Die DB sagt jetzt aber leider nach intensiver Gesetzesrecherche zu Recht, nirgendwo steht drin, dass wir das müssen.