Ja, ich sage Ihnen auch, warum. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, die heutige Aussprache kann eigentlich aufgrund des beruflichen Hintergrundes der meisten Abgeordneten von uns nichts anderes sein als ein Austausch angelesener Meinungen ohne wirkliches Hintergrundwissen über biochemische und epidemiologische Vorgänge.
(Torsten Renz, CDU: Das gilt ja nun für alle Themen, insbesondere für Bildung. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Wenn wir über Impfpflicht reden, dann reden wir stillschweigend primär über die Impfpflicht bei Kindern, das heißt Masern, Mumps, Röteln, Poliomyelitis, Pertussis und Diphterie. In der Presse wurde ja nur von Masern und Pertussis gesprochen. Tuberkulose – da gibt es überhaupt keine Impfung, also, bitte schön, das können wir gleich außen vor lassen. Und eigentlich könnte ich es mir leicht machen. Ich selbst und meine Kinder wurden zu DDR-Zeiten zwangsgeimpft.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Zwangsgeimpft! Und hat es Ihnen geschadet? Sind Sie krank geworden dadurch, oder was?!)
Der einzige Unterschied ist, das Impfen meiner Enkelkinder erfolgte mit Sechsfachimpfstoff, in dem auch Antigene waren, die wir eigentlich nicht wollten, nämlich Hepatitis B und Haemophilus Typ b – Krankheiten, die eine Inzidenz für Kleinkinder haben, die dermaßen gering ist. Deshalb ist die Belastung der Kinder mit diesen Antigenen Blödsinn.
Es besteht meines Erachtens kein Zweifel, dass die Entdeckung des Impfens als Infektionsschutz zu einer der herausragenden Leistungen der Medizin gehört.
Die erfolgreiche Bekämpfung der Pocken ist ein gern zitiertes Beispiel. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass es keinen einhundertprozentigen Impfschutz gibt und dass nicht nur das Impfen, sondern auch die Erfolge der Mikrobiologie und der Antibiotika für das erfolgreiche Zurückdrängen der Krankheitsgeißeln der Vergangenheit verantwortlich sind. Doch, meine Damen und Herren, Geißeln gibt es weiterhin, es sind heute nur andere. Sie heißen Tumor, Virusgrippe, Aids und Ebola, oder auch MSR. Letzteres sind die gegen Antibiotika multiresistenten Krankheitserreger. Das bedeutet, der Kampf gegen epidemiologisch relevante Krankheitserreger
wird uns also nach heutiger Erkenntnis dauerhaft erhalten bleiben, auch wenn wir eine Impfpflicht einführen.
Jeder Epidemiologe weiß, dass dieser Kampf nicht nur mit einer Maßnahme, sondern mit einem Bündel kombinierter Maßnahmen zu führen ist. Dazu gehören das Impfen, ein vernunftorientierter Umgang mit Antibiotika, Hygienestrategien, eine gesunde Lebensführung und so weiter. Dabei wird Impfen sicher eine wichtige Waffe bleiben in der Auseinandersetzung mit dem Teil der Natur, der offenbar dem höher entwickelten Leben Mensch nicht besonders wohlgesonnen ist.
Doch nun zum Impfzwang: Ich will gar nicht verhehlen, dass es Gründe gibt, unter denen ein Impfzwang an Bedeutung gewinnen mag. Dann ist aber immer zu fragen: Wer legt fest, gegen welche Erreger und welcher Personenkreis geimpft werden soll? Die Inzidenz der jeweiligen Krankheiten in bestimmten Regionen und die Schwere des Krankheitsverlaufes müssen dabei immer wesentliche Beurteilungskriterien sein, und diese Beurteilungskriterien fallen auch nicht immer gleich aus. Kurz: Impfen gegen alles, was da mikrobiologisch relevant sein könnte, ist schlichtweg Unsinn. Es macht zum Beispiel wenig Sinn, die deutsche Bevölkerung durchgängig gegen Malaria zu impfen.
Also muss man sich fragen, welche Bedingungen lassen überhaupt einen Impfzwang sinnvoll erscheinen. Und, ja, es gibt meines Erachtens Argumente für einen Impfzwang unter bestimmten Bedingungen. Das sind erstens pandemische Krankheitsverläufe in einer Population, Paragraf 20 Absatz 5 des Infektionsschutzgesetzes ermöglicht das bereits, zweitens die Einreise und Immigration aus anderer epidemiologischer Umwelt. Dieses Argument ist sicher nachvollziehbar in unserem Fall. Für Letzteres gibt es sogar erschreckende Negativbeispiele aus der Besiedelung der neuen Welt durch die Europäer. Leider war damals das Impfen noch nicht hinreichend möglich, sodass teilweise ganze Indianerstämme an eingeschleppten Infektionskrankheiten zugrunde gingen.
Drittens. Mancher mag auch die erhöhte Infektionsgefahr bei gemeinschaftlicher Betreuung der Kleinkinder in Krippen und Kindergärten bei noch unzureichender Konditionierung des kindlichen Immunsystems als einen Grund für Impfzwang ansehen. Impfbefürworter geben auch den Gruppenschutz, also den Herdenschutz, als wesentliches Proargument an. Ob diese fachlichen Argumente wirklich
Es gibt noch zwei gute Gründe, die auch für Impfpflicht sprechen, die aber aus meiner Sicht nicht besonders überzeugend sind: erstens das Wirtschaftlichkeitsargument der Pharmaindustrie, und das ist sehr schwerwiegend, und zweitens die moralische Entlastung der Eltern, wenn das Kind von einem Impfzwischenfall mit Schwerstschäden betroffen wird. Sie werden es leider besser ertragen, wenn sie nicht selbst die Entscheidung gefällt haben, dass das Kind geimpft wurde.
Trotzdem, die AfD-Fraktion sieht die oben genannten Gründe für eine generelle Impfpflicht für alle ohne genau begründete Faktenlage als nicht hinreichend an.
Insbesondere die jetzigen Masernargumentationen sind völlig aus der Luft gegriffen. Wir setzen auf Vernunft und Eigenverantwortung der Bürger,
denn nur, wer sich nicht impfen lässt, ist eher gefährdet, an den benannten Infektionen oder Kinderkrankrankheiten zu erkranken. Auch schwere Krankheitsverläufe sind heute meines Wissens aufgrund der pharmazeutischen Eingriffsmöglichkeiten eher selten.
Das deutsche Infektionsschutzgesetz ohne Impfpflicht bildet eine gute Grundlage der Gesundheitsvorsorge. Wichtiger als ein genereller Impfzwang sind eine umfassende Information der Bevölkerung über eine gesunde Lebensführung, Hygienestrategien und über den Nutzen und die eher geringen Risiken der Impfung. Der Staat sollte sich deshalb primär um einen leichten Zugang zu Impfungen in Schulen und Arbeitsstätten kümmern. Die ausreichende Stellenbesetzung im öffentlichen Gesundheitsdienst wäre schon mal ein guter Anfang.
Die Einbindung von Impfungen mit geringer Inzidenz in Kombinationsimpfstoffen für Kleinkinder erfolgt aus meiner Sicht oder aus unserer Sicht vor allem aufgrund wirtschaftlicher Argumentation der Pharmaindustrie. Dies lehnen wir ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich will zugeben, dass ich etwas überrascht war, als ich gesehen habe, dass das Thema „Einführung einer Impfpflicht“ als Aussprache bei
Also wenn man jetzt der Diskussion folgt und wenn man sich teilweise die Beiträge anhört, dann hat man den Eindruck, das ist hier etwas völlig Neues und als Land Mecklenburg-Vorpommern an der Spitze voran
versuchen wir jetzt, die Impfpflicht zu realisieren. Die Lebenswirklichkeit in der Bundesrepublik Deutschland sieht dagegen ein bisschen anders aus, Herr Renz. Ihr Gesundheitsminister in Berlin heißt Spahn, Jens Spahn.
(Torsten Renz, CDU: Ist das nicht auch Ihrer? Ist das nicht unser, oder sind Sie in Berlin schon raus?)
Der hat einen Gesetzentwurf vorgelegt und hat gesagt, wir führen das Thema Impfen ein, wir etablieren eine Impfpflicht, die wir auch durchsetzen werden, wo im Grunde quasi Bußgelder verhängt werden, wenn das nicht realisiert wird und so weiter und so fort. Jetzt könnte das Ganze ja ins Wanken geraten, wenn Ihr Koalitionspartner auf der Bundesebene, was wir sind, wenn wir sagen würden, um Gottes willen, die sind ja völlig verirrt bei dem Thema und wollen Sachen machen, die halten wir für völlig daneben, wir sind da ganz groß anderer Meinung.
Dem ist aber nicht so, Herr Renz. Wenn Sie Herrn Professor Lauterbach erleben, wie der sich zum Thema „Einführung einer Impfpflicht“ äußert, dann können Sie Folgendes feststellen: Zwischen dem Gesundheitsminister – Klammer auf, CDU, Klammer zu – und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD, Professor Karl Lauterbach, passt an der Stelle kein Blatt. Die sagen beide, das Thema „Einführung einer Impfpflicht“ ist geboten,
weil die Rahmenbedingungen so sind, dass wir das machen müssen. Die Impfbereitschaft geht in vielen Bereichen der Bevölkerung zurück. Wir haben eine zunehmende Anzahl von Masernerkrankungen. Wir müssen dem entgegentreten. Wir haben teilweise kleine Kinder in Einrichtungen, die unter zehn Monate alt sind und nicht geimpft werden können, und die können wir nicht solchen Risiken aussetzen. Wir müssen was machen. Also passiert auf der Bundesebene was.
Und wenn man sich die Auffassung in der deutschen Bevölkerung anguckt, dann ist der große, überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung der Meinung, jawohl, wir unterstützen das Thema „Einführung einer Impfpflicht“, also stelle ich mir die Frage: So what? Das kann ja am Ende wirklich nur bedeuten, wie schön, dass wir mal darüber gesprochen haben!
Herr Dr. Jess, Sie haben wie immer hier ein Kolleg abgehalten, was ich inhaltlich auch nicht unterstütze. Es ist nicht so, dass wir mit dem Thema „Information und Freiwilligkeit“ weiterkommen. Das haben wir ja über Jahre versucht.