In Ziffer II seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Finanzausschuss, die Unterrichtung durch den Landesrechnungshof „Jahresbericht des Landesrechnungshofes 2018 (Teil 2) Kommunalfinanzbericht 2018“ auf Drucksache 7/2993 im Übrigen zur Kenntnis zu nehmen. Wer der Ziffer II der Beschlussempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer II der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses ebenfalls einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Aussprache gemäß Paragraf 43 Nummer 2 der Geschäftsordnung des Landtages zum Thema „Impfen rettet Leben – Impfpflicht einführen“, auf Antrag der Fraktion der CDU.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, obwohl ich es nicht so richtig sehe. Also nicht ganz so laut bitte, ja?! Also ich sehe und höre keinen Widerspruch zu der Feststellung, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen erst mal die Grüße unseres erkrankten Fraktionsvorsitzenden Vincent Kokert übermitteln, der zu dem Thema gerne gesprochen hätte,
weil das Thema Impfen ihm sehr am Herzen liegt, er aber heute leider nicht im Plenum sein kann. Deswegen habe ich die große Freude, zur Aussprache „Impfen rettet Leben – Impfpflicht einführen“ hier mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.
Das Thema ist in den letzten Tagen und Wochen ja wieder aktueller denn je geworden. Und ich glaube, um mal mit der positiven Botschaft anzufangen, es ist erfreulich, dass Mecklenburg-Vorpommern beim Thema Impfquote so gut dasteht. Ich glaube, das haben wir in verschiedenen Debatten auch schon betont. Mecklenburg-Vorpommern ist neben Brandenburg das einzige Bundesland, das in Altersgruppen der Einschüler die für die Maserneliminierung empfohlene Impfquote von 95 Prozent bei der zweiten Masernimpfung erreicht, und dies fast flächendeckend im Land. Mecklenburg-Vorpommern nimmt in dieser Altersgruppe einen Spitzenplatz im direkten Ländervergleich ein. Das ist die positive Botschaft vorneweg.
Aber natürlich leben wir nicht irgendwo in abgeschotteten Räumen, sondern als Tourismusland haben wir natürlich viel Kontakt mit Menschen, mit Kindern aus anderen Ländern. Wenn man sich die Zahlen in anderen Bundesländern anschaut – die sind ja auch durch die Medien gegangen in den letzten Tagen, 89 Prozent in BadenWürttemberg, 90 Prozent im Saarland –, dann zeigt das doch, dass hier Handlungsbedarf ist. Offenbar scheint es hier auch immer noch einige unverbesserliche Impfverweigerer zu geben. Deswegen kann man jetzt auch nicht sagen, es ist alles gut, wir haben eine gute Quote, wir lehnen uns zurück, denn wir sind nun mal ein offenes Land und auch hier kommen Kinder mit anderen Kindern in Kontakt. Das ist ja, glaube ich, ganz normal.
Deswegen ist es, glaube ich, gut, dass wir die Diskussion jetzt wieder führen. Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat ja einen Vorschlag auf den Tisch gelegt zum Thema „Impfpflicht in Kitas“, auch zu einer möglichen Strafzahlung in Höhe von 2.500 Euro für Impfverweigerer. Ich glaube, das sind gute und vernünftige Ansatzpunkte. Und wenn so ein Gesetz kommen würde, dann wäre das ja zustimmungspflichtig im Bundesrat, sodass wir als Land dann auch aufgefordert sind, uns hier zu positionieren. Ich glaube, wir haben beim Thema Impfen parteiübergreifend – so lese ich zumindest die Stellungnahmen, auch aus der Opposition – eine relativ große Übereinstimmung.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig! Da hätte man einen schönen gemeinsamen Antrag draus machen können.)
Ich erinnere gern an die Debatten, die wir schon hatten zu dem Thema. Im Oktober 2017 war das Thema Impfkampagne Bestandteil einer Aussprache, die wir hier geführt haben. Und wir haben dann im Dezember 2017 einen gemeinsamen Antrag mit der Opposition auf den Weg gebracht für die Impfkampagne. Ich denke, der Minister wird dazu auch gleich noch das eine oder andere sagen. Ich glaube, die Impfkampagne ist bisher ein guter Erfolg und bringt das Thema auch öffentlichkeitswirksam noch mal nach vorne, nicht nur in Zeiten, in denen das Thema vielleicht mal wieder durch einzelne Fälle medial betrachtet wird.
Wenn man sich jetzt noch mal den fachlichen Hintergrund – wir reden ja auch über Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit, darüber werden wir sicherlich sprechen – anschaut, verweise ich gerne auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Das kommt zu dem Schluss, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einer beschränkten Impfpflicht nicht bestehen, aber das kommt auch zu dem Schluss, dass eine Impfpflicht einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Es gibt, und das wissen sicherlich diejenigen, die sich damit schon etwas näher beschäftigt haben, es gibt ja die Möglichkeit im Infektionsschutzgesetz – der Paragraf 20 Absätze 6 und 7 sind da einschlägig –, es gibt ausdrücklich die Möglichkeit einer Einschränkung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit.
Das Sozialministerium hat für den Bereich KiföG ja auch in den Medien erklärt, dass das Recht auf körperlicher Unversehrtheit dem entgegenstehen würde, einer ge
setzlichen Pflicht. Da ist erst mal die Frage – das müsste man dann auch diskutieren –, inwieweit das Infektionsschutzgesetz, wenn es zu bestimmten Situationen kommen würde, dem entgegensteht. Deswegen sind das, glaube ich, all die Punkte, über die man miteinander diskutieren sollte, denn, wenn man sich die Schlagzeilen der letzten Tage anschaut in der „Ostsee-Zeitung“ vom 20.05., also nur wenige Tage vor der heutigen Debatte, dann zeigt ja die Überschrift „Masern-Alarm: MV durch Impfungen gut gewappnet“, aber „Rostocker Expertin warnt“ gleichzeitig „vor Keuchhusten und Tuberkulose“. Da sind auch konkrete Fallzahlen zitiert: „264 Fälle von Keuchhusten“ in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2018.
Das heißt für mich noch mal ganz deutlich, die Botschaft: „Impfschutz sichert den ,Herdenschutzʻ“ – man kann jetzt den Begriff mögen oder nicht, aber am Ende ist das so, und jeder von uns, der Kinder in Einrichtungen hat, der ist, glaube ich, froh, wenn er weiß, dass die anderen Kinder auch geimpft sind, nicht nur das eigene. Es gibt ja bereits einige Kitaträger – so ist es zum Beispiel in Schwerin bei der kommunalen Kita gGmbH –, da ist das Impfen Voraussetzung, um dort überhaupt einen Platz zu bekommen. Ich würde mir wünschen für meine Fraktion, dass das generell die Voraussetzung wäre für einen Kitaplatz, damit wir am Ende alle Kinder schützen und auch die letzten Impfmuffel aus der Ecke herausholen.
Deswegen, Herr Ritter, glaube ich, wenn wir uns alle so einig sind – das wird ja jetzt die Debatte, die Aussprache zeigen –, dann habe ich oder dann hat unsere Fraktion auch kein Problem damit, dass wir beim nächsten Mal einen gemeinsamen Antrag
für eine gemeinsame Bundesratsunterstützung auf den Weg bringen. Aber jetzt warten wir erst mal die Debatte ab. Ich bin gespannt, welche Argumente aus anderen Fraktionen kommen, vielleicht auch gegen eine Impfpflicht. Die Debatte sollten wir heute erst mal abwarten. Das Angebot von unserer Seite zumindest ist hiermit öffentlich bekundet.
Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit. Herr Glawe, bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Impfung“ und „Impfen rettet Leben“ – das ist schon seit 1970 in der Welt bekannt. Die Impfung gegen Masern hat dazu beigetragen, dass diese hochinfektiöse Krankheit gerade bei Kindern deutlich zurückgedrängt werden konnte. Durch die Impfung sind insgesamt in Deutschland, in Europa und der Welt die Masern nicht mehr das ganz große, brennende Thema.
Andererseits geht es aber darum, auch dafür zu sorgen, dass wir immer wieder aufklären darüber, dass die Masernimpfung eine wichtige Präventionsmaßnahme ist, um
gerade Kindern, die jünger als fünf Jahre sind, einen Schutz zu geben und mit der Mär aufzuräumen, dass Masern eine harmlose Kinderkrankheit sind. Das sind sie auf keinen Fall. Die Frage wird dann dramatisch, wenn Kinder in der Folge von Masernerkrankungen auch Gehirnhautentzündungen bekommen können, und dieses Schicksal ist in der Regel nicht heilbar. Das sollten all die wissen, die sich seit Jahren verweigern, dass ihre Kinder geimpft werden. Ich appelliere noch mal auch an die Vernunft der Eltern, der Erziehungsberechtigten, die Komplikationen von Masern nicht zu unterschätzen.
Meine Damen und Herren, natürlich gehört es zur Prävention, einen hochverträglichen, wirksamen Impfstoff zu haben. Den hat Deutschland, den hat Europa, den hat die Welt. Der hat sich in den ganzen Jahren bewährt. Es geht darum, einen Kollektivschutz aufzubauen und damit dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung durchgeimpft ist. Das gilt für Kinder genauso wie für Erwachsene. Es ist auch wichtig, sich in den ersten zwei Jahren impfen zu lassen, denn es geht nicht nur darum, gegen Masern geimpft zu sein, sondern es gibt einen Kombinationsimpfstoff, der setzt sich aus Masern, Mumps und Röteln zusammen. Diese Dinge sind sehr wichtig.
Ausnahmen von Impfungen stellen natürlich bei einzelnen Personen Immunerkrankungen dar oder Säuglinge. Entscheidend ist aber, dass eine Durchimpfungsrate der Bevölkerung mit 95 Prozent erreicht wird. Mein Kollege hat das schon gesagt, in Mecklenburg-Vorpommern erreichen wir diese Durchimpfungsrate zusammen mit Brandenburg in Deutschland mit über 95 Prozent, das heißt, diejenigen, die eingeschult werden, sind zu 95 Prozent geimpft. Damit ist ein Kollektivschutz da und andererseits natürlich auch ein persönlicher Schutz.
Meine Damen und Herren, es wird wichtig sein, weiterhin dafür zu werben, dass wir einen gesetzlichen Auftrag, den der Bund vorbereitet, als Land Mecklenburg-Vorpommern weiter unterstützen. Ich glaube, darin sind wir uns insgesamt einig, denn das ist eine Geschichte, jeder Masernerkrankte ist einer zu viel. Wir sind in MecklenburgVorpommern schon ganz gut bei den Fällen im Verhältnis zu anderen Bundesländern. Wir hatten in den letzten 19 Jahren nur 49 Erkrankungsfälle. In Deutschland sind das immerhin in diesem Jahr schon 300 und sie waren im Jahre 2018 bei einer Fallzahl von 543.
Ich will mich ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen bedanken, die vor gut eineinhalb Jahren beschlossen haben, dass eine Impfkampagne in Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg gebracht wurde. Und man kann sagen, dass diese Impfkampagne dazu beigetragen hat, dass eine deutliche Bereitschaft quer über die Bevölkerung erreicht worden ist, diese Impfangebote wahrzunehmen, und zwar vom Kind bis zur älteren Generation. Das ist, denke ich, ein wichtiges Thema, und das werden wir natürlich weiter mit unserer Kampagne unterstützen. Die finanziellen Möglichkeiten – das will ich noch mal sagen – hat der Landtag geschaffen. Das Wirtschaftsministerium hat sich Mühe gegeben, diese Dinge dann auch finanziell so darzustellen, dass man die Kampagne über drei Jahre fahren kann. Also, meine Damen und Herren, noch mal vielen Dank dafür!
Es ist wichtig, dass wir insgesamt zu der Frage Stellung nehmen: Ist eine Impfpflicht für Kinder in Kindertages-
und Fördereinrichtungen sinnvoll? Ich meine, ja. Die Bedenken, die da sind, sollte man ausräumen und dafür sorgen, dass gerade die Ansteckungsgefahr sinkt. Wenn ein Kind in einer Kindereinrichtung Masern hat und alle anderen sind nicht geschützt, kommt es sozusagen zu Epidemien. Das ist nicht das Ziel der Gesundheitspolitik in Deutschland und auch nicht das Ziel der Politik. Von daher sind wir uns völlig einig. In der Frage „Verankern wir es im Kindertagesförderungsgesetz, ja oder nein?“ würde ich immer dafür werben, mit Ja zu stimmen. Andererseits werben wir dafür, dass wir auf der Bundesebene ein Gesetz kriegen, das wir aus Mecklenburg-Vorpommern mit voller Überzeugung unterstützen. Die Dinge sind auf dem Weg. Natürlich wird es noch die eine oder andere Diskussion zu diesem Thema geben, aber entscheidend ist, dass wir die Impflücken schließen und dass wir auch die Kampagne „MV impft“ weiterhin hochhalten.
Meine Damen und Herren, es ist Ihr Erfolg, dass wir hier im Land so weit sind, und da bin ich auch allen handelnden Personen, den öffentlichen Gesundheitsämtern, dem Landesamt für Gesundheit, dem Sozialministerium, aber auch denjenigen, die impfen in den Praxen, dankbar, dass es so intensiv beworben wird und wir eine öffentliche Aufmerksamkeit erzeugen, die auch toll von der Bevölkerung, von den Erziehungsberechtigten angenommen wird. Lassen Sie uns darauf hinwirken, dass sich auch Ältere weiter impfen lassen! Impf- und Wissenslücken sollten deutlich geschlossen werden und diejenigen, die ein Problem mit Impfen haben, auf die muss man immer wieder einwirken, denn es geht um die Gesundheit ihrer Kinder, der Erziehungsberechtigten, es geht um die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und Gäste! Ich bin ein bisschen verwundert, dass, wenn wir so eine gute Impfrate haben in Mecklenburg-Vorpommern, wir dann über die Pflicht sprechen, impfen lassen zu müssen. Also, Herr Glawe, so richtig überzeugend klang das nicht,
(Minister Harry Glawe: Ja, Sie haben nicht zugehört. Das ist Ihr Problem, Herr Jess. Herr Doktor, Sie wissen das doch besser.)
denn ich muss Ihnen ganz offen sagen, ich habe auch den Eindruck, dass selbst ein Gesundheitsminister manchmal noch, was immunologische Epidemiologie angeht, noch etwas dazulernen kann.
Beim Impfen geht es um ein medizinisch-epidemiologisches Thema, das gesetzgeberisch bedingt in Landeshoheit gehört aus meiner Sicht. Ich weiß, man kann über Paragraf 20 Absatz 7 durchaus sozusagen auf die Landeshoheit pochen, aber ich persönlich bin der Meinung, das
bedarf erst mal einer entsprechenden Aussage von Epidemiologen und fundierten Fachleuten, die eine entsprechende – wir haben ja im Bund eine Impfkommission –, die eine entsprechende Empfehlung geben und dazu faktenbasierte Empfehlungen geben, und diese Fakten sehe ich, gerade, was die Masern angeht, die Sie angesprochen haben, in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt nicht. Also die Inzidenz von Masern in MecklenburgVorpommern ist dermaßen gering, dass eine Impfpflicht in diesem Bereich aus meiner Sicht völlig obsolet ist.
Ja, ich sage Ihnen auch, warum. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, die heutige Aussprache kann eigentlich aufgrund des beruflichen Hintergrundes der meisten Abgeordneten von uns nichts anderes sein als ein Austausch angelesener Meinungen ohne wirkliches Hintergrundwissen über biochemische und epidemiologische Vorgänge.