Protocol of the Session on January 25, 2017

Eine Steigerung erfährt diese Situation, wenn Landwirte sowohl mit Schäden durch den Wolf als auch durch den Biber konfrontiert werden, eine Konstellation, die in Mecklenburg-Vorpommern gar nicht so selten ist. Von daher erneuere ich für meine Fraktion unsere Forderung aus der Wolfsdebatte der vergangenen Legislaturperiode. Der Schutz von Arten, der gesamtgesellschaftlich gewollt ist und zu überproportionalen Belastungen Einzelner führt, muss auch durch die Gesamtgesellschaft getragen und finanziert werden. Und lassen Sie mich noch ergänzen, dass wir mit diesem Grundsatz die Hoffnung verbinden, dass gesamtgesellschaftlich ebenfalls diskutiert wird, wie viel wovon wir uns zukünftig leisten können und leisten wollen.

Den Antrag der AfD, das wird nach meinen Ausführungen wohl niemanden verwundern, lehnen wir ab. Er ist auch wirklich nicht geeignet, zum Anlass genommen zu werden, diese Probleme im Fachausschuss zu diskutieren. Ich habe dargestellt, wie problematisch schon die Betrachtung einer einzelnen Art ist und wie viel Aufwand man betreiben muss, um sich dem Thema ernsthaft zu stellen. Von daher steht es dem Fachausschuss selbstverständlich frei, in Selbstbefassung das Thema aufzurufen, aber der Antrag bildet keine Grundlage dafür. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Scherz beginnen: Herr Borschke, eigentlich wäre es besser gewesen oder schöner, wenn Herr Grimm heute die Rede gehalten hätte, und zwar wegen Isegrim und wegen der Grimm’schen Märchen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Aber Scherz beiseite.

Frau Kollegin Schlupp, ich möchte Ihnen ein Kompliment machen. In vielen Punkten stimme ich nicht mit Ihnen überein, ich sehe das tatsächlich lange nicht so dramatisch wie Sie, aber ich anerkenne, welchen Einsatz Sie leisten, um Ihre Auffassung zu untermauern. Das gehört auch zur Aufgabe eines Antragstellers.

Viele Menschen in unserem Land haben den Eindruck, eine normale Entwicklung des Landes und viele Belange ihres Lebens werden durch einen überbordenden Natur- und Artenschutz ausgebremst, teils gar stark behindert, außer bei Windkraftanlagen. Da ist die Berufung auf Natur- und Artenschutz höchst willkommen, ja, auch bei Ihnen, Herr Borschke.

Es gibt sicher einige Menschen, die tatsächlich Angst vor dem Wolf haben. Vielleicht gehören die Antragsteller auch dazu. Wenn es Ziel dieser Debatte sein sollte, diese Ängste zu mindern, könnte ich die sehr begrüßen. Allerdings habe ich da große Zweifel. Neuen Abgeordneten, wie den Antragstellern, kann man dabei durchaus ein gewisses Maß an Unwissenheit bezüglich manch bürokratischer Regelungen und Zuständigkeiten zugestehen

und nachsehen. Das heißt aber nicht, dass sie befreit davon sind, sich kundig zu machen. Ehe man einen Antrag in den Landtag einbringt, sollte man das tun. Ansonsten werden vorhandene Ängste eher vergrößert als verkleinert und einfache Lösungen vorgegaukelt. So etwas ist Populismus im schlechten Sinn.

Aber nun konkret zum vorliegenden Antrag, denn auch ich will in diesem Falle die Sorgen von Betroffenen nicht vom Tisch wischen.

Erstens zum Biber: Zunächst möchte ich darauf verweisen, dass sich der Landtag in der 6. Legislaturperiode zu dem Thema sowohl im Agrarausschuss als auch im Plenum, letztmalig im April 2016, ausführlich ausgetauscht hat. Die Protokolle stehen Ihnen allen zur Verfügung. Rechtlich hat sich an der damals beschriebenen Situation bisher nichts verändert.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Der Biber war in unseren Breiten fast ausgerottet, aber hier ist sein natürlicher Lebensraum. Wiederansiedlungsprogramme an Peene und Warnow, beginnend in den 70er-Jahren, haben zu einer Erholung der Population geführt. Es gibt zwar immer noch keine gesicherte wissenschaftliche Grundlage, die bestätigt, dass es einen guten Erhaltungszustand gibt, zumal nicht ganz klar ist, welche Kriterien dem guten Erhaltungszustand zugrunde liegen, aber die Population ist nicht mehr gefährdet, das ist unbestritten.

Heute ist der Biber in den Anhängen II und IV der FFHRichtlinie gelistet. Damit unterliegt nicht nur das Tier selbst, sondern auch sein Lebensraum einem besonderen Schutz als Tierart von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Fakt ist, dass durch die positive Entwicklung der Biberpopulation zahlreiche positive Effekte für einen naturnahen Tourismus zu verzeichnen sind und sich gerade an der Peene Bibertouren zu einem attraktiven Anziehungspunkt entwickelt haben, der kleinen Unternehmen zugutekommt.

Aber Fakt ist ebenso, dass auch die Konflikte zunehmen. Land- und Forstwirte beklagen Schäden. Probleme mit Schäden an der Infrastruktur wie an Dämmen und Verkehrswegen gibt es auch. Darum können Tiere – Biber – als Ultima Ratio aus der Population entnommen, sprich, getötet werden, wenn alle anderen Vergrämungsmaßnahmen nicht den gewünschten Erfolg erzielen. Der bürokratische Weg, bis die Erlaubnis dazu erteilt ist, wird lang und ist umständlich. Deshalb wiederhole ich, was ich bereits im vergangenen Jahr gesagt habe: Wünschenswert wäre ein Landesbibermanagement, geregelt über möglicherweise eine Landesverordnung wie beim Kormoran. Das erlaubt das Bundesnaturschutzgesetz. Brandenburg hat das auch versucht, allerdings keine guten Erfahrungen gemacht. Aber daraus könnte man lernen.

Gut finde ich, dass nun über die Förderrichtlinie Wasser Lösungen für einen schnellen und unbürokratischen Schadensausgleich für die Wasser- und Bodenverbände, Land- und Forstwirte gefunden wurden. Das Unternehmen Umweltplan unterstützt dabei das Ministerium mit Beratungsleistungen und Koordinierungsaufgaben vor Ort.

Kommen wir zum Wolf. Auch er ist in den Anhängen II und IV gelistet und unterliegt damit einem strengen

Schutzregime. Auch hier dürfen heute Tiere der Population entnommen werden, wenn es eine entsprechende Gefahrenlage gebietet. Da jetzt das gesamte Bundesland als Wolfsgebiet gilt, ist ein Schadensausgleich für Nutztierhalter relativ unproblematisch möglich. Es gibt inzwischen auch ein Förderprogramm für die Ertüchtigung von Zäunen über und unter der Erde, für die Installation von stromführender Technik und weiteren Präventionsmaßnahmen. Dass das nicht immer funktioniert, hat Frau Kollegin Schlupp hier schon dargestellt. Aber das Programm wird auch nur zaghaft angenommen und die Manpower des Ministeriums und seiner untergeordneten Behörden reicht nicht aus, um beratend, begutachtend und koordinierend vor Ort tätig zu sein. Der Personalmangel in den Naturschutzbehörden setzt auch hier Grenzen. Diese Art von Prävention wäre trotzdem besonders wichtig, weil der Wolf ein sehr lernfähiges Tier ist. Wenn er ganz leicht an Nutztiere herankommt, dann wird er das immer wieder tun. Wenn er dabei große Schwierigkeiten hat, dann wird er sich auf Wildtiere beschränken.

Minister Backhaus hat es bereits gesagt, die UMK hat einen Beschluss gefasst, dass nun Untersuchungen zum Erhaltungszustand der Art Wolf vorzunehmen sind und klar definiert wird, ab wann ein günstiger Erhaltungszustand dieser streng geschützten Art vorliegt

(Torsten Renz, CDU: Man kann es auch alles verkomplizieren in Deutschland.)

und wie dann mit dem Wolf umzugehen ist. Das könnte eine verlässliche Datenbasis schaffen für alle zukünftigen weiteren Maßnahmen in Bezug auf die Wolfspopulation.

Ich fasse zusammen:

Erstens. Eine Unterstellung von Wolf und Biber unter das Jagdrecht ändert überhaupt nichts am Schutzstatus der jeweiligen Tierart. Eine solche Maßnahme würde den Jägern nach Paragraf 1 des Bundesjagdgesetzes zusätzlich die Aufgabe der Hege übertragen und wahrscheinlich wären diese dann auch für das vorgeschriebene Monitoring zuständig.

Zweitens. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern kann nicht per Antrag Bundes- und Europarecht aushebeln und einfach Tierarten aus den Anhängen der FFHRichtlinie streichen. Wir leben zwar im schönsten und bedeutendsten aller Bundesländer, aber so einfach geht es nicht.

Drittens. Ich denke, dass es auch nicht zu einfach sein darf. Es geht immerhin um Lebewesen, die hier ihren natürlichen Lebensraum haben. Mit einigen Einschränkungen und Risiken müssen wir einfach leben.

Meine Fraktion lehnt daher den Antrag ab.

Abschließend eine persönliche Bemerkung: Ich denke, ich konnte meine Sympathie sowohl für den Biber als auch für den Wolf deutlich machen, aber Rotkäppchen gilt sie auch. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Saemann für die Fraktion der SPD.

(Torsten Renz, CDU: Feuer frei!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst möchte ich mich recht herzlich bei unserem Minister Backhaus bedanken für die Ausführlichkeit der Darstellung der Wolfs- und Biberproblematik. Es gibt aus meiner Sicht kaum noch etwas dazuzusetzen. Auch der Beitrag meiner Kollegin Frau Dr. Schwenke war sehr umfangreich. Es gibt kaum noch Ergänzungen.

(Torsten Renz, CDU: Frau Schlupp war auch noch sehr gut. Sehr gut! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Frau Schlupp, keine Frage.

Es ist natürlich darauf hinzuweisen, dass die Historie auch nicht ganz unberührt geblieben ist. In der Dialogform wies man ganz kurz darauf hin, dass auch einige interessante Dichter und Denker sich schon damals mit der Wolfsproblematik befasst haben

(Marc Reinhardt, CDU: Gehst du jetzt auf Rotkäppchen ein, oder?)

und immer den Wolf als böse bezeichnet haben, obwohl er – der Wolf – eigentlich gar nicht böse ist, weil er nach der heutigen Darstellung als menschenscheu betrachtet wird. Anders ist es natürlich bei der Spezies der Zweibeinigen, die sich heutzutage auch noch durch die Gegend bewegt, meistens getarnt in einem weißen Schafspelz.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist tatsächlich so, ich möchte den geehrten Kollegen Kuhn hier mal ganz kurz sinngemäß zitieren: Eine Abschlussrede sollte in der Regel nicht länger sein wie ein Minirock.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Und deshalb möchte ich mich recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken. Wir werden den Antrag ablehnen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Strohschein für die Fraktion der AfD.

Frau Präsidentin! Liebe Bürger und Abgeordnete! Deutschland besteht seit Jahrhunderten aus einer Kulturlandschaft. Völlig wilde Natur gibt es nicht mehr. Mit Wolf und Biber sind nun zwei geschützte Arten wieder zahlreich vertreten. Dem berechtigten Anliegen nach Natur- und Artenschutz ist damit Rechnung getragen worden. Aus dieser Grundtatsache folgt logisch, dass diese Tierarten keinen absoluten Schutz genießen dürfen.

Die Aufnahme von Wolf und Biber in die Liste des jagdbaren Wildes ist ein erster Schritt, um Normalität im Umgang mit diesen Tieren zu erreichen. Man kann sagen, dass die Notwendigkeit der Aufnahme des Jagdrechts die Krönung des Naturschutzerfolges ist. In einer von Menschen geprägten Umwelt ist geradezu das Ziel des Naturschutzes, dass jede Art so zahlreich ist, dass sie geregelt werden muss.

Isegrim hat sich in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht so stark vermehrt wie in der Lausitz, wo er schon am Tage durch die Dörfer streift. Die dort lebenden Menschen haben Angst. In der Umgebung von Wismar ist der Fall aus dem Jahre 1986 noch weit bekannt, als ein aus dem Tierpark entwichener Wolf ein kleines Mädchen anfiel und schwer verletzte.

(Thomas Krüger, SPD: Der war an die Menschen gewöhnt, der Wolf.)

Nur durch Zufall konnte das Kind von einem Traktoristen gerettet werden. Das Tier wurde von seiner Zoopflegerin als ihr Liebling bezeichnet, der in der Zoohaltung niemandem etwas zuleide getan hätte. So kann man sich irren!

Das Verhalten einzelner Wölfe ist bei jedem Raubtier nicht genau kalkulierbar. Das macht seine Gefährlichkeit aus. Insgesamt betrachtet ist aber klar, dass er Chancen sucht und Risiken meidet. Wird sein Bestand so groß, dass das Nahrungsangebot im Wald nicht mehr reicht, geht er das Risiko ein, sich in die Nähe des Menschen und seiner Nutztiere zu begeben. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt, wenn er dort keinen Jagddruck erfährt.