Protocol of the Session on March 14, 2019

Dann sollten wir mal darüber sprechen, was Frau Drese angesprochen hat, dass die Bezugsdauer vom Arbeitslosengeld I mit einem Jahr mitnichten dem entspricht, was früher mal Arbeitslosenversicherung hieß. Das muss auf die Lebensarbeitsleistung abgestellt werden. Also ein Minimum von drei Jahren bei einer entsprechenden Arbeitsleistung von 30 und mehr Jahren sollte hier dem Versicherungscharakter, der früher mal dem Arbeitslosengeld zukam, entsprechen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das haben wir ja schon vor fünf Jahren gefordert in diesem Land.)

Das wäre ein vernünftiger Antrag. Darüber könnte man im Detail reden, aber nicht so pauschal das Ganze darstellen.

Dann haben Sie – allerdings im Zusammenhang mit den Sanktionen – die Kostenerstattung für Unterkunft und Heizung angesprochen. Da fehlt im Übrigen Strom, weil nicht alle Heizungen oder die wenigsten Heizungen durch Stromversorgung sichergestellt werden. Die Stromabschaltungen – Frau Weißig hatte da eine Kleine Anfrage gestellt mit erschreckenden Ergebnissen – bei Hartz-IV-Empfängern sind signifikant gestiegen und stellen ein existenzielles Problem dar. Wenn Kühlschrank, Tiefkühltruhe und so weiter nicht mehr funktionieren, dann ist das nicht nur, aber auch gerade für Menschen mit Kindern, für Alleinerziehende existenziell.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Da hätten wir eine ganz andere Lösung. Die Zahlungen der Kostenerstattungen für Unterkunft, Heizung und Strom sollten überhaupt nicht mehr dem Hartz-IV-Empfänger zukommen, sondern direkt an die Vermieter und an die Energieversorgungsunternehmen geleistet werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dann besteht nämlich auch nicht die Gefahr, die jetzt besteht, dass die Miete nicht weitergeleitet wird und sich so in sehr kurzer Zeit aus Sicht eines Hartz-IV-Empfängers horrende Schuldenlasten auftürmen, aus denen man dann mit Hartz-IV-Niveau überhaupt nicht mehr rauskommt. Also Umleitung dieser Zahlungen direkt an die Vermieter oder die Energieversorgungsunternehmen, das käme allen zurecht.

(Horst Förster, AfD: Das passiert ja auch teilweise, aber da muss der Betroffene zustimmen, das wissen Sie ja ganz genau.)

So viel nur im Detail zur Hartz-IV-Reform. So pauschal, wie Sie das hier dargestellt haben, können wir dem nichts abgewinnen und müssen den Teil des Antrags aus diesem Grund ablehnen.

Punkt 2 – Sanktionen für unter 25-Jährige abschaffen. Da wurde vorgetragen, die hätten nichts bewirkt. Ich habe hier eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vor mir liegen. Darin steht, dass 70 Prozent der Sanktionen, die an die unter 25-Jährigen verhängt werden, erfolgreich sind, dass sie dazu führen, dass diese dem Arbeitsmarkt oder jedenfalls den Arbeitsangeboten wieder offener gegenüberstehen.

Es ist ohnehin ein Schaukampf, den Sie da aufstellen. Drei Prozent der Hartz-IV-Empfänger unterliegen solchen Sanktionen. Also die Breitenwirkung, die Sie immer suggerieren, haben diese Sanktionen überhaupt nicht. Ich weiß, da gibt es einen Streit, ob drei Prozent oder acht Prozent, je nachdem, ob man monatlich oder aufs ganze Jahr berechnet jeden, der einmal betroffen war, in den Blick zieht, aber drei Prozent sind die offiziellen Zahlen dazu.

Und ein kleiner Satz: „Fördern und fordern“ ist Hintergrund dieses Sanktionssystems. Viel zu viele junge Men

schen sagen heute, auch in meinem persönlichen Umfeld, ein junger Mann sagt, es reicht mir doch, was ich an Hartz IV kriege, Hartz IV und den Mietkostenzuschuss, die Heizung, Strom und so weiter, wobei Strom im Moment nur bedingt zu betrachten ist. Dann stehe ich irgendwann so um die Mittagszeit auf, gehe ein bisschen arbeiten, dann habe ich mindestens so viel, wie ich brauche, und fast so viel wie die Geringverdiener, die jeden Tag acht Stunden der Arbeit nachgehen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dass das kein System ist, das man als vorbildlich bezeichnen soll, denn dass da Sanktionen der richtige Weg sind, das wird von uns nicht infrage gestellt.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Die sind nicht kontraproduktiv.

Im SPD-Papier übrigens, das Frau Nahles vorgestellt hat, steht nicht, dass man sich gegen Sanktionen, auch nicht bei den unter 25-Jährigen, pauschal zur Wehr setzt, sondern sinnwidrige und unwürdige Sanktionen. Da sind wir dabei. Sinnwidrige und unwürdige Sanktionen sollte es nicht geben. Unterhaltskosten einsparen, Heizkosten einsparen bei Menschen, die dann – Sie hatten es gesagt, Herr Foerster –, die dann in die Obdachlosigkeit getrieben werden oder die entsprechend dann in der kalten Wohnung sitzen müssen, das ist in der Tat unwürdig. Das sollte man nicht machen. Da haben wir den Gegenvorschlag gebracht mit den Direktzahlungen. Aber generell dieser Angriff auf die Sanktionen, zumal laut dieser Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

(Henning Foerster, DIE LINKE: Wir haben auch andere Studien.)

70 Prozent der Sanktionen in diesem Bereich erfolgreich sind, ist kontraproduktiv und deswegen müssen wir auch den zweiten Teil des Antrages ablehnen.

Kurz zusammengefasst: Das ist ein Schaufensterantrag, der betrifft die Bundespolitik, damit sollten Sie Ihre Bundestagsfraktion beschäftigen.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Sie wollen das jetzt hier vor den Kommunalwahlen natürlich gerne ein bisschen spielen, das kann ich verstehen, um die soziale Seite darzulegen, zumal die SPD durch ihren Vorstoß Sie jetzt getrieben hat, in dem Bereich was zu machen.

(Sebastian Ehlers, CDU, und Torsten Renz, CDU: Oha!)

Aber das allein ist nicht ausreichend, um dem Antrag zuzustimmen. Bitten Sie Ihre Bundestagsfraktion, das im Bundestag entsprechend zu bearbeiten! Hier werden wir Ihren Antrag ablehnen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Ehlers.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor gut zwei Stunden hat

der Kollege Koplin unseren Antrag zur Telemedizin hier in Bausch und Bogen zerrissen,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja.)

durch den Kakao gezogen als qualitativ schlecht. Zwei Stunden später legt DIE LINKE dann diesen Antrag vor, der wirklich holzschnittartig Latrinenparolen hat, hier ist Armut per Gesetz, hier einfach uns hinschmeißt, ohne eine klare Perspektive aufzuzeigen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Oh, diese Wortwahl!)

Und das ist dann sozusagen der Weisheit letzter Schluss.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist so vulgär.)

Ich komme gleich dazu, was mein Vorredner gesagt hat, denn die Linksfraktion im Bundestag ist schon viel, viel weiter als DIE LINKE hier, inhaltlich viel weiter, aber dazu komme ich gleich im Laufe meiner Rede.

(Heiterkeit bei Henning Foerster, DIE LINKE: Ach, einem komplexen Antrag hätten Sie zugestimmt, Herr Ehlers, ja?)

Spannend finde ich das schon, dass hier gesprochen wird von einer perspektivischen Abschaffung von Hartz IV. Da ist die Frage für mich: Was passiert eigentlich zwischen der Abschaffung und der perspektivischen Ablösung?

Der Antrag lässt auch viele andere Fragen offen. Was ist mit den Kinderregelsätzen? Was ist mit den Bedarfsgemeinschaften, den Umzugskosten? Wieso wird sich hier nur auf das SGB II und nicht auf das SGB XII fokussiert? Und last, but not least die entscheidende Frage: Sie sprechen hier von einer Mindestsicherung, verraten uns aber nicht, wie hoch diese Mindestsicherung sein soll. Also auch hier sind Sie relativ im Vagen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Es ist seit Jahren bekannt, was wir da fordern, 1.050 Euro.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich mir im Bundestag das Themenpapier der Bundestagsfraktion DIE LINKE zu Hartz IV und den Bundestagsantrag der LINKEN zum Thema „Sanktionen bei Hartz IV und Leistungseinschränkungen bei der Sozialhilfe abschaffen“ anschaue und Ihrem Antrag gegenüberstelle, dann sehe ich doch – das können Sie alles nachlesen in der Datenbank des Deutschen Bundestages –, es gibt im Bundestag, in Ihrer Bundestagsfraktion offenkundig sehr viel weitergehende und auch präzisere Forderungen. Sie haben das hier begründet unter dem Motto, na, man will es der SPD jetzt auch nicht zu schwer machen, deswegen lässt man es so ein bisschen im Vagen und im Ungefähren. Aber für mich ist die entscheidende Frage: Warum bleibt DIE LINKE hier in Mecklenburg-Vorpommern so weit hinter den Beschlüssen und den Anträgen der eigenen Bundestagsfraktion zurück?

(Heiterkeit bei Henning Foerster, DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Dann hätten Sie zugestimmt, oder was?!)

Herr Kollege Foerster, diese Frage müssen Sie dann gleich mal hier beantworten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hätten Sie denn dann zugestimmt?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Foerster hat eigentlich auch gleich in seinem ersten Satz die Katze aus dem Sack gelassen. Natürlich geht es darum, heute hier die Sozialdemokraten vorzuführen. Das kann man ja mal so machen.

(Ministerin Stefanie Drese: Aha!)

In jeder Landtagssitzung irgendein Thema zu bringen wie Mindestlohn und immer wieder Themen zu bringen, wo man weiß, dass es hier einen Dissens zwischen den Koalitionsfraktionen gibt,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das stört Sie, das ist klar.)

das kann man natürlich machen. Ich stelle mir aber die Frage, ob es in diesem Parlament, in diesem Land nicht wichtigere Themen gibt.

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)