da kommen Sie hierher, machen eine Aussprache, meinen, sich hier hinstellen zu können nach dem Motto, wir haben mal das Thema auf die Tagesordnung gebracht, interessiert uns jetzt mal, was die anderen dazu sagen, ohne sich im Geringsten damit beschäftigt zu haben, was hier über Jahre diskutiert, gemacht und beschlossen worden ist. Das ist und bleibt eine Unverschämtheit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte um die Wiedereinführung der Meisterpflicht wird in der Tat seit Jahren kontrovers geführt. Es ist auch richtig gesagt worden, dass sich der Deutsche Bundestag zuletzt Mitte Dezember 2018 mit einem Antrag der AfD befasst hat. Dort wurde das Ansinnen damit begründet, dass die Abschaffung unter der rot-grünen Bundesregierung zu Nachteilen für das deutsche Handwerk und die deutsche Volkswirtschaft geführt habe. Auch im Bundestag gab es schon reichlich Kritik an dem Antrag aus den Reihen der Großen Koalition. Dort hat man auf die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Überprüfung der aktuellen Situation verwiesen und ebenfalls darauf, dass, wenn die Ergebnisse vorliegen würden, CDU/CSU und SPD gegebenenfalls darüber beraten würden, welche Konsequenzen dann gesetzgeberisch daraus zu ziehen seien.
Nun gut, dieses Vorhaben an sich ist nicht zu kritisieren, allerdings, das sage ich ebenso, steht es natürlich einer Oppositionsfraktion frei, auch in den Landtagen ein solches Thema noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen.
Es stimmt ebenfalls, dass die Abschaffung der Meisterpflicht in bestimmten Berufen aufgrund der Änderung der Handwerksordnung im Jahr 2004 zigfach diskutiert worden ist.
Allerdings, Herr Schulte, wenn wir dann mal über Ergebnisse reden, muss man feststellen, dass zumindest nach meinem Kenntnisstand bisher keine signifikanten Veränderungen zu verzeichnen waren.
Sie haben recht, die Aussprache ist nicht das starke Signal, was sich Herr Kollege Lerche hier erhofft. Konsequent wäre in der Tat gewesen, einen Antrag zu stellen, die Bundesratsinitiative des Landes Bayern zu unterstützen.
Was das eigentliche Problem mit der Meisterpflicht beziehungsweise deren Herausstreichen aus der Handwerksordnung gewesen ist, hat mein Bundestagskollege Klaus Ernst in seiner Erwiderung auf den AfD-Antrag seinerzeit noch mal ganz klar deutlich gemacht. Bis zur Novelle 2004 war die Welt für die Handwerksmeister, aber auch für deren Kunden weitgehend in Ordnung. Wer einen Fliesenleger beispielsweise damit beauftragte, sein Bad zu renovieren, der konnte sich einigermaßen sicher sein, dass die geklebten Fliesen auch einige Jahre später noch an der Wand waren, und wer sein Haus mit Parkettfußboden ausgestattet hat, der musste sich keine Sorgen darüber machen, dass sich dieses nach wenigen Tagen wölbte oder neu verlegt werden musste.
Es ist richtigerweise gesagt worden, dass im Zuge der Reform 53 Gewerke aus der Regelung, eine vernünftige Berufsausbildung zur Voraussetzung für die Ausübung des jeweiligen Berufes zu machen, herausgenommen worden sind. Die Folgen sind klar zu benennen. Kurz gesagt, als Kunde kann man nicht mehr zu 100 Prozent darauf vertrauen, dass die beauftragte Handwerksleistung auch qualifiziert ausgeführt wird.
In dem Zusammenhang darf ich dann auch mal auf ein Problem hinweisen: Inzwischen sind zwei Drittel aller Beschäftigten in Betrieben, die vom sogenannten Meisterzwang ausgenommen wurden, nur noch an- oder ungelernt. Auch ausgebildet wird inzwischen kaum noch. Nur knapp sieben Prozent der Klein- und Kleinstbetriebe mit bis zu vier Beschäftigten bundesweit tun dies jüngsten Erhebungen zufolge noch.
Nun hat die Koalition auf Bundesebene zu dieser Frage eine Koalitionsarbeitsgruppe „Meisterbrief“ ins Leben gerufen. Ich kann nur sagen, hoffentlich greift da nicht der alte Spruch „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, bilde ich einen Arbeitskreis“, denn 15 Jahre nach der angesprochenen Änderung der Handwerksordnung sollten nun eigentlich genügend Informationen vorliegen, um die angestrebte rechtssichere Wiedereinführung des Meisterbriefes in einigen Gewerken des Handwerks auf den Weg zu bringen.
Klaus Ernst ist bekanntermaßen ebenso Gewerkschafter wie ich und so hat er natürlich seine Bundestagsrede auch genutzt, um darauf hinzuweisen, dass die Wiedereinführung des Meisterbriefes allein natürlich nicht alle Probleme im Handwerk lösen wird. Das Handwerk ist, leider, muss man sagen, für viele Leute auch deshalb nicht attraktiv, weil die Rahmenbedingungen schlicht nicht stimmen, denn wenn die Tarifbindung im Allgemeinen – und wir haben in diesem Haus oft darüber gesprochen – schon niedrig ist, dann gilt das für das Handwerk im Besonderen. Im Bund fallen insgesamt noch knapp mehr als die Hälfte der Beschäftigten unter den Geltungsbereich von Tarifverträgen, im Handwerk nur 30 Prozent.
Bei uns dürften die Werte noch schlechter sein. Orientiert man sich an der Betriebsgröße, dann waren insgesamt 2017 in Mecklenburg-Vorpommern 47 Prozent aller Beschäftigten in Betrieben mit Tarifbindung tätig, in solchen mit ein bis vier Beschäftigen jedoch nur 13 Prozent. Wir wissen, wenn dann noch andere schwierige Anforderungen hinzukommen, wie bestimmte Arbeitszeitmodelle, lange Anfahrtswege oder auch deutlich weniger Urlaubstage, darf man sich nicht darüber wundern, dass sich zumindest die guten Schulabgänger in Zeiten, wo die Zahl der betrieblichen Ausbildungsstellen deutlich höher ist als die Zahl der potenziellen Bewerber, anderweitig orientieren.
Gestatten Sie mir noch einen Hinweis. Der DGB hat zuletzt vor etwa drei Jahren eine bundesweite Repräsentativerhebung zu den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Handwerk gemacht. Nur zehn Prozent der dafür Befragten gaben an, dass ihre Arbeitsbedingungen den Kriterien guter Arbeit entsprechen. Die zentralen Problemlagen, die am häufigsten genannt worden sind, waren neben dem vergleichsweise geringen Einkommen der wachsende Leistungsdruck, lange Arbeitszeiten und zum Teil hohe gesundheitliche Belastungen. Das ist ja nichts, was ich mir hier ausdenke. Dieses Dokument aus dem Jahr 2016 ist für jedermann nachlesbar und auf den Internetseiten des Deutschen Gewerkschaftsbundes verfügbar.
Ein Problem will ich noch ansprechen. Es ist natürlich so, dass über viele Jahre die jungen Leute auch hierzulande sehr stark aufs Abitur orientiert worden sind und ein sich anschließendes Studium, sodass die Möglichkeiten, nach der Mittleren Reife eine qualifizierte Berufsausbildung zu
absolvieren und sich dann beispielsweise zum Meister weiterzuqualifizieren, vielfach zu wenig bekannt sind. Auch hier gilt es anzusetzen, wenn wir künftig wieder mehr Schulabgänger für eine Tätigkeit im Handwerk gewinnen wollen.
Zusammengefasst: Die Rückkehr zur Meisterpflicht allein löst natürlich nicht alle aktuellen Probleme, ist aber dennoch vernünftig. Die Fehler aus 2004 gilt es zu korrigieren und bestimmte Berufe auch wieder meisterpflichtig zu machen. Insofern werden wir uns künftigen Initiativen zu dieser Frage selbstverständlich nicht verschließen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Schulte, Sie haben gesagt, es ist unverschämt. Ich würde gern begründen, warum das unverschämt ist. Ich will sagen, es ist nicht nur unverschämt,
ich will das wiederholen, ich weiß nicht, wie oft wir hier im Parlament darüber gesprochen haben. Wir haben als wirtschaftspolitische Sprecher der einzelnen Parteien Beschlüsse gefasst wie auch im Bund. Es ist nicht so, dass da kein Fortgang wäre, sonst gäbe es die Bundesratsinitiative nicht und keine Bewegung auf diesem Feld.
Sogar als wir mit dem Ausschuss in der EU waren, haben wir jedes Mal – jedes Mal! – dieses Thema angesprochen, auch in der EU. Das letzte Mal haben wir am 28. Juni hier, hier im Parlament einen Beschluss gefasst. Und wenn Sie den Beschluss mal angucken, die Nummer 1, da steht genau das drin.
Wissen Sie, wer das mitbeschlossen hat? Die AfDFraktion hat das mitbeschlossen! Guten Morgen! Mein lieber Mann!
Dann sagen Sie hier, mit einer Aussprache möchten Sie ein starkes Signal senden. Na, was soll denn das für ein starkes Signal sein mit einer Aussprache?! Und dann kommen Sie noch daher und zitieren sogar die Zahlen aus der Einbringung unseres Antrages zur Handwerks
offensive. Ja, mein Gott, peinlicher gehts doch gar nicht mehr! Also mir fehlen da echt die Worte. Sie scheinen wirklich an wirtschaftspolitischer Themenarmut zu leiden, mehr kann man da nicht sagen.
Vielleicht noch eins: Es steht Ihnen natürlich frei, jederzeit eine Aussprache hier auf den Weg zu bringen, das können Sie machen, wie Sie wollen. Aber wenn Sie das schon tun, dann schreiben Sie doch wenigstens richtig ab, wenn Sie da schreiben „Wiedereinführung der Meisterpflicht“. Vielleicht ist Ihnen nicht entgangen, dass Meisterpflicht ja besteht, und zwar für die Anlage A, nur für die Anlage B nicht. Also da müssen Sie das dann wenigstens richtig schreiben. Ich bleibe dabei, peinlicher gehts nicht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Vor einigen Jahren hat in Rostock im Gebäude der Deutschen Med, das Ihnen vielleicht bekannt ist, ein Gourmetrestaurant eröffnet. Das wurde von einem Mann geführt, einem Sternekoch, der autodidaktisch zum Gastronom geworden ist. Ein Sternekoch, davon haben wir auch nicht so viele hier in Mecklenburg-Vorpommern, hat dieses Restaurant eröffnet. Nach einiger Zeit, das war so ein bisschen wie eine Posse aus dem Schildbürgerleben, hat die Stadtverwaltung doch allen Ernstes darüber nachgedacht, dieses Restaurant zu schließen, weil dieser Autodidakt und Sternekoch die entsprechenden amtlichen Qualifikationen nicht vorweisen konnte.
Was jetzt diesen Meisterzwang angeht, genau in diesem Zusammenhang, wir leben im 21. Jahrhundert, der Meisterzwang ist ein Relikt aus dem mittelalterlichen Zunftwesen. Ich bin ja auch sehr für Tradition, aber die deutsche Wirtschaft,
die deutsche Wirtschaft ist kein Freilichtmuseum, wo aufgrund dessen, weil es das seit dem Mittelalter mal gegeben hat, das in alle Ewigkeit konserviert werden muss.
Wir haben die Digitalisierung, die industrielle Revolution 2.0 vor uns als größte Herausforderung wahrscheinlich des ganzen Jahrhunderts.