Protocol of the Session on January 24, 2019

das mit großer Freude im Übrigen. Und ich wünsche Karsten von dieser Stelle aus gute Besserung! – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Jetzt hat das Wort der fraktionslose Abgeordnete Herr Arppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Man kann ja heilfroh sein, dass in diesem Hause keine Außenpolitik gemacht wird. Die internationale Situation ist kompliziert und vertrackt und gerade deswegen wäre Deutschland

an dieser Stelle als Mittelmacht eine Rolle als Brückenbauer zwischen Russland einerseits und den Vereinigten Staaten andererseits zugekommen. Stattdessen hat sich die Bundesrepublik unter Führung von Angela Merkel diplomatisch durch eine von Ideologie getriebene und von moralischer Überheblichkeit geprägten Außenpolitik so ziemlich zwischen alle Stühle gesetzt und diese Streitereien um Nord Stream 2 sind ein Ausdruck dessen.

Ich will jetzt Nord Stream 2 nicht als einen weiteren deutschen Sonderweg bezeichnen, von dem ich gestern schon sprach, aber wem die Einheit Europas einerseits und das transatlantische Bündnis andererseits am Herzen liegt, der hätte diese ganze Sache etwas anders implementiert. Was wir jetzt haben: Wir haben Streitereien innerhalb der EU. Wir haben zerbrochenes Porzellan in Richtung USA. Ich finde diesen latenten Antiamerikanismus, der hier aus so ziemlich allen Redebeiträgen hervorschimmerte, nahezu unerträglich. Das muss man an dieser Stelle mal ganz deutlich sagen.

(Thomas Krüger, SPD: Wissen Sie, was ich unerträglich finde?! Das steht vorne am Pult.)

Ich sehe, Sie fühlen sich ertappt. Sie haben ja auch gestern die Bündnispflichten Deutschlands

(Thomas Krüger, SPD: Also über die Ertappten ließe sich noch mal streiten.)

gegenüber der NATO, Herr Krüger, in Zweifel gezogen, als es um die zwei Prozent Militärausgaben ging. Das ist ja nicht, weil Donald Trump das so will, weil das unsere Bündnisverpflichtungen sind, die sich aus der Mitgliedschaft in der NATO ergeben. Da haben Sie ja etwas völlig durcheinandergebracht. Deswegen ist das gut, dass Leute wie Sie am Ende keine Außenpolitik machen.

(Thomas Krüger, SPD: Ach, wissen Sie, so blöd können Sie mir gar nicht kommen!)

Zu dem amerikanischen Botschafter Grenell: Sie zerbrechen sich hier den Kopf, warum Schüler schwänzen, aber Sie sollten sich vielleicht mal mit derselben Küchenpsychologie auch mal Gedanken machen, warum die amerikanische Regierung und ihr Vertreter hier in Berlin so feindselig sind. Man kann doch nicht über Jahre den gewählten amerikanischen Präsidenten mit Hass, mit Häme überschütten, beschimpfen

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

und was nicht alles und dann erwarten, dass sich diese Leute hier freundlich zu solchen Projekten verhalten. Und wenn dann der SPD-Abgeordnete im Bundestag Carsten Schneider den US-Botschafter einen diplomatischen Hampelmann nennt, dann muss man sich nicht wundern, wenn er auf der anderen Seite sich nicht gerade kooperativ verhält.

An dieser Stelle: Von einer verantwortungsvollen Außenpolitik, wie sie Helmut Schmidt mal gemacht hat, als SPD-Staatsmann, sind Sie heute weit entfernt.

(Thomas Krüger, SPD: Ach, wissen Sie!)

In diesem Sinne vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Schulte.

(Zuruf von Holger Arppe, fraktionslos – Thomas Krüger, SPD: Ach, wissen Sie, so blöd können Sie mir gar nicht kommen! – Zuruf von Holger Arppe, fraktionslos)

Muss ich mir das jetzt anhören?!

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: „Wahr“ kann man nicht steigern. – Andreas Butzki, SPD: Das ist wie mit „leer“. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt weder für Verwaltungsabläufe zuständig in diesem Land, ich bin auch nicht für die ökonomischen Entscheidungen von Gazprom oder anderen Unternehmen zuständig, aber wofür wir als Fraktion natürlich schon zuständig sind, deswegen stehe ich heute hier, um die Position meiner Fraktion in diesem Kontext zu vertreten, das ist eine klare Linie, wie wir – und das sage ich an dieser Stelle gleich – mit unserem russischen Partner umgehen, weil Partnerschaft ist das, was wir uns in der Beziehung mit Russland, mit der Russischen Föderation vorstellen, übrigens genauso, wie wir uns Partnerschaft mit allen unseren europäischen Nachbarstaaten und mit den Vereinigten Staaten wünschen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es gibt aus meiner Sicht sicherlich eine Vielzahl von ökonomischen Gründen, die für Nord Stream und Nord Stream 2 sprechen. Es gibt sicherlich auch eine Vielzahl von politischen Gründen, die für Nord Stream und Nord Stream 2 sprechen. Wir als SPD-Landtagsfraktion, als stärkste Fraktion in dieser Koalition, sind die Fraktion, die damit wesentlich die Zielrichtung in dieser Landesregierung bestimmt, und damit eine Politik verfolgt, die von 90 Prozent der Menschen in diesem Land mitgetragen wird, nämlich eine verlässliche, nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Zusammenarbeit mit allen unseren Nachbarn, allen unseren Nachbarn im Ostseeraum insbesondere, und damit natürlich ebenfalls mit der Russischen Föderation. Das ist etwas, worauf wir als SPDFraktion stolz sind. Und wir werden an dieser Politik der Zusammenarbeit auch mit der Russischen Föderation, komme, was da wolle, weiterhin festhalten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: Das ist richtig.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, natürlich ist es wichtig, dass wir auch darauf achten, wie unsere Nachbarn von bestimmten politischen und auch wirtschaftlichen Entscheidungen betroffen oder getroffen werden. Das ist in diesem Kontext angesprochen worden und darauf möchte ich zunächst einmal eingehen. In diesem Kontext sind natürlich die Auswirkungen auf die Staaten der Ukraine und Polen angesprochen worden. Und das möchte ich an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen: Ja, es hat natürlich wirtschaftliche Auswirkungen, wenn es weniger Erdgastransit durch die entsprechenden Leitungen auf ukrainischem Staatsgebiet gibt. Damit wird

sicherlich ein Absinken der Transitgebühren verbunden sein.

Aber auch das müssen wir an dieser Stelle mit allem Respekt, den man vor dem politischen Entscheidungsträger in einem anderen Staat haben sollte, sagen, ich komme darauf noch zurück im Zusammenhang mit dem bereits benannten US-Botschafter Grenell in Berlin, dass ich allen Respekt vor den Entscheidungsträgern in einem anderen Staat habe: Die wirtschaftliche und politische Destabilisierung, die wir über die letzten 10/15 Jahre in der Ukraine verfolgen können, hängt sicherlich nicht mit der Frage zusammen, wie viel Geld durch die Transitgebühren der entsprechenden Transitgasleistungen erforderlich ist. Das ist in erster Linie eine Frage der politischen Verhältnisse in der Ukraine, sicherlich im Zusammenhang mit seinen Nachbarn an der östlichen Seite, aber es ist auch eine Frage der wirtschaftlichen Verhältnisse.

In dem Zusammenhang, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich auch das ausdrücklich sagen, ich halte es für richtig, dass sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Europäische Union – wir haben gestern viel über die Europäische Union gesprochen – viel dazu beitragen, materiell viel dazu beitragen, um die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Ukraine zu stabilisieren. Wir haben ein eigenständiges politisches Interesse auch als Deutschland daran, dass es in Europa stabile Verhältnisse in allen unseren Nachbarstaaten gibt.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich auch auf unseren Nachbarn Polen eingehen. Ich weiß das selbst und der Kollege Gundlack kann das bestätigen,

(Tilo Gundlack, SPD: Ja.)

wir beide wissen es, wir sind nämlich Mitglied in einer Arbeitsgruppe des Ausschusses der Regionen, die sich mit Nord Stream und Nord Stream 2 beschäftigt, natürlich kennen wir die Vorbehalte, die dort auf polnischer Seite immer wieder artikuliert werden.

(Tilo Gundlack, SPD: Nur zu gut.)

Aber – auch das möchte ich an dieser Stelle mal sagen, wir beide nehmen regelmäßig an diesen Sitzungen teil – von all den Kolleginnen und Kollegen aus der Europäischen Union, die sich an der Gründungsveranstaltung dieser Arbeitsgruppe, ich glaube vor gut einem Jahr, lieber Tilo, wenn ich das richtig in Erinnerung habe,

(Tilo Gundlack, SPD: Ja.)

beteiligt haben, egal, ob sie aus Deutschland, aus anderen Regionen Deutschlands waren oder aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, sind heute noch drei übriggeblieben. Das ist der Kollege Gundlack, das bin ich und auf der polnischen Seite der Kollege Geblewicz, wenn ich den Namen jetzt hoffentlich richtig ausgesprochen habe, seines Zeichens bekannt auch als der Marschall von Stettin. Wir drei sind die Einzigen, die daran noch teilnehmen. Alle anderen interessiert das Thema nämlich gar nicht, und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das macht deutlich, welche europäische Bedeutung das Thema hat.

Lassen Sie mich auch noch eine Sache dazu sagen: Ich bin nun selbst nicht des Polnischen mächtig, aber ich

habe mir das schicken lassen. Der frühere polnische Verteidigungsminister und Außenminister Radosław Sikorski hat letztes Jahr ein Buch veröffentlicht. Das Buch heißt, wenn man es auf Deutsch übersetzt: „Polen kann besser sein“. Wenn diese Übersetzung, die man mir zur Verfügung gestellt hat, richtig ist – und darauf vertraue ich jetzt einfach mal –, dann können Sie dort, gegebenenfalls auch auf Polnisch nachlesen, ich zitiere das jetzt mal auf Deutsch, ganz bemerkenswerte Aussagen eines polnischen führenden Politikers. Da heißt es, Zitat: „In Unterhaltungen mit einigen von unseren polnischen Politikern hatte ich manchmal das Gefühl, dass ihre Augen, die ja bekanntlich das Fenster der Seele sind, an jedem Molekül russischen Erdgases lauter Hammer und Sicheln sehen. Mit so einer Einstellung kauft man lieber das teure, aber moralisch unbedenkliche norwegische Erdgas oder gar das noch teurere Gas aus Katar, das für seine Vorliebe zur Demokratie bekannt ist.“ Zitatende. An einer anderen Stelle heißt es dann auch, Zitat: „Es ist paradox, denn dank der Nord-Stream-Pipeline hat laut derzeit geltendem Vertrag sowohl die Ukraine als auch Polen die Möglichkeit, gewisse Mengen an russischem Erdgas über Deutschland günstiger zu beziehen.“ Zitatende.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, warum ich Ihnen das hier zitiere, ist nicht die Frage, nicht die einzelne Aussage des polnischen Kollegen, sondern der Umstand, dass man sich einfach deutlich darüber werden muss, dass genauso wie hier in Deutschland politisch unterschiedlich über die Frage von Nord Stream und Nord Stream 2 diskutiert wird, in allen unseren Nachbarländern auch unterschiedlich diskutiert wird. Es gibt nicht die – und deswegen sage ich das hier ganz deutlich – einhellige Ablehnung in allen anderen europäischen Staaten und über alle anderen europäischen Politiker hinaus gegen Nord Stream 2. Das entspricht einfach nicht den Tatsachen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist an dieser Stelle auch noch mal darauf hingewiesen worden, weil ja immer versucht wird, den Eindruck zu erwecken, dass insbesondere wir als Land Mecklenburg-Vorpommern – und natürlich auch wir als Sozialdemokratie in diesem Land, die sich mit ihrer Ministerpräsidentin und mit dem früheren Ministerpräsidenten dermaßen aktiv für eine Verbesserung der deutsch-russischen Beziehungen immer wieder eingesetzt haben – damit auf weiter Flur allein stehen würden. Ich mache das mal deutlich: Wenn ich die Zahl jetzt richtig im Kopf habe, weil ja immer wieder abgestellt wird auf die Besorgnisse der Mitglieder des Europaparlaments, was Nord Stream 2 angeht, dieses ominöse Schreiben – ich weiß nicht, ob das Herr Wildt war oder wer das war, der das angesprochen hatte, dass etwas von Europaabgeordneten unterschrieben und auch an die Bundesregierung geschickt wurde, um auf die Bedenken gegenüber Nord Stream 2 hinzuweisen –, es ist, wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, von 48 von rund 700 Abgeordneten des Europaparlaments unterschrieben worden. Das sind, wenn mich meine mathematischen Fähigkeiten nicht trügen, nicht mal zehn Prozent. Das ist die reale Situation, in der wir die Diskussion führen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch an einem anderen Punkt bleiben, gerade was die Europäische Union und die Diskussion auf der europäischen Ebene angeht. Wir diskutieren hier gern und laut, auch

vonseiten von Bundestagsabgeordneten, übrigens nicht nur aus der CDU, auch Grüne, immer wieder über die Bedenken von Nord Stream 2. Worüber wir nicht diskutieren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist, dass momentan bereits eine vergleichbare Pipeline, eine Gaspipeline durchs Schwarze Meer von der Russischen Föderation an die europäische Küste der Türkei fertiggestellt worden ist und auf europäischer Ebene die Überlegungen bestehen, diese Pipeline zur Verbesserung der Versorgungssicherheit der europäischen Staaten anzuschließen an das entsprechende europäische Gasversorgungsnetz. Und wer das sieht, der muss sich dann fragen, die führt doch auch nicht durch die Ukraine hindurch, dafür kriegt die Ukraine doch auch keine Transitgebühren.

Da muss man sich, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle – und damit komme ich dann eigentlich zum Kernpunkt dieses Themas, jedenfalls so, wie meine Fraktion, so wie ich ihn sehe – fragen: Warum wird darüber nicht diskutiert? Aber wir diskutieren immer wieder, auch angefeuert von amerikanischen Politikern und Vertretern der US-amerikanischen Regierung, immer wieder über das Thema Nord Stream 2.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich an dieser Stelle einmal aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 08.01. dieses Jahres zitieren. Da heißt es in der Überschrift: „Amerika will 2025 Europas wichtigster Flüssiggaslieferant sein“. Und in dem Artikel, ich zitiere, heißt es dann: „,Amerikanische Flüssiggasproduzenten sind immer stärker daran interessiert, Europa mit Gas zu beliefern‘, sagte der Vorsitzende der Vereinigung der Exporteure, Charlie Riedl, der F.A.Z.“

Nur, damit Sie wissen, wer das ist: Herr Riedl vertritt mit seiner Organisation Konzerne wie BP, Chevron, Exxon Mobil, Shell oder Total. Und das Ziel dieser Konzerne – das wird dort ganz offen gesagt, das ist auch kein Geheimnis – ist, dass Amerika bis zum Jahr 2025 tatsächlich der größte Flüssiggaslieferant Europas ist. Das ist auch völlig legitim. Das ist eine wirtschaftliche Überlegung dieser Unternehmen, die völlig legitim ist.

Dann heißt es weiter, und das ist jetzt wichtig, ich zitiere: „Angesichts steigender Nachfrage und sinkender Eigenerzeugung in Europas Gasfeldern glauben wir“, das ist dieser Verband der Flüssiggasimporteure, „dass Flüssiggaslieferungen und Pipelinegas aus Russland eine Chance haben, im Wettbewerb miteinander zusätzliche Marktanteile zu gewinnen“, Zitatende.

Aber, und das muss man, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dazu wissen, diese Chance für die USamerikanischen Lieferanten besteht nur, wenn entweder der Preis für Flüssiggas wie auch für Erdöl so steigt, dass tatsächlich das US-amerikanische Gas wettbewerbsfähig ist – das ist es nach den Preisen, die in der Vergangenheit herrschten, nicht, das muss man ganz deutlich sagen –, oder aber, wenn ich nicht wettbewerbsfähig bin, dann muss ich auf andere Art und Weise versuchen, den Konkurrenten vom Markt zu drängen.

Und genau das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, versucht momentan der US-amerikanische Präsident. Das ist aus Sicht des US-amerikanischen Präsidenten ja auch erst mal völlig legitim. Er hat die wirtschaftlichen Interessen seines eigenen Landes, seiner eigenen Unternehmen zu vertreten. Er muss sich nicht Gedanken