Protocol of the Session on January 23, 2019

Abschließend noch das letzte Argument: Zum Vergleich mit den Kommunalwahlen, der auch immer gebracht wird, hatte ich beim letzten Mal schon gesagt, bei den Kommunalwahlen geht es um kommunale Vertretung und nicht um ein staatliches Gebilde. Es sind zwei unterschiedliche Sachverhalte. Nur bei den Landesparlamenten und beim Bundestag handelt es sich um Parlamente im staatsrechtlichen Sinne. Eine Kommunalvertretung ist eben kein Parlament,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber einen Landrat dürfen wir auch direkt wählen ab 16. Was sagen Sie denn dazu?)

sodass auch hier eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist.

Aus all diesen Gründen bleiben wir dabei, dass wir dem Antrag nicht zustimmen können. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion Freie Wähler/BMV)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Ich möchte mich doch noch mal mit einigen Argumenten, die Sie hier vorgebracht haben, auseinandersetzen.

Erstens. Herr Renz warf mir vor, dass wir uns bei unseren Anträgen, bei denen er sich immer auf unsere Argumente freut, auf Plenarprotokolle beziehen. Ich denke, das ist an dieser Stelle nicht falsch.

(Torsten Renz, CDU: Das ist kein Vorwurf, sondern eine Feststellung.)

Es war beim letzten Mal die Erste Lesung des Gesetzentwurfes und heute befinden wir uns in der Zweiten Lesung des Gesetzentwurfes. Leider hatten Sie nicht mal den Mut, diesen Gesetzentwurf in die Ausschüsse zu überweisen, wo man hätte auch neue Argumente sammeln können. Insofern musste ich mich mit dem auseinandersetzen, was von Ihrer Seite in der Ersten Lesung kam, und das war wirklich sehr dünn. Entsprechend dünn konnte dann heute auch nur die Reaktion folgen.

Zweitens. Herr Schulte, Sie möchten uns ja gern so darstellen, als wenn uns der Wille des Volkes nicht interessiert.

(Jochen Schulte, SPD: Ich habe nur Ihre Worte zusammengefasst.)

Es stimmt einfach nicht! Als wir die Quorensenkung für direktdemokratische Mittel wie die Volksinitiative, wie den Volksentscheid, wie das Volksbegehren gefordert haben, auch in der letzten Verhandlung in der 6. Legislaturperiode, haben Sie irgendwann gesagt: Nein, hier stopp!

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Aber Sie haben auch gegen unseren Antrag gestimmt. Wir haben das gewollt und Sie haben dagegengestimmt.)

Wir stehen als Partei und als Fraktion für die Bürgerbeteiligung durch direktdemokratische Mittel. Die Volksbefragung ist aus unserer Sicht kein direktdemokratisches Mittel. Sie geben von der Landesregierung in den Landtag eine Frage hinein,

(Thomas Krüger, SPD: Oder umgekehrt.)

die Sie dann an das Volk stellen, die Meinung des Volkes ist aber nicht bindend.

(Jochen Schulte, SPD: Frau Kollegin Bernhardt, das stimmt doch gar nicht!)

Sie können im Landtag noch etwas anderes entscheiden. Insofern stimmt es einfach nicht. Und das haben Ihnen auch in der Expertenanhörung zur Volksbefragung die verschiedensten Experten dargestellt, warum die Volksbefragung eben kein direktdemokratisches Mittel ist, die hier stattgefunden hat.

(Jochen Schulte, SPD: Frau Kollegin Bernhardt, warum sprechen Sie dann nicht einfach mit uns, statt mit den angeblichen Experten?)

Insofern stimmt es einfach nicht und es stimmt auch nicht, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, das Volk ist der Souverän und dessen Meinung interessiert uns nicht.

Die zwölf Volksinitiativen, Volksentscheide, die in den letzten Jahren hier im Landtag waren, wurden alle durch Sie abgelehnt. Sich dann hier hinzustellen in dieser Lesung und zu sagen, der Wille des Volkes ist uns wichtig, mit dem Hintergrundwissen, dass Sie alle Initiativen aus dem Volk abgelehnt haben,

(Thomas Krüger, SPD: Jetzt kommen Sie auf dieses Thema!)

das ist einfach nur eine falsche Darstellung, und das lassen wir so nicht dastehen!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Sie sagten ebenfalls, Herr Schulte, wir haben Angst vor politischen Mehrheiten. Herr Schulte, wir haben keine Angst vor politischen Mehrheiten. Wenn wir das, was wir den Wählern versprochen haben in unserem Wahlprogramm, ernst nehmen – und das hat die SPD einfach versprochen, das Wahlalter 16 einzuführen –, gemeinsam mit der LINKEN hätten wir die politische Mehrheit auch hier im Landtag Mecklenburg-Vorpommern.

Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf noch mal eingebracht, weil aus unserer Sicht die Volksbefragung gescheitert ist, wir aber das Wahlalter 16 nicht deshalb bremsen wollten, sondern wir weiterhin dafür stehen, dass das Wahlalter 16 auch unabhängig von der Volksbefragung durchgeführt werden soll. Deshalb ist es hier eine politische Entscheidung und die politische Mehrheit ist da.

Die Argumente, die kamen, das aktive und passive Wahlrecht würde auseinanderfallen, das ist unserer Rechtsordnung nicht fremd. Ich erinnere nur an den Fall des Bundespräsidenten. Jeder kann einen Bundespräsidenten ab 18 wählen, aber Bundespräsident in Deutschland darf eben nur werden, wer 41 Jahre alt ist. Insofern ist es einfach auch der Rechtsordnung in Deutschland sozusagen immanent, dass es ein Auseinanderfallen von aktivem und passivem Wahlrecht gibt.

Insofern konnten uns alle Ihre Argumente nicht überzeugen

(Thomas Krüger, SPD: Na, das haben wir auch nicht erwartet.)

und natürlich bleiben wir dabei, den Gesetzentwurf aufrechtzuhalten und heute zur Abstimmung zu führen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und sehr geehrte Kollegen!

Sehr geehrte Frau Kollegin Bernhardt, ich glaube zwar jetzt nicht, dass ich Sie an dieser Stelle noch überzeugen kann, aber ich bin trotzdem noch mal nach vorn gegan

gen, weil ich auch Legendenbildung in diesem Plenarsaal und in diesem Land entgegenwirken möchte.

Erstens. Diese Koalitionsfraktion, genauer gesagt die Koalitionäre der letzten Wahlperiode haben zu Ende der Wahlperiode die Quoren bei den Volksinitiativen, bei den Volksentscheiden gesenkt. Sich hier hinzustellen und zu sagen, wir als Koalition würden nicht die entsprechenden Regelungen dann auch anpassen, das kann man...

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Sie verdrehen das schon wieder! Ich habe Ihnen gesagt, warum wir für direktdemokratische Mittel stehen.)

Sehr geehrte Frau Kollegin Bernhardt, jetzt bleiben Sie doch mal ganz ruhig, weil ich habe in diesem Punkt sowieso recht! Das lässt sich nachlesen in den Plenarprotokollen.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das können wir gern machen.)

Ansonsten gucken Sie ins Gesetzesamtsblatt des Landes Mecklenburg-Vorpommern rein, die Große Koalition hat in diesem Land die entsprechenden Quoren abgesenkt, um auf diese Art und Weise mehr Bürgerbeteiligung auch bei den Entscheidungsprozessen herbeizuführen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt, Frau Kollegin, Sie haben uns gerade vorgehalten, die ganzen Volksinitiativen würden hier alle durch die Mehrheit im Parlament abgebügelt werden.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Zwölf, ja. Zwölf waren es im vergangenen Jahr.)

Frau Kollegin Bernhardt, heute früh hat es an dieser Stelle eine Beschlussfassung dieses Hauses gegeben, die dem Anliegen einer Volksinitiative gefolgt ist. Und ich meine – ich hätte beinahe gesagt, Ihr Langzeitgedächtnis, nein –, das Erinnerungsvermögen bei Ihnen, Frau Kollegin Bernhardt, Sie sind nun deutlich jünger als ich, sollte doch so weit reichen, dass Sie das von heute früh bis heute Nachmittag tatsächlich noch bei sich behalten.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ich erinnere mich an die letzten Jahre, da haben Sie alles abgelehnt. Das wissen Sie genau!)

Und, Frau Kollegin Bernhardt, der dritte Punkt, das lassen Sie mich an dieser Stelle auch bedauerlicherweise...

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE) )

Frau Kollegin Bernhardt, an dieser Stelle ist noch mal zu sagen – bedauerlicherweise nicht für Sie, ich glaube es oder ich bedauere es zumindest, und sicherlich auch nicht für den Kollegen Ritter –, Kollege Renz hat darauf schon mal hingewiesen, ich sage es noch mal: Gehen Sie mit uns den Weg, gehen Sie in die Landtagssitzung im März hinein und beschließen Sie mit uns eine entsprechende Volksbefragung! Wir sind bereit, es so zu machen, dass nicht allein die Mehrheit dieses Hauses – ich sage es noch mal für Sie, Frau Kollegin Bernhardt –, nicht allein die Mehrheit dieses Hauses eine entsprechende Thematik beschließt und die Form der Volksbe

fragung nutzt. Da ist die Landesregierung jetzt erst mal völlig raus.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wie ist denn jetzt der Ansatz? Sie bringen das jetzt hier rein.)

Ich habe ja erklärt, dass das hier im Parlament beschlossen wird, und dann, sehr geehrte Frau Kollegin und Kollegen, sind wir bereit, das mit einer entsprechenden qualifizierten Zweidrittelmehrheit zu tun, das hier so zu machen, dass die Opposition einbezogen wird.