denn er bezieht sich auf den Unterschied bei der Rentenberechnung Ost/West. Um den Unterschied auszugleichen, wurden die Rentenpunkte in den neuen Ländern aufgewertet. Sollte die Rentenangleichung vor 2025 erhöht werden, würde sich dies ungünstig auf diesen Höherwertungsfaktor auswirken, und das wissen Sie auch.
Folge sind niedrigere Renten bei der jetzigen ostdeutschen Arbeitnehmergeneration, und ich glaube, das gehört auch zur Wahrheit. Das Thema Generationengerechtigkeit ist eine Frage. Deswegen bedeutet das, wir reden hier nicht nur von einer Gerechtigkeit Ost/West, sondern wir reden aus meiner Sicht hier auch über eine Rentengerechtigkeit Jüngerer gegenüber Älteren.
Diese Frage der Generationengerechtigkeit, lieber Herr Kollege Koplin, wird im vorliegenden Antrag nicht mal in einem Halbsatz erwähnt. Überhaupt habe ich den Eindruck, hier wird jetzt ein Überbietungswettbewerb – wir haben das bei anderen Anträgen auch noch in den kommenden zwei Tagen – eingeleitet seitens der Fraktion DIE LINKE: Streichung der Kürzungsfaktoren, solidarische Rentenversicherung, Mindestrente et cetera, viele, viele Fragen. Da stellt sich für den interessierten Abgeordneten die Frage: Lässt sich das überhaupt ausfinanzieren? Die Antwort lautet Ja, und zwar durch eine ganz erhebliche Anpassung der Rentenbeiträge. Und das ist dann Ihre sehr spezielle Lesart der Gerechtigkeit.
Von daher kann man das an der Stelle nur zurückweisen. Sie haben die 12 Euro Mindestlohn, die spielen ja auch noch mal eine Rolle in dem Antrag. Aber da will ich meinem Kollegen Waldmüller nicht vorgreifen, der bei dem anderen Tagesordnungspunkt hierzu auch noch mal sprechen wird. Ich glaube, das, was dort verhandelt wurde auf Bundesebene, ist ein gutes Ergebnis, ein gutes Rentenpaket, das sollte jetzt auch so durchgetragen werden. Die Angleichung der Ost- und Westrente kommt, sie ist fest vereinbart, und ich glaube, den Weg sollte man weitergehen.
Alles, was nicht finanzierbar ist, was die jüngere Generation hier unnötig belastet, wird mit uns nicht zu machen
Das Wort hat jetzt für die Fraktion Freie Wähler/BMV der Abgeordnete Herr Wildt, der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.
Sehr geehrter Herr Koplin, ich würde mir gerne als Erstes mal eine Kritik herausnehmen. Ich halte es nicht für besonders glücklich, eine grundlegende Rentenreform – die Sie in Ihrem Antrag nämlich auch ansprechen, den Umbau zu einer allgemeinen Bürgerversicherung – und diese vielen kleineren, sage ich mal, Details in einen Antrag zu packen. Das wird, glaube ich, dem Thema nicht so ganz gerecht. Wenn wir über eine grundsätzliche Umgestaltung des Rentensystems sprechen wollen, dann ist das schon ein eigenes Thema für sich, und da gibt es eine gute alte Tradition in Deutschland, dass da tatsächlich die Regierung mit der Opposition eng zusammenarbeitet, denn die Kompromisse, die in der Rentenversicherung geschlossen werden und geschlossen werden müssen, sollen ja lange in die Zukunft tragen. So hat es eigentlich die Regierung bisher immer gehalten und ich hoffe, dass das auch in Zukunft so sein wird, denn wir sind mit den Rentenreformen noch nicht am Ende, da muss noch einiges nachgearbeitet werden für die mittlere Zukunft. Ich glaube, das ist uns auch allen klar.
Deshalb möchte ich jetzt im ersten Schritt nur auf zwei von diesen, ich sage jetzt mal, kleineren Themen eingehen. Das eine ist, weil Sie es auch so schön als Erstes genannt haben, die Stichtagsregelung 1992 für die Mütterrente. Bei der Mütterrente oder bei Stichtagsregeln generell, die lassen sich natürlich nicht vermeiden. Immer dann, wenn Sie etwas ändern, werden Sie auch mal einen Stichtag haben. Stichtagsregeln bedeuten eben auch Rechtssicherheit. Ab diesem Stichtag gilt etwas.
Man möchte auch nicht unbedingt immer alles rückwirkend ändern. 1992, ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, in dem Jahr ist unser erstes Kind geboren worden. Wir waren glückliche Nutznießer dieser neuen Regel, die damals eingeführt wurde, und es gab dafür auch eine Begründung, denn die Bundesregierung damals wollte tatsächlich anregen, dass auch wieder mehr Rentengerechtigkeit entsteht für die jungen Mütter, damals jungen Mütter, für diejenigen, die für die Zukunft Kinder bekommen. Man konnte das nicht jahrzehntelang zurückändern, sondern man hat das damals ganz gezielt auf die Zukunft ausgerichtet. Heute ist 1992 nicht mehr die Zukunft, heute ist das auch Vergangenheit. Das haben viele vergessen und jetzt wollen sie noch weiter in die Vergangenheit zurück. Man muss aber ganz klar sagen, Stichtage sind Stichtage und wir können nicht immer alles bis zum jüngsten Tag zurück oder bis zum ersten Tag zurück verändern.
Das Zweite, darauf ist jetzt auch Herr Ehlers schon ausgiebig eingegangen, ist das Thema Ost-West-Rentenangleichung. Sie haben da aus meiner Sicht unzulässigerweise die Erhöhung der Einkommen, die Höherbewertung der Einkommen wirklich sehr stiefmütterlich
behandelt. Sie sind nur auf den Rentenwert eingegangen. Diese beiden Punkte gehören zusammen. Realität ist auch, dass die Renten im Osten durchaus relativ hoch sind, dass wir im Durchschnitt gesehen in einigen Landesteilen dort höhere Renten haben als im Westen. Sehr deutlich sieht man das in Berlin. In Ostberlin sind die Renten sehr viel höher als in Westberlin. Das ist auch in Ordnung, denn es ist tatsächlich eine ganz große Leistung der damaligen Bundesregierung unter Helmut Kohl gewesen, sofort vom ersten Tag an die Sozialsysteme für alle zu öffnen
(Thomas Krüger, SPD: Und es ist die Leistung der Frauen in der DDR auch gewesen, die durchweg gearbeitet haben.)
gegen Herrn Lafontaine, der dann zur Linkspartei gewechselt ist und der das damals alles gar nicht zulassen wollte. Das war tatsächlich die große historische Leistung der CDU, dass sie das damals durchgesetzt hat. Wenn man auf die SPD gehört hätte, wären wir noch lange nicht da, wo wir heute sind.
weil Sie merken schon, darüber kann ich mich aufregen, wenn man im Nachhinein, nur, weil jetzt viele Leute die Tatsachen vergessen haben, glaubt, da könnte man etwas dran rumstricken. Die Tatsachen sind so, wie sie sind.
Aber wir haben etwas ganz anderes vor der Brust, wir müssen tatsächlich das Rentensystem zukunftssicher machen. Man kam – noch unter Ihrem Bundeskanzler Schröder übrigens, Herr Krüger – auf die Idee, die private Finanzierung dort stärker zu berücksichtigen, die RiesterSäulen und so weiter, eine Kapitaldeckung aufzubauen.
Das wissen wir auch alle, warum das so ist. Die Zinsen sind eben niedrig, die Lebensversicherungen haben Probleme. Jetzt müssen wir – und da kommt mein neuer Vorschlag, Sie kennen mich, ich komme ja immer mit irgendeinem Vorschlag –, da muss man natürlich jetzt weiter überlegen: Wie kann man das verbessern? Ich
denke, auch hier hilft es, wenn man mal so ein bisschen ins Ausland schaut, aber das nicht eins zu eins übernimmt. Wir sehen, im angelsächsischen Raum wurde ein Kapitalstock aufgebaut und das Geld wurde nicht in private Fonds gesteckt, sondern es wurde investiert in Infrastruktur, teilweise sogar in deutsche Infrastruktur, besonders ärgerlich. Anstatt dass deutsche Rentenbeiträge angespart worden sind, um vielleicht auch mal Autobahnen, Kanalsysteme, Wasserleitungssysteme in Deutschland zu kaufen und damit krisensicher dieses Geld anzulegen, ist das leider in Lebensversicherungen und in Rentenpapiere und so weiter geflossen und verzinst sich überhaupt nicht mehr. Andere Länder waren dort schlauer, die haben in deutsche Infrastruktur investiert, weil sie gedacht haben, gerade Deutschland ist besonders krisensicher.
Leider ist meine Zeit um, ich könnte noch zwei Stunden darüber reden, mindestens, aber das Thema müssen wir weiter fortsetzen. – Herzlichen Dank.
Ich möchte auf der Besuchertribüne Seniorinnen und Senioren der Kreishandwerkerschaft Rügen-Stralsund-Nordvorpommern begrüßen. Herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Besucherinnen und Besucher!
Herr Wildt, vielleicht habe ich Sie eben auch falsch verstanden, aber zur Klarstellung möchte ich eins noch mal voranschicken: Die verhältnismäßig hohe Rente der ostdeutschen Frauen hat daraus resultiert, dass sie fast durchweg vollzeitbeschäftigt waren. Vielleicht habe ich Sie eben auch nur falsch verstanden, aber das wollte ich zur Klarstellung erst noch mal vorausschicken.
Einen Punkt haben Sie jetzt auch hier in aller Breite erörtert, den ich mir ganz speziell auf den Zettel geschrieben hatte, das war die Stichtagsregelung. Deswegen kann ich mir das jetzt auch schon mal an dieser Stelle ersparen, weil da bin ich nicht abweichender Meinung von dem, was Sie hier vorgetragen haben. Eine Stichtagsregelung hat natürlich immer Gewinner und Verlierer.
Unsere Sozialministerin hat vorhin das vereinbarte Rentenpaket als sozialpolitischen Erfolg – vor allen Dingen der SPD – hier ausführlich vorgestellt. Sie hat ergänzend gesagt, was alles noch fehlt, was verbessert werden könnte und in der Zukunft bearbeitet werden muss. Deswegen werde ich mich jetzt hier auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE konzentrieren.
Und ja, Herr Ritter, mehr und besser geht immer. Sie haben hier zehn Forderungen formuliert und zu einigen möchte ich konkret noch etwas sagen.
Gleich die Forderung unter Punkt 1.a), Rentenangleichung Ost/West – Sie werden sich das nicht ersparen können –, ja, wir hätten uns die Rentenanpassung auch schneller gewünscht,
und von dieser Stelle sage ich noch mal, auch wenn Sie es nicht mehr hören mögen, Erwin Sellering und Manuela Schwesig haben dafür gesorgt, dass es jetzt fix wirklich 2025 so weit ist.
Unter Punkt b) „die Ungerechtigkeiten bei der Überführung“ der Ost- zu den Westrenten. Ja, das Rentensystem der DDR und der Bundesrepublik waren nicht eins zu eins kompatibel. Es wurden für bestimmte Gruppen Sonderregelungen geschaffen, es wurden auch Ungerechtigkeiten damit geschaffen. Teilweise gab es insbesondere nach 1993 Urteile des Bundesverfassungsgerichts, aber auch einige selbst initiierte Gesetzesänderungen der Bundesregierung, die etliche Ungerechtigkeiten beseitigt haben. Alle sind nicht beseitigt, aber dass für ehemalige Stasimitarbeiter zum Beispiel weiterhin Rentenkürzungen gelten, ist eigentlich allgemein anerkannt.
Die Rentenversicherung im ALG-II-Bezug haben Sie angesprochen unter 1.d). Die wurde gerade 2011 mit der Begründung abgeschafft, weil der Wegfall der Rentenversicherungspflicht für Bezieher von Arbeitslosengeld II systemgerecht sei. „Die Leistungen eines Fürsorgesystems dienen dazu“ – das ist der O-Ton, ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –, „akute Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Ihnen kommt dagegen nicht die Funktion zu, bereits im Voraus pauschal Leistungen zu erbringen, um eine vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt eintretende Hilfebedürftigkeit durch Begründung versicherungsrechtlicher Rentenanwartschaften zu beseitigen.“ Zitatende. Da kann man grundsätzlich anderer Auffassung sein. Das will ich Ihnen gerne zubilligen.