Protocol of the Session on November 21, 2018

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Renz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt geht es ja schon mal um die Begrifflichkeit „Spiegelfechterei“, wird also sozusagen vom AfD-Redner hier angezweifelt in Richtung der SPD. Ich kann nur sagen, das, was ich in der Realität, in der Praxis erlebe,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ist noch viel schlimmer.)

da kann ich Herrn Schulte zu 100 Prozent recht geben, das, was DIE LINKE in diesem Lande macht beim Thema „Wahlalter mit 16“, ist nichts anderes als Spiegelfechterei.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Marc Reinhardt, CDU: Jawohl!)

Wahrscheinlich ist es politisch das eigentliche Problem, dass in diesem Fall die SPD den LINKEN das Thema weggenommen hat.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Insofern möchte ich mich jetzt, nachdem Herr Schulte schon ziemlich streng und, ich würde sagen, auch mit politisch scharfer Rede

(Rainer Albrecht, SPD: Klar und deutlich.)

die LINKEN hier zurechtgewiesen hat,

(Heiterkeit und Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

mit Formulierungen, die ich nicht wiederholen möchte, will ich mich aber zumindest inhaltlich dem erst mal anschließen, was der Koalitionspartner hier aus meiner Sicht zu Recht ausgeführt hat.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Es ist nur noch wenig dem hinzuzusetzen.

Fakt ist aber, wenn die AfD hier immer wieder auch versucht, ihren Beitrag zu leisten, und sagt, die Koalition ist sich in dieser Frage nicht einig – in welcher Frage auch immer, Sie haben die Frage nicht definiert –, ich kann Ihnen aber die Antwort geben: Wir sind uns in diesem Punkt einig wie nie, nämlich, dass wir die Bürger befragen. Wir befragen die Bürger

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

und nicht irgendwelche Experten ständig, sondern wir wollen die Bürger befragen, und wir sind uns sehr wohl einig, dass, wenn wir die Bürger befragt haben – und die sehe ich jetzt hier mal so als höchstes Gremium –,

(Zurufe von Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD)

dass wir die Entscheidung dann gemeinsam umsetzen. Also, was es da noch mehr gibt, das kann ich nicht erkennen, insofern, mehr Einigkeit als in dieser Frage kann es aus meiner Sicht politisch gar nicht geben.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Wenn die LINKEN – und dieser Schlussfolgerung von Herrn Schulte möchte ich also folgen –, wenn die LINKEN jetzt versuchen, Inhalt nach vorne zu bringen, wo wir der Auffassung sind, es geht gar nicht mehr um inhaltliche Fragen, sondern es geht um eine politische Frage, die wir hier debattieren sollten, dann werde ich das auch in den Vordergrund meiner Ausführungen stellen. Ich habe insofern nur für meinen Hintergrund auch gestern noch mal schnell gegoogelt, wie überhaupt die politische Lage ist, wie die Erwartungshaltung in der Bevölkerung. Ausgehend davon bin ich tatsächlich dann beim Googeln mit auf das Erste gestoßen, eine Befragung aus dem Jahre 2014. Auftraggeber war damals die CDU-Landtagsfraktion. Da ist es eben so gewesen, dass zwei Drittel das Wahlrecht für 16-Jährige bei Landtagswahlen ablehnen.

Jetzt könnte man sagen, 2014 ist völlig veraltet, die politische Debatte ist weitergegangen. Ich habe das dann so ein bisschen zeitlich versucht aufzuarbeiten. Das Nächste, was mir in die Hände fiel, war eine Befragung aus dem Jahre 2015. Da ging es um die Bundestagswahl. Da lehnten 79,1 Prozent – in der „Augsburger Allgemeinen“ nachzulesen – aufgrund einer Umfrage für die BertelsmannStiftung das Wahlalter mit 16 bei Bundestagswahlen ab. 79,1 Prozent! Insofern möchte ich auch kurz noch sagen, ich will Ihnen widersprechen, Herr Förster, wenn Sie eine Gleichsetzung von allen Wahlen hier vornehmen, das sehe ich so nicht.

Ich habe dann weitergeschaut, um aktuellere Dinge zu bekommen. 2017 haben wir im Bericht des „Cicero“ auch eine Umfrage „Absenkung des Wahlalters“, Mai 2017, große Überschrift „Mehrheit der Deutschen gegen Wahlrecht ab 16“. Jeder Dritte dafür! Das ist ja auch mal ein interessanter Aspekt. Viele enthalten sich ja auch. Jeder Dritte nur dafür! Und wie Sie dann – und da muss ich wieder sagen, möglicherweise sehr viele von Ihnen – daraus immer ableiten wollen, dass wir politisch etwas umsetzen sollen, was in der Bevölkerung möglicherweise eine andere Wahrnehmung und eine andere Meinung nach sich zieht, das müssten Sie vielleicht noch mal genauer erklären.

Jetzt kann man natürlich sagen, diese 32,3 Prozent aus dem Jahre 2017, das sollte man noch differenzieren, alterstechnisch. Und dann ist es ja tatsächlich so, je älter sie sind, desto größer ist auch die Ablehnung in diesem Punkt. Das sage ich einfach mal so kommentarlos. Aber interessant wäre ja, wenn die Unter-25-Jährigen mit 70/80 Prozent hallo schreien, ja, das wollen wir, wenn das so ist, vielleicht ist dann eher noch die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, gesetzlich zu handeln. Aber das Interessante bei dieser Umfrage aus dem Jahre 2017 ist, dass bei den Unter-25-Jährigen auch unter 50 Prozent nur dafür sind, nämlich 45,5.

Also was will ich damit sagen? Wir können natürlich weiter Umfragen machen in dieser Art und Weise, über Meinungsinstitute. Wir können auch weiterhin Parteiprogramme zitieren, dass man schon mal dafür ist.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Wir können auch Experten weiter befragen, wobei ich mir dann die Frage stelle, welcher Experte kommt denn, wenn die Stimmung in der Bevölkerung so ist, hierher und sagt zu 100 Prozent, wir müssen das in Gesetzestexte gießen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das kann ich inhaltlich nicht nachvollziehen.

Und ich kann auch inhaltlich nicht nachvollziehen Ihre Position, Frau Bernhardt, wenn Sie sagen, unsere Aufgabe ist es, als gewählte Abgeordnete hier heute zu entscheiden. Das war Ihre Ausführung.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Sie legen einen Gesetzentwurf vor.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das können Sie nicht nachvollziehen.)

Ich glaube deutlich gemacht zu haben,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kann aber auch an Ihnen liegen, wenn Sie das nicht nachvollziehen können.)

dass möglicherweise die Stimmung etwas anders ist.

Nein, das kann ich nicht nachvollziehen, insbesondere, wenn es um das Demokratieverständnis geht.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sie nehmen für sich in Anspruch zu wissen, was die Mehrheit der Bevölkerung in diesem Lande will. Das nehmen Sie für sich in Anspruch. Wir haben politisch auch eine Meinung dazu, aber wir sind nicht so stur als CDU und sagen, weil wir eine Auffassung haben, bleiben wir in diesem konkreten Punkt bei dieser Auffassung, sondern wir sagen, nein, wir wollen die Bürger, die Bevölkerung befragen und werden dann das Votum für uns als Arbeitsgrundlage nehmen, um, wenn es denn so gewollt ist, Veränderungen vorzunehmen. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Deswegen kann ich das Demokratieverständnis hier in diesem konkreten Punkt von Ihrer Seite nicht nachvollziehen.

Herr Renz, gestatten Sie eine Zwischenfrage...

Bitte schön.

... des Abgeordneten Ritter?

Bitte schön, Herr Ritter.

Schönen Dank, Herr Kollege Renz.

Gehört es zu Ihrem Demokratieverständnis, hier im Hohen Hause Gesetzentwürfe, die in einer Ersten Lesung behandelt werden, in den zuständigen Ausschuss zu überweisen, dort zu beraten und einer Zweiten Lesung zuzuführen?

Sehr geehrter Herr Kollege, wir haben ein demokratisch legitimiertes Verfahren nach unserer Geschäftsordnung. Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, wenn eine Fraktion einen Gesetzentwurf in Erster Lesung vorlegt.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Dann geht es in die Ausschüsse.)

Dann ist es rechtlich, geschäftlich und politisch sauber, diesen Gesetzentwurf nach einer Diskussion, Erste Lesung, in den Ausschuss zu überweisen und dann in einer Zweiten Lesung, nachdem man sich ausführlich damit im Ausschuss befasst hat, in einer Zweiten Lesung entsprechend politisch zu bewerten und zu entscheiden. Aber genauso ist es rechtlich, geschäftlich –

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Es geht um das Demokratieverständnis.)

und alle Adjektive, die Sie auch gerne noch mögen – genauso korrekt, in der Ersten Lesung, wenn man sich inhaltlich mit einem Gesetzentwurf befasst hat, diesen dann abzulehnen und ihn nicht in den Ausschuss zu überweisen.

(Marc Reinhardt, CDU: Sehr richtig!)