Protocol of the Session on November 21, 2018

warum wir jetzt hier auf einmal den Antrag erneut rauskramen, wobei Sie ausblenden, dass es ja auf Bundesebene irgendwie kein Vorankommen gibt.

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Das ist nicht richtig, Frau Friemann-Jennert. Schauen Sie doch mal auf die Bundesebene! Also insofern kann ich das, was Sie hier vorgebracht haben, überhaupt nicht verstehen, Frau Friemann-Jennert.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

Insofern kann ich mich eigentlich nur bei Frau Drese und auch bei Frau Tegtmeier für die klaren Worte hier für ihre Fraktion, für die SPD-Fraktion, bedanken.

(Manfred Dachner, SPD: Nee, nee, für sich, nicht für die ganze.)

Herr Dachner, wenn Sie da nicht einverstanden sind, Sie habe ich nicht gehört. Ich habe jetzt die zwei Frauen gehört. Da kann ich mich für die klaren Worte hinsichtlich der Abschaffung von Paragraf 219a nur bedanken.

(Zurufe von Manfred Dachner, SPD, und Sebastian Ehlers, CDU)

Ich hoffe, dass Sie dann auch konsequent sind und dem Antrag zustimmen bei der namentlichen Abstimmung. Das werden wir ja sehen, weil, Sie sagen ja, Frau Drese, man sollte auf Bundesebene der Bundesregierung, dem Bundestag noch Zeit geben, sich mit dieser Abschaffung des Paragrafen 219a auseinanderzusetzen. Wir meinen, dass es auch ein wichtiges Zeichen aus MecklenburgVorpommern wäre, wenn nicht nur die Sozialministerin ihr Nein offeriert zu 219a, sondern wir insgesamt als Landtag auch sozusagen der SPD-Bundestagsfraktion und unserer Bundestagsfraktion noch mal Rückenwind geben und sagen, wir wollen das nicht. Insofern haben wir den weiter vorgebracht. Wir halten Handlungen nach wie vor für notwendig.

Und da, Herr Weber, haben Sie selber das beste Beispiel vorgebracht: Der Richter, der diese Frau verurteilt hat, die Ärztin, und dann seine persönliche Meinung abgegeben hat, seine persönliche Erklärung zu Paragraf 219a, zeigt doch, dass selbst Rechtsgelehrte

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das hat auch niemand bestritten.)

für eine Abschaffung von 219a sind, wobei er an Recht und Gesetz gebunden ist, hier sozusagen anders urteilen musste. Aber es zeigt den Handlungsbedarf, damit Richter auch entsprechend ihrer Rechtsmeinung Recht sprechen können, und dann liegt es an uns,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Sie sollten Richter werden, dann sind Sie an Recht und Gesetz gebunden.)

dann liegt es an uns, das Recht zu ändern, denn schließlich sind wir Landesgesetzgeber beziehungsweise dann auf Bundesebene der Bundestag Bundesgesetzgeber.

Wir meinen, der Handlungszwang besteht nach wie vor, denn worum geht es – auch wenn Sie das gerne bestreiten, Frau Friemann-Jennert, mit „kruden Phrasen aus den 70ern“, wie Sie meinem Kollegen Ritter vorwarfen, was man überhaupt nicht versteht –: Es geht um die Selbstbestimmung der Frau und vor allen Dingen geht es auch um die Entkriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten.

(Maika Friemann-Jennert, CDU: Sie hören immer nur das, was Sie hören wollen.)

Hier ist dringender Handlungsbedarf weiterhin gegeben, was ja selbst die SPD-Bundestagsfraktion sagt, als im Oktober das Landgericht Gießen das Urteil des Amtsgerichtes Gießen bestätigt hat, wo, wie gesagt, eine Ärztin wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche unter Berufung auf den Paragrafen 219a zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt wurde.

Was war der Hintergrund? Angezeigt und verurteilt wurde die Fachärztin, die auf ihrer Webseite einen Link gesetzt hatte, der es potenziellen Patienten ermöglicht, ein ärztliches Gespräch und eine Beratung wegen eines Schwangerschaftskonfliktes zu erhalten. Aus unserer Sicht ist das Information, hat nichts mit Werbung zu tun. Das

Gericht entschied aber, wie bekanntermaßen hier schon vorgetragen wurde, dass damit schon der Tatbestand des Paragrafen 219a StGB erfüllt sei.

Im Vorfeld der Gerichtsverhandlung hat nur noch die Justizministerin Frau Katarina Barley, SPD, für eine Reform des Paragrafen plädiert und die Erwartung ausgesprochen, dass noch in diesem Herbst eine Änderung erfolgt. Ich kann nur hoffen, dass diese Änderung tatsächlich im Herbst erfolgt, wir haben schon Ende Herbst. Ich hoffe, auf Bundesebene wird das weiter vorangetrieben, und ich denke, dass wir mit einem Signal aus Mecklenburg-Vorpommern hier unterstützend wirken können.

Nach dem Bekanntwerden des Urteils veröffentlichte dann das Bundesfrauenministerium ein Statement von Ministerin Franziska Giffey, in dem sie klarstellte,

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

dass eine Reform des Paragrafen 219a jetzt überfällig sei. Also beide Ministerinnen – Justizministerin und Familienministerin – sagen, wir müssen die gute Arbeit von Ärztinnen und Ärzten entkriminalisieren und ihnen Rechtssicherheit geben. Ich kann nur sagen, recht haben beide. Ich hoffe, dass heute auch entsprechend die SPDLandtagsfraktion dann handeln wird.

Warum ist Handeln aus unserer Sicht weiter notwendig? Der Paragraf 219a führte lange Zeit ein Schattendasein. Er stellt unter Strafe, wenn jemand wegen des Vermö gensvorteils oder in grob anstößiger Weise „eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder... Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt...“ Diese sehr weitreichende Formulierung verbietet potenziell nicht nur die Werbung für den Schwangerschaftsabbruch, wie es der Titel des Paragrafen 219a StGB nahelegt, sondern eben auch das Anbieten von ärztlichen Leistungen.

Sie wurde 1933 von den Nationalsozialisten gesetzlich verankert, während gleichzeitig der Paragraf 218 vorsah, dass Schwangerschaftsabbrüche mit Zuchthaus oder Gefängnis zu bestrafen waren. Das Schattendasein des 219a erleichterte es, dass er verschiedene Reformdebatten zu strafrechtlichen Regelungen überdauerte und selbst dann in Kraft blieb, als 1976 entschieden wurde, dass Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen straffrei sind. Damit besteht eben bis heute die widersprüchliche Rechtslage, dass Ärztinnen und Ärzte zwar unter den in Paragraf 218 StGB geregelten Bedingungen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen dürfen, jedoch nicht über diese Leistung informieren dürfen.

Und man muss sagen – mit Blick auf die Zeit muss ich etwas abkürzen –, weil Sie ja immer sagen, es gibt keinen Informationsbedarf: Doch, aus unserer Sicht gibt es den auch weiterhin. Wir sehen halt die Problematik, dass eine Frau sich nicht umfassend informieren kann, wo Ärztinnen und Ärzte vorhanden sind, auch in Mecklenburg-Vorpommern,

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Das ist aber Quatsch.)

die sie dann entsprechend beraten können. Da handelt beispielsweise die Hansestadt Hamburg ganz anders und hat sogar die Liste der Ärztinnen und Ärzte, die Abbrüche vornehmen, veröffentlicht. Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz informiert dazu auch auf der Internetseite über Möglichkeiten und Methoden von Schwangerschaftsabbrüchen. Das hilft Frauen, eine Entscheidung zu treffen und sich weitere Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zu suchen.

In einer Kleinen Anfrage meines Fraktionskollegen Peter Ritter und von mir wird auch zur Information auf die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verwiesen, die regelmäßig und aktuell Publikationen zur Verfügung stellen soll, die jeder und jedem zugänglich sind. Per Stichwortsuche zu Schwangerschaftsabbrüchen oder Abtreibungen wird lediglich ein Artikel aus dem Jahr 2004 zur „Pille danach“ angegeben. Klicke ich auf den Link zum Artikel, erscheint dort „Error“ auf meinem Bildschirm. Dieses „Error“ zeigt sich ganz groß und aktuell überall bei den Frauen, die in einer schwierigen Lebenssituation auf Hilfe angewiesen sind, diese suchen und immer wieder vor verschlossenen Türen stehen.

Ist das die Aufklärung, die Sie meinen, Frau FriemannJennert oder Herr Weber? Das kann ich nicht verstehen, das kann ich nicht sehen. Die Frauen werden aus unserer Sicht an der Nase herumgeführt und komplett im Stich gelassen.

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Deshalb bitte ich Sie noch einmal eindringlich, heute Ihr Gewissen entscheiden zu lassen und diesem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Die Fraktion DIE LINKE hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2807 eine namentliche Abstimmung beantragt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beginnen nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Damit Ihr Votum korrekt erfasst werden kann, bitte ich Sie, sich nach Aufruf, wenn möglich, von Ihrem Platz zu erheben und Ihre Stimme laut und vernehmlich abzugeben. Darüber hinaus bitte ich alle im Saal Anwesenden, während des Abstimmungsvorgangs von störenden Gesprächen Abstand zu nehmen.

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, die Namen aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat?

(Die Abgeordneten Lorenz Caffier und Horst Förster werden nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)

Ich frage noch einmal: Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme abzugeben wünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich unterbreche die Sitzung für zwei Minuten.

Unterbrechung: 18.54 Uhr

__________

Wiederbeginn: 18.55 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. An der Abstimmung haben insgesamt 58 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 10 Abgeordnete, mit Nein stimmten 47 Abgeordnete, ein Abgeordneter enthielt sich der Stimme. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2807 abgelehnt.

Jetzt rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Potenziale der Solarenergie endlich auch in Mecklenburg-Vorpommern nutzen, Drucksache 7/2810.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Potenziale der Solarenergie endlich auch in Mecklenburg-Vorpommern nutzen – Drucksache 7/2810 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor etwa zweieinhalb Jahren hat sich der Landtag mit einem Antrag meiner Fraktion unter dem Titel „Schattendasein von Solarenergie in Mecklenburg-Vorpommern beenden“ befasst.

Insofern, ja, Herr Professor Weber, es kommt vor, dass man ein Thema, das man schon mal aufgerufen hat, wiederholt in den Landtag bringt aus den unterschiedlichsten Gründen.