Protocol of the Session on November 21, 2018

(Dr. Ralph Weber, AfD: Wo ist die Fee, die das verwirklicht?)

Und, Kollegen, ich werde an dieser Stelle ausdrücklich nicht sagen, wir würden Ihren Anträgen zustimmen, aber unser Koalitionspartner stimmt dem nicht zu und deshalb können wir insgesamt nicht zustimmen. Das wäre ja auch ziemlich nichtssagend. Insgesamt fehlt es mir nämlich an der Ernsthaftigkeit Ihres Ansinnens.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Knapp an der Koalitionskrise vorbeigeschrammt.)

Ich hatte schon gesagt, es geht Ihnen nicht vordergründig um das Abschaffen der Privilegierung im Außenbereich für diese Anlagen, sondern Ihr Ansinnen ist ein ganz anderes, und das ist versteckt. Glaubwürdiger wäre allerdings, wenn Sie gefordert hätten, die Energiewende und den Ausbau der Windenergie in unserem Land zu stoppen.

(Ralf Borschke, Freie Wähler/BMV: Genau das habe ich auch gesagt zu der Energiewende.)

Genau in der Begründung sind Sie auch darauf versteckt eingegangen, Herr Borschke. Ich habe ja genau zugehört. Das würde vielleicht der Bürger auch noch verstehen. Zu dieser klaren Ansage fehlt Ihnen aber offensichtlich der Mut oder das Rückgrat. Sie aber kommen mit Anträgen daher, von denen Sie im Voraus wissen, dass diese keine Chance auf Erfolg haben und abgelehnt werden.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Übrigens viel Arbeit wollen Sie sich offensichtlich auch nicht machen, ansonsten würden Sie nicht auf nahezu gleichlautende Initiativen anderer Bundesländer aufspringen,

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Wenn die doch gut sind.)

und das gilt besonders für die Kollegen von der AfD. Ihre Partei ist im Deutschen Bundestag vertreten. Da hat man die Möglichkeit, auf direktem Weg Anträge dahin gehend zu stellen, und muss hier nicht über Länderparlamente durch die Hintertür kommen über den Bundesrat. Da steckt also schon sehr viel Engagement drin.

(Stephan J. Reuken, AfD: Die Anträge waren doch schon im Bundesrat.)

Nein, da liegt keine Initiative vor, Herr Reuken. Da ist im Bundestag nichts geschehen.

(Stephan J. Reuken, AfD: Ich rede nicht über den Bundestag. Ich rede über den Bundesrat. Die Anträge waren doch schon längst im Bundesrat.)

Sie kommen hier durch die Hintertür durch die kalte Küche und wollen über die Länderparlamente die Energiewende infrage stellen.

Während die Windenergiebranche – und das ist auch deutlich anzusprechen – die mangelnde Ausweisung von Eignungsgebieten, mangelnde Netzkapazitäten oder die Ausweisung unseres Landes als Netzengpassgebiet kritisiert, stehen Kommunen und Bürger auf den Barrikaden. Sie setzen sich trotz des Beteiligungsgesetzes gegen die Errichtung von Windkraftanlagen zur Wehr. So vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Schreiben von Bürgerinitiativen oder betroffenen Bürgern auf meinen Tisch gelangen, die sich gegen die Errichtung von Windkraftanlagen oder die Ausweisung von neuen Eignungsgebieten aussprechen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und was sagen Sie denen?)

Bei diesen Menschen wollen Sie den Eindruck erwecken, dass Sie mit den vorliegenden Anträgen Abhilfe schaffen können. Das ist aber leider nicht der Fall und deshalb fehlt es an der Glaubwürdigkeit Ihrer Anträge.

Kommen wir nun zu den Anträgen im Bundesrat. Da fordert Nordrhein-Westfalen eine Stärkung der planerischen Steuerung der Windenergienutzung und die Wiederbelebung der Öffnungsklausel gemäß Paragraf 249 Baugesetzbuch. Wenn solche Abstandskriterien auf der Basis einer Länderöffnungsklausel bis 2024 eingeführt würden, dann wäre die jahrlange und intensive Arbeit der Träger der Regionalplanung weitestgehend entwertet. Bestehende Regional- und Flächennutzungspläne würden unter Umständen in rechtlicher Hinsicht funktionslos. Schon heute können jedoch die Planungsverbände im Land von den Kriterien der Landesregierung abweichen.

Die Initiative des Landes Brandenburg fordert die gänzliche Abschaffung der Privilegierung für Windkraftanlagen in Paragraf 35 Baugesetzbuch. Dafür gibt es sowohl im Bundesrat als auch im Bundestag offensichtlich keine Mehrheiten. Sollte es zu einer solchen Änderung des Baugesetzbuches kommen – darüber sind wir uns doch wohl alle im Klaren –, dann wäre der Ausbau der Windenergie in Deutschland beendet.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Wäre sehr schön.)

Wer das will, der soll das auch klar sagen und erklären, wo die Energie herkommen soll.

Nach den Ereignissen von Fukushima hat die Gesellschaft mit großer Mehrheit den Umstieg auf erneuerbare Energien beschlossen. Ob die Befürworter seinerseits die Herausforderung überblickt haben, vermag ich nicht zu beurteilen. Eine solche Betrachtung hilft uns aber auch nicht weiter. Klar ist, dass die Bundesregierung bis heute für die Umsetzung der Energiewende eine demokratische Legitimation besitzt. Dies ist nach wie vor der Fall, meine Damen und Herren von der AfD und von den Freien Wählern/BMV. Ziel der Bundesregierung ist es, den Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch von derzeit 33 auf 50 bis 55 Prozent im Jahr 2035 zu steigern. Ab dem Jahr 2050 soll der Anteil mindestens bei 80 Prozent liegen.

Sehr geehrte Damen und Herren, gerade weil die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes kaum Nutzen aus den

Windkraftprojekten ziehen, ist der Unmut mehr als verständlich. Wer lediglich die Belastung von den Windparks hinnehmen soll und von den Erlösen ausgeschlossen bleibt, dem ist es nicht zu verdenken, dass er sich gegen die Ausweisung neuer Eignungsgebiete und die Errichtung von Windkraftanlagen wehrt. Hinzu kommt, dass die Kosten für die erneuerbaren Energien offensichtlich drohen, aus dem Ruder zu laufen. Während im vergangenen Jahr die sogenannten Redispatchkosten auf 1,4 Milliarden Euro anstiegen, geht der Präsident der Bundesnetzagentur davon aus, dass bei unvermindertem Ausbau die Kosten in den kommenden Jahren die 4-Milliarden-EuroGrenze für diesen Bereich überschreiten könnten. Die Energiekosten in Deutschland liegen mit circa 30 Cent je Kilowattstunde schon heute auf einem weltweiten Spitzenniveau. Und das sage ich Ihnen ganz deutlich: Der Antrag auf Abschaffung der Privilegierungen in Paragraf 35 würde diese Fragen und Probleme nicht im Ansatz lösen. Da sind andere Lösungen notwendig, aber nicht die simple Abschaffung der Privilegierung aus dem Baurecht.

(Beifall Philipp da Cunha, SPD)

Gerade deshalb hat sich meine Fraktion immer wieder für den Ausbau der erneuerbaren Energieträger nach den Grundsätzen – die hatte ich vorhin schon erwähnt – des energiepolitischen Zieldreiecks der Versorgungssicherheit, also im Einklang mit dem Ausbau der Netze und Speichertechnologien, der Wirtschaftlichkeit und der Umweltverträglichkeit, ausgesprochen. Daran, sehr geehrte Damen und Herren, hat sich auch bis heute nichts geändert.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, kommen wir als letzten Punkt zur Zuständigkeit. Das Baugesetzbuch ist ein Bundesgesetz. Somit sind der Bundesrat, die Bundesregierung und der Bundestag als Initiativorgan zuständig. Im Bundestag habe ich bisher keine Aktivitäten der AfD zur Abschaffung des Paragrafen 35 der Privilegierung oder zur Verlängerung des Paragrafen 249 Baugesetzbuch erkennen können. Sie wissen offensichtlich genau, dass Ihnen hierfür die gesellschaftliche Mehrheit fehlt. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr da Cunha.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß genau, was Sie jetzt erwarten, aber ich habe, glaube ich, einiges an Zeit, wo ich einige Punkte klarstellen könnte, die Sie gerade in Ihren Einbringungen …

Mein sehr geehrter Herr Abgeordneter da Cunha, auch die Anrede des Präsidiums muss vollständig sein. Also selbst bei sofortigem Eintritt in die Debatte müssen die Formalien stimmen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die vorliegenden Anträge der Fraktionen Freie Wähler/BMV und der AfD befassen sich mit der Privilegierung, sprich der Behandlung von Windenergieanlagen, der bevorzugten im Außenbereich. Die Fraktion der SPD wird beide

Anträge ablehnen und ich werde auch im Folgenden dazu kommen, warum wir das so machen.

Wir haben uns hier im Haus schon ausreichend mit dem Thema der erneuerbaren Energien befasst, mit Klima, Energiewende und so weiter. Auch zu dem Punkt der Länderöffnungsklausel aus dem vorliegenden Antrag haben wir uns schon verständigt. Es ist noch gar nicht so lange her, nämlich im vergangenen Jahr haben wir den Antrag der AfD abgelehnt.

(Stephan J. Reuken, AfD: Das war im Januar.)

Aber das ist nicht das einzige Thema, das Sie immer wieder gern aufwärmen, auch wenn andere Vorstellungen deutlich älter sind bei Ihnen.

Aber erst mal zum Thema der privilegierten Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Außenbereich: Vor knapp 20 Jahren wurde diese für den volkswirtschaftlich notwendigen Ausbau der Windenergie mit maßgeblichen planungsrechtlichen Grundlagen eingeführt. Ohne eine solche privilegierte Zulässigkeit würde ein weiterer Ausbau maßgeblich vom Willen und insbesondere auch von den planerischen Möglichkeiten der Gemeinde abhängen. Die Privilegierung sollte in planungsrechtlicher Hinsicht auch ermöglichen, dass die Windenergienutzung in Bereichen konzentriert wird und Beeinträchtigungen für Mensch und Natur minimiert werden können, anstatt überall im Land verteilt bauen zu können. Solch eine privilegierte Zulässigkeit bedeutet aber nicht, dass überall dort gebaut werden kann, wo ein Projektträger eine Windenergieanlage auch wirklich bauen möchte. Eine Zulässigkeit ist nur dann gegeben, wenn bestimmte öffentliche Belange oder Fachgesetze dem nicht im Wege stehen. Zusammen mit der Privilegierung wurden den Gemeinden und den Ländern bei der Bauleitplanung und der Raumordnung neue Steuerinstrumente an die Hand gegeben. Das Ziel damals wie heute lautet: geordneter Ausbau. Beispiele für häufig auftretende Nichtzulässigkeiten sind Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege, um das Verletzen oder Töten von besonderes geschützten Arten zu verhindern, im Rahmen der Flugsicherheit, Beeinträchtigungen von Baudenkmälern, optisch bedrängende Wirkungen oder aus Einzelfallprüfung sich ergebende andere Versagungsgründe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf das Thema Klimaschutz möchte ich an dieser Stelle gar nicht weiter eingehen. Das haben wir in den vergangenen Sitzungen, glaube ich, ausreichend getan. Lassen Sie uns stattdessen lieber über das Thema Wirtschaft sprechen. Im World Energy Outlook 2018 mit der jährlichen Berichterstattung der Internationalen Energieagentur finden Sie auf der Seite 159 eine kleine Grafik mit Sprengkraft. Dort ist dargestellt, wie sich die weltweite Ölproduktion in den nächsten Jahren entwickeln wird, wenn nicht in Größenordnungen in die Förderung unkonventioneller Reserven, sprich Ölsande oder Fracking, investiert wird. In Kurzfassung: Die weltweite Ölproduktion wird sich deutlich reduzieren, die Nachfrage nicht.

Jetzt steht bei mir: „Dramatische Pause mit Wassertrinken“.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion Freie Wähler/BMV – Zuruf aus dem Plenum: Gut hingekriegt!)

Was ein Marktpreis mit knapper werdendem Gut und einer gleichbleibenden Nachfrage macht, wissen Sie sicherlich alle. Sinkt das Angebot, steigt der Preis. Steigende Ölpreise wirken sich negativ auf die Entwicklung der Weltwirtschaft aus, also am Ende auch auf die deutsche Exportwirtschaft. Steigende Ölpreise sorgen zwar dafür, dass wir wieder mehr unkonventionelle Ölreserven fördern können, weil sie wirtschaftlich werden, sprich Fracking, Ölsande, in Kanada werden aber selbst diese Reserven nicht ausreichen, die wegfallenden Produktionsmengen im Ölmarkt auszugleichen.

Wenn Sie den Begriff „Peak Oil“ kennen, wir sind kurz davor, das Plateau der Maximalförderung zu verlassen. Jetzt gibt es zwei Optionen: Wir können so tun, als ob das Öl in Saudi-Arabien nichts mit dem Windrad in der Uckermark zu tun hat. Wir können darauf vertrauen, dass verlässliche und wirtschaftlich prosperierende Demokratien wie Saudi-Arabien oder Venezuela schon ausreichend investieren werden, damit wir weiter billig Auto fahren können, damit es unserer Wirtschaft gut geht. Perspektivisch werden wir an der Tankstelle trotzdem mehr und mehr bezahlen müssen. Oder aber wir können anerkennen, dass die Nutzung der Windenergie als lediglich eine von vielen Säulen der Energiewende mittelfristig für alle Menschen in diesem Land die deutlich billigere und sinnvollere Lösung für Energiefragen ist, dass Windkraftanlagen im Land unsere Ölfördertürme der Zukunft sind. Energie aus Windkraft muss eine Säule der Mobilität der Zukunft sein, zu den übrigens sehr verlässlichen Preisen.

Wenn man sich einige der hier gehaltenen Reden anhört, möge man meinen, in unserem Land möchte niemand mehr die Energiewende haben, geschweige denn Windenergieanlagen. Das große Projekt zum Schutze unseres Planeten hat an Zustimmung verloren, aber Umweltschutz ist beim Klimawandel in erster Linie Wirtschafts- und Wohlstandsschutz. Und wenn ich mir da die Zahlen anschaue, die im September von Forsa erhoben wurden, geben 80 Prozent an, dass der Ausbau der Windenergie an Land ihnen wichtig oder sehr wichtig ist. Insgesamt 74 Prozent finden, die Bundesregierung sollte sich sogar noch stärker in Zukunft an der Umsetzung der Energiewende beteiligen und diese umsetzen. Aber nur 22 Prozent finden – und das mag ich als Ingenieur manchmal gar nicht glauben –, dass Windenergieanlagen auch wirklich ästhetische Bauwerke sind.

Das hat auch mit der Lebensfreude zu tun, von der wir eben schon gesprochen haben, die dann vielleicht ein bisschen zurückgeht. Aber dann möge man natürlich meinen: Klar, die wollen alle die Energiewende, aber keiner möchte Windenergieanlagen haben. Unter denen, die schon Windenergieanlagen im direkten Umfeld, im direkten Wohnumfeld haben, sagen immer noch 78 Prozent, dass sie damit eher oder voll einverstanden sind, ein Wert, den ich persönlich so nicht erwartet hätte. Die Menschen in Deutschland haben also mehrheitlich verstanden, worum es geht, was AfD und den Freien Wählern/BMV an dieser Stelle wohl als Erkenntnisprozess noch fehlt. Die große Zustimmung der Menschen entbindet uns aber nicht davon, noch mehr für die Beteiligung zu tun, denn nur, wenn die Menschen vor Ort wissen, wie sie sich beteiligen können oder wie sie mehr von den Bauwerken haben, anstelle sie einfach nur anzugucken, wenn sie sie schon nicht ästhetisch finden, an der Stelle müssen wir eingreifen und Wege aufzeigen. Unser Ziel muss weiterhin der Ausgleich sein

zwischen Interessen der unterschiedlichen Beteiligten, zwischen den Anwohnern, den Kommunen, den Verbänden, den Unternehmen, zwischen denjenigen, die für den Ausbau sind, und denjenigen, die berechtigte Kritik und Sorge haben.

Allen voran müssen wir aber die Ängste ernst nehmen und dazu auch ins Gespräch kommen und im Gespräch bleiben. Wenn man mit den Menschen ins Gespräch kommt, wenn man nicht latente Ängste schürt, sondern offen und ehrlich über das Thema spricht, dann kann man auch die Notwendigkeit deutlich machen, die hinter dem großen Ziel der Energiewende steht. Die Energiewende ist nicht irgendeine Geldumverteilung, wie es die AfD immer gern behauptet. Die Energiewende und die Windkraft als ein wichtiger Bestandteil bedeuten die Sicherung unseres Energiebedarfs aus heimischen Quellen und mit verlässlichen Lieferbedingungen und natürlich auch zu verlässlichen Preisen. Sie ist inzwischen gerade in Mecklenburg-Vorpommern auch ein Wirtschaftsmotor, ein Wirtschaftsmotor, dem die vorliegenden Anträge die Treibstoffzufuhr kappen wollen. Liebe AfD, hat das nicht auch schon etwas mit Deutschenfeindlichkeit zu tun? – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Grimm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Ich freue mich auf eine interessante Debatte.“

(Torsten Renz, CDU: Die jetzt losgeht für Sie.)