Protocol of the Session on October 25, 2018

(Karen Larisch, DIE LINKE: Wissen Sie überhaupt, wo das liegt?)

Der Anklamer Stadtbruch ist Naturschutzgebiet. Es geht also um die Privatisierung eines Naturschutzgebietes.

(Patrick Dahlemann, SPD: Was meinen Sie denn jetzt?)

Warum soll ein bestehendes Naturschutzgebiet privatisiert werden? Hier brüten und rasten viele seltene Vögel und es gibt eine einmalige Fauna. Das Schlimme ist, dass beim Naturschutz durch solche privaten Organisationen nicht abgewogen wird. Da rottet die geförderte Tierart andere bedrohten Tierarten aus. Da vernichten neu angelegte Biotope alte funktionierende Biotope mit wertvollem Fauna- und Florabestand. Ja, da gefährdet so manche Umwelt- und Tierschutzmaßnahme die Lebensqualität und Grundlage der ansässigen Bevölkerung. Und das passiert nur, weil diese Art Naturschutz ideologisch bedingt ist und sich vom wirklichen Ziel, nämlich dem Schutz von Natur und Umwelt zum Nutzen für den Menschen und zum Nutzen für die Umwelt, immer weiter entfernt.

(Minister Dr. Till Backhaus: Oh, oh, oh, oh!)

Sie erweisen dem Naturschutz einen Bärendienst und machen ihn unglaubwürdig.

Nördlich des Anklamer Stadtbruchs im Bereich des alten Bahndamms kann man solch eine Maßnahme in Augenschein nehmen. Einstmals blühende Landschaften wurden umgewandelt in eine Zone des Todes.

(Minister Dr. Till Backhaus: Oh, oh, oh, oh!)

Uralte Mischwaldbestände, Orchideenwiesen, Brutgebiete und mehr wurden durch Wiedervernässung vernichtet.

(Patrick Dahlemann, SPD: Ein beeindruckendes Natur- schauspiel, was da entstanden ist!)

Selbst die sich ausbildende Kormorankolonie ist wieder elendig eingegangen. Das will schon was bedeuten!

Nicht unerwähnt soll mein Gespräch mit einem Urlauberpaar aus Berlin bleiben, denen ich auf dem Bahndamm begegnet bin. Gefragt, was der Grund für ihren Besuch hier sei, erhielt ich zur Antwort, der ehemalige Bahndamm ist der Grund, alles andere hier ist für sie schrecklich und diese trostlose Landschaft werden sie nicht noch einmal besuchen.

(Patrick Dahlemann, SPD: Aber Sie geben zu, dass das eine Einzelmeinung ist?)

Hier also von der Schaffung touristischer Highlights zu sprechen, ist schon makaber.

Meine Damen und Herren, für den Anklamer Stadtbruch liegt mir die Maßnahmenbeschreibung der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe vor. Unter anderem sollen Grabensysteme verschlossen werden, Wege erhöht und der Abfluss nach Norden unterbunden werden.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Ziel der Maßnahme soll letztendlich sein, einen Nährstoffeintrag durch den Greifswalder Bodden zu verhindern, um die Regenerationsfähigkeit des Moores wiederherzustellen. In der Maßnahmenbeschreibung heißt es: Bevor im Jahre 1995 infolge eines Deichbruchs wieder die Wasserdynamik des Peene-Stroms angebunden wurde, war das Gebiet durch ein effektives Netz an Entwässerungsgräben geprägt, die zudem an ein Schöpfwerk angeschlossen waren. Ein Teil dieses Entwässerungssystems ist inzwischen weitgehend unwirksam. Weiterhin heißt es: Durch seinen immensen avifaunischen Reichtum sowie seine landschaftliche Attraktivität erlangte der Stadtbruch in den zurückliegenden Jahren eine zunehmende Bedeutung für den Naturtourismus.

Das soll nun anscheinend wieder aufs Spiel gesetzt werden. In Anbetracht der bisherigen Wiedervernässungen, die sich oftmals als wirkungs- und erfolglos darstellen und sogar zu kontraproduktiven Misserfolgen im Naturschutz führten, stellt sich die Frage, warum hier wiederum ein hochwertiges Naturschutzgebiet zerstört werden soll. Und für die Finanzierung dieser Maßnahme soll nun auch noch der Steuerzahler aufkommen.

Am 08.10. konnte ich an einer Einwohnerversammlung in Bugewitz teilnehmen. Hier nahm der NABU Stellung zu seinen Vorhaben. Unter anderem wurde vom Vertreter des NABU festgestellt, dass, sollte das Land den Grundstückserwerb nicht wie beantragt fördern, das Projekt auf Eis gelegt wird, ein Erwerb des Grundstücks aber trotzdem erfolgen wird, dann aus eigenen Mitteln. Es wurde hier also offen gesagt, das Geld für den Erwerb wird gar nicht benötigt, man kann es selbst finanzieren.

(Zurufe von Elisabeth Aßmann, SPD, und Patrick Dahlemann, SPD)

Somit besteht auch gar keine Notwendigkeit zur Finanzierung durch das Land. Auch die Folgekosten dürften ja eine gewisse Rolle spielen.

Was aber würde eine dauerhafte Wasserstandserhöhung für die Einwohner, zum Beispiel von Bugewitz, bedeuten? Dauerhaft abgesoffene Keller wären wohl das Geringste. Überflutete und abgesackte Straßen, Schäden

an Wohnhäusern und Gebäuden wären wohl zu erwarten. Sie konnten auf der Einwohnerversammlung vom NABU jedenfalls nicht ausgeschlossen werden. Ein Gutachten zu den Folgen gibt es nicht und soll erst, wenn die Finanzierung durch das Land steht, in Auftrag gegeben werden. Wohlweislich wurde aber gleich darauf hingewiesen, eine Haftung findet nicht statt. Bei Schäden würde lediglich zurückgebaut. Also bleiben die Geschädigten von vornherein auf ihren Schäden sitzen. Schadensersatzklagen und Folgekosten für das Land wären wohl aber trotzdem die Folge. Also ist eine Förderung der Kaufsumme durch das Land auch aus dieser Hinsicht nicht zu genehmigen.

Zum Abschluss noch ein Wort zu den Verkaufsabsichten der Stadt Anklam. Anklam befindet sich bekanntlich in der Haushaltskonsolidierung. Wenn nun die Stadtvertreter hoffen, der Verkauf würden einen Millionenbetrag in die Stadtkasse spülen, dann geht das wohl in die Hose, denn bekanntlich dürfen nur Pflichtaufgaben finanziert werden.

(Patrick Dahlemann, SPD: Das ist Quatsch.)

Der Rest des Geldes fließt also zurück an das Land.

(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Was reden Sie denn hier?)

Das heißt, das Land gibt Geld für die Finanzierung des Kaufs und diese Ausgabe fließt dann wieder zurück ans Land.

(Patrick Dahlemann, SPD: Falsch!)

Aber darüber hinaus die ernsthafte Frage:

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Warum wird der Verkauf nicht ausgeschrieben? Interessenten gibt es ja wohl. Die Frage würde ich gerne mal beantwortet haben. Und wie wäre es dann vielleicht mal, bei den millionenschweren Überschüssen die Kommunen endlich finanziell vernünftig auszustatten? Dann bräuchten die Stadtvertreter auch nicht mehr über den Verkauf ihres Tafelsilbers nachzudenken und könnten eine vernünftige Zukunftssicherung für künftige Generationen betreiben.

(Zuruf von Elisabeth Aßmann, SPD)

Aus all diesen gesagten Gründen ist eine Finanzierung des Kaufs des Anklamer Stadtbruches durch das Land zugunsten der Stiftung Nationales Naturerbe abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und BMV)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat zunächst das Wort der Minister für Landwirtschaft und Umwelt. Herr Dr. Backhaus, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Borschke, ich habe schon mal bessere Beiträge gehört von Ihnen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Echt?)

Insofern erfüllt es mich schon ein bisschen mit Traurigkeit, wenn Sie hier versuchen, faktenorientierte Beiträge zu halten, die den Tatsachen nicht entsprechen.

Ich will die erste Frage beantworten, die Sie hier aufgeworfen haben: Dieses Geld, das dafür eingesetzt werden soll, kommt aus dem Wegebau, und damit würde der Wegebau eingestellt. Ich sage Ihnen auch noch mal, Sie sind im Agrarausschuss, Sie müssen sich ein bisschen mehr auseinandersetzen. Das sind im Übrigen ELERMittel, das sind keine reinen Landesmittel – das sollten Sie eigentlich auch wissen –, die hierfür eingesetzt werden sollen, und diese Mittel sind aus dem Moorschutzprogramm. Und wenn Sie es genau wissen wollen, wir sind verpflichtet, nach dem ELER unter anderem 30 Prozent, um die 30 Prozent, im Übrigen für Umweltmaßnahmen in dieser Förderperiode einzusetzen. Genau aus diesem Topf der 30 Prozent kommen diese Mittel, wenn es denn zu dieser Vereinbarung kommt.

Und zum anderen, wenn wir uns jetzt gedanklich sicherlich in eines der schönsten Großschutzgebiete dieses Landes begeben, nämlich das Peenetal, der Amazonas des Nordens, dann kriegen viele Naturschützer, Artenschützer, im Übrigen auch die Touristen glänzende Augen, weil wir hier etwas geschaffen haben, auch im Rahmen des Moorschutzprogrammes, auch wenn es immer wieder Diskussionen darum gibt, auch von der anderen großen Volkspartei, die nicht verstanden hat, dass, wenn wir nicht aufpassen – das hatten wir gestern im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsstrategie –, wenn wir nicht aufpassen als Menschen, diesen blauen Planeten zu schützen und den nachfolgenden Generationen eine Perspektive zu geben, wenn uns das nicht gelingt, werden wir irgendwann diesen Planeten zugrunde gerichtet haben. Das sollten Sie endlich auch mal begreifen.

Das Moorschutzprogramm, das Moorschutzprogramm des Landes Mecklenburg-Vorpommern, wird mittlerweile weltweit abgeschrieben, wird weltweit umgesetzt und hat im Übrigen in das Weltklimaabkommen in Paris Eingang gefunden. Das heißt, wir sind in einer weltweiten Vorreiterrolle und darauf bin ich stolz. Das sage ich sehr klar.

Und wenn ich mir...

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ja, Sie können sich ja nachher noch melden. Ich habe es akustisch jetzt nicht verstanden.

Deswegen sage ich hier noch mal...

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Er möchte gerne einen Koalitionsaus- schuss, um das Problem zu klären. – Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Bernhard Wildt, BMV)

Ja, das müssen wir nachher bilateral klären.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)