Protocol of the Session on October 24, 2018

Wir stehen nun seit vielen Jahren vor einem Aufgabenberg, den die Bugwelle der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen aus den 90er-Jahren hinterlassen hat. Der Staat sorgt nicht mehr vor, er gewährleistet nur noch. Aber was gewährleistet er? Mir scheint, er gewährleistet vor allem, dass die in der Pflege aktiven Unternehmen genug Rendite machen. Die Frage ist doch, warum den Betreibern von Pflegeeinrichtungen überhaupt die rechtliche Möglichkeit gegeben wird, Kosten auf die Pflegebedürftigen, also die Schwächsten im System, abzuwälzen, und zwar nicht nur durch private Betreiber, sondern auch von den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege.

Welche Dimensionen und Auswirkungen diese Umlage von Aufwendungen hat, will ich Ihnen an einem Beispiel demonstrieren, welches eine betroffene Bürgerin an mich herangetragen hat. Für einen Pflegeplatz bei einem Träger der freien Wohlfahrtspflege hier im Lande werden insgesamt 2.906,79 Euro in Rechnung gestellt. Davon trägt die Pflegeversicherung 1.775 Euro. Letztlich muss sie nach Abzug weiterer Beiträge noch 1.128,10 Euro aufbringen. Das ist bereits ein stattlicher Beitrag. Aber auf der Rechnung stehen noch folgende Positionen: Ausbildungspauschale von 80 Euro, Investitionskosten zu 147,23 Euro. Das sind immerhin 6,6 Prozent der Gesamtkosten, die in keinem Zusammenhang mit dem Pflegevertrag stehen.

Ihnen dürfte ein an alle Abgeordnete gerichtetes Schreiben der Gesellschaft für Gesundheit und Pädagogik mbH Rostock vom 10. Juli 2018 vorliegen. Es bringt die Erwartungshaltung ziemlich deutlich zum Ausdruck. In diesem Schreiben wird zunächst mehr Beinfreiheit bei der Weitergabe von Kosten gefordert, zum Beispiel der Kosten für den Erwerb und die Erschließung von Grundstücken aus dem Paragrafen 10 Absatz 2 des Landespflegegesetzes, wie auf Seite 2 des Schreibens zu lesen ist. Welche Auswirkungen sich daraus für die Pflegebedürftigen ergeben werden, habe ich eben an dem Beispiel demonstriert.

Allerdings geht das Schreiben von einer falschen Prämisse aus. Es suggeriert nämlich unzutreffend, dass Aufwendungen für investive Maßnahmen für Gebäude bei 70.000 Euro gedeckelt seien. Doch wurde die Höhe der berücksichtigungsfähigen Kosten investiver Maßnahmen durch die Ministerien bereits seit 2014 im Interesse der Investoren im Verordnungswege angepasst. Da lesen wir auf der vorletzten Seite der Begründung zum Gesetzentwurf, dass diese bereits jetzt bei 84.000 Euro für Gebäude angelangt sind. Der Landesseniorenbeirat warnt in seiner Stellungnahme vom 25.05.2018 eindringlich und völlig zu Recht vor einer weiteren Belastung der Pflegebedürftigen durch die Einrichtungsträger. Ich stimme mit ihm vollständig überein, wenn er mahnt, ich zitiere: „Bei Renditeversprechungen von 5 bis 6 % mit Pflegeeinrichtungen bedarf es des besonderen Schutzes von Pflegeheimbewohnern vor nicht gerechtfertigten Kosten jeglicher Art.“ Zitatende.

Zum Schluss bleibt vor allem die Frage: Warum kommt von all dem, was der Sozialstaat in das System der Pflege pumpt, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflege nichts an? Darüber sollten wir in den Ausschussberatungen noch einmal nachdenken. – Ich danke Ihnen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 7/2681 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Innen- und Europaausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer möchte diesem Überweisungsvorschlag zustimmen, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren, von der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen auf Drucksache 7/2744 ein Antrag zum Thema „Humanitäre Katastrophe stoppen – Rüstungsexporte einstellen – Alternativen für den Werftstandort Wolgast entwickeln“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Nummer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage bereits beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zwischen den Fraktionen ist vereinbart worden, das Wort zur Begründung der Dringlichkeit nicht zu ergreifen.

Wer möchte der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zustimmen, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Erweiterung der Tagesordnung bei Zustimmung der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE, AfD und des fraktionslosen Abgeordneten und Stimmenthaltung der Fraktion der BMV zugestimmt worden.

Kann ich davon ausgehen, dass wir diese Vorlage am Schluss der Sitzung am Donnerstag aufrufen? – Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und die Tagesordnung um diesen Antrag gemäß Paragraf 74 Nummer 1 unserer Geschäftsordnung erweitert.

Meine Damen und Herren, von der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen auf Drucksache 7/2742 ein Antrag zum Thema „Qualität der Lehramtsausbildung umgehend verbessern“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Nummer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Studie zu Studienabbrüchen, Studienerfolg, Studienmisserfolg ist erst nach Antragsschluss erschienen und wir sind der Meinung, es ist dringlich, weil wir sofort darüber reden müssen, um nicht einen einzigen Tag zu verlieren, das Lehramtsstudium zu reformieren, weil wir es uns ganz einfach nicht leisten können, auch nur einen weiteren Studenten und zukünftigen Lehrer zu verlieren.

(Zuruf aus dem Plenum: Und Lehrerin.)

Wir sind der Meinung, es ist dringlich, weil wir keine weitere Arbeitsgruppe haben wollen, sondern die Landesregierung auffordern wollen, sofort zu reagieren.

Besteht der Wunsch zur Gegenrede? – Bitte, Herr Fraktionsvorsitzender.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin der Meinung, dass keine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt, obwohl der Antrag als Thema von der Sache her sehr gut ist, aber wir können ihn auch regulär im November besprechen, denn wir hatten bisher noch keine Gelegenheit, uns die Studie zu erarbeiten oder durchzusehen, was da überhaupt drinsteht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, das ist kein Grund.)

Und da geht die Qualität meiner Meinung nach vor Schnelligkeit. Wir müssen nämlich ein bisschen Zeit haben, uns mit der Studie zu beschäftigen. Erst dann ist die Debatte hier im Landtag sinnvoll. – Danke schön.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung. Wer der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Erweiterung der Tagesordnung bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir wollen ja nicht übermütig werden, einer reicht.)

ansonsten Ablehnung aller anderen Abgeordneten des Hauses nicht zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren, von der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen auf Drucksache 7/2743 ein Antrag zum Thema „Zustände in der Justizvollzugsanstalt Bützow aufklären – Justizvollzug gesetzeskonform ausstatten“ vor. Auf

Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Nummer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einordnung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Nach Antragsschluss am 4. Oktober 2018 wurde in einem Brief der Inhaftierten der Justizvollzugsanstalt Bützow vom 01.10., von dem die Mitglieder des Rechtsausschusses am 16.10.2018 Kenntnis erhielten, über unhaltbare Zustände in der Justizvollzugsanstalt Bützow informiert. Der NDR thematisierte in seiner Sendung „Nordmagazin – Land und Leute“ am letzten Freitag, also nach dem Rechtsausschuss, die Zustände in der JVA Bützow ebenfalls und konkretisierte die Vorwürfe. Nach dem offenen Brief und dem Bericht im NDR gebe es in der JVA Bützow die Situation, dass Gefangene regelmäßig 23 Stunden täglich in ihre Hafträume eingeschlossen werden, dass Therapiemaßnahmen nicht durchgeführt werden konnten, dass auch Besuche teilweise nicht möglich seien. Ursache dafür sei das fehlende Personal, sowohl bei Therapeuten als auch im allgemeinen Vollzugsdienst.

In dem entsprechenden Bericht im NDR am 19.10.2018 wurden auch durch den Anstaltsleiter Herrn Grotjohann Versäumnisse eingeräumt. Die vorgetragene Situation der Gefangenen verstoße gegen die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern und das Vollzugsziel der Resozialisierung und müsse schnellstmöglich abgestellt werden. Insofern ergibt sich die Dringlichkeit des Antrages.

Gibt es den Wunsch zur Gegenrede? – Bitte, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Bernhardt! Die erstmalige Berichterstattung durch den NDR erfolgte am 09.10. Grundlage war dieser offene Brief. Am 16.10. haben Sie selbst mit der Drucksache 7/186 das Thema versucht auf die Tagesordnung zu bringen, im Rechtsausschuss, am 17.10., wurde Ihnen zugesichert, dass in der nächsten Ausschusssitzung, so, wie von Ihnen gefordert, zeitnah das Thema behandelt wird. Außerdem hat am 17.10. in der Ausschusssitzung das Justizministerium angekündigt, über das Organisationskonzept zu berichten. Das Ganze blieb im Ausschuss ohne Widerspruch,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Nee, das war nicht abgestimmt, das stimmt nicht.)

also auch mit Zustimmung Ihrer Fraktion wird darüber berichtet.

Dann haben Sie am 19.10. gegenüber dem NDR mitgeteilt, DIE LINKE wolle das Thema in den Landtag einschalten, und zwar als Antrag das Thema im November platzieren. Insofern stellt sich jetzt die Frage, warum am 24.10. plötzlich aufgrund der Vorgeschichte diese Dringlichkeit von uns zu erkennen sein sollte. Wir glauben,

diese Zeitschiene, die ich eben aufgezeigt habe, zeigt keine Dringlichkeit, sondern dient zur Selbstprofilierung, und dafür werden wir bei der Dringlichkeit nicht die Hand heben. – Danke schön.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wo sind denn Ihre Alternativen, Herr Renz? – Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Ich bitte Sie, meine Herren, dass Sie jetzt die Zwiegespräche unterlassen. Wir sind noch im Verfahren.

Weiteres Wort wird gewünscht durch Herrn Professor Dr. Weber. Bitte, Herr Abgeordneter.

Im Wesentlichen hat Herr Renz schon gesagt, was zur Dringlichkeit zu sagen ist.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Muss man das Präsidium nicht anreden?)

Ich möchte nur noch ergänzen, dass der Rechtsausschuss das zur Kenntnis genommen hat. Das war ein anonymes Schreiben der Strafgefangenen, sodass erst mal mitgeteilt und abgestimmt werden muss, ob sich der Rechtsausschuss auf dieser Basis überhaupt mit der Beschwerde befasst. Und dann wäre immer noch Zeit,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ist es, Herr Weber, ist es.)

im November das hier ins Plenum zu bringen. Das heißt, das ist weder dringlich, noch ist gesagt und gewährleistet,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Für Menschenrechtsverletzung ist alles egal, ne? Ja, das ist typisch.)

dass der Rechtsausschuss vorher Stellung nimmt. Deswegen zweifacher Grund, hier die Dringlichkeit zu verneinen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Erweiterung der Tagesordnung bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, ansonsten Ablehnung aller anderen anwesenden Abgeordneten des Hauses nicht zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren, von der Fraktion der AfD liegt Ihnen auf Drucksache 7/2745 ein Antrag zum Thema „Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Privilegierung für Windenergie“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Nummer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? – Bitte, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren

Abgeordnete! Der Bundesrat hat auf seiner Sitzung am 19.10.2018 beschlossen, den Entschließungsantrag zur Abschaffung der Privilegierung von Vorhaben zur Nutzung der Windenergie aus dem Land Brandenburg sowie den nordrhein-westfälischen Gesetzesantrag zur Entzerrung des Genehmigungsprozesses in die jeweiligen Ausschüsse zu überweisen. Der Bundesrat tagt mit seinen Ausschüssen bereits Anfang November. Ist diese Plenarwoche vorbei, treten wir erst wieder Ende November zusammen, und deswegen ist die Dringlichkeit gegeben. – Vielen Dank.

Gibt es den Wunsch zur Gegenrede? – Bitte, Herr Abgeordneter.