Bei dieser Priorisierung verlassen wir uns ein Stück weit auf die kreiseigenen Priorisierungsvorgaben, weil wir innerhalb der Kreise denken. Dann brauche ich bloß ein kohärentes System innerhalb des Kreises und da haben sich die Kreise für verschiedene Dinge entschieden. Das akzeptieren wir. Noch mal: Wenn wir es nicht täten, müssen wir die Kosten aufwenden, wir müssten dann als konnexe Aufwände diese Kosten ersetzen, erstens, und zweitens glauben wir auch, dass es wichtig ist, dass innerhalb des Kreises eine vernünftige Priorisierung stattfindet. Das tut sie nach den Erkenntnissen, die wir für diese Kleine Anfrage sammeln durften, zwischenzeitlich sehr deutlich.
Ich will aber auch noch einen zweiten Hinweis geben: Für uns ist nicht nur der Zustand der Straßen maßgeblich in der Priorisierung der Kreise. Es kann gut sein, dass Sie eine Straße haben, die einen relativ schwierigen Zustand hat, und eine andere ist einen Tick besser. Aber wenn die für die langlaufenden Verkehre eine viel zentralere Bedeutung hat als die, die „kaputter“ ist, dann kann das trotzdem sinnvoll sein, eine Straße mit Note „Vier“ zunächst zu machen, weil deren Nicht-mehr-Nutzbarkeit so verheerende verkehrsrechtliche Folgen hätte, dass es sinnvoll sein kann, eine Straße, die zwar Kreisstraße ist, aber in Wahrheit sehr viel weniger zentrale Verkehre abbildet, die 5er-Straße trotzdem länger warten zu lassen als die 4er-Straße.
Es gibt also mehr als dieses Kriterium, wie kaputt sind die Straßen, um eine Priorisierung vorzunehmen. Und wenn ich in die Kreise und Kreistage hineinhöre, wird gerade diese zweite Aufgabe auch ernsthaft mitbetrachtet. Der Kreistag von Vorpommern-Greifswald hat gerade am Montag nach meiner Erinnerung über eine entsprechende Liste entschieden. Auch da sind sozusagen neben dem Straßenzustand Fragen aufgetaucht, wie wesentlich ist die einzelne Straße für die Verkehrsbedeutung.
Also zusammengefasst: Das System gibt es, wir empfehlen es auch jedem. Das System ist mit Ingenieurbüros umsetzbar, kostet aber Geld. Wir empfehlen es trotzdem jedem.
Viertens. Wir sind aber dankbar, dass heute zumindest alle Kreise Priorisierungsprozesse haben, die im kohärenten System stattfinden, nicht alle nach dem, was wir uns wünschen, aber das würden wir ungern aufgeben. Wir wollen es an der Stelle ein ganzes Stück weit nicht den Kreisen überlassen – das war Ihre Formulierung –,
sondern wir akzeptieren schlicht deren in ihren Kreisen gewählte Systeme, wenn sie denn eines haben, was uns halbwegs kohärent vorkommt. Und das ist bei dem, was wir bis jetzt zur Kenntnis genommen haben, der Fall.
Fachlich – noch mal – gibt es weitergehende Wünsche, aber wir glauben, dass wir nicht in der Weisungsbefugnis sind, und wir glauben auch nicht, dass es für unsere Aufgaben zwingend wäre, dass dem so ist, sodass wir nicht empfehlen würden, das Geld in die Kreise für eine solche Umsetzung auszugeben, sondern das müsste jeder Kreis in seinem Haushalt selber aufbringen. Oder umgekehrt: Wenn dieser Landtag eine halbe Million mehr in kommunale Straßenbauunterstützung stecken wollen würde, wäre ich eher geneigt zu bitten, es dann in den Fördertopf zu tun, weil wir damit, mit circa 500.000 Euro 700.000 bis 800.000 Euro umgesetzte Straße befördern würden. Da hätten wir, glaube ich, als Landesseite den einzelnen Kreisen mehr Dienst erwiesen, als wenn wir ihnen hier die technischen Systeme, die Ingenieurkosten abnehmen.
Zu guter Letzt, Ihr Hinweis ist, wir bräuchten Mittel in den Haushalten. Das würde ich in den Haushaltsberatungen gerne wieder aufgreifen, gar keine Frage. Wir haben aktuell Mittel. Wenn Sie schauen, die kommunale Straßenbaurichtlinie – Sie hatten es angesprochen –, die ist über die Jahre immer mit so knapp unter 20 Millionen Euro ausgestattet gewesen. Damit können wir ein Stück weit hebeln. Was aber am Ende ab dem nächsten Haushalt drinsteht, wird nach meiner Überzeugung abhängen von den FAG-Debatten. Wir werden jetzt FAG-Verhand- lungen für eine beabsichtigte FAG-Novelle zum 01.01.20 erleben. Da werden die Fragen mit Sicherheit eine Rolle spielen nach meinem Bauchgefühl.
Wenn ich den Kreisen so zuhöre, und wenn der abgeschlossen ist, werden wir als Ministerium wiederum wissen, mit welchen Diskussionen wir in den Haushaltsverhandlungen beginnen müssen, weil es in der Tat zumindest völlig unstreitig ist, dass wir glauben, es braucht weiterhin Unterstützung für den kommunalen Straßenbau – Kreise wie Gemeinden, Kreise allerdings etwas höher priorisiert. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche eine erfolgreiche Debatte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die AfD legt den Finger in eine offene Wunde, wo niemand bestreitet, dass der Sanierungsstau bei Kreisstraßen sowie der kommunalen Infrastruktur insgesamt groß ist und weiter zunimmt. Damit schreitet auch der Substanzverlust enorm voran.
Prekäre Haushaltslagen der Kommunen bis hin zu Kommunen in Haushaltssicherung lassen den Gestaltungsspielraum für Investitionen und notwendige Unterhaltung schwinden und bisweilen auch gegen null tendieren. Den Kreishaushalten geht es da nicht viel anders. Außerdem gibt es auch Altverpflichtungen aus Zeiten vor der Kreisgebietsreform, die das Handeln deutlich erschweren. Da
ist immer wieder die Frage: Soll die Kreisumlage erhöht oder lieber gesenkt werden? Es ist eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Entweder wird der Gestaltungsspielraum der Kreisebene gestärkt, dafür aber der der Gemeinden geschwächt oder umgekehrt. Auch die letzte FAG-Novelle bringt der kommunalen Ebene keine grundlegende Änderung des Finanzrahmens. Die Decke ist und bleibt zu kurz, daran kann auch die etwas verbesserte Haushaltslage einiger Landkreise nichts ändern.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Fakt ist, man sieht es nicht nur, sondern erlebt es fast körperlich, dass über viele Jahre zu wenig Mittel für die Unterhaltung von Kreisstraßen zur Verfügung standen und stehen. Dabei kommt der eine Landkreis oder die eine kreisfreie Stadt ein bisschen besser oder schlechter weg als andere Landkreise oder die andere kreisfreie Stadt. Insgesamt steht es mit dem Zustand landesweit nicht zum Besten.
In der Aktuellen Stunde machte unsere Fraktionsvorsitzende auf die Recherche von „Panorama 3“ vom 24. April dieses Jahres aufmerksam. Danach sind rund 23 Prozent der Kreisstraßen in Norddeutschland in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand. Dafür wurden alle Kreise und kreisfreien Städte in Niedersachsen, MecklenburgVorpommern und Schleswig-Holstein befragt. Laut „Panorama 3“ liegen damit erstmals Daten zu Kreisstraßen für ganz Norddeutschland vor.
Die Kreisstraßen in Mecklenburg-Vorpommern schneiden in diesem norddeutschen Vergleich am schlechtesten ab. 47 Prozent aller Kreisstraßen in Westmecklenburg und dem Landkreis Rostock sind in schlechtem oder gar sehr schlechtem Zustand Exakt sind hier berücksichtigt worden 1.398 von 2.973 Kilometern Kreisstraßenlänge. Daten der beiden vorpommerschen Landkreise liegen leider nicht vor. Dort dürfte der Zustand aber zumindest nicht besser sein.
Professor Berthold Best von der Technischen Hochschule in Nürnberg findet das Ergebnis der Recherche besorgniserregend, denn, so betont der Professor, diese Straßen drohen kurzfristig in einen Zustand abzurutschen, der keine Erhaltungsmaßnahmen mehr zulässt, sondern der dazu führt, dass die Straßen erneuert werden müssen. Das, meine Damen und Herren, dürfte bei einigen Kreisstraßen sogar heute schon der Fall sein, und wir steuern sehenden Auges weiter auf diese Katastrophe zu.
Die Kreise haben das zwischenzeitlich auch erkannt. So äußerte die Landrätin von Nordwestmecklenburg, Kerstin Weiss, ich zitiere: „Wir müssen diese tickenden Zeitbomben entschärfen.“ Im Rahmen ihrer Möglichkeiten stellen die Landkreise in diesem Jahr mehr Mittel bereit. Der Sanierungsstau lässt sich damit jedoch weder abarbeiten noch der Substanzverlust aufhalten.
Einige Zahlen, herausgefischt aus Zeitungsartikeln, verdeutlichen diese Größenordnung. So beziffert der Landkreis Rostock den Sanierungsstau mit 170 Millionen Euro. 8 Millionen Euro sind insgesamt für Straßenbaumaßnahmen, davon 1,5 Millionen für die Unterhaltung und Instandsetzung in 2018 eingestellt. Das 20-Fache wäre demnach nötig, um die Kreisstraßen in Schuss zu halten.
Der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte geht von einem Sanierungsstau von 203 Millionen Euro aus. 8,2 Millionen will der Kreis in diesem Jahr in seine Straßen investieren. Auch im Landkreis Vorpommern-Greifswald wird von 160 bis 200 Millionen Euro für den Substanzerhalt ausgegangen. Etwa 5 Millionen Euro steckt der Kreis pro Jahr in Straßen und Brücken, mindestens 8,5 Millionen wären nötig zur Erhaltung des Istzustandes. Beklagt wird allgemein, dass die Finanzausstattung zu schlecht sei.
Meine Damen und Herren, für die Landesstraßen hat das Land reagiert. Aufgrund der in 2014 erfolgten Zustandserfassung von Landesstraßen ist im Landeshaushalt seit 2016 ein deutlicher Mittelaufwuchs für die Unterhaltung vorgenommen worden. Die Fokussierung auf die Erhaltung hat meine Fraktion immer begrüßt. Denn eine grundlegende Erneuerung ist wesentlich teurer als gute Unterhaltung. Laut der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen sind mindestens 1,10 Euro je Quadratmeter Straße zur Unterhaltung notwendig. Davon sind wir meilenweit entfernt. Folgerichtig muss deshalb die Ausweitung der Landesförderung auch auf die Unterhaltung kommunaler Straßen erfolgen. Das ist beispielsweise Gegenstand eines Antrages der Linksfraktion im Kreistag Ludwigslust-Parchim. Lediglich Ausbau zu fördern, ist nicht mehr tragbar. Es ist Neu- und Ausbau, der auch durch das Land gefördert wird.
In Schleswig-Holstein ist zumindest die Deckenerneuerung förderfähig. Eingesetzt werden dafür die Entflechtungsmittel des Bundes. Während andere Länder zumindest eine Selbstverpflichtung für den zweckgebundenen Einsatz dieser Mittel auch für den Zeitraum von 2014 bis 2019 eingingen, ist das in Mecklenburg-Vorpommern nicht so. Die Kompensationsmittel des Bundes für kommunale Straßenbaumaßnahmen werden nicht eins zu eins durchgereicht an die Kommunen. Ein Teil wird durch EFREMittel ersetzt. Deren Beantragung ist allerdings kompliziert und bestimmte Prämissen sind einzuhalten. Wir sind der Meinung, dass EFRE-Mittel gern zusätzlich eingesetzt werden können, aber nicht als Ersatz der Bundesmittel.
Zudem muss dringend Planungssicherheit geschaffen werden. Wie wird es ab 2020 weitergehen mit der Förderung? Die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz gibt es nur noch bis 2019. Ohne eine Bundesunterstützung für kommunale Straßenbauvorhaben und natürlich für die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs – das ist Ihnen sicherlich verständlich, dass ich das immer wieder betone, immerhin 35 Millionen Euro im Jahr – sieht es sehr, sehr mau aus.
Meine Damen und Herren, die Entwicklung eines zentralen Erfassungssystems mit einheitlichen Definitionen und Bewertungskriterien, wie im Antrag gefordert, wird am schlechten Zustand der Kreisstraßen nichts ändern. Baulastträger sind nun mal die Kreise und kreisfreien Städte und die legen die Prioritäten fest nach der jeweiligen Zustands- und Bewertungsmethode des Kreises. Wie wir gehört haben, gibt es solche einheitlichen Maßstäbe, sie müssen nur angewendet werden. Aus Sicht der Landesebene ist eine einheitliche Erfassung sicherlich wünschenswert. Damit könnte die Landesunterstützung gesteuert werden. Wie wir der Rede des Ministers entnehmen konnten, ist das bereits heute möglich und zum Teil geschieht es ja auch durch die kreisliche Ebene.
Auch die Forderung, mehr Mittel im kommenden Landeshaushalt einzustellen, ist zu wenig. Gebraucht wird
Planungssicherheit. Dafür müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Die Kreise brauchen Aussagen darüber, wie es nach dem Auslaufen der Kompensationsmittel weitergeht. Das ist für die Bauvorbereitung und Planung unerlässlich. Schließlich sind die Kapazitäten der Planungsbüros und Baufirmen wegen der jahrelang geübten Investitionszurückhaltung zu gering. Für eine Kapazitätsausweitung mit langfristiger Perspektive ist eine stetige Auftragslage zwingend Voraussetzung.
Meine Fraktion bescheinigt der AfD-Fraktion, die richtige Themenwahl getroffen zu haben, jedoch sind die Lösungsansätze aus unserer Sicht nicht zielführend, den Substanzverlust aufzuhalten, geschweige denn, ihn abzubauen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ums Wort gebeten hat noch einmal der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Herr Pegel. Ich war nicht so schnell.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herzlichen Dank. Ich würde bloß, bevor sich ein Missverständnis oder ein Irrtum verfestigt und die Debatte dann so eine Eigenkraft kriegt, auf einen sachlichen Punkt, der sich aber – davon bin ich überzeugt – schon mehreren Protokollen des Energieausschusses entnehmen lässt, hinweisen wollen.
Die Richtlinie „Kommunaler Straßenbau“ – da haben Sie vollkommen recht – hat viele Jahre lang nur Neubau und Um- und Ausbau befördert. Das führte dazu, dass jemand, wenn er eine Straße instand setzen wollte, eigentlich nur oben sechs Zentimeter abfräsen musste, aber kein Um- und Ausbau dadurch stattfand, weil keine Mehrfläche hinterher da war, und dann sagt er, gut, dann baue ich rechts und links 50 Zentimeter mehr dran, nehme eine eigentlich teurere Maßnahme, um etwas Größeres zu bewirken und dann aber Förderung zu bekommen. Deswegen haben wir, glaube ich, schon vor drei Jahren, es kann aber auch erst zwei Jahre her sein, die Richtlinie umgestellt. Selbstverständlich können Sie heute Erhaltungsmaßnahmen in der Richtlinie gefördert bekommen. Ich glaube, schon mindestens zwei Jahre lang.
Die Idee ist, dass du auch das Abfräsen der Asphaltschicht gefördert bekommen kannst. Was wir nicht fördern, ist, ich flicke nur auf oder ich nehme nur sieben Steine hoch und setze sie wieder ein, sondern das muss schon ganzflächig sein. Aber das Abfräsen, der Deckenwechsel, der ist förderfähig. Im Übrigen haben wir sogar noch weitere Stellschrauben gedreht. Neubau, Um- und Ausbau werden mit weniger Prozentpunkten gefördert als die reine Unterhaltung des Abfräsens der Deckschicht, um das anzureizen, damit wir mit den vorhandenen Mitteln eigentlich mehr hinkriegen und hoffentlich auch mehr Fläche erreichen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich nehme es vorweg: Ich mache es sehr kurz.
Herr Reuken, ich hätte erwartet, dass Sie nach dem sachlichen und komplexen Vortrag von Minister Pegel zu dem Thema den Antrag zurückziehen.
Aber ich möchte trotzdem noch einen Punkt ansprechen, den ich ja gestern auch in Bezug auf die kostenlose Schülerbeförderung angesprochen habe, nämlich die Finanzverantwortung, die wir haben hier in dem Hohen Hause. Schon wieder ist der Eindruck entstanden, das Land ist für alles zuständig, macht mal die Büchse auf und dann geht das alles.