Protocol of the Session on June 29, 2018

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Es muss Schluss sein mit Waffenexporten in die Länder, die sich gegenseitig bekriegen, die Flüchtlinge erzeugen, die dann an unsere Tür klopfen. Und wir sagen: Sorry, tut uns leid, wir haben euch zwar die Waffen geschickt, damit ihr euch gegenseitig übern Haufen schießen könnt, aber die Leidtragenden lassen wir dann nicht rein. Damit muss ein für alle Mal Schluss sein!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es braucht natürlich – und ich würde mich freuen, wenn wir das in einem Landtag hinkriegen, aber ich würde mich auch freuen, wenn wir das zumindest erst mal in unseren eigenen Parteien hinkriegen und dann über die Grenzen der demokratischen Parteien hinweg –, wir brauchen eine Debatte über eine moderne Einwanderungspolitik. Neben der Säule Asylpolitik brauchen wir Regelungen zur Einwanderungspolitik. Das, was uns über viele Jahre gelungen ist in Europa mit Arbeitnehmerfreizügigkeit, dass man sich in Europa entscheiden kann als Europäer, wo will ich leben und arbeiten, diese Überlegungen müssen wir ausdehnen, denn Europa ist nicht allein auf der Welt. Wir müssen also über moderne Einwanderungsregelungen diskutieren.

Da weiß ich, wovon ich rede, wie schwer das ist, auch in meiner eigenen Partei, solche Konzepte überhaupt in die

Diskussion zu bringen, und der aufmerksame Betrachter wird ja erlebt haben, was auf unserem letzten Bundesparteitag in Leipzig genau zu dieser Debatte stattgefunden hat. Wir können uns aber vor solchen Debatten nicht drücken, weil das ist mindestens genauso wichtig, wie hier über Parteigrenzen hinweg zu arbeiten. Und das ist auch eine Grundlage dafür, dass wir den Herren, die hier auf dieser Seite sitzen, die ideologische Grundlage entziehen. Wir müssen als Demokraten unseren Bürgerinnen und Bürgern im Land Lösungsansätze anbieten, die genau diese zwei Säulen umfassen, also eine Asylpolitik, die wieder auf ihren Ursprung zurückgeführt werden kann, und eine Debatte über eine Einwanderungspolitik, die sozusagen auch den Bedürfnissen der Einwanderer, die zu uns kommen wollen, gerecht wird und womit die Situation in den Herkunftsländern der Einwanderer nicht weiter verschärft wird. Ein riesengroßes Problem, eine riesengroße Herausforderung, aber mit solchen lapidaren Antworten und Ansätzen, wie sie hier von dieser Seite kommen, werden wir dieses Problem nicht lösen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Wir werden das Problem auch nicht mit Ihnen lösen.)

Namens meiner Fraktion lade ich Sie alle recht herzlich ein, gemeinsam eine solche Debatte für eine moderne Einwanderungspolitik auch in Mecklenburg-Vorpommern zu führen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der BMV der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Erst mal vielen Dank an den Kollegen Dr. Matthias Manthei, der, glaube ich, sehr klar und sehr sachlich, in einer aus meiner Sicht wohltuend sachlichen Form, die Rechtslage dargestellt hat

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

und damit eigentlich auch versucht hat, die Debatte deutlich zu versachlichen. Es ist aber nur in Teilen gelungen. Das war auch klar, denn alle Fragen der Einwanderung und des Asylrechtes und von Flüchtlingsfragen sind eben nicht nur juristisch zu lösen, sondern es ist natürlich auch immer eine Frage der Humanität. Unsere Fraktion der Bürger für Mecklenburg-Vorpommern duckt sich da nicht weg. Wir wollen das Problem nicht nur juristisch lösen, sondern wir wollen auch genau über dieses Thema mit Ihnen diskutieren. Es geht um den Gegensatz Mitmenschlichkeit versus Egoismus. Das ist uns bewusst bei dieser Debatte.

Wenn man darüber forscht, was dort in den letzten Jahren passiert ist, dann muss man sagen, die Bundesrepublik war in weiten Teilen tatsächlich trotz allem egoistisch. Ich verweise auf den Bericht zu den Maßnahmen des Bundes hinsichtlich der Flüchtlingskosten, gerade verabschiedet worden im Kabinett am 30. Mai. 20,8 Milliarden Euro wurden im Jahr 2017 vom Bund ausgegeben für Flüchtlingsmaßnahmen, davon 6,75 Milliarden für die Bekämpfung von Fluchtursachen – ich nehme an, das Geld ging dann in Herkunftsländer – und 14 Milliarden hier in Deutschland. Ich könnte das noch aufschlüsseln,

was an die Länder ging – Sozialtransfer, Integration und so weiter. Darauf kommt es aber gar nicht an. Ich bitte Sie, sich die Zahl 14 Milliarden Euro zu merken.

Gleichzeitig, wenn wir dann in ein Land wie den Libanon schauen, haben wir dort Einnahmen, Staatseinnahmen, von 8,6 Milliarden Euro, Ausgaben von 12,4 Milliarden, also der Haushalt ist vollkommen aus den Fugen. Das liegt zum einen auch an den Folgen des eigenen Bürgerkriegs. Vor allen Dingen liegt es aber an der hohen Zahl der Flüchtlinge, die Libanon aus Syrien aufgenommen hat. Seit 2011 ist das schon der Fall im Libanon. Und die Weltbank schätzte schon 2013, dass als Folge dessen die Arbeitslosenquote sich verdoppelt hat auf über 20 Prozent. Die Bevölkerung stieg an um 37 Prozent. Das sind 1,7 Millionen Flüchtlinge. Heute gibt es schon mehr syrische Kinder, die dort eingeschult werden, als libanesische Kinder,

(Thomas Krüger, SPD: Was wollen Sie uns damit sagen?)

also eine gigantische Herausforderung für den Libanon.

Der kleine Libanon hat sich genau an alle Regeln gehalten. Er hat die Flüchtlinge aufgenommen, es war das erste sichere Drittland, hat sie versorgt, hat Anträge gestellt bei der Weltgemeinschaft auf Hilfe. Diesen Anträgen wurde nicht komplett stattgegeben. Ich erinnere an die Debatte im Bundestag am 10. September 2014. Der Entwicklungshilfeminister Herr Müller von der CSU hat 100 Millionen Aufstockung gefordert für die UN-Lager im Libanon. Das wurde ihm verwehrt. Sie können gerne Frau Steffen fragen, die war auch bei dieser Debatte anwesend. Ich habe schon mal mit ihr darüber gesprochen. Das war ein riesiger Fehler. Im Übrigen haben sich einige Länder, gerade die angelsächsischen Länder, entschieden, Kontingente aus dem Libanon zu übernehmen – gerade Kinder, Kranke, Alte, genauso, wie es eigentlich nach den UNO-Regeln vorgesehen ist. Deutschland hat sich für einen anderen Weg entschieden.

Und nun den Bogen zu Dublin, zu den Dublin-Verfahren, wie wir sie heute kennen.

(Thomas Krüger, SPD: Aber was ist Ihre logische Konsequenz daraus?)

Ja, ich komme noch dazu, Herr Krüger. Sie müssen mich bitte auch kurz sprechen lassen.

In Dublin gibt es die Regeln so ähnlich wie bei der UNO. Auch dort gilt, das erste sichere Land wird erreicht, und das ist dafür zuständig. Dann fehlt allerdings das zweite Stück, das, was die UNO eigentlich gemacht hat, Hilfe der Gemeinschaft, in einem Fall die Weltgemeinschaft, im anderen Fall die Hilfe der Europäischen Union, und es fehlt das Thema Kontingente. Da hat man bisher keine Lösung gefunden. Es gibt bisher im europäischen Rahmen keine Lösung. Es wird gerade – Herr Sellering hat darauf hingewiesen –, es wird daran gearbeitet, das ist richtig. In dem Fall muss man sich auch bei der CSU bedanken, denn in den letzten zwei Wochen ist mehr Bewegung in die europäische Debatte und in die europäischen Verhandlungen gekommen

(Tilo Gundlack, SPD: Schwesterpartei! Mutterpartei!)

als in den Jahren davor.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Und Weltpartei! Weltpartei!)

Das heißt, es geht in die richtige Richtung und man braucht europäische Lösungen. Die BMV bekennt sich ausdrücklich zu europäischen Lösungen. Wir fordern aber auch, dass man diese kleinen Flüchtlingsaufnahmeländer wie Libanon,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Europäische Abschottungslösung.)

wie Jordanien nicht länger alleinlässt, sondern dass man auch dort eingreift, denn es nützt nichts, wenn wir nur die Außengrenzen abschotten wollen. Das hilft uns am Ende nicht weiter. Wir müssen aber auch die Perspektive der eigenen Bevölkerung einnehmen, unseres eigenen Landes. Wir können nicht zulassen, dass sich die Asylbewerber – und da sind wir uns sogar mal einig mit der Bundesregierung –, dass sich Asylbewerber und Flüchtlinge ihr Land selber aussuchen können in der Europäischen Union.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Dann kommt es nämlich zu dieser Unwucht, die wir heute haben: 60 Prozent der Flüchtlinge – Herr Matthias Manthei hat darauf hingewiesen – sind derzeit in Deutschland. Und wenn wir wirklich sachlich nach vorne kommen wollen – ich fand es sehr gut, es war eine große Rede von Herrn Sellering, der zugegeben hat, dass Fehler geschehen sind, und das ist immer der erste Schritt, man muss die Fehler auch einmal zugeben können –, dann können wir jetzt, denke ich, gemeinsam tatsächlich sachlich weiter darüber reden, was man besser machen kann und wie wir aus dieser Situation wieder herauskommen, denn der Handlungsbedarf ist einfach immer noch da. Die Flüchtlingszahlen gehen zwar in Deutschland derzeit zurück, oder auch in Europa, weltweit ist das aber nicht der Fall und deswegen kann man sich da auch noch nicht entspannt zurücklehnen und sagen, die Flüchtlingskrise ist vorüber, nur, weil wir jetzt so tun, als wenn wir sie nicht mehr sehen würden. Das ist ganz dünnes Eis, denn jederzeit kann sich die Situation wieder verändern.

In dem Sinne war die Debatte heute, glaube ich, sehr fruchtbar. Es hat sich gezeigt, dass einige Fraktionen bereit sind, sehr sachlich darüber zu diskutieren. Und ich denke, dass auch Mecklenburg-Vorpommern einen kleinen, sicherlich nur einen ganz kleinen, aber einen kleinen Beitrag leisten kann, um in Deutschland insgesamt das Thema noch besser nach vorne zu bringen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der BMV auf Drucksache 7/2246. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der BMV auf Drucksache 7/2246 bei Zustimmung der Fraktion der BMV, ansonsten Gegenstimmen aus allen anderen Fraktionen abgelehnt.

Die Fraktion der SPD hat eine Ältestenratssitzung beantragt und im Anschluss die Fraktion DIE LINKE eine Auszeit von fünf Minuten, sodass ich die Sitzung für eine Gesamtzeit von 20 Minuten unterbreche. Die Sitzung ist unterbrochen.

Unterbrechung: 15.49 Uhr

__________

Wiederbeginn: 16.15 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Ergebnis der Beratungen des Ältestenrates möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Vorgänge bei der Rede vom Fraktionsvorsitzenden Kramer, sprich das Aufstehen der Fraktion der AfD, durch die Verwaltung geprüft, natürlich auch durch den Ältestenrat weiter beraten werden und ich mir ausdrücklich Ordnungsmaßnahmen vorbehalte, sollte sich im Ergebnis der Prüfung herausstellen, dass diese Aktion gegen unsere Geschäftsordnung verstoßen hat.

Jetzt rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 44: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Fairer Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justizvollzugsanstalt Neubrandenburg, Drucksache 7/2254.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Fairer Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justizvollzugsanstalt Neubrandenburg – Drucksache 7/2254 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ihnen liegt unser Antrag, …

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

Danke, Frau Präsidentin.

… Ihnen liegt unser Antrag zum fairen Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justizvollzugsanstalt Neubrandenburg vor. Ich möchte Ihnen einmal chronologisch darstellen, weshalb wir meinen, dass dieser faire Umgang in der Vergangenheit nicht so war.

Ende 2017 erfuhren wir aus der Presse von den Plänen des Justizministeriums, dass die JVA Neubrandenburg zum Ende 2018 geschlossen werden soll. Natürlich waren wir über die Meldung überrascht, weil wir als Landtagsabgeordnete von diesen Plänen aus der Presse erfahren mussten, überrascht auch deshalb, weil nichts darauf hindeutete, dass das Justizministerium im Vorfeld ein umfassendes Strafvollzugskonzept erarbeitet hatte, das sowohl eine detaillierte Entwicklung im Strafvollzug als auch die Belange der Bediensteten im Blick hatte.

In der Fragestunde in der 24. Sitzung des Landtages am 16. November 2017 fragte damals mein Kollege Torsten Koplin, ausgehend von der Pressenotiz des Justizministeriums, welche Pläne es denn für die JVA Neubrandenburg gebe und ob es für den Fall einer Schließung ein flankierendes Personalkonzept für die Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter gebe. Das Justizministerium teilte daraufhin die Schließung der JVA mit und sagte weiterhin, und ich zitiere hier aus dem Protokoll: „Die gegenwärtig 91 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Anstalt werden … zeitnah zum“ Schließungstermin „zum 31.12.2018, an die verbleibenden Justizvollzugsanstalten versetzt werden. Die Versetzung und die Verteilung erfolgen … im Wesentlichen unter Berücksichtigung sozialer und familiärer Gesichtspunkte.“ Im Wesentlichen, meine Damen und Herren! Das heißt natürlich, dass es auch andere Kriterien geben kann, die sozialen und familiären Gesichtspunkte aber ganz klar im Vordergrund stehen. Zusammenfassend kann man sagen, die Versetzungen sollten zeitnah zum 31.12.2018 und unter Berücksichtigung sozialer und familiärer Gesichtspunkte erfolgen.