Protocol of the Session on June 29, 2018

Das ist meines Erachtens ausgeschlossen. Bäcker und Metzger können keine Medizinischen Versorgungszentren gründen. Als das losging mit den MVZ, war das ausschließlich Ärzten vorbehalten. Inzwischen hat man das ein bisschen aufgebohrt, das heißt, auch Kommunen können das. Aber Sie müssen, wenn Sie hier vorne stehen, ebenso dazu ausführen, warum das in dem Umfang unterbleibt. Einer der Gründe, warum Kommunen sich bei der Gründung von Medizinischen Versorgungszentren zurückhalten, sind Haftungsgründe, Stichwort „Behandlungsfehler“. Wenn da richtig was passiert, dann ist derjenige, der Träger des Medizinischen Versorgungszentrums ist, derjenige, der in der Haftung ist. Bei dieser Geschichte gibt es derartig viele Detailfragen noch zu klären, darauf will ich jetzt nicht eingehen. Aber nach dem Motto: „Metzger und Bäcker können das, warum machen das die Kommunen nicht?“,

(Tilo Gundlack, SPD: So viele Bäcker und Metzger gibts doch gar nicht mehr.)

so einfach kann man sich das nicht machen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2249. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2249 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, ansonsten Gegenstimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 40: Beratung des Antrages der Fraktion der BMV – Bundesinnenminister unterstützen: Illegale Einwanderung stoppen, Drucksache 7/2246.

Antrag der Fraktion der BMV Bundesinnenminister unterstützen: Illegale Einwanderung stoppen – Drucksache 7/2246 –

Das Wort zur Begründung des Antrages hat für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus aktuellem Anlass möchte ich meine Rede mit einem Zitat beginnen. Ich zitiere: „Klar sei, dass alle sich an Regeln halten müssten und sich kein Asylbewerber einen EU-Staat aussuchen dürfe“, Zitatende. Der eine oder andere wird wissen, von wem das Zitat stammt. Ich sehe nur ratende Gesichter, dann helfe ich. Das ist also Frau Merkel gewesen, unsere Bundeskanzlerin. Heute früh oder gestern Abend hat sie dies geäußert.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Gibt es nicht mal eine Wertung dazu?)

Die Rechtsstaatlichkeit ist das Fundament unseres freiheitlichen Verfassungsstaates.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Laut unserer Verfassung gilt in Deutschland die Herrschaft des Rechts. Nicht nur die Bürger, auch und vor allem der Staat selbst ist dem Recht unterworfen. Das Bundesinnenministerium möchte nun bestimmte Gruppen von asylsuchenden Ausländern – die, die mit einer Wiedereinreisesperre versehen sind, oder bereits registrierte Asylsuchende – an der Grenze zurückweisen. Ich komme nun zunächst zu den grundsätzlichen rechtlichen Fragen.

Es ist rechtlich möglich und vorgesehen, dass an der Grenze zurückgewiesen wird. Dies ergibt sich zunächst aus dem Asylrecht. Einem asylsuchenden, Zitat, „Ausländer ist die Einreise zu verweigern, wenn … er aus einem sicheren Drittstaat … einreist“, Zitatende. Das sieht unser Asylgesetz vor. Alle die Bundesrepublik Deutschland umgebenden Staaten sind sichere Drittstaaten. Also müssten alle asylsuchenden ausländischen Staatsbürger – oder können, muss ich sagen – an der deutschen Staatsgrenze zurückgewiesen werden.

(Martina Tegtmeier, SPD: Können! – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Soweit über einen Erlass des Bundesinnenministeriums spekuliert wird, nach dem an der Grenze nicht zurückgewiesen werden soll – das ist rechtlich auch möglich –, kann ich dazu nichts sagen. Dieser soll mündlich erfolgt sein, niemand hat diesen Erlass jemals gesehen. In jedem Fall aber ist der Bundesinnenminister rechtlich in der Lage, diese möglicherweise bestehende Anordnung zu ändern.

Selbst wenn diese Ausnahme gelten sollte, müssen dennoch in vielen Fällen Zurückweisungen erfolgen, denn es gibt einen in der öffentlichen Diskussion viel zu wenig beachteten zweiten Zurückweisungsgrund, der in vielen Fällen greift. Und zwar ergibt sich dieser Grund nicht aus dem Asylrecht, sondern aus dem allgemeinen Aufenthaltsrecht. Bekanntlich reisen zahlreiche asylsuchende ausländische Staatsbürger ohne Pass nach Deutschland ein. Die Folgen sind bekannt: Identitäten sind nicht geklärt, Sozialleistungsbetrug, Verhinderungen von Abschiebungen, falsche Altersangaben. Es vergeht ja kaum eine Plenarwoche, in der nicht auch der Innenminister sich beklagt über die Schwierigkeiten der notwendigen Abschiebungen, weil die Identitäten nicht geklärt sind. Diese Asylbewerber

hätten jedoch schon gar nicht einreisen dürfen. Auch in Deutschland ist es rechtlich grundsätzlich so, dass man nur einreisen darf, wenn man einen Pass hat.

(Beifall Horst Förster, AfD)

Ich zitiere: „Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind.“ Zitatende, aus dem Aufenthaltsgesetz Paragraf 3. Das ist ja der Sinn eines Passes, dass er die Identität des Inhabers feststellt, und ohne Pass ist ein Ausländer an der Grenze grundsätzlich zurückzuweisen. Ich zitiere: „Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will“, ist „an der Grenze“ zurückzuweisen, wieder Aufenthaltsgesetz, Paragraf 15. Das ändert sich rechtlich erst dann, wenn er Asyl beantragt, aber dann kann er eben wegen der besagten Drittstaatenregelung zurückgewiesen werden.

Heute liest man allenthalben, ja, das stimme ja alles, aber das deutsche Recht würde, Zitat, „überlagert“, Zitatende, von europäischem Recht. Die Bundeskanzlerin meinte gar, das europäische Recht gehe nationalem vor. Aber auch europäisches Recht steht Zurückweisungen nicht entgegen.

Ich würde Ihnen noch mal ein Rätsel aufgeben. Ich werde jetzt hier das Ergebnis einer rechtlichen Prüfung vorlesen und Sie können ja mal überlegen, wer zu diesem Ergebnis der Prüfung gekommen ist. Ich zitiere: …

(Torsten Renz, CDU: CSU!)

Erst zuhören!

„Eine Zurückweisung ist im …Rahmen der Dublin-III Verordnung und des § 18 AsylG zulässig.“ Zitatende.

(Jochen Schulte, SPD: Können Sie das auch begründen, Herr Manthei, oder nur vorlesen? – Horst Förster, AfD: Wissenschaftlicher Dienst.)

Zu diesem Ergebnis kommen, Herr Schulte, Ihre Kollegen und, Herr Renz, Ihre Kollegen von der CDU- und der SPD-Bundesregierung selbst, denn dies haben sie mitgeteilt auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE und Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE, wo man das nachlesen kann.

(Jochen Schulte, SPD: Das ist ja auch nie bestritten worden.)

Denn eben das nationale Recht

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

steht nicht im Widerspruch, sondern korreliert mit internationalem Recht. Etwa die EU-Verordnung, die sogenannte Dublin-III-EU-Verordnung: Hier ist es erst mal wichtig klarzustellen – auch gestern hat der Innenminister wieder das Wort „ausgesetzt“ benutzt –, die Dublin-III-Verordnung ist geltendes Recht, es ist praktisch ein EU-Gesetz, was niemals ausgesetzt wurde. Die Exekutive kann gar nicht einen Akt der Legislative, ein Gesetz, einfach so aussetzen. Nur die Legislative selber wäre in der Lage, diese EU-Verordnung zu ändern, und das ist jetzt ja auch in der politischen Diskussion.

Bekanntlich ist nach dieser Verordnung in erster Linie für Asylverfahren das Land zuständig, das der Asylbewerber zuerst betreten hat. Es ist also logisch, dass Asylbewerber an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden können, da sie ihr Asylverfahren nach internationalem Recht in ihrem Ersteinreiseland durchzuführen haben. Das korrespondiert auch mit dem Vorschlag, dass die schon registrierten asylsuchenden Staatsbürger zurückgewiesen werden sollen nach der Absicht.

Die Dublin-III-Verordnung war wiederum Voraussetzung für das Schengen-Abkommen. Hiernach soll es eben keine Grenzkontrollen innerhalb der Teilnehmerstaaten des Abkommens mehr geben. Aber auch dies ist nicht in Stein gemeißelt, Ausnahmen sind möglich und werden bekanntlich an der bayerisch-österreichischen Grenze praktiziert. Die Ausnahmen sind möglich nach dem SchengenAbkommen, wenn der Schutz der EU-Außengrenzen nicht funktioniert, und das ist ja allgemein bekannt, dass das nicht der Fall ist. Die rechtliche Dimension ist also somit klar. Maßgeblich ist aber dann die politische Entscheidung.

Im Jahr 2017 wurde in der EU 538.000 ausländischen Staatsbürgern ein Schutzstatus zugesprochen, davon 325.400 in Deutschland. 60 Prozent aller Flüchtlinge in der EU wurden also von Deutschland aufgenommen. Mit anderen Worten, Deutschland hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als alle anderen EU-Staaten zusammen, und das, obwohl wir vollständig von sicheren Drittstaaten umgeben sind. Bei Anwendung des geltenden Rechts hätten wir kaum Asylverfahren durchführen müssen. Es zeigt sich also eine gravierende Diskrepanz zwischen dem geltenden Recht und der Wirklichkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Immer wieder lesen wir in diesen Tagen, die Lage hätte sich entspannt, es habe 2017 viel weniger Asylbewerber als 2016 gegeben, also 222.683 statt wie 2016 745.545 – tatsächlich ein Rückgang von 70 Prozent. Aber dieser Vergleich ist nicht seriös. Viel aussagekräftiger ist ein Zehnjahresvergleich, denn 2016 war bekanntlich ein Ausnahmejahr, wenngleich ein extremes. Jeder Rückgang danach bedeutet bei Weitem keine Rückkehr zur Normalität. In den letzten zehn Jahren haben wir trotz des Rückgangs von 2016 auf 2017 eine Steigerung der Asylanträge immerhin noch um das Achtfache gehabt.

Es läuft derzeit also etwas gewaltig verkehrt in Deutschland und in der Europäischen Union. Jetzt geht es darum, das Vertrauen der Bürger in den Staat wiederherzustellen, und es geht darum, das Vertrauen der Bürger in die Europäische Union zu stärken. Der Bürger muss darauf vertrauen können, dass sich alle an die geltenden europäischen Regeln halten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und BMV)

Wenn die Staaten wieder die Kontrolle über die Einwanderung zurückgewinnen, ist dies ein gutes Signal an alle Bürger. Die EU kann sich wieder auf ihre Stärken besinnen. Wir als BMV-Fraktion sprechen uns ausdrücklich für Einwanderung aus, aber sie muss gesteuert, sie muss kontrolliert sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Jedenfalls solange dies nicht an den EU-Außengrenzen funktioniert, muss an der deutschen Grenze in den genannten Fällen zurückgewiesen werden.

Abschließend möchte ich noch zu den praktischen Folgen kommen. Gegner der Zurückweisung malen gern Horrorszenarien und reden gar von einer Abschottung. Die Durchführung der Grenzsicherungsmaßnahmen sollten wir aber getrost den dafür Zuständigen überlassen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft teilte hierzu mit, es müsse niemand Angst haben, dass Zäune und Schlagbäume errichtet würden. Mit modernem Grenzmanagement, etwa der von der BMV heute ja schon angesprochenen Schleierfahndung, sei dies nicht notwendig.

Ich möchte auch meine Rede wieder mit einem Zitat beenden, und zwar mit den Worten des Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ernst Walter, der sagte, lassen wir, Zitat, „die Bundespolizei an den Grenzen endlich wieder ihren Job machen“, Zitatende. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und BMV)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 240 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat zunächst das Wort der Minister für Inneres und Europa. Herr Caffier, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Lieber Kollege Manthei, zunächst erst mal: Ich bin etwas erstaunt. Drei Anträge davor haben Sie erklärt, was die Polizei alles machen muss, jetzt erklären Sie gerade, lasst doch die Polizei bitte ihren Job machen.

(Bernhard Wildt, BMV: Ja.)

Die Auffassung teile ich allerdings auch, was „den Job machen“ betrifft. Insofern müssen Sie sich irgendwo entscheiden, was Sie wollen.