Protocol of the Session on May 30, 2018

Es muss immer wieder gesagt werden, auch für die nachfolgenden Generationen, wenn wir den nachfolgenden Generationen keine intakte Umwelt hinterlassen, wird man uns irgendwann Fragen stellen, warum wir bestimmte Maßnahmen nicht eingeleitet haben. Und wenn Sie den Klimawandel leugnen – das haben Sie ja wieder angedeutet –, dann muss man der Wissenschaft ja auch wirklich mal ein bisschen Glauben schenken. Versuchen Sie das bitte mal! Ich glaube schon, das sage ich auch voller Stolz, wir haben eine Exzellenzforschung am Standort Greifswald mit der Moorforschung. Wir sind weltweit als Vorzeigeobjekt in Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile bekannt. Die Wissenschaftler, die in Mecklenburg-Vorpommern tätig sind und auch darüber hinaus, schreiben unsere Konzepte mittlerweile. In Niedersachsen können Sie sich das anschauen, in SchleswigHolstein, in Weißrussland oder in anderen Regionen dieser Erde werden unsere Konzepte übernommen.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Insofern ist Mecklenburg-Vorpommern eines der moorreichsten Länder Deutschlands oder das moorreichste Bundesland in Deutschland, nämlich mit 291.361 Hektar. Das sind 12,6 Prozent der Landesfläche, die in Mecklenburg-Vorpommern insbesondere durch Niedermoor charakterisiert sind. Das ist, finde ich, schon eine beeindruckende Zahl, welche aber im Kontext der Frage der Wiedervernässung um jeden Preis steht. Da sage ich in aller Deutlichkeit: Das machen wir nicht, das habe ich niemals gemacht und das werde ich auch nicht tun!

Meine Damen und Herren Abgeordnete der AfD, allein aus dieser Überschrift spricht heraus, dass Sie den aktuellen Umgang mit diesem Thema absolut nicht kennen.

(Torsten Renz, CDU: Bei dem Thema auch?)

Sie müssen noch mehr lesen! Sie müssen sich ein Stückchen mit den Konzepten aus der Vergangenheit, die wir entwickelt haben, auch auseinandersetzen. Lassen Sie mich insofern noch mal kurz darauf eingehen. Ich habe es ja anfangs schon getan.

(Zuruf von Jürgen Strohschein, AfD)

Der Umgang mit den Mooren birgt natürlich Konfliktpotenzial. Wenn man in der DDR großgeworden ist – und Sie sind es, ich bin es auch –, dann weiß man, dass die Komplexmelioration natürlich schwere Schäden in der Landschaft angerichtet hat. Aber worum ging es eigentlich? Darum, die Ernährungssituation – da waren wir heute Morgen schon mal bei Europa – nach dem Zweiten Weltkrieg in der DDR abzusichern. Im Übrigen, auch unsere Brüder und Schwestern im Westen haben die hervorragendsten Produkte aus der DDR bekommen. Ich hoffe, Sie wissen das noch. Ein Westpaket habe ich im Übrigen, Herr Weber, seit vielen Jahren nicht mehr bekommen.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ist vielleicht angekommen. Von Ihnen will ich auch gar keins haben.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der AfD und BMV – Dr. Ralph Weber, AfD: Ich habe keines bekommen.)

So ist es richtig, genau so.

Aber wir müssen natürlich auch berücksichtigen, dass diejenigen – und bei denen haben Sie sich ja wahrscheinlich wieder informiert –, dass diejenigen, die früher mal in der Melioration gearbeitet haben, ihr Lebenswerk jetzt im wahrsten Sinne des Wortes auch an die Grenzen geführt haben, weil sie die Degradation dieser Flächen vorgenommen haben.

Sie haben richtigerweise zum Glück auch gesagt, dass das Moor um einen Millimeter wächst. Wir können feststellen, dass die Niedermoore in Mecklenburg-Vorpom- mern in den letzten Jahrzehnten um einen Meter – um einen Meter! – in Mecklenburg-Vorpommern degradiert worden sind, also gefallen sind, verbraucht worden sind. Deswegen ist es auch so, dass wir natürlich während der langjährigen Nutzung – die Landwirte unter uns werden das hoffentlich bestätigen – auch auf den Niedermoorflächen gute Erträge gehabt haben, aber auf Kosten der Natur und auf Kosten der Umsetzung, wenn man es so will, der CO2-Äquivalente.

Es hat natürlich in der Forstwirtschaft eine aktive Nutzung stattgefunden und in der Land- und Ernährungswirtschaft. Auf der anderen Seite muss man auch erkennen – und Sie haben es ja zum Glück angedeutet –, für den Naturschutz und die Moore ist Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile weltweit Hotspot des Naturschutzes und des Artenschutzes geworden. Seltenste Orchideenarten, Schmetterlingsarten, Libellenarten und andere Arten sind in diesen Gebieten zu Hause. Seltenste Arten!

Und was man immer wieder auch nicht erkennt und begreifen will, ist die Bedeutung für das Thema Hochwasserschutz. Ich prophezeie uns, dass es irgendwann Regen gibt, vielleicht wieder zu viel in diesem Jahr. Und es kann auch wieder in Richtung 2011 gehen. Denken Sie an 2011 oder an das letzte Jahr, 2017 hatten wir es zumindest angedeutet. Wenn wir im Durchschnitt im Übrigen – im Durchschnitt! – in Mecklenburg-Vorpommern 560 Millimeter Niederschlag bekommen und im letzten Jahr über 1.000 bekommen haben, dann sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Gucken Sie sich in Hessen die Unwetter an oder in Niedersachsen, was da abgelaufen ist in den letzten Tagen! Nehmen Sie das bitte mal wahr! Deswegen ist im Übrigen ein aktiver Moorschutz auch ein Teil einer Strategie eines Hochwasserschutzes und einer Küstenschutzstrategie. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis! Denn die Moore können unter anderem eben Wasser lange halten und letzten Endes damit einen wichtigen Beitrag zum Hochwasser-, zum Küstenschutz leisten.

Was jedes Mal bei Ihnen nicht vorkommt, bei der AfD, ist das Thema Klimawandel. Dass diese Niedermoorgebiete oder auch die Hochmoore natürlich einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten, das ist allgemein bekannt. Das ist Wissen heute in der Grundschule, in der 4. Klasse.

(Jürgen Strohschein, AfD: Das Gegenteil ist der Fall.)

Im Übrigen, in der Vergangenheit...

Ja, sehen Sie, dann müssen Sie noch mal in die Grundschule zurück und müssen vielleicht noch mal von vorne anfangen.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Insofern will ich Ihnen auch noch mal andeuten, 99 Prozent der Moore in Mecklenburg-Vorpommern sind quasi in der Vergangenheit durch die menschliche Nutzungsform vernichtet worden und damit trockengelegt worden. Diese Trockenlegung bewirkt natürlich auch, dass der ausgetrocknete Torf sich langsam umgesetzt hat und die Trockenlegung damit zum Teil dramatische Folgen für die nachfolgenden Generationen heraufbeschwört.

Im Übrigen sind die Zahlen wissenschaftlich belegt: 6,2 Millionen Tonnen – 6,2 Millionen Tonnen, ich sage es noch mal – von knapp 17 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten kommen aus der Umsetzung des Niedermoors in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist mehr, als der Automobilverkehr, und mehr, als die gewerbliche Wirtschaft ausstößt. Das ist der Beitrag der Niedermoore zur Negativentwicklung in diesem Bereich. Bitte nehmen Sie das doch endlich mal zur Kenntnis!

(Dr. Ralph Weber, AfD: So viel zum menschengemachten Klimawandel!)

Und zweitens, das haben Sie auch angedeutet, der Boden sackt ab, schrumpft in vielen Fällen schon mehr als einen Meter. Fahren Sie mal in die Niederlande! Mittlerweile zehn Meter haben die durch die menschliche Nutzung an Gelände verloren. Zehn Meter! Was meinen Sie, was die unter anderem betreiben, um den Hochwasserschutz und den Küstenschutz dort umzusetzen? Ich hoffe, der eine oder andere hat das schon mal gesehen. Nicht umsonst werden mit horrenden Milliardensummen dort Hochwasserschutz und Küstenschutz betrieben.

(Dr. Gunter Jess, AfD: Aber Sie empfehlen die Wiedervernässung!)

Im Übrigen, auch diese Umsetzung aufgrund der Nähstofffreisetzung ist natürlich negativ für unsere Gewässer, und nicht nur im Binnenland, sondern auch wiederum für die Ostsee und letzten Endes für die Weltmeeresentwicklung.

Deswegen ist ganz klar, die Renaturierung – ich sage das auch noch mal ausdrücklich an die Adresse der CDU –, die Renaturierung der Moore in MecklenburgVorpommern ist unter meiner Führung keine Naturschutzromantik. Ich sage das noch mal ausdrücklich: keine Naturschutzromantik, sondern unsere Pflicht, um damit die Lebensgrundlagen für die nachfolgenden Generationen zu sichern. Bitte nehmen Sie das endlich mal zur Kenntnis!

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Natürlich müssen wir differenziert vorgehen, und das machen wir auch, Landwirtschaft und Moore. Meine sehr geehrten Damen und Herren, aktuell werden in diesem Land 165.000 Hektar, also fast 60 Prozent der Moore in Mecklenburg-Vorpommern, landwirtschaftlich genutzt, davon etwa 21.000 Hektar immer noch als Acker – die müssten wir eigentlich umstellen – und 144.000 Hektar

als Dauergrünland. Dauergrünland! Auch da habe ich mich ja durchsetzen können, dass wir endlich das Dauergrünlanderhaltungsgesetz umgesetzt haben, um die Degradation der Moore nicht noch weiter voranschreiten zu lassen. Diese Flächen dienen der Produktion von hochwertigen Lebensmitteln und auch Futtermitteln, und das wollen und werden wir weiter betreiben. Hier komplett die Nutzung einzustellen oder wiederzuvernässen, ist inakzeptabel, und das werden wir nicht vornehmen. Deshalb ist gerade die Politik gefordert, Lösungen zu entwickeln, wie Landnutzer eingeladen werden können, diese Flächen schonender zu bewirtschaften oder auch den Grundwasserstand zu erhöhen, aber die Bewirtschaftung fortzusetzen.

Dies gelingt nur durch Dialog, durch Freiwilligkeit, durch finanzielle Anreize und alternative Bewirtschaftungsformen. Unsere Vorfahren haben im Übrigen Reet angebaut und haben das mit Bravour genutzt. Nimmt ein Landwirt am Programm extensiver Grünlandnutzung – im Übrigen Variante II – teil in Mecklenburg-Vorpommern, so kann er neben den 260 Euro zusätzlich 220 Euro aus diesem Extensivierungsprogramm bekommen. Wenn Sie das mal zusammenrechnen, sind das 480 Euro aus diesem Programm. Im Übrigen darf ich ausdrücklich sagen, die Programme sind hervorragend angenommen.

Und ich möchte natürlich auch noch mal die neue Nutzungsform im Niedermoor, die sogenannten Paludikulturen, benennen, wo wir nasse Landwirtschaft auf diesen Flächen in der Zukunft betreiben wollen.

Jetzt, vermute ich, soll ich aufhören. Gut.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten …

Mache ich.

… Herrn Strohschein?

Bitte schön.

Danke, Herr Minister.

Gerne.

Herr Minister, wissen Sie, dass es auch andere wissenschaftliche Abhandlungen gibt, die eine andere Sprache sprechen?

Selbstverständlich, selbstverständlich weiß ich das.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es gibt immer solche und solche.)

Wir haben unter anderem Parlamentarische Abende in Berlin durchgeführt. Aber ich darf Ihnen ausdrücklich auch noch mal sagen, in den Koalitionsverhandlungen – das wäre jetzt so weitergegangen –, in den Koalitionsverhandlungen in Berlin habe ich durchsetzen können, dass unter anderem deutschlandweit die Prüfung eines Konzeptes für den Umgang mit den Moorflächen vorgenommen wird, insbesondere die neue Form der Bewirtschaftung – Bewirtschaftung, nicht rausnehmen aus der Bewirtschaftung. Das ist vor meiner Zeit passiert, da habe ich immer auch Kritik geäußert. Wenn Sie das nachlesen würden, würden Sie das auch sehen. Und

wenn Sie Kamp und Bugewitz hier angesprochen haben, diese Maßnahme ist ja durch die Sturmflut 1995 entstanden. Bitte bedenken Sie das! Dort sind vorne, wenn man das so will, die Sommerdeiche durchbrochen worden und dadurch ist das überflutet worden. Daraus hat sich dieses LIFE-Projekt dann entwickelt.

Insofern nehme ich natürlich zur Kenntnis, dass es unterschiedliche wissenschaftliche Grundlagen gibt. Aber eins muss ich noch mal sagen, die sogenannte TEEB-Studie, vielleicht schauen Sie sich die mal in Ruhe an, dass Wissenschaftler, die weltweit agieren – vielleicht kann Herr Weber Ihnen ja da Nachhilfe, ein bisschen Unterstützung geben,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das braucht Herr Strohschein nicht.)

nicht Nachhilfe, das ist jetzt nicht böse gemeint, nee, nee, aber gucken Sie sich das mal in Ruhe an, da ist das, was wir mit Greifswald, das ist ja durch ein Projekt des Landes Mecklenburg-Vorpommern, durch unser Haus gefördert, mit der Universität Greifswald in Zusammenarbeit mit der Hochschule Neubrandenburg und im Übrigen Hannover erarbeitet worden –, die kommen eindeutig zu der Erkenntnis, dass das, was wir hier auch entwickelt haben, weltweit beispielgebend ist und die richtige Richtung darstellt.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Strohschein?

Ja.

Bitte schön.