Protocol of the Session on April 27, 2018

Zu dem Änderungsantrag der BMV möchte ich sagen, dass es mich freut, dass Sie die Ziffern 1 und 2, die Sie zu 2 und 3 unseres Antrages werden lassen wollen, ganz offenbar unterstützen. Wenn Sie jetzt zusätzlich ein, wie Sie schreiben, konsistentes Konzept der Opferbetreuung von der Landesregierung fordern, so meine ich persönlich, dass das ein bisschen zu viel der Bürokratie bedeutet. Ich gehe davon aus, dass unsere Landesregierung durchaus über ein konsistentes Konzept der Opferbetreuung verfügt. Vielleicht sagt Frau Drese dazu gleich noch etwas.

(Ministerin Stefanie Drese: Gern.)

Ich freue mich auf die Debatte. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich noch darauf hinweisen, es gab Fragen, wo denn der Änderungsantrag sei. Der Änderungsantrag steht seit drei Tagen im Netz und da war die Verwaltung davon ausgegangen, man könne auf ein Papier verzichten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist ja mal was Neues.)

Das ist offensichtlich nicht von allen wahrgenommen worden, sodass der Änderungsantrag jetzt doch ausgedruckt und noch verteilt wird.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Aber bitte schön, Herr Abgeordneter.

Geschäftsordnungsmäßig möchte ich nur daran erinnern, dass jeder Abgeordnete des Landtages das Recht hat, dass ihm solche Unterlagen schriftlich ausgehändigt wer- den. Das wird am Anfang des Antritts des Mandats ausgeführt. Deswegen finde ich es nicht angezeigt, dass Sie sich jetzt ein bisschen despektierlich über diejenigen äußern, die das vielleicht nicht ausgedruckt haben. Unsere Fraktion betrifft es nicht, wir haben es verteilen lassen. Also ich rede jetzt nicht in eigener Sache, aber grundsätzlich möchte ich sagen, das ist ein Abgeordnetenrecht und das sollte man als solches ernst nehmen.

(Torsten Renz, CDU: Jetzt muss noch das Protokoll ergänzt werden: Ich bin wichtig.)

Ich weiß zwar jetzt nicht, was das für ein Geschäftsordnungsantrag war, aber ich möchte mich trotzdem dazu äußern. Es war in keinster Weise despektierlich gemeint, sondern einfach nur der Hinweis. Wir wollen Papier sparen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Die Ausstattung der Abgeordneten soll so sein, dass wir irgendwann zum papierlosen Parlament kommen. Da sind wir noch lange nicht, das ist völlig klar. Das Papier wird jetzt verteilt. Da kommt der Änderungsantrag. Die Kollegin wird ihn gleich verteilen, sodass er Ihnen allen auch schriftlich zur Verfügung steht. So viel zu diesem Problem. Es ist keine despektierliche Meinung von mir. Okay.

Ich eröffne jetzt die Aussprache.

Um das Wort gebeten hat die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung. Frau Drese, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem Antrag der AfD debattieren wir über die wichtige Arbeit der Opferambulanzen in Rostock und Greifswald. Das begrüße ich sehr, da die Opferambulanzen, die an den Rechtsmedizinischen Instituten der Universität Greifswald und Rostock angesiedelt sind, wichtiger Bestandteil des Opferschutzes in Mecklenburg-Vorpommern sind. Ich finde es zudem wertvoll, dass wir hier im Landtag die Gelegenheit haben, auf die Existenz der Opferambulanzen für Gewaltopfer hinweisen zu können, und dass wir darstellen können, welche Institutionen die Leistungen der Opferambulanzen in Anspruch nehmen, denn, und das nehme ich schon mal vorweg, die AfD macht es sich in einem Punkt doch sehr einfach und sagt sinngemäß, so, Land, jetzt übernimm mal die kompletten Kosten, auch wenn der Nutzerkreis der Leistungen sehr viel größer ist. So einfach können und werden wir es uns als Landesregierung nicht machen. Sie als Opposition können das, das ist auch in Ordnung.

Der Reihe nach: Die Opferambulanzen wurden zunächst im Jahr 2010 als kostenneutrales Modellprojekt in Zusammenarbeit mit der damaligen Parlamentarischen Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung und den Rechtsmedizinischen Instituten des Landes Mecklenburg-Vor- pommern ins Leben gerufen. Seit November 2012 ist das Modellprojekt verstetigt und im Landeshaushalt wurden für den Betrieb der beiden Opferambulanzen zunächst jeweils 30.000 Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt. Mit diesem Betrag wurde eine halbe Vollzeitstelle einer Assistenzarztstelle in dem jeweiligen Institut finanziert.

In den Opferambulanzen können Betroffene von Gewalt ihre Verletzung kostenlos und vor allem unabhängig davon, ob eine Strafanzeige gestellt wird, dokumentieren lassen. Die Befunddokumentation verbleibt in den Opferambulanzen und kann von den Betroffenen jederzeit angefordert und im Rahmen eines Strafverfahrens oder Schadenersatzprozesses als Beweismittel verwendet werden. Ich sage ganz deutlich: Es ist von hoher Bedeutung, Opfer dabei zu unterstützen, Ansprüche später auch strafrechtlich durchsetzen zu können, denn mit der Dokumentation der Verletzungen erhalten die Opfer ein Gutachten, das gerichtsfest ist. Damit können Verfahren schneller abgeschlossen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, seit meinem Amtsantritt habe ich dem Thema hohe Aufmerksamkeit geschenkt, viele Gespräche geführt und mich zum Beispiel im August letzten Jahres in Greifswald vor Ort kundig

gemacht und über die dortige Arbeit informiert. Bereits zu diesem Zeitpunkt und nicht erst jetzt zeichnete sich ein Anstieg an durchgeführten gerichtsfesten Befunddokumentationen ab. So zeigte sich insbesondere ein sprunghafter Anstieg von den Jahren 2015 zu 2016. Das möchte ich Ihnen gern genau mit Zahlen belegen.

Die Opferambulanz beim Rechtsmedizinischen Institut der Universitätsmedizin Rostock wurde wie folgt in Anspruch genommen: im Jahr 2014 mit 106 Fallzahlen, 2015 waren es 119, 2016 dann schon 190, im Jahr 2017 186. Ähnlich ist die Entwicklung beim Rechtsmedizinischen Institut der Universitätsmedizin Greifswald. Dort wurden 2014 96 Fall- zahlen registriert, 2015 101, 2016 151 und 2017 167. Sie sehen, wie bereits erwähnt, vor allem von 2015 auf 2016 gab es erhebliche Steigerungen.

Wesentlicher Grund dafür ist, dass die Opferambulanzen nun auch von den Jugendämtern, den Staatsanwaltschaften und Kliniken beziehungsweise niedergelassenen Ärzten verstärkt in Anspruch genommen werden. Das will ich gern noch genauer ausführen. In meinen Gesprächen mit beiden Institutsleitungen wurde deutlich, dass die Opfer auf verschiedenen Wegen in die Opferambulanzen gelangen: auf Eigeninitiative beziehungsweise durch den Hinweis einer Einrichtung, insbesondere des Beratungs- und Hilfenetzes für Opfer von häuslicher und sexualisierter Gewalt, auf Amtshilfeersuchen der Polizei als Ermittlungsbehörde der Staatsanwaltschaft, auf Anregung der Klinik beziehungsweise der niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen oder auf Ersuchen der Jugendämter.

Ich werbe vor diesem Hintergrund eindringlich dafür, dass sich alle Institutionen, die die Opferambulanzen nutzen, ebenfalls an den Kosten beteiligen sollen. Das kann nicht allein vom Land geleistet werden. Dies erfolgt auch schon von einigen Jugendämtern. So stelle ich mir eine Partnerschaft in diesem Bereich vor.

Aber, und das ist mir ganz wichtig, auch das Land stellt sich seiner Verantwortung für den Opferschutz. Deshalb habe ich mit Blick auf die erhöhten Fallzahlen reagiert und konnte im Rahmen der Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2018/2019 eine Erhöhung des Titels auf insgesamt 80.000 Euro pro Kalenderjahr durchsetzen. Dieser Erhöhung um immerhin 33 Prozent hat der Landtag dankenswerterweise zugestimmt. Mit den zusätzlichen Mitteln kann zum Beispiel ein höherer Stellenanteil an den beiden rechtsmedizinischen Instituten finanziert werden. Das ist ein wichtiger Beitrag für den Opferschutz in unserem Land. Ich erwarte, dass auch die weiteren Nutzer ihren Beitrag leisten, meine sehr geehrten Damen und Herren, und deshalb fände ich es kontraproduktiv, dem AfD-Antrag zu folgen.

Sehr geehrte Damen und Herren, noch ein Hinweis zum Schluss: Auch im Rahmen der Gleichstellungsministerkonferenz setze ich mich gemeinsam mit den anderen Länderkolleginnen und -kollegen für dieses wichtige Thema ein. Die Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder fordern in einem aktuellen Beschluss die Bundesregierung auf, eine bundeseinheitliche Lösung für eine Finanzierung von ärztlichen und labortechnischen Leistungen einschließlich der ärztlichen Dokumentation im Rahmen der anonymen Spurensicherung zu schaffen, denn es gibt keine bundesweit flächendeckende Bereitstellung. Auf Bundesebene fehlt nach wie vor die Finan

zierung ärztlicher Leistungen im Zusammenhang mit der Befunddokumentation und den erforderlichen Laboruntersuchungen, deshalb brauchen wir diesen Beschluss. Zwar bietet das Angebot der Rechtsmedizinischen Institute Rostock und Greifswald die Begutachtung, Fotodokumentation und Spurensicherung bereits an, aber dabei handelt es sich letztlich um eine freiwillige Leistung, für die die Rechtsmedizinischen Institute eine, wie dargestellt, zum Haushaltsjahr 2018/2019 erhöhte Zuwendungen vom Land erhalten. Eine bundeseinheitliche Lösung wäre hier begrüßenswert. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Frau Ministerin.

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort die Abgeordnete Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Opferambulanzen in Mecklenburg-Vorpommern stärken“ – als ich den Antrag gelesen hatte, musste ich mich mehrfach vergewissern, ob dieser Antrag wirklich von der AfDFraktion stammt. Solche Töne habe ich bisher aus Ihrer Fraktion zu dem Thema nicht vernommen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Dann haben Sie bisher sehr schlecht zugehört!)

Meine Damen und Herren, wir werden es weiter vertiefen.

(Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

Wir kommen dazu.

Meine Damen und Herren, Opferambulanzen leisten eine wichtige Arbeit, darauf hat meine Fraktion in der Vergangenheit immer wieder hingewiesen. Bei den Opferambulanzen werden Verletzungen von Gewaltopfern – häufig handelt es sich dabei um Opfer von häuslicher oder sexualisierter Gewalt – nicht nur ärztlich versorgt, sie werden auch für ein späteres Gerichtsverfahren dokumentiert. In gewisser Weise sind sie so eine Art Ermittlungsorgan und damit ein wichtiger Teil der Rechtspflege.

Im November 2010 startete das Modellprojekt der Opferambulanzen an den Rechtsmedizinischen Instituten der Universitäten Rostock und Greifswald. Bei der Geburtsstunde, an der maßgeblich Frau Dr. Seemann und die Institute beteiligt waren, durfte ich selbst – damals noch als Mitarbeiterin – teilnehmen. Seit November 2012 sind sie, und das ist richtig so, ein verstetigter Teil beider rechtsmedizinischen Institute. Sie werden aus Landesmitteln unterstützt und die Landesregierung schätzt ihre Arbeit auch als sehr erfolgreich ein, wie mir in den Antworten auf meine Kleinen Anfragen mitgeteilt wurde.

DIE LINKE war es seit Anbeginn, die sich erstens für die Finanzierung der Opferambulanzen und zweitens auch für die Verstetigung im Doppelhaushalt eingesetzt hat. Im Juni und im Dezember 2016 stellte ich auf den Drucksachen 6/5401 und 7/99 Kleine Anfragen zu der Situation der Opferambulanzen an den Rechtsmedizinischen Instituten des Landes und hieraus ging hervor, dass das Land jeweils eine halbe Stelle mit insgesamt 60.000 Euro finanzierte. Auf meine Frage bezüglich der Fallzahlen

ging hervor, dass diese sich stetig erhöht und allein 2016 um ein Drittel zugenommen haben.

Als meine Fraktion anschließend im Januar 2017 einen Nachtragshaushalt beantragt hat, haben wir selbstverständlich auch eine Erhöhung der Mittel der Opferambulanzen eingefordert, um genau zu sein, haben wir jeweils eine halbe Stelle mehr gefordert. Das heißt, dass es an den Rechtsmedizinischen Instituten Rostock und Greifswald jeweils eine Vollzeitstelle geben sollte.

Begründet haben wir das damals, und ich zitiere aus dem Plenarprotokoll vom 25. Januar 2017, wo es heißt: „Bei den Opferambulanzen sind bei den Angestellten – zwei Tätigen – die Fälle von 39 Fällen im Jahr 2012 auf insgesamt 281 Fälle im Jahr 2016 gestiegen. Bisher wurde hier nicht nachgebessert. Es wurde immer so nebenbei finanziert. Ich finde, dass dieses wichtige Projekt stärker“ finanziert „werden“ muss. Und wie haben Sie sich damals zu dem Nachtragshaushalt verhalten? – Auch da zitiere ich aus dem Protokoll von damals: „Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/142 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU und der AfD abgelehnt.“

Insofern finde ich es einfach nur falsch, dass Sie sich jetzt hier hinstellen und eine Stärkung der Opferschutzambulanzen fordern, wo Sie bei derselben Sachverhaltslage vor einem Jahr den Nachtragshaushalt genau mit der Begründung abgelehnt haben. Ich kann es nicht verstehen. Jedenfalls wurde unser Antrag abgelehnt, abgelehnt auch mit Ihren Stimmen. Sie haben sich damals ganz klar gegen eine Erhöhung der Mittel für die Opferambulanzen, für eine zusätzliche halbe Stelle je Institut positioniert. Wie gesagt, das ist gerade mal ein Jahr her.

Meine Herren von der AfD, Sie werden verstehen, dass ich überrascht war, als ich diesen Antrag gelesen habe und Sie damit um die Ecke kamen. Bisher haben Sie sich noch nie zu den Opferambulanzen positioniert,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

weder zum Nachtragshaushalt,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

wo deren Situation noch prekärer war, noch vor wenigen Wochen im Rahmen der Haushaltsberatung.

(Dirk Lerche, AfD: Besser spät als nie! – Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Insofern habe ich mich gefragt, was denn in der Zwischenzeit passiert sein konnte, dass Sie uns heute einen solchen Antrag vorlegen.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)