Mit Blick auf die Zielgruppe der Langzeitarbeitslosen mit schlechten Zugangschancen zum Arbeitsmarkt hat die Landesregierung deshalb mit ihrem Programm „Bürgerarbeit“ bereits die Umsetzungsphase erreicht. Es gibt für diese Menschen seit Herbst vergangenen Jahres ein neues Angebot, das in 2018 weitergeführt wird. Die Landesregierung trägt ihrerseits somit den Wünschen des Erwerbslosenbeirates und auch den Wünschen Ihrer Fraktion sichtbar Rechnung. Die aktuelle sowie prognostizierte wirtschaftliche Entwicklung wird ihrerseits zu einer weiteren Senkung der Zahl Hilfebedürftiger beitragen.
Ich fasse noch einmal kurz zusammen: Die Mittelkürzungen in den Jobcentern sind nicht so hoch wie beschrieben, Herr Foerster. Die Zahl der Leistungsempfänger ist stark rückläufig. In den Jobcentern wird eine hervorragende Arbeit geleistet. Der runde Tisch hat getagt. Das Projekt „Bürgerarbeit“ läuft. Kurzum: Wir machen! – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst, weil ja immer wieder unterstellt wird, ich hätte hier irgendwelche Entwicklungen verschlafen und würde immer wieder auf Themen rekurrieren, die es so gar nicht mehr gibt: Ich habe selbstverständlich –
Herr Renz, wir haben uns da ja auch schon häufiger darüber auseinandergesetzt –, selbstverständlich habe ich registriert, dass die Arbeitslosenzahlen in den letzten Jahren gesunken sind. Noch mal zum Mitschreiben: Ich freue mich selbstverständlich für jeden einzelnen der vormals von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen, wenn dieser einen neuen, möglichst unbefristeten, ordentlich bezahlten neuen Job gefunden hat. Das steht völlig außer Frage. Unabhängig davon bleibt insbesonde
Mittlerweile, Herr Renz, gibt es kaum noch einen, der dies grundlegend anders bewertet. Ich war jüngst auf einer Fachkonferenz der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit und durfte da unter anderem den Vortrag von Herrn Scheele, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit lauschen. Auch dieser hat dort sehr deutliche Worte gefunden. Er hat noch mal betont, dass die Arbeit mit dem einzelnen, von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen viel intensiver und aufwendiger geworden ist und dass angesichts von weniger Arbeitslosen in der Statistik nicht automatisch auch weniger Geld für die Jobcenter benötigt wird.
Deswegen noch mal für Sie zum Mitschreiben, Frau Friemann-Jennert: Intensivere Betreuung braucht auch das entsprechende Geld, denn so schön es auch klingt, wenn die Regionaldirektion für die Bundesagentur für Arbeit ihre Prognose für die jahresdurchschnittliche Zahl der Arbeitslosen jetzt von 70.300 auf nunmehr nur noch 65.700 korrigiert, so ändert das doch nichts daran, dass immer noch jeder Dritte von Arbeitslosigkeit Betroffene in unserem Land bereits länger als ein Jahr ohne Job dasteht und Mecklenburg-Vorpommern nach wie vor im bundesweiten Vergleich weiter zu den Schlusslichtern gehört.
Vergleicht man die Zahl der Arbeitslosen oder besser noch der Unterbeschäftigten, weil man dort auch noch die älter als 58-jährigen, kranken oder in Maßnahmen befindlichen Personen mit dabeihat, dann zeigt sich, dass es trotz robuster Arbeitsmarktlage weiterhin ein Kernproblem gibt, über das angesichts eines sich vielfach abzeichnenden und in einzelnen Branchen schon existenten Fachkräftemangels mancher hier im Saal offensichtlich kaum noch ernsthaft reden will.
Deswegen möchte ich hier und heute auch noch mal darauf hinweisen, dass den 73.227 Arbeitslosen und den 98.563 Unterbeschäftigten im März 2018 hierzulande ganze 16.273 offenen Stellen gegenüberstanden. Deshalb gilt es aus unserer Sicht zunächst mal, sich endlich politisch ehrlich zu machen und anzuerkennen, dass wir nicht nur ein sogenanntes Matchingproblem haben, sondern dass es nach wie vor ein Überangebot an Arbeitskräften gibt. Aus diesem Grund sollte Politik auch keine Illusionen von Vollbeschäftigung wecken, die für viele Betroffene, über die wir gerade heute hier reden, wie ein Hohn klingen müssen, erst recht, wenn es zukünftig vielleicht nicht einmal mehr für den Ein-Euro-Job im Sozialkaufhaus, in der Möbel- und Kleiderbörse oder bei der Tafel reicht.
Ich erneuere hier meinen Appell an die Landesregierung, sich weiterhin dafür einzusetzen, die Etats der Jobcenter noch einmal zu überdenken und im Jahr 2018 möglichst anzuheben, denn, Frau Friemann-Jennert, es geht eben nicht darum, einfach mehr Geld auf die bestehenden Probleme zu werfen, sondern es geht stattdessen darum, wieder eine Angemessenheit zwischen den für die Eingliederung und für die Verwaltung vorgesehenen Leistungen in den Jobcentern herzustellen. Wenn Sie sich das anschauen, dann war es noch 2010 genau so, dass der Budgetschwerpunkt bei den Eingliederungsleistungen lag, nämlich da, wo das Geld bereitgestellt wird, damit Arbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Heute ist es genau umgekehrt.
Dieses permanente Umschichten von Beträgen schon planmäßig zu Jahresanfang in den Jobcentern hat auch mit Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit nichts mehr zu tun, denn letztlich finanzieren völlig unterfinanzierte Jobcenter mit Eingliederungsmitteln, die dazu da sind, dass Arbeitslose in Arbeit integriert werden, ihre ebenfalls unterfinanzierten Verwaltungskosten. Gerade heute, ich habe es vorhin angedeutet, hat mich die Antwort auf eine neuerliche Kleine Anfrage erreicht und diese belegt das, was ich eben gesagt habe, noch einmal eindrucksvoll. Nehmen Sie mal das Jahr 2017 als Beispiel. Dort wurden zwischen 10 Prozent im Jobcenter Rostock und 30,9 Prozent im Jobcenter Bad Doberan dieser Eingliederungsmittel – noch mal: das sind die Mittel, die dazu da sind, Arbeitslose in Arbeit zu integrieren – planmäßig für die Finanzierung der Verwaltungskosten umgebucht. Das macht über alle Jobcenter allein für das Jahr 2017 in Mecklenburg-Vorpommern 16,7 Millionen Euro.
Natürlich muss man bei der Betrachtung, wofür man Geld ausgibt, auch im Blick haben, dass Leistungsbezieher im ALG-II-Bereich eine extrem heterogene Gruppe sind. Individuelle Betrachtungen, Sie haben über Betreuungsschlüssel gesprochen, ich empfehle Ihnen, wirklich mal mit Geschäftsführern von Jobcentern darüber zu reden, wie sich die Realität darstellt. Machen Sie das mal, gehen Sie mal nach Ludwigslust-Parchim in Ihr Jobcenter!
Aha! Na ja, da scheint nicht allzu viel hängen geblieben zu sein, sonst würden Sie hier nicht solche Dinge erzählen, wie Sie vorhin auf Nachfrage von mir am Saalmikrofon erklärt haben.
Individuelle Betreuung, Herr Renz, kostet Geld, und zwar ganz gleich, ob es dabei um die Aktivierung, um soziale Teilhabe, um Kompetenzentwicklung, die Heranführung oder im besten Fall auch um die Integration in Arbeit geht.
Dabei will ich es jetzt mal mit dem Blick auf die Bundesebene belassen. Diese Dinge habe ich – und zumindest in dem Punkt hat Frau Friemann-Jennert recht – hier schon mehrfach ausgeführt und sie sind Ihnen also sattsam bekannt. Das eigentlich Neue an den Aussagen von Frau Ministerin Drese im März war die Einladung zum runden Tisch und die in Aussicht gestellte Förderung aus Töpfen des Landes – neu deshalb, weil bis dato bei der Landesregierung so eher das Motto „Geiz ist geil“, oder seriöser ausgedrückt, „Arbeitsmarktpolitik ist Sache des Bundes“ vorherrschte.
Mal abgesehen davon, dass es sehr lange gedauert hat, bis dieser runde Tisch zusammengetreten ist – ich gehe immer davon aus, Sie haben Mitte März im NDR angekündigt, ihn einzuberufen, und am vergangenen Montag hat er dann tatsächlich das erste Mal getagt –, ich würde Sie bitten, für die Folgerunden noch mal über die Zusammensetzung nachzudenken und dann künftig auch
die Vertreter, also die Träger von Sozialkaufhäusern, Möbel- und Kleiderbörsen, mit einzubeziehen, denn das ist aus meiner Sicht durchaus eine ganz wichtige Geschichte.
Ich habe es gesagt, anfänglich habe ich tatsächlich Herrn Glawe, bei dem seit dieser Wahlperiode das Thema Arbeitsmarktpolitik angesiedelt ist, vermisst,
vermisst deshalb, weil ich selbst als Oppositionspolitiker natürlich weiß, dass mit dem Wechsel in Ihr Haus auch entsprechende Fördertöpfe mit rübergewechselt sind. Wenn Sie jetzt da mit im Boot sind, dann ist das nicht nur gut, das ist auch folgerichtig, denn im Sozialministerium sind, was die klassische Arbeitsmarktpolitik, was die ESF-Fördertöpfe angeht, nach meinem Kenntnisstand nur noch die Themen „Familiencoach“ und „Kleinprojekte“ übriggeblieben. Es gab auch mal einen Topf zur Förderung der beruflichen Mobilität. Da hört man Verschiedenes, was aus diesen Mitteln geworden ist. Vielleicht kann man die übergangsweise einsetzen, bis die Dinge, die Sie angeführt haben, zum Bundesprojekt geklärt worden sind.
Ich denke, jetzt geht es zunächst mal darum, die Übergangsphase zu sichern, was den sozialen Arbeitsmarkt angeht. Für die von Ihnen angesprochenen Verhandlungen mit dem Bund wünsche ich Ihnen alles Gute im Sinne der Langzeitarbeitslosen und des Landes und hoffe, dass Sie tatsächlich viel rausholen können. Zumindest in dem Punkt gibt es zwischen uns keinen Dissens. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich bitte doch, wenn die rote Lampe erscheint, wirklich nur noch einen oder zwei Sätze zu sagen und das nicht über Gebühr zu strapazieren.
Herr Foerster, es war Ihrerseits ein kritischer Vortrag. „Soziale Hilfeprojekte in Mecklenburg-Vorpommern dauerhaft sichern“ ist eine tolle Überschrift. Ich will Sie noch mal darauf hinweisen, dass wir in den letzten Wochen und Monaten dafür gesorgt haben, dass bei den Jobcentern und der Mittelerhöhung für die Jobcenter das Land im Bundesrat am 2. März der Mittelerhöhung zugestimmt hat. Da müssen Sie vielleicht Ihre Unterlagen noch mal überprüfen.
(Henning Foerster, DIE LINKE: Ach, dann habe ich Sie dazu bewegt, sich anders zu entscheiden?! – Heiterkeit bei Jörg Heydorn, SPD)
Ich meine, es war nicht Ihr Verdienst, aber immerhin war es so, dass die Dinge so gelaufen sind und wir zudem feststellen konnten, dass wir bei dem Projekt „Bürgerarbeit“ im Land Mecklenburg-Vorpommern eine Übergangsphase gewähren. Im Jahre 2017 hatten wir 200 und für dieses Jahr 700 Stellen mit der Bundesagentur für Arbeit vereinbart. Unsere Zuschüsse von 6.000 Euro werden dazugelegt. Jetzt müssen auch die Träger, die Kommunen, die Unternehmen diese Dinge annehmen. Von daher haben wir, glaube ich, ein gutes Angebot gemacht.
Die Frage, die Sie auch erwähnt haben, warum die Jobcenter weniger Zuweisungen erhalten haben, hat zwei Gründe: Erstens haben wir deutlich weniger Langzeitarbeitslose – über 5.000 innerhalb von einem Jahr weniger. Zweitens haben wir 9.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das heißt, die Schere der Arbeitslosigkeit geht deutlich zurück, und deswegen weist der Bund dem Land Mecklenburg-Vorpommern auch weniger Mittel zu.
Herr Glawe, ich habe nur eine Frage: Sie haben auf Ihr Bürgerarbeitsprogramm hingewiesen. Wie viele der 200 für das letzte Jahr in Aussicht gestellten Bürgerarbeitsplätze und wie viele der 500 für dieses Jahr in Aussicht gestellten Bürgerarbeitsplätze sind tatsächlich bisher besetzt worden beziehungsweise für wie viele gibt es bereits Anmeldungen aus den Jobcentern des Landes?
Angemeldet sind 193, vergeben sind 131, das heißt, vergeben waren 138, davon haben 7 die Bürgerarbeit entweder aus Krankheitsgründen oder aus anderen Gründen wieder zurückgegeben. Das ist der Stand.
Ich habe vorige Woche mit Frau Haupt-Koopmann darüber gesprochen. Sie geht davon aus, dass wir bis Ende Mai diese 200 Stellen besetzen können. Dazu werden jetzt auch noch mal die Bürgermeister, die Amtsleiter, die Unternehmen informiert, welche Eigenanteile sie zu leisten haben. Wir hoffen, dass wir im Mai Vollzug melden können und die erste Tranche abgeflossen ist. Die zweite Tranche steht für die nächsten Monate zur Verfügung, bis der Bund seine Lösung zur sozialen Teilhabe auf den Weg gebracht hat. Das bringt für Mecklenburg-Vorpommern immerhin 4.000 bis 4.500 neue Stellen über fünf Jahre. Ich glaube, dass das ebenfalls dazu beigetragen hat, dass wir als Land bei den Koalitionsverhandlungen mit dabei waren und gerade diese Themen eingefordert haben, auf die sich der Bund auch eingelassen hat.