Protocol of the Session on April 26, 2018

in der Mitte unserer Gesellschaft.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sehr richtig!)

Ihre Einbindung in den politischen Gestaltungs- und Steuerungsprozess gestaltet sich jeweils etwas unterschiedlich. Landesseitig haben wir, wie erwähnt, den Integrationsförderrat, der auf Basis des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes direkt an die Landesregierung angebunden ist. Insofern sollte doch bereits aus dem Beispiel des Integrationsförderrates deutlich werden, dass die relevanten Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen auf einem sehr hohen Niveau an der Landespolitik beteiligt sind.

Ich finde schon, dass die Frage berechtigt ist, welcher substanzielle Mehrgewinn sich für Menschen mit Handicap angesichts der bestehenden Beteiligungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten ergibt. Das Argument, ein solcher Tag würde der besseren Organisation der politischen Meinungsbildung dienen, greift nur teilweise, da die Interessengruppen bereits im Integrationsförderrat abgebildet sind. Daher ist es unabdingbar, dass wir vor einem hier dann vielleicht gemeinsam einzubringenden interfraktionellen Antrag die grundsätzlichen konzeptionellen Schwerpunkte des Formats erörtern. Diese Zielrichtung muss klar definiert sein, denn für ein schlichtes Forum für Begegnungen und Gespräche sind andere Veranstaltungsformate, wie zum Beispiel Parlamentarische Abende, geeigneter und vor allem auch kostengünstiger.

Des Weiteren sind die Erfahrungen aus anderen Bundesländern sehr unterschiedlich und begrenzen sich auf

einzelne sehr wenige Beispiele. Baden-Württemberg und Hessen sind im Grunde die beiden einzigen Länder, die einen solchen Tag im jeweiligen Landtag regelmäßig durchführen. Hessen hat im vergangenen August den 7. Tag der Menschen mit Behinderungen durchgeführt und im letzten Jahr beispielsweise „10 Jahre UNBehindertenrechtskonvention“ als Schwerpunktthema gewählt. Wollten wir nach umfangreicher Debatte in Mecklenburg-Vorpommern diesem Beispiel möglicherweise in einer anderen Form folgen, sollten wir zunächst die skizzierten Sachfragen klären, um mit dieser Veranstaltung tatsächlich messbare Impulse für die Lebenssituation behinderter Menschen zu schaffen, die dann auch auf die kommunale Ebene heruntergebrochen werden können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und BMV)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe unsere Kollegin Frau Dr. Schwenke bei einem anderen Tagesordnungspunkt gehört. Beim Thema Energie stand sie hier vorne und hat gesagt, es sei auch Aufgabe der Opposition, Alternativen aufzuzeigen. Ich bin hoch gespannt darauf, welche Alternativen von Ihnen hier heute noch aufgezeigt werden, denn wenn man sich den Antrag anguckt, dann ist das ja noch kein Antrag, der Alternativen aufzeigt,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist ja auch nicht unsere Absicht gewesen.)

sondern der im ersten Punkt erst mal sagt,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

wir müssen die bestehenden Vorschriften überprüfen, da müssen wir mal gucken, wie die aussehen und inwieweit die mit der UN-Behindertenrechtskonvention konform sind.

Ich sage Ihnen, wie ich das sehe. Also der Subtext in dem Antrag ist für mich: Wir machen mal wieder einen Antrag zur UN-Behindertenrechtskonvention, um der Regierung und den Koalitionsfraktionen deutlich zu zeigen, dass sie hier wirklich viel zu wenig machen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das stimmt doch nicht!)

Und die Debatte und der Debattenverlauf,

(Karen Larisch, DIE LINKE: Das stimmt doch gar nicht!)

den wir hier heute geführt haben, der irritiert mich.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Der irritiert mich sogar erheblich, weil auf die Lebenswirklichkeit bei uns in der Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise auch in Mecklenburg-Vorpommern ist ja noch keiner so richtig eingegangen. Am abstrusesten war der Abgeordnete der AfD, de Jesus Fernandes. Also was die Ausführungen unserer Ministerin zum Thema Menschenbild der AfD-Bundestagsfraktion angeht, da ist er

eher verschwiemelt geblieben, ansonsten hat er über das Grundgesetz gesprochen und über bestimmte Verfahren, die ablaufen bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, und das war es. Das war mehr als dünn, das war schlicht, muss man sagen.

Und jetzt schauen wir uns doch mal die Lebensrealität an! Ich habe das Thema Inklusion immer folgendermaßen verstanden: Inklusion bedeutet für mich einen Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik. Früher hatten wir Integration, und Integration, so, wie ich es verstanden habe und bis heute verstehe, ist, es sind Menschen außerhalb und sie werden integriert, sie werden reingeholt, sie werden durch entsprechende Unterstützungsmaßnahmen integriert.

Der Begriff „Inklusion“ dagegen hat sich mir immer so erschlossen, dass er bedeutet, die Menschen sind schon drin. Nicht in den Menschen liegen die Barrieren, sondern die Barrieren sind das, was die Menschen umgibt. Da kann ich was mit anfangen, aber wenn man sich unter dieser Betrachtungsweise das Thema Inklusion mal ansieht, dann sind wir doch in einem Prozess, der Jahrzehnte dauern wird. Wenn wir gemeinsam durch unser Land Mecklenburg-Vorpommern gehen – wir können hier in Schwerin anfangen – und gucken uns Schulen beispielsweise an, werden wir feststellen, dass es eine Vielzahl von Schulen gibt, wo Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen bis heute nicht beschult werden können, weil sie nicht entsprechend barrierefrei sind. Und wenn man das Thema Inklusion der reinen Lehre nach so betrachtet, wie ich es gerade beschrieben habe, dann müsste es so sein, dass jedes hörbehinderte Kind eine normale Schulklasse besucht und vor jeder normalen Schulklasse eine Gebärdendolmetscherin oder ein Gebärdendolmetscher steht und ihm hilft, die Dinge zu verstehen, die da laufen.

Schauen Sie sich die Lebensrealität an! Sie sind heute selber darauf eingegangen, dass uns selbst nicht genügend Gebärdendolmetscher zur Verfügung stehen, um hier die Landtagsdebatten, und zwar jeden Tagesordnungspunkt, entsprechend zu übersetzen. Schauen Sie sich den Anteil der Sonderpädagogen an! Ich habe den Wahnsinn in Nordrhein-Westfalen mitgekriegt, wo Eltern Kinder mit Behinderungen auf Gymnasien angemeldet haben, die klassisch gescheitert sind, mit großer Frustration diese Schulen wieder verlassen mussten und so weiter und so fort. Ein Freund von mir, der ist da Sonderpädagoge. Jedes Mal, wenn ich den getroffen habe, hat der sich bei mir ausgeweint über den Wahnsinn, den man da betrieben hat.

Das heißt also, Inklusion ja, aber im Rahmen der Realität und der wirklich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, und nicht, wir überprüfen mal das, was wir an gesetzlichen Regelungen haben, und dann werden wir feststellen, dass diese gesetzlichen Regelungen die Inklusion in der reinen Lehre überhaupt nicht wiedergeben und wir vor allen Dingen bei der Realität in unserem Land noch in einer ganz anderen Situation sind. Also jeder weiß doch, wie wir hier gestellt sind und was wir für Wirklichkeiten haben. Und wenn man über das Thema Inklusion redet, dann muss man das auch immer in Korrelation setzen zu dem, was wirklich möglich ist. Das machen wir, das haben wir in der Vergangenheit gemacht und ich denke, deswegen funktioniert das auch bei uns. Wir haben hier nicht Probleme wie Nordrhein-Westfalen beispielsweise, wo das Ganze wirklich kläglich vor die Pumpe gelaufen

ist, wenn man sich das mal anguckt. Insofern werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Hier ist die Frage aufgeworfen worden zum Thema Barrierefreiheit im öffentlichen Raum. Ich glaube, es geht nicht um Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, zumindest, wie das hier gemeint ist, sondern Barrierefreiheit bei Mobilitätsangeboten. Die ist tatsächlich bis 2021 oder 2022 herzustellen, betrifft Verkehrsangebote oder Verkehrsinfrastruktur. Das heißt also, dann sind Sie in der Situation, jede Haltestelle in Mecklenburg-Vorpommern wirklich barrierefrei zu machen, und nicht nur barrierefrei für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, sondern auch für Menschen mit Sinnesbehinderungen, und da fangen ja die Probleme an. Wir haben, auch von den LINKEN eingebracht, einen Antrag zum Thema Mobilität gehabt. Wie wird das denn dann, wenn Dorfbusse, Bürgerbusse oder dergleichen die Mobilität sicherstellen? Wenn man das aufgreift, was hier von Ihnen zu Papier gebracht worden ist, wäre das nur zulässig, wenn die dann auch barrierefrei sind. Das heißt also, da, wo die Leute einsteigen, muss es barrierefrei sein, die Fahrzeuge müssten barrierefrei sein.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Deswegen wollten wir gestern ja ein Konzept. Das wollten Sie aber auch nicht.)

Wie soll das denn alles geleistet werden? Das hat doch mit unserer Realität nichts zu tun!

Und wenn man in einem Flächenland wie MecklenburgVorpommern unterwegs ist, dann wird man sich schon die Frage stellen müssen: Also was ist jetzt hier? Reine Lehre und es gibt keine Angebote mehr oder muss man gegebenenfalls auch von bestimmten Standards abweichen, um überhaupt noch Sachen aufrechtzuerhalten? Ich finde, bei Ihnen geht das mal in die eine und mal in die andere Richtung. Ein bisschen mehr Stringenz würde ich mir,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

ein bisschen Stringenz würde ich mir dabei wünschen.

Also insgesamt muss man sagen, der Antrag ist ohne wirkliche Substanz, weil er mit der Lebensrealität bei uns im Lande wenig zu tun hat und eine reine Überprüfung von Normen letztendlich uns da nicht weiterführt. Wir werden den Kurs halten, den wir eingeschlagen haben, nämlich einen Schritt nach dem anderen tun. Und natürlich, das ist ja auch ausgeführt worden, werden wir die dafür nötigen Beteiligten auch in hinreichendem Umfang beteiligen.

Gegen ein Symposium einmal in einer Legislaturperiode hätte ich persönlich nichts einzuwenden. Das ist eine ganz gute Geschichte und das kann man dann nutzen, um auch mit den Betroffenen darüber zu reden, wie wollen wir denn die Prioritäten definieren,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

welche Möglichkeiten gibt es, wo sind unsere Beschränkungen und wie kommen wir hier gemeinsam voran. Aber da denke ich mir, mehr gibt der Antrag nicht her.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Kann er auch nicht.)

Also diese Überprüfungsgeschichte, das, finde ich, ist eine entbehrliche Sache. Da weiß jeder, was dabei herauskommt. Vor allen Dingen hilft die Überprüfung noch keinem weiter, sondern das, was dann an Umsetzungsmaßnahmen kommt, ist das, was für die Menschen entscheidend ist, aber das muss auch zu erbringen sein. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort die Abgeordnete Larisch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte als Allererstes mal etwas klarstellen, weil hier nämlich genau ein Missverständnis vorliegt. Wir haben unseren Antrag aus der März-Sitzung nicht zurückgezogen, sondern wir wurden gebeten, ob wir unseren Antrag zurückstellen, weil es nicht möglich war, Gebärdensprachdolmetschung zu organisieren. Aus Versehen ist protokolliert worden, dass wir den Antrag zurückgezogen haben. Dann wurden wir wieder gebeten, ob wir ihn neu einbringen. Da wir für heute sowieso einen Antrag zur UN-Behindertenrechtskonvention auf dem Plan hatten, haben wir uns gedacht, da wir eine lange Tagesordnung haben und nur einmal reden möchten, legen wir beide Anträge zusammen, dann haben wir einen Antrag, und darum sind beide Anträge in einen geflossen und es ist jetzt einer.

Und ich sage das jetzt gleich, damit ich meine Rede flüssig halten kann, dass wir dann beantragen, in Punkt II unseres Antrages die Punkte 1, 2 und 3 getrennt abzustimmen. Vielen Dank.

„Eine inklusive Gesellschaft braucht Zeit. Das ist wohl eine der privilegiertesten Aussagen von Menschen, die nicht ausgeschlossen sind.“ Das ist ein Zitat meines Freundes Raul Krauthausen und deswegen darf ich das auch sagen. Und ich würde Ihnen sehr gerne ein ganz simples, ein ganz übliches Beispiel nennen, das immer wieder mobilitätseingeschränkte Menschen in diesem Land erzählen. Sie gehen als gesunder Mensch, als Mensch, der sich auf zwei Beinen bewegen kann, tagtäglich und auch in der Nacht in eine Sparkasse. Sie gehen an den Automaten und Sie holen Geld ab. Das können Sie. Was tun Sie, wenn Sie in einem Rollstuhl sitzen? Dann können Sie zu den Öffnungszeiten hingehen, fragen die Bankbearbeiterin, die gibt Ihnen Geld. Und wenn Ihnen nachts um 0.00 Uhr als Mensch im Rollstuhl einfällt, ich will jetzt in eine Kneipe gehen und dazu brauche ich Geld, dann fragen Sie einen wildfremden Menschen. Dann weiß der wildfremde Mensch Ihre Geheimnummer und holt für Sie Geld ab. Das wäre selbstbestimmtes Leben. Anders können Sie das nicht machen. Und ich glaube nicht, dass nur, weil ein Mensch im Rollstuhl sitzt, er darauf angewiesen ist, immer die Familie fragen zu müssen. Ich möchte auch nicht immer meiner Familie sagen, dass ich nachts um 12.00 Uhr aus dem Haus gehe.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Selbiges passiert, wenn Sie als Mensch mit einer Mobilitätseinschränkung eine Behörde oder ein Amt besuchen wollen. Ganz häufig müssen Sie draußen auf eine Klingel drücken. Dann kommt die Sachbearbeiterin raus, und wenn Sie nicht hineinkommen, dann erklären Sie Ihre Probleme mitten auf der Straße, einfach so. Schauen Sie sich viele Jobcenter, viele Sozialämter und viele Rathäu

ser an! Genau so ist das. Und das geht nicht, das ist keine Selbstbestimmung von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Heydorn?

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Er provoziert immer gern. – Peter Ritter, DIE LINKE: Er hat noch genug Redezeit.)

Eine Gebärdensprachdolmetschung in Ämtern, in Behörden, in Rathäusern und in Jobcentern ist nicht möglich, und wenn ein Mensch, der eine Gebärdensprachdolmetschung benötigt, in ein Jobcenter geht, muss er diese alleine finanzieren. Das Jobcenter sagt nicht, wo man das Geld beantragen kann. Sie können doch nicht erwarten, dass ein Mensch nur, weil er gehörlos ist, immerzu eine Betreuung mitbringt! Gehörlose Menschen können alles, nur nicht hören.