Protocol of the Session on April 26, 2018

(Andreas Butzki, SPD: Besser ist es.)

Ich bitte ernsthaft darum, künftig zu unterscheiden, ob es um Europa geht, um die Idee einer europäischen Friedensordnung, auch um die Idee eines vernünftigen europäischen Zusammenhalts der Staaten, oder ob es ganz konkret um diese EU geht. Da darf man durchaus unterschiedlicher Meinung sein, ohne deshalb ein Feind des Friedens zu sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und ansonsten, wenn Sie anderer Meinung sind, dann sagen Sie das den Briten, dann sagen Sie das den Norwegern,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

den Schweizern und all denen, die nicht in der EU sind und trotzdem, davon gehe ich aus, hervorragende Europäer sind!

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Um das Wort gebeten hat für die Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Kokert.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst mal ist es richtig, dass wir immer wieder im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern über unsere eigene Positionsbestimmung, was die Europäische Union angeht, debattieren und auch ganz offene Debatten führen.

Mich hat natürlich der Kollege Förster noch mal gereizt, jetzt hier ans Pult zu gehen, weil ich die ganze Zeit überlegt habe, welcher Linie Sie eigentlich folgen und wo Sie die Widersprüche aufbauen. Es hat mich wirklich interessiert, wo Sie den Widerspruch bei der Europäischen Union aufbauen.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist Ihr Widerspruch – so ein bisschen habe ich das herausgehört – zu sagen, eine starke Europäische Union führt dazu, dass die Selbstbestimmung der Völker der Europäischen Union damit runtergedrückt würde. Habe ich Sie so richtig verstanden? Da kann ich nur sagen, so lange, wie ich jetzt hier Mitglied im Landtag bin, habe ich einen völlig anderen Eindruck. Ich nehme mal unseren direkten Nachbarn, zum Beispiel Polen, ein unglaublich selbstbewusstes Volk. Die sind stolz darauf, dass sie Mitglied der Europäischen Union sind.

(Bernhard Wildt, BMV: Richtig!)

Ich merke da überhaupt nicht, dass die irgendwo sagen, jetzt bin ich Mitglied in der Europäischen Union und darf meinen polnischen Nationalstolz nicht mehr leben.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Ich merke das auch bei anderen Mitgliedern der Europäischen Union überhaupt nicht,

(Zuruf von Bernhard Wildt, BMV)

ich merke es übrigens am Ende auch in Deutschland nicht, dass wir deswegen irgendwo unsere Nationalität zurückstellen müssen.

(Bernhard Wildt, BMV: Sehr richtig!)

Also ich habe diese Sorge auch nicht. Ich sage, ich bin unglaublich stolz darauf, dass meine vier Kinder frei reisen können, dass wir entscheiden können, in welcher Universität sie studieren wollen, entscheiden können innerhalb der Europäischen Union, wo erlerne ich welchen Beruf. Ich sage Ihnen, das ist so ein hohes Gut, das kann man finanziell gar nicht messen, weil Sie sich immer auf diesen monetären Bereich konzentriert haben.

In dem Augenblick, das will ich auch noch mal hier am Pult sagen, haben wir als Deutsche schon eine ganz andere Verantwortung, und da brauchen Sie gar nicht zu sagen, jetzt fängt er wieder irgendwie mit seinem Zweiten Weltkrieg an. Das meine ich gar nicht. Ich meine, wir haben eine große Verantwortung mit unseren Freunden in Frankreich, denn ohne die Friedensgespräche vorher in der Europäischen Union durch große Europäer, durch große deutsche Europäer hätte es die Wiedervereinigung in dieser Form nämlich niemals gegeben. Das ist eine Wahrheit.

(Beifall Christiane Berg, CDU)

Wenn uns die Franzosen nicht vertraut und gesagt hätten, die Deutschen sind jetzt unsere Freunde und man schießt nicht mehr aufeinander,

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

hätten gerade die Franzosen das niemals gesagt

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Bernhard Wildt, BMV)

und für die Wiedervereinigung Deutschlands gestimmt.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Das können Sie ja versuchen, immer wieder kleinzureden und zu verwässern, ich sage Ihnen, für mich ist das nach wie vor eines der größten Friedensprojekte auf der Welt gewesen.

(Horst Förster, AfD: Keine Frage, natürlich, keine Frage!)

Das hätte es in dieser Form ohne die europäischen Völker in ihrer Selbstbestimmung so niemals gegeben.

Meine Kollegen haben darauf hingewiesen, das sehe ich ganz genauso, nahezu alle großen Kriege auf dieser Erde sind von diesem Kontinent ausgegangen, von diesem kleinen, eigentlich unbedeutenden Kontinent, alle Kriege auf dieser Erde. Diesen langen Zeitraum, den wir jetzt haben …

(Zurufe vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich habe gesagt „nahezu“. Sie brauchen sich nicht immer gleich die Rosinen herauszupicken! Wissen Sie, das ist das, was mich eigentlich ärgert. Wenn Sie etwas beizutragen haben zu dieser Debatte – ich bin ein Freund davon, offene, faire Debatten zu führen –, kommen Sie hierher, tun Sie Ihre Meinung kund und dann diskutieren wir darüber!

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das sagt der, der die meisten Zwischenrufe macht!)

Ja, gegen Zwischenrufe habe ich gar nichts. Gegen unqualifizierte Zwischenrufe, Herr Professor Weber, wie von Ihnen, habe ich was.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Ralph Weber, AfD: Noch haben Sie hier nicht die Befugnis, die Qualität zu bewerten.)

Wenn Sie was von mir wollen, stellen Sie sich ans Mikrofon, stellen Sie mir die Frage, dann beantworte ich die. Das habe ich bisher jedes Mal gemacht, wenn Sie sich dahingestellt haben, da habe ich überhaupt keine Schmerzen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch mal darauf zurückkommen, warum wir als Deutsche da auch eine besondere Verantwortung haben. Es ist eben so gewesen – wir hatten das gestern in dieser Russlanddebatte schon mal festgestellt –, dass man uns vertraut hat innerhalb der Europäischen Union. Und als der Mantel der Geschichte einmal durch Europa geweht hat, haben große Politiker wie Helmut Kohl sofort zugegriffen – das gehört zur Wahrheit dazu –, auch Michael Gorbatschow, große Politiker haben sofort zugegriffen.

(Zurufe von Horst Förster, AfD, und Dirk Lerche, AfD)

Ich sage Ihnen, ich bin fest davon überzeugt, nach den Gesprächen unter den Nationalstaaten nach dem Zweiten Weltkrieg in Richtung Europäische Union hätte das nicht so funktioniert, wie es am Ende funktioniert hat. Viele Kolleginnen und Kollegen, die eigentlich aus den alten Bundesländern kommen, würden heute gar nicht hier im Landtag sitzen.

(Zurufe von Dr. Ralph Weber, AfD, und Bernhard Wildt, BMV)

Herr Fraktionsvorsitzender Kokert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Grimm?

Es ist mir eine Freude.

Bitte schön, Herr Grimm.

Ich nehme Ihr Angebot gern an und frage Sie Folgendes: Wenn Sie die Haltung der sogenannten Visegrád-Staaten zu der Aufnahme von Flüchtlingen einmal genauer anschauen, kommen Sie dann nicht auch ins Grübeln, ob es die viel beschworene europäische Wertegemeinschaft tatsächlich gibt?

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Nein, da komme ich überhaupt nicht ins Grübeln. Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass für mich selbstbewusste Völker in Europa ein wichtiger Beitrag dazu sind, dass man sich innerhalb der Europäischen Union versteht und austauscht, was überhaupt nicht heißt, dass man bei allen Punkten einer Meinung sein muss. Wissen Sie, auch die von Ihnen angesprochenen Staaten haben ganz viel Zeit und Geld dafür aufgewandt, um überhaupt in die Europäische Union zu kommen. Die sagen auch bis heute nicht, dass sie die Europäische Union verlassen wollen. Sie sagen nur, dass sie mit Einzelentscheidungen, die getroffen wurden durch die Mehrheit der europäischen Länder, im Augenblick nicht zufrieden sind.

Man kann diese Staaten nur aufrufen und sagen: Leute, beteiligt euch an dem, was wir jetzt angefangen haben, nämlich unserer europäischen Grenzsicherung! Da haben wir in der Tat keine besonders gute Leistung abgegeben nach außen, aber das, was wir jetzt aufbauen unter deutscher Beteiligung, ich nenne mal das Stichwort „Frontex“, dazu sind alle herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen. Das fängt ganz vernünftig an.

Trotzdem sage ich, die Reisefreiheit und die grenzenlose Freiheit innerhalb der Europäischen Union sind so wichtig, denn ich rechne damit, dass Sie gleich mit dieser Frage kommen, dass sie nicht wieder neue Nationalgrenzen in Europa aufbauen wird.