Protocol of the Session on March 16, 2018

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, soweit anwesend! Manchmal finde ich Traumbilder ganz schön, ob sie ökosozialistisch sind oder nicht, ist mir egal, Hauptsache, der Traum macht Spaß. Man muss hinterher gucken, was dabei rauskommt.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will noch was anderes sagen: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Das passt vielleicht auch zu den Traumbildern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist Realität!)

Gut. Das wollen wir mal abwarten.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist Marxʼ Feuerbach-These.)

Ja, Herr Kollege Ritter, Herr Kollege Koplin.

Aber lassen Sie mich in dem Zusammenhang etwas sagen, was vielleicht ein bisschen ins Lächerliche gezogen worden ist von dem Kollegen von der AfD, was aber den Kern der Wahrheit doch zumindest gestreift hat. Ich kann mich daran erinnern, als ich 1991 in die, da nicht mehr, DDR gekommen bin, um seitdem hier zu leben, war es durchaus üblich, dass die Menschen, wenn sie einkaufen gingen, ihre Einkaufstasche dabeihatten. Die war im Regelfall nicht aus Kunststoff.

(Vincent Kokert, CDU: Was Sie alles wissen, Herr Schulte, Donnerschlag!)

Das war für mich mit meiner Westsozialisation …

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Darauf haben Sie geachtet?!)

Das war für mich mit meiner …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Immer einsatzbereit sein! Was anderes gibt es nicht. Es hatte jeder so einen Beutel. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der CDU, AfD und DIE LINKE)

So, nachdem Sie sich jetzt alle über das Material ausgetauscht haben, bei dem ich nicht mitreden kann, weil ich nicht Chemiker oder sonst was bin, will ich sagen, das war für mich, völlig losgelöst von der Materialzusammensetzung dieser Einkaufstaschen, mit meiner damaligen Westsozialisation, die sich über 27 Jahre auch etwas verändert hat, doch eine völlig neue Erfahrung.

Ich habe dann allerdings auch die Erfahrung gemacht, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass es in den folgenden 27 Jahren immer mehr eine deutsch-deutsche Gemeinsamkeit gegeben hat. Erst wurde man gefragt, ob man denn unbedingt eine Tasche haben wollte, eine Plastiktasche, wenn man eingekauft hat. Man wurde teilweise auch noch bösartig angeguckt, wenn man Ja sagte. Dann hat es den Wandel gegeben, dass man im Grunde scheel angeguckt wurde, wenn man gesagt hat, man will keine haben, man bräuchte keine, man hätte, was weiß ich, eine Jutetasche oder was auch immer, ohne dass gleich die Assoziation an die ehemalige Fraktion der GRÜNEN kommen mag. Inzwischen sind wir so weit, dass die Einkaufsläden Geld haben wollen, wenn man eine Plastiktasche haben will, die noch mit Werbematerial von ihnen bedruckt ist. Das ist das, was mich am meisten dabei stört.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, völlig losgelöst von Karl Marx und Ludwig Feuerbach sieht man daran, dass es einen gesellschaftlichen Wandel gegeben hat. Und, Frau Kollegin Bernhardt, insofern ist natürlich die Debatte über die Frage „Lebensmittelverpackung und Müllvermeidung“ etwas, womit man es durchaus in einem Parlament wie hier dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern zu tun hat, denn es ist auch unsere Lebenswirklichkeit in diesem Land. Das vielleicht vorweg.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich an der Stelle auch deutlich sagen, wenn man tatsächlich sieht, dass es Veränderungsprozesse gibt – Herr Minister Glawe hat ja eben auch darauf hingewiesen, dass es ein neues Verpackungsgesetz gibt, das im Jahr 2019, An

fang 2019, in Kraft treten soll –, dann muss man natürlich fair sein im Umgang. Jetzt meine ich nicht fair im Umgang mit uns, sondern fair mit solchen gesetzlichen Entwicklungen, indem man sieht, wie sich das denn überhaupt entwickeln kann.

Wenn ich mir die Zielstellung dieses neuen Verpackungsgesetzes angucke, dass auf der einen Seite beispielsweise bei der Müllreduzierung darauf rekurriert wird, dass es weniger pfandfreie Verpackungen geben soll, dass tatsächlich stärker noch, als ohnehin schon vorhanden, eine Kreislaufwirtschaft im Bereich Abfall mit dem Ziel der Wiederverwertung von Materialien betrieben werden soll, dass natürlich insbesondere Industrie und Handel miteinbezogen werden sollen durch eine neue, zentral zu schaffende Stelle, um auch das Marktverhalten dieser am Wirtschaftsleben beteiligten Produktverantwortlichen besser steuern zu können, sind das im Endeffekt ja zumindest, wenn ich mal die Ziffer II, Nummer 1 außen vor lasse, wo Sie sagen, „sich auf Bundesebene für konkretere gesetzliche Vorgaben für Verpackungen einzusetzen“, die beiden Ziffern, die dann folgen, wo bei Ihnen ausgeführt wird, dass „unter Einbeziehung des Handels und der Produzenten“ mehr in Richtung Abfallvermeidung getan werden soll und dass darauf hingewirkt werden soll, dass „das duale System“ insgesamt „mehr ökologisch“ oder ökologischer ausgerichtet werden soll. Mehr ökologisch ist dann ja nicht richtig, vom Ausdruck her.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bei allem Respekt dafür, dass dieses Thema heute von Ihnen hier angesprochen wird – es steht mir überhaupt nicht zu, das hier in Abrede zu stellen, das ist Ihr gutes Recht, ich habe ja eben auch schon deutlich gemacht, dass ich das durchaus für angemessen halte, wenn man diese Fragen auch hier im Landtag thematisiert –, glaube ich schon, dass man auf der anderen Seite sagen muss, dass, wenn es schon neue gesetzliche Veränderungen auf Bundesebene gegeben hat, vielleicht darauf geachtet werden muss, wie die tatsächlich umgesetzt werden.

Wenn es dann Defizite gibt, die es unter Garantie geben wird, Frau Kollegin Bernhardt – es wäre das erste Mal, gerade im Bereich der Abfallwirtschaft, wo es keine Defizite hinterher geben sollte –, wäre es vielleicht der sinnvollere Weg, wenn wir 2019, sagen wir mal, Ende 2019, sehen, wie das Gesetz umgesetzt wird. Dann kann man darüber diskutieren, welche konkreten Defizite vorhanden sind und wie sich möglicherweise – das ist ein bisschen die Hoffnung, die ich habe, dann komme ich auch wieder zum Anfang meines Redebeitrages zurück –, wie sich möglicherweise das Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher vor dem Hintergrund zum Beispiel einer entsprechenden gesetzlichen Veränderung tatsächlich geändert hat.

Wir müssen uns, glaube ich, über eines nicht streiten, sehr geehrte Frau Kollegin Bernhardt: Wir können die Gesetze noch so toll machen, wir als Kunden, als Verbraucher sind diejenigen – und ich gehe regelmäßig einkaufen, mein Fraktionsvorsitzender hat mich eben gefragt, ob ich zu denjenigen gehören würde, die einkaufen gehen, ja, ich bin auch mit derjenige, der einkaufen geht –, die selber das eigene Einkaufsverhalten betrachten. Wir haben auf der einen Seite beim Discounter die lose liegenden Äpfel – bio oder nicht –, die wir einfach in die Tasche packen können, und wir haben daneben Vierer- oder Sechserpacks, die in Plastikfolie einge

schweißt sind. Es ist letztendlich unsere Entscheidung – das muss man ganz deutlich sagen –, es ist unsere Entscheidung als Verbraucher, was wir nehmen.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist gut, dass das hier thematisiert worden ist, das ist überhaupt nicht die Frage, aber dann wäre nach meiner persönlichen Meinung der nächste Schritt, tatsächlich zu schauen, wie wirkt sich die Verpackungsverordnung, das neue Verpackungsgesetz beim Kunden aus. Wenn man sieht, dass da Defizite sind, sollte man am konkreten Gesetz nachsteuern und nicht bereits im Vorfeld sagen, das und das muss jetzt alles noch kommen, ohne dass man weiß, wie sich die Novellierung, das neue Gesetz, tatsächlich auswirkt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Borschke.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrtes Präsidium!

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Linkspartei, Ihren Antrag müssen wir leider ablehnen. Dies geschieht aber nicht, weil wir das Problem Müll ignorieren oder nicht erkannt haben,

(Vincent Kokert, CDU: Ignorieren geht nicht!)

im Gegenteil: Wir wollen auch nicht, dass Ihr Antrag im Reißwolf oder im Müll landet, allein schon deshalb, weil wir die Arbeit aller Kollegen achten in diesem Landtag. Außerdem gehört auch so ein wichtiges Thema wie der Müll auf die Tagesordnung. Wir halten das für ein weltweites Problem, das unbedingt einer Lösung bedarf, meine Damen und Herren. Ihr Antrag jedoch löst das Problem nicht, im Gegenteil, er geht am Problem vorbei und ist eventuell geeignet, neue Probleme zu schaffen.

Ein Einwohner in Deutschland verursacht circa 37 Kilogramm Plastikmüll im Jahr. Damit liegen wir mit 5 Kilogramm über dem Durchschnitt der EU. Allerdings sind wir ein Spitzenreiter, wenn es um die Wiederverwertung von Abfall geht. In Deutschland liegt die Wiederverwertung bei 51 Prozent. Der Durchschnitt in der EU liegt bei 40 Prozent.

Sie stellen in Ihrem Antrag fest, eine große Anzahl der Verbraucher findet, die Lebensmittel sind zu umfangreich verpackt. Da können wir zustimmen. Allerdings sind es ja – das wurde hier auch schon mehrfach erwähnt – die Verbraucher, die letztendlich mit ihrem Kaufverhalten darüber entscheiden. Es ist natürlich Unfug, wenn einzelne Discounter die Plastiktüten aus ihrem Sortiment verbannen, aber dafür jede Mohrrübe einzeln verpacken.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Aber dem Antrag, so, wie er uns heute vorliegt, können wir nicht zustimmen. Viele Formulierungen sind zu ungenau und es ist nicht zu erkennen, was Sie damit erreichen möchten. Sie schreiben zum Beispiel: Die Landesregierung soll „sich auf Bundesebene für konkretere gesetzliche Vorgaben für Verpackungen“ einsetzen, oder die Landesregierung wird aufgefordert, „darauf hinzuwirken, das duale System mehr ökologisch auszurichten“.

Mit dem neuen Verpackungsgesetz, das am 01.01. in Kraft tritt, müssen sich zum Beispiel die Onlinehändler mehr an den Kosten für die Entsorgung sowie an der Verwertung des Verpackungsmülls beteiligen. Wenn sie sich nicht daran beteiligen oder nicht der Behörde melden, wie viele Verpackungen sie verwenden, dann müssen die Händler eine hohe Strafe bezahlen. Das bedeutet mehr Kosten und Bürokratieaufwand für die Händler.

Sie möchten das duale System mehr ökologisch ausrichten. Das kann ja nur bedeuten, weniger Verpackung, aber Mehrkosten für die Händler. Im Discounter können nur wenige Produkte ohne eine zusätzliche Verpackung verkauft werden. Im Onlinehandel ist dies ganz undenkbar. Welcher Paketbote kann schon die Ware lose befördern? Es spielt nicht nur die Ladungssicherung eine wichtige Rolle, auch die Sicherheit der Produkte. Wie würden sonst die Produkte beim Kunden ankommen, wenn sie nicht verpackt sind? Im Discounter spielen unter anderem die Hygiene und die Kennzeichnung der Lebensmittel eine wichtige Rolle. Schauen Sie doch bitte auch mal in die Hygienevorschriften! Ohne Verpackung ist es schwierig mit der Kennzeichnung von Lebensmitteln. Die Einhaltung der Hygienevorschriften wird problematisch und das Einkaufen beim Discounter kann dann mitunter abenteuerlich werden.

Ich möchte auch daran erinnern, in vielen Discountern gibt es, wenn Sie zum Beispiel an den Gemüsestand gehen, oftmals keinen Spuckschutz.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Was für ein Ding?)

Spuckschutz, das kennen Sie nicht? Das ist in der Hygiene vorgeschrieben. Wenn Sie zum Beispiel einen Verkaufsstand, einen Imbiss haben, dann haben Sie einen Spuckschutz vorzuhalten.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ich habe es nur nicht verstanden, Herr Borschke. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Wenn dann noch das Produkt mehrfach in die Hand genommen wird, haben wir ein starkes Hygieneproblem.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Aber das haben wir bei Verpackungen auch?!)

Ja, die Verpackung schmeißen Sie doch hinterher weg.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ja, und Äpfel wasche ich, also egal. Es ist doch egal, ob wir eine Verpackung haben oder nicht. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das Hauptproblem löst Ihr Antrag nicht, das ist nämlich der Export von Müll in Drittstaaten. Die Abfälle werden sehr häufig in Entwicklungs- und Schwellenländer verschifft, denn dort kann die Fracht illegal und günstig entsorgt werden. Der Müll, der oft giftige Schwermetalle enthält, verseucht den Boden und die Flüsse, denn diese Länder sind oft mit den Mengen an Müll überfordert, ihnen fehlen Müllverbrennungsanlagen und das nötige Know-how zur Abfalltrennung. Wichtig wäre hier auch, eine Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema Müll zu erreichen.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Steht drin.)

Wir wundern uns und schimpfen, wenn in diesen Ländern die Flüsse verdreckt sind. 90 Prozent der Verschmutzung werden durch zehn Flüsse verursacht. Jangtse, Indus und Gelber Fluss führen die Liste an. Hier ist die Bundesregierung gefragt. Die Länder müssen aufgefordert und unter Druck gesetzt werden, keinen weiteren Müll in Drittstaaten zu exportieren.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Waldmüller.