Protocol of the Session on March 14, 2018

Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1890 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BMV, bei Stimmenthaltung der Fraktion der AfD angenommen.

Jetzt bin ich etwas im Konflikt. Ich muss mich noch mal an die Fraktion der AfD richten. Das ist ein formeller Antrag auf Überweisung des Änderungsantrages oder des Ursprungsantrages?

(Nikolaus Kramer, AfD: Des Ursprungsantrages. – Zuruf aus dem Plenum: Nur desÄnderungsantrages.)

Da wir jetzt aber den Ursprungsantrag schon mehrheitlich geändert haben, werde ich jetzt erst mal über die Überweisung abstimmen lassen.

Ist das jetzt ein Antrag, Herr Schulte? (keine Zustim- mung)

(Marc Reinhardt, CDU: So machen wir das.)

Wir haben erst mal dem Änderungsantrag zugestimmt. Jetzt gab es einen Antrag der Fraktion der AfD, den Antrag auf Drucksache 7/1819 in diesem Fall mit den soeben beschlossenen Änderungen in den zuständigen Ausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag auf Überweisung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/1819, der soeben auch geändert wurde, mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BMV, bei Zustimmung der Fraktion der AfD abgelehnt.

Da jetzt noch die Frage kam, in welchen Ausschuss wir es denn überweisen wollen, wenn wir das hätten überweisen können und es auch getan hätten,

(Torsten Renz, CDU: Den zuständigen.)

hätten wir es zuständigkeitshalber in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überweisen müssen.

(Jochen Schulte, SPD: Wenn wir das vorher gewusst hätten!)

Da sich das jetzt erledigt hat, kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/1819 mit den soeben beschlossenen Änderungen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/1819 mit den soeben beschlossenen Änderungen mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BMV, bei Stimmenthaltung der Fraktion der AfD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Aussprache gemäß Paragraf 43 Ziffer 2 der Geschäftsordnung des Landtages zum Thema „Mehr Wertschätzung für unsere Landwirte“.

Aussprache gemäß § 43 Ziffer 2 GO LT zum Thema Mehr Wertschätzung für unsere Landwirte

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Fraktion der AfD hat das Wort der Abgeordnete Herr Kröger.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Präsidium! Werte Anwesende! Wir haben uns dieses Thema ausgesucht, weil es ein ernstzunehmendes Thema ist, und ich denke, darüber sind wir uns alle einig, dass eine gewisse Ernsthaftigkeit hier angebracht ist, wenn wir darüber reden.

(Thomas Krüger, SPD: Da hätte ich gedacht, das wäre bei allen Tagesordnungspunkten nötig.)

Ja, manchmal habe ich den Eindruck, dass der eine oder andere hier im Hohen Haus das nicht ganz so ernst nimmt.

(Jochen Schulte, SPD: Sie dürfen nicht über Ihren Fraktionsvorsitzenden herziehen. – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Es geht um das wichtige Thema des öffentlichen Ansehens unserer Landwirtschaft und unserer Landwirte.

Es ist schon seit vielen Jahren eine Debatte im Gange, die in eine Richtung Fahrt aufgenommen hat, die wir für falsch halten. Exemplarisch möchte ich nur anführen, dass auch bei uns im Land seit einigen Wochen mehrere Dutzend Landwirte Anzeigen im Zusammenhang mit der Ausbringung von Gülle- und Gärresten erhielten, Anzeigen von Bürgern, die der Ansicht waren, dass die Landwirte hier etwas Verbotenes tun. Wie es dazu kam, ist recht einfach zu erklären. Eine Pressemitteilung des Ministers hat hier wahrscheinlich für Irritationen gesorgt. Daraus folgte dann, dass in Stammtischmanier sich einige Bürger gemüßigt fühlten, für Recht und Ordnung zu sorgen.

(Thomas Krüger, SPD: Wenn ich die Kommunikation Ihrer Partei höre!)

Wie sich herausstellte, waren von 67 Anzeigen letztendlich nur 3 im Ansatz begründet. Aber das dürften Sie, Herr Minister, mit den Landwirten selbst erörtern.

Allein dieser Vorfall soll nun zum Anlass genommen werden, uns generell einmal Gedanken darüber zu machen, wieso die Landwirte heute immer stärker in die Kritik der Öffentlichkeit geraten. Grundsätzlich ist anzumerken, dass in dieser Debatte etwas Sachlichkeit und Ehrlichkeit angebracht sind und dass das auf jeden Fall sehr gut täte.

Meine Damen und Herren, ich möchte mit einigen Fakten anfangen. Wenn wir uns einmal die vergangenen 50 Jahre anschauen, so können wir feststellen, dass unsere Flüsse und Bäche noch nie so sauber waren wie heute. Rund 50 Prozent unserer Landesfläche sind als Natur- und Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen, mit entsprechend hohen Auflagen im Bereich Umwelt und Naturschutz. So mancher Vertreter der älteren Generation wird sich noch daran erinnern, wie Schaumkronen auf den Flüssen schwammen und wie man in den Seen und Flüssen keine Fische mehr fangen konnte.

Auch in den 70er-Jahren haben die Ökobewegten unseren Wald totgesagt und wir müssen feststellen, er ist in einem sehr guten Zustand. Dank umsichtiger Bewirtschaftungsmaßnahmen zur Rückkehr der jahrhundertealten Nachhaltigkeitsgedanken erholen sich unsere Waldbestände zusehends und bieten ihren angestammten Bewohnern aus der Tierwelt wieder ausreichend Lebensraum, sogar bis hin zum Wolf. Aber das ist heute nicht das Thema. Trotz aller Panikmache, besonders aus dem links-grünen Lager von Nichtregierungsorganisationen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: „Versifft“ haben Sie vergessen! „Versifft“ haben Sie vergessen!)

weisen auch unsere Lebensmittel kaum noch Rückstände und Fremdstoffbelastungen auf. Trotz ständig verbesserter analytischer Methoden und Gerätetechnik verzeichnen wir hier Rückgänge, was Belastungen anbelangt. Wir stellen also fest, wir fangen nicht bei null an bei diesem Thema, auch wenn gern suggeriert wird, dass es so schlimm wie heute noch nie gewesen sei.

Meine Damen und Herren, die öffentlich geführten Debatten in diesem Bereich nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ sind unangebracht, falsch und unehrlich obendrein. Wenn wir es mal ganz nüchtern betrachten, ist es gesellschaftsfähig geworden, auf einem sehr hohen Niveau zu jammern und zu wehklagen. Gern werden auch mithilfe der Medien Themen derart aufgebauscht, dass am Ende ganze Berufsstände pauschal in Misskredit gebracht werden. Diese Unkultur der öffentlichen Herabwürdigung hat sich teilweise verselbstständigt, dass sie sogar Züge eines gesamtgesellschaftlichen Phänomens anzunehmen droht, denn neben den Landwirten, über die wir heute reden, sind Polizisten, Rettungskräfte und Lehrer unter anderem auch betroffen. Aber hierüber haben wir schon in früheren Debatten geredet.

Meine Damen und Herren, es ist durchaus symptomatisch, dass die lautesten Rufe nach einer sogenannten Agrarwende von jenen kommen, denen es wirtschaftlich am besten geht in diesem Land. Das sind übrigens meistens Wähler der GRÜNEN-Partei. Ein kleiner Gedanke an dieser Stelle: Vielleicht sollte man das Wahlergebnis der GRÜNEN als Indikator für den Wohlstand einer Re

gion nehmen. Was das für unser Bundesland bedeuten würde, können Sie sich ja selbst herleiten. Wir haben es im Grunde also mit einer sogenannten Vollen-BauchDiskussion zu tun, allerdings auf Stammtischniveau. Wer jeden Tag ausreichend Lebensmittel zu Spottpreisen zur Verfügung hat, der regt sich gern über die Art und Weise der Nahrungserzeugung auf,

(Thomas Krüger, SPD: Wer diskutiert denn da? Bisher haben Siees ja nicht konkret gemacht.)

weil er es sich leisten kann.

(Thomas Krüger, SPD: Wer diskutiert denn da? Die Medien oder die Menschen?)

Nun sind nicht die Einwände grundsätzlich verkehrt, es gibt viele Baustellen im Bereich der Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung, die es noch zu verbessern gilt, sei es in Teilen des Landes – ich betone „in Teilen“ –, wo grenzwertige Zustände einiger Grundwasservorkommen oder auch die Art und Weise der Tierproduktion zu kritisieren sind. Aber hier sei noch einmal gesagt, wir fangen nicht bei null an. Seit Jahrzehnten investiert unsere Landwirtschaft in neue Technik. Die Ausbringung von Wirtschaftsdünger wird immer emissionsärmer. Hochmoderne Pflanzenschutzspritzen sorgen für eine äußerst präzise Mittelanwendung bei Minimaldosierung und die zunehmende Digitalisierung eröffnet weitere Spielräume in diesen Bereichen,

(Thomas Krüger, SPD: Da sind wir uns einig.)

die uns noch mehr Umwelt- und Naturschutz durch die Landwirte ermöglichen.

Dass das aber nicht von heute auf morgen passiert, hängt mit einfachen Grundsätzen wirtschaftlicher Investitionen zusammen. Es heißt nämlich Landwirtschaft. Der Landwirt ist ein Unternehmer. Er produziert für einen Markt, der ihm einen Preis diktiert, und dieser ist nicht gerade hoch, teilweise nicht einmal auskömmlich. So muss er mit einem möglichst hohen Ertrag bei optionalem Einsatz von Betriebsmitteln arbeiten. Aus seinem Gewinn zahlt er seine Reinvestitionen. Wer sich einmal mit den Preisen für moderne Agrartechnik beschäftigt, weiß, dass wir da nicht über Kleinigkeiten reden. Wir hatten gerade die Sauenhalter, die uns erzählt haben, was so eine Umstellung jetzt kostet.

Wenn nun eine Gesellschaft immer höhere Ansprüche stellt, dann muss sie auch bereit sein, diese entsprechend zu bezahlen, denn nur so können die Investitionen in mehr Tier- und Umweltschutz sowie Naturschutz am Ende getragen werden, und nebenbei pflegen und prägen die Landwirte auch noch unsere Kulturlandschaft. Aber dieses Anspruchsdenken bleibt eine Illusion, solange es eine große Diskrepanz bei den Verbrauchern zwischen dem Bekenntnis für Bioprodukte und dem tatsächlichen Kaufverhalten gibt. Der Markt fordert derzeit in höchstem Maße zu weit mehr als 35 Prozent Produkte aus konventioneller Erzeugung, meine Damen und Herren.

Die moderne Landwirtschaft hat nicht mehr viel mit der Bauernhofidylle aus dem Wimmelbuch zu tun. Aber seien

Sie versichert, kein Landwirt geht in den Stall, um vorsätzlich seine Tiere zu quälen, oder bringt Gülle aus oder Gärreste, um die Nachbarn zu belästigen, um Oberflächengewässer zu eutrophieren und das Grundwasser zu vergiften. Alles Tun hat seine Zeit und seine Gründe, denn Landwirte sind Gefangene eines Regel- und Subventionsnetzes, das seinen Ausgangspunkt in Brüssel hat und in den entsprechenden Landesgesetzen und Regelungen seinen Niederschlag findet.

Ich möchte hier nur die Schlagworte „Bioenergie“ und „Biosprit“ nennen. Dies ist ein System der bürokratischen Regulierung, das nicht unbedingt auf Angebot und Nachfrage basiert, sondern zu einer nahezu vollständigen Fremdsteuerung eines gesamten Berufszweiges führt. Bei Änderung des Regelwerkes besteht dementsprechend auch der Zwang zur Anpassung, selbst wenn die Refinanzierung der Investitionen der vorhergehenden Änderung nicht einmal abgeschlossen ist. In kaum einem Berufszweig besteht aufgrund sich ständig ändernder Vorschriften, Rahmenbedingungen und Regelungen mehr Rechts- und Investitionsunsicherheit als in der Landwirtschaft. Nur muss das auch den Menschen entsprechend vermittelt werden und damit kann man gar nicht früh genug anfangen, am besten schon im Vorschulalter.

Sehr geehrter Herr Minister Backhaus, auf dem Bauerntag des Bauernverbandes in Bützow sagte ein Landwirt, er könne seinen Kindern nicht mehr empfehlen, in seine Fußstapfen zu treten. In Pritzier habe ich Ähnliches am Tisch vernommen, als der Bauernverband tagte. Die Aussagen dieses Inhaltes nehmen zu. Das sollte uns zu denken geben, denn mehr als jeder andere Berufsstand ist der Bauer mit seiner Scholle verbunden, auf der die Familien teilweise seit Jahrhunderten wirtschaften, und die bäuerliche Familie gibt ihre Existenzgrundlage nicht so leichtfertig auf. Es sind also die äußeren Umstände, wie Bürokratie und fehlgeleitete Diskussionen, die zusammen mit den Diffamierungen dieses Berufsstandes dazu führen, dass die Menschen zunehmend in Hilflosigkeit verzweifeln. Das dürfen wir nicht weiter zulassen. Dafür werben wir hier heute, dafür haben wir diese Debatte angeschoben.

Ich gehe davon aus, dass wir viele Sachen vielleicht noch mal in den Worten des Herrn Ministers hören werden, die ich eben schon angesprochen habe. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich die Eingangsrede gehört habe, habe ich gedacht, wenn man schon eine ganze Weile in der Verantwortung steht, ist man gespannt, was nun wohl kommt. Ich bin erst mal dankbar, dass das in einer relativ sachlichen Form stattgefunden hat. Auf der anderen Seite muss ich Ihnen sagen, wenn man Landwirt mit Leidenschaft ist – und ich habe das mit großer Leidenschaft betrieben und betreibe es heute noch –, dann ist es natürlich so, dass heute in der Landwirtschaft, in der Ernährungswirtschaft jeder mitreden kann, jeder ganz genau weiß, wie man es am besten macht, aber wir generell die Tendenz feststellen

müssen, dass sich die allgemeine Bevölkerung von dem Thema Landwirtschaft weitestgehend entfernt. Das ist eine Situation, die nicht gut ist, und deswegen haben wir zum Teil emotionale Entwicklungen, wo man sicherlich auch sagen muss, wir wünschen uns sehr, dass die Landwirtschaft insgesamt wieder mehr wertgeschätzt wird,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

denn unterm Strich ist eins vollkommen klar: 365 Tage im Jahr hochwertigste Lebensmittel zur Verfügung zu haben, ist für weiteste Kreise der Weltbevölkerung heute nicht selbstverständlich.