Protocol of the Session on January 26, 2018

Ein weiteres Beispiel: Der „Wut“-Song der Band aus M-V „Feine Sahne Fischfilet“, in dem vom Hass auf Polizisten gesungen wird. Ich zitiere:

„Und der Hass – Der steigt! Und unsere Wut – Sie treibt! Unsere Herzen brennen...“

Zitatende. Abgesehen von der Holprigkeit des Reimes, aber was mich besonders irritiert, ist, dass diese Band mit real gewalttätigen Mitgliedern, was 2011 zur Be

obachtung durch den Verfassungsschutz führte, von der Ministerpräsidentin in der Vergangenheit durch Besuche von Veranstaltungen mit dieser Band gewürdigt wird und diese fragwürdigen Vorbilder in der OZ ganzseitig als Kämpfer gegen rechts hofiert werden. Das mag deutlich machen, wo kulturelle Probleme in unserer Gesellschaft zu verorten sind. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Stamer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wir schon gehört haben, hat die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald sich entschieden, ihren Namen zu ändern. Eine entsprechende Änderung der Grundordnung der Universität fand im erweiterten Senat eine deutliche Mehrheit von 27 : 8 Stimmen.

Nur kurz zum Hintergrund: Eine Änderung der Grundordnung der Universität erfordert eine Genehmigung seitens des Bildungsministeriums. Diese ist noch ausstehend. Das Landeshochschulgesetz steckt hierfür den Rahmen ab. Es steht einer Hochschule frei, über ihren Namen zu entscheiden, wenn der Name der Stadt als einzige Bedingung im Namen der Hochschule enthalten ist.

Vor knapp einem Jahr haben wir hier im Landtag dieses Thema bereits behandelt. In der Sitzung vom 08.03.2017 haben wir einen Antrag abgelehnt, der eine Beibehaltung des Namenszusatzes Ernst Moritz Arndt forderte. Den damaligen Antrag habe ich mit Verweis auf das Landeshochschulgesetz und die grundgesetzlich geschützte Hochschulautonomie abgelehnt, da dies eine unzulässige Einmischung in die Angelegenheiten der Universität darstellt.

Dieser Antrag befürwortet im ersten Teil nun eine Namensänderung. Konsequenterweise müssen und werden wir diesen aktuellen Antrag aus derselben Argumentation heraus ablehnen. Es ist immer noch der Fall, dass das zuständige gewählte Gremium der Universität eine demokratische Entscheidung getroffen hat, zu der sie auch berechtigt ist. Solange die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Namensänderung eingehalten werden, ist es Sache der Universität Greifswald, über ihren Namen selbst zu entscheiden.

Im zweiten Teil beinhaltet dieser Antrag von Ihnen die Aufforderung, dass sich die Mitglieder des Landtages und der Landesregierung in einer bestimmten Art und Weise verhalten sollen. Dies halte ich bei frei gewählten Abgeordneten ebenfalls für fragwürdig.

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Mag man die angesprochenen Aussagen auch für falsch und völlig unangemessen, gefährlich für den Frieden der Region und gegebenenfalls hetzerisch halten, darf jeder Abgeordneter noch frei seine Meinung äußern.

Zu Ihnen, Herr Jess.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD)

Ja, das ist richtig.

Ziehen Sie aus Ihren Vorschlägen doch die Konsequenz und fordern Sie eine Änderung des Landeshochschulgesetzes und damit dann auch gleichzeitig eine Änderung des Artikels 5 Absatz 3 des Grundgesetzes, der die Forschung, Lehre und Wissenschaft als frei bezeichnet!

(Dr. Gunter Jess, AfD: Wir wollen darauf bestehen, dass es so bleibt.)

Dann tun Sie das, das wäre auf jeden Fall konsequent. Ich finde es nicht sehr konsequent, jetzt über diese Entscheidung der Universität zu debattieren, weil es Sache der Universität ist.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Die SPD-Fraktion wird den Antrag aus den genannten Gründen ablehnen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Für die Fraktion der BMV hat jetzt das Wort Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die BMVFraktion wird den Antrag ablehnen. Die Umbenennung war ein Fehler, sicherlich formal korrekt, wie Kollege Kolbe ausgeführt hat. Das heißt aber trotzdem noch nicht, dass man die Entscheidung richtig fand, das heißt nur, dass hier ein struktureller Fehler im Hochschulrecht vorliegt. Die Frage ist also, welche Schlussfolgerung zieht man. Sagt man einfach, okay, es ist formal so passiert und damit ist das sozusagen das Ende der Fahnenstange, oder überlegt man, ob sich daraus Handlungsbedarf ergibt?

Wir sind der Meinung, dass nur das Land selbst über den Namen seiner Universität entscheiden soll. So, wie es sich für eine gute Universität gehört, zieht sie Studenten und Professoren aus aller Herren Länder an. Studenten und Professoren kommen und gehen, die Universität bleibt in Mecklenburg-Vorpommern. Es ist eine Universität des Landes Mecklenburg-Vorpommern, deshalb sollte das Land den Namen bestimmen. Es geht eben nicht – um auf meinen Vorredner einzugehen – um Fragen der inneren Selbstverwaltung oder der Freiheit von Forschung und Lehre. Ich finde das fraglich. Man müsste zumindest mal gründlich prüfen, ob es tatsächlich so ist, dass es grundgesetzlich untersagt ist, die Namensregelung anders zu machen.

(Dirk Stamer, SPD: Das habe ich nicht gesagt.)

Das würde ich jetzt jedenfalls noch nicht so fest behaupten, dass das ein Problem ist.

Ich will dazu einmal ein Bild bemühen, zur Namensgebung. Das ist eine Universität des Landes MecklenburgVorpommern und so sind es auch die Eltern, die ihren Kindern den Namen geben und nicht die Erzieher, die sich tagsüber um die Kinder kümmern und selbst die inneren Abläufe der Kindertagesstätte organisieren. Wenn Eltern ihren Max morgens in die Kita bringen, wollen sie ihn auch nicht nachmittags als Moritz wieder abholen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Überhaupt ist die Namensgebung stets mehr als ein Verwaltungsakt. Namen sind Ausdruck von Identität und sie stiften Identität. Die Universität befindet sich doch nicht im luftleeren Raum, sie lebt in einer Stadt, in einer Region, in einem Land. Es gibt starke Wechselwirkungen in wirtschaftlicher, kultureller und politischer Hinsicht. Der Antrag greift also zu kurz. Es ist nicht nur die Entscheidung des Senats der Universität zu respektieren, es ist auch der Wille der betroffenen Bevölkerung, insbesondere in Vorpommern, zu respektieren. Um diesen hat sich der Senat der Universität nicht geschert.

Auf der anderen Seite – und das möchte ich zum Schluss noch mal sagen – sollte man die Kirche auch im Dorf lassen. Das Renommee einer Universität hängt nicht in erster Linie von ihrem Namen ab. Das ist für mich auch ein entscheidender Punkt. Viel wichtiger sind die Qualität von Forschung und Lehre: Wird die Universität international in den verschiedenen Wissenschaftsbereichen als ebenbürtiger Partner anerkannt? Leuchten die Augen in den Personalabteilungen der Unternehmen und Behörden, wenn sich jemand als Absolvent der Universität Greifswald vorstellt? Ist es für Lehrende und für die Studenten attraktiv, in Greifswald zu lehren oder zu studieren?

Hierzu zählt ein vielfältiges Studienangebot. Eine reine Fachhochschule, etwa für Medizin, ist für eine Universitätsstadt unattraktiv. Fatal ist nach wie vor etwa die Schließung des Sportinstituts der Universität – eine verhängnisvolle Fehlentscheidung, die sich insgesamt auf alle Fachbereiche der Universität auswirkt. Oder: Um im eigentlichen Antragsthema der Identität zu bleiben, ist nach wie vor die Abschaffung des Lehrstuhls für Pommersche Geschichte im Jahr 2013 zu kritisieren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Gerade dieser Lehrstuhl wäre ja nun prädestiniert dafür, die Arndt-Debatte wissenschaftlich zu begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV – Bernhard Wildt, BMV: Sehr richtig!)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Schlupp.

(Tilo Gundlack, SPD: Nicht so doll!)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Äußerungen von Herrn Kolbe in der vergangenen Woche zum Abstimmungsergebnis des Senats der ErnstMoritz-Arndt-Universität Greifswald war dieser Dringlichkeitsantrag wenig überraschend. Sie springen hier unter dem Deckmantel der hochschulautonomen Demokratie auf eine Debatte auf, deren Tragweite Sie mit diesem Antrag offensichtlich nicht durchdrungen haben. Und Sie machen es sich ganz entschieden zu einfach: Wenn Sie von einer demokratischen Entscheidung des Universitätssenats sprechen, ist dies nur auf den ersten Blick richtig. Wenn 27 von 35 Senatoren sich für die Ablegung des Namens am letzten Mittwoch aussprechen, dann ist das zunächst ein hochschulinterner Vorgang, den ich zwar akzeptiere, aber dennoch für grundfalsch halte.

Und wir dürfen die Abstimmung auch gerne unter Demokratiegesichtspunkten bewerten. Nach meiner Einschät

zung wurde der weitestgehende Antrag zur Umbenennung abgelehnt, und nachdem die Ablegung des Namens abgelehnt wurde, wurde darüber abgestimmt, wie der Namen denn nun abgelegt werden soll. Aus meiner Sicht ein bizarres Vorgehen. Ob dies so zulässig ist, das stelle ich zumindest infrage,

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD)

zumindest, wenn man sich die praktischen Umsetzungsprobleme anguckt. Als ehemalige Studentin dieser stolzen Universität sage ich Ihnen, Ernst Moritz Arndt und die Universität Greifswald gehören für meine Fraktion und für mich zusammen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD)

Ganz persönlich sage ich Ihnen, als ehemalige Studentin habe ich ein sehr enges Verhältnis zur Ernst-MoritzArndt-Universität Greifswald. Mit der Universität Greifswald verbindet mich so viel wie mit jeder anderen Universität in Deutschland.

Wenn Sie mit demokratischen Verfahren argumentieren, dann, denke ich, nehmen Sie bitte auch das Ergebnis der Urabstimmung aller Universitätsangehörigen vom Dezember 2017 zur Kenntnis. Mehrheitlich, und zwar mit knapp 49 Prozent der teilnahmeberechtigten Mitglieder, sprachen sich diese für die Beibehaltung des Namens Ernst Moritz Arndt aus. Diese Tatsache ignorieren Sie in Ihrem Antrag.

Sie ignorieren ebenfalls, dass die Mehrheit der Greifswalder Bevölkerung und der Region den Namen Ernst Moritz Arndt behalten möchte. Für mich und viele andere der Region gehört er einfach zu uns. Arndt ist ein Kind der Region und hat selbst an der Universität Greifswald gelehrt. Sicher ist Arndt in seiner historischen Würdigung streitbar. Dennoch ist Geschichte – und das haben wir hier schon mehrfach gehört – immer im zeithistorischen Kontext zu betrachten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und AfD)

Insofern ist diese Diskussion aus meiner Sicht müßig, da Arndt als Schriftsteller, freiheitlicher Denker seiner Zeit und als Kind Vorpommerns von großer regionalhistorischer Bedeutung ist.

Die Entscheidung des Senats steht jedenfalls isoliert für sich und leider nicht für einen Annäherungsprozess zwischen den Befürwortern und den Gegnern der Namensänderung. Im Gegenteil, die jetzige Entscheidung ist in der praktischen Umsetzung vollkommen untauglich, da nicht klar ist, wann der Namenszusatz Ernst Moritz Arndt geführt werden darf und wann nicht. Die daraus resultierenden Rechtsfolgen, zum Beispiel die Benennung auf Studienabschlüssen, sind völlig unklar.

Ohne Zweifel haben diese Debatte und die Entscheidung des Senats zu einer Beschädigung des hochschulakademischen Standorts Greifswald geführt.