Das Hogan-Paper bleibt aber in seinen Grundzügen der künftigen GAP ziemlich im Vagen. Und das sage ich durchaus in Anführungsstrichen. Klar ist lediglich, dass es nicht bei den bisherigen gemeinsamen agrarpolitischen Zielen bleiben wird und auch nicht bei den bisherigen gemeinsamen Möglichkeiten, weder finanziell noch inhaltlich. Das ist nicht nur den Auswirkungen des Brexit geschuldet, der ja per se eine Verkleinerung des EUHaushaltes bewirkt. Frau Aßmann hat das vertieft, das brauche ich also nicht zu wiederholen.
Europaweit ist der öffentliche Druck gewachsen, die Agrarpolitik weiter zu ökologisieren, für bessere soziale Bedingungen der Landwirte und der Beschäftigten zu sorgen, Boden, Luft, Wasser besser zu schützen und mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft durchzusetzen. Wer es sehen wollte, dem war es lange schon klar, dass die europäische Bevölkerung nicht mehr bereit ist, Milliarden Euro öffentlicher Gelder an Direktzahlungen zu leisten, ohne dass sich im Gegenzug die Art und Weise der Landwirtschaft ändert, dafür zu zahlen, dass immer mehr kleinere und kleinste Landwirtschaftsbetriebe verschwinden, riesige Anlagen in der industriemäßigen Tierproduktion in Europa mit gravierenden Folgen für Mensch, Tierwohl und Umwelt entstehen und riesige Agrarkonzerne die Gewinne einstreichen, während die Lebensbedingungen im ländlichen Raum nicht besser werden und eine zunehmende Fixierung auf die Urbanisierung des Lebens stattfindet.
Meine Damen und Herren, wenn Sie genau zugehört haben, wenn ich das so sage, dann rede ich nicht über die Anzahl der Tiere im Stall, sondern über die permanente Konzentration des Kapitals in immer weniger Händen, vor allem außerhalb der Landwirtschaft. Und wenn ich das so sage, dann nicht, weil ich glaube, dass man mit Urban Gardening oder anderen Strategien die Welt retten könnte, denn das geht wirklich an der Realität vorbei. Die zukünftige GAP muss für die Menschen in Europa transparenter, praktikabler, ökologischer, umwelt- und ressourcenschonender, menschenfreundlicher, tiergerechter, sozialer, nachhaltiger und gerechter werden.
Deshalb findet meine Fraktion es gut, dass im Dezember aus dem Hause Backhaus Vorschläge an die GAP nach 2020 unter dem Titel „Veränderungen anschieben“ vorgelegt wurden. Ja, es war ein Alleingang des Agrarministeriums, ein Alleingang des Agrarministers, genauer gesagt, der sich mit diesem Papier vielleicht auch etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte, oder vornehmlich, ich weiß es nicht, aber es sind Vorschläge aus Mecklen
Herr Backhaus, das könnte man kritisieren, diesen Alleingang, wenn man sich übergangen fühlt, aber über Gefühle reden wir hier nicht.
Reflexartig kamen sofort Proteste und Unverständnis vom Koalitionspartner und aus den Reihen des Bauernverbandes. Vorwürfe, dass diese Vorschläge ohne Absprache vorgelegt wurden, kann ich nachvollziehen, aber weder von der CDU – deutschlandweit und hierzulande – noch vom Bundes- und Landesbauernverband habe ich eigene Vorschläge zur Weiterentwicklung der GAP in dieser Art und Weise gehört. Bei Teilen der CDU und des Bauernverbandes geht es offensichtlich oftmals eben doch nur nach dem Grundsatz, der der Reuterʼschen Landesverfassung für Mecklenburg entstammt: „Allens bliwwt bi’n Ollen.“
Aber das wird unter Garantie nicht passieren und deshalb kann ich es wiederum nachvollziehen, dass diese sehr detaillierten und durchgerechneten Vorschläge ohne Beteiligung des Koalitionspartners, der berufsständischen Vertretungen und von Verbänden sozusagen im stillen Kämmerlein ausgearbeitet wurden. Das Ministerium war aber doch nicht ganz allein. Zusammen mit Praktikern des Gutes Dummerstorf, der Landesforschungsanstalt und der Fachleute des Ministeriums wurde ein Papier erarbeitet, das aus meiner Sicht, aus der Sicht meiner Fraktion, der landwirtschaftspolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen und der Bundestagsfraktion der LINKEN durchaus das Potenzial hat, die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union in die richtigen Bahnen zu lenken. Denn über eines müssen wir uns im Klaren sein, hier und überall: Die bisherige GAP hat nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt, weder im sozialen, im ökonomischen noch im ökologischen Bereich. Die GAP war und ist nicht nachhaltig, nachhaltig im Sinne von Sustainability. Es wird ohnehin höchste Zeit, dass sie es wird.
Unserer Meinung nach geht es allerdings zukünftig nicht ohne Direktzahlungen an die Landwirte. Deswegen ist ein Teil dieser Direktzahlungen ja in der Säule eins in Ihrem Vorschlag auch enthalten. Wer über eine generelle Abschaffung der Direktzahlungen nachdenkt oder diese fordert, muss sich darüber im Klaren sein, dass gerade die kleinen und kleinsten Agrarbetriebe in Europa in ihrer Existenz bedroht werden. Allerdings kann es aus unserer Sicht auch nicht darum gehen, das meiste öffentliche Geld an Betriebe auszureichen, die über die großen Flächen verfügen, nur darum, weil sie über diese Flächen verfügen. Eigentlich ist der Besitz an Fläche, wenn er so bezuschusst wird, eine Art negative Grundsteuer. Schade, dass mir der Finanzminister gerade nicht zugehört hat, aber da würde ich als Finanzminister mal auf die Barrikaden steigen.
Der von Minister Backhaus vorgeschlagene Umbau der ersten Säule findet deshalb unsere Zustimmung. Ähnliches hat DIE LINKE in der Bundestagsfraktion schon bei der Diskussion um die GAP 2013 vorgeschlagen. Über allen Direktzahlungen sollte das Motto stehen: „Öffentliche Gelder soll es nur noch für konkrete öffentliche Leistungen geben.“ Wer keine sozialen, ökologischen Leistungen erbringt, sollte nicht weiter mit öffentlichen Geldern rechnen.
Dabei müssen aber landwirtschaftliche Betriebe aus unserer Sicht Anreize erhalten, diese öffentlichen Leistungen
auch zu erbringen. Der bisherige reine Verlustausgleich für die Erbringung ökologischer Leistungen muss dahin gehend umgewandelt werden, dass es sich lohnt, mit diesen Leistungen Geld zu verdienen. Herr Backhaus hat es ja vorhin auch so formuliert. Den Vorschlag aus seinem Hause, eine wesentlich geringere Grundprämie als Direktzahlung einzuführen und wesentlich mehr Geld für Programme, für Umweltleistungen und Klima- und Ressourcenschutz auszugeben, sehen wir deswegen positiv. Über Einzelheiten und die konkrete Ausgestaltung kann man sich natürlich trefflich streiten, aber die Richtung muss stimmen. Und das Ansinnen, die bisherige zweite Säule der GAP für Investitionen in den öffentlichen Bereich des ländlichen Raums zu nutzen, scheint mir auch ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.
Meine Fraktion bekennt sich zu einer multifunktionalen, modernen Landwirtschaft. Wir wollen, dass in Europa gesunde Lebensmittel zu fairen Preisen erzeugt werden. Wir wollen, dass die Erzeuger dieser Lebensmittel gutes Geld bekommen. Wir wollen einen lebenswerten ländlichen Raum erhalten und schaffen, der auch zukünftigen Generationen Chancen auf ein gutes und gerechtes Leben sichert. Und da ist eben das gemeinschaftliche Wirken von Landwirtschaft und der gesellschaftlichen Träger im ländlichen Raum, denke ich mal, nicht nur wichtig, sondern notwendig. Das entspricht ungefähr auch dem eigenen Ansatz, den ich in meiner Studie 2013 vorgelegt hatte.
Deswegen bekennen wir uns auch zu einer GAP, die mehr Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Räume, sozialen Fortschritt, verbesserten Umweltschutz und einen wirksamen Beitrag zum Ressourcen- und Klimaschutz birgt. Wir lehnen Subventionen auf Agrarexporte ab! Wir wollen weg von der Wachse-oder-WeicheDevise einer rein marktorientierten Landwirtschaft. Wer das will, der will jenen entfesselten Agrarkapitalismus, mit dem jährlich das Aus für drei bis fünf Prozent aller Betriebe seit vielen Jahrzehnten nicht nur gesichert ist, sondern eben praktisch auch stattfindet.
Deswegen sollten wir uns alle in die Diskussion um die Zukunft der Landwirtshaft in Europa einbringen, uns beteiligen. Um eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz für die GAP zu erreichen, ist eine breite und öffentliche Debatte nötiger denn je. Meine Fraktion wird sich jedenfalls weiterhin einmischen, denn wir wollen eine positive Antwort auf die Frage haben: Wozu ist der ländliche Raum, wofür ist das Dorf gut? Das wollen wir positiv beantworten, und deswegen bin ich dankbar, dass wir hier diese Debatte führen. – Danke, dass Sie mir zugehört haben.
gen! Liebe Gäste! Ich möchte drei Dinge kurz vorwegsagen. Wir wollen uns eigentlich als Agrarland begreifen. Da vermisse ich heute die Medien. Ich denke mal, da hätte doch ein großes Interesse vonseiten der Medien vorliegen müssen.
Ja, aber wenn unsere Landwirte nicht seit Generationen nachhaltig wären, ich weiß nicht, wo unsere Ernährung stehen würde. Würde es die Landwirte dann überhaupt noch geben? Wie soll das funktionieren, wenn sie nicht nachhaltig sind?!
Ich möchte nur kurz auf zwei Punkte eingehen, die wir ausdrücklich begrüßen, und zwar ist das zum einen die Vereinfachung der Antragstellung. Das ist dringend geboten, da stimmen wir Ihnen voll und ganz zu, und es bleibt auch weiterhin unser Anliegen, uns für die Entbürokratisierung der Landwirtschaft einzusetzen. Ich denke, darüber herrscht allgemeiner Konsens.
Kommen wir zu Punkt zwei. Die Schaffung einer flächengebundenen Tierprämie für Rinder, Schafe und Ziegen halten wir für absolut notwendig. Wir hatten sie schon mal, dann wurde sie wieder abgeschafft. Jetzt soll es sie erneut geben, und das ist auch richtig so. Wer sich die Zeit genommen hat, sich mit der Lage zum Beispiel unserer Schäfer zu beschäftigen, der weiß, dass eine Tierprämie schon lange überfällig ist. Hier sind Sie einem entsprechenden Antrag unsererseits zuvorgekommen.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: Gucken wir mal! – Dr. Ralph Weber, AfD: Kein Grund, stolz zu sein!)
Eine Sache, die wir jedoch als problematisch ansehen, ist die Umwandlung der Basisprämie, die 272 Euro beträgt, in eine Grundprämie von 100 Euro, die dann immer noch an Umweltauflagen geknüpft sind. Erstens wird dadurch die konventionelle Landwirtschaft mal wieder benachteiligt. Das Gleichgewicht zwischen der ersten und der zweiten Säule ist auf keinen Fall mehr gegeben. Es ist immer noch die konventionelle Landwirtschaft, die unser Land ernährt.
Öko, meine Damen und Herren, macht die Welt nicht satt. Die explodierende Weltbevölkerung kann nicht mit Tofu oder Ökohühnchen ernährt werden.