Protocol of the Session on December 14, 2017

Sehr geehrter Herr Förster, als neuem Abgeordneten habe ich Ihnen einige Worte außerhalb der Sache zugebilligt, aber ich muss Sie jetzt trotzdem bitten, irgendwie den Schlenker auf diesen Feiertag zu kriegen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das Leben ist hart! Das Leben ist hart!)

Ja, genau.

Wenn es um Kinder,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

wenn es um Kinder geht, geht es immer um Vorbildwirkung. Und wenn ich mir vorstelle, etwas größere Kinder sitzen da oben und haben erlebt, wie das manchmal so läuft, dann, meine ich, kann es nicht sein, dass nach dem Vokabular hier „Lügenbolde“ und insbesondere – das finde ich besonders schlimm – dezidiert verschiedenen Abgeordneten eine hinreichende Intelligenz abgesprochen wird.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oder man als „Dumpfbacke“ bezeichnet wird.)

Das ist nicht der Respekt, den ich für eine parlamentarische Auseinandersetzung erwarte.

Das erste Land,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD –

Beifall vonseiten der Fraktion der AfD –

Die Schelte wäre

erst einmal in Ihrer Fraktion nötig! –

Zurufe von Thomas Krüger, SPD,

Sebastian Ehlers, CDU, und

Peter Ritter, DIE LINKE)

das erste Land, das einen Kindertag einführte, war die Türkei, und zwar zeitgleich mit der Staatsgründung im Jahre 1921. In der DDR wurde der Kindertag als Internationaler Kindertag – das wurde schon gesagt – im Jahre 1950 eingeführt und am 1. Juni begangen. In Westdeutschland wurde der Kindertag 1954 eingeführt, allerdings als Weltkindertag, der am 20. September begangen wurde und auch weiterhin begangen wird. Man kann also bereits an dieser Stelle trefflich über den Namen und das Datum streiten.

Das Thema ist im Grunde hoch politisch, denn überall berufen sich die Mächtigen dieser Welt darauf, das Wohl der Kinder zum Primat ihres Handelns zu machen. So wurde der Internationale Kindertag in der DDR als Aktionstag systemgerecht so begangen, dass neben den Kindern auch die Errungenschaften des sozialistischen Systems gefeiert wurden. Das soll nicht heißen, dass alles schlecht war. Aber auch am Wohl der Kinder scheiden sich gelegentlich die Geister. Für die Realität, in der die Kinder hier im Lande und weltweit leben, ist der Kindertag genauso bedeutungslos wie der Weltfriedenstag, der am 1. September begangen wird.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was, der ist bedeutungslos?! – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Hui! – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Genau, für die reale Situation.

Auch ich hatte die Illusion, dass nach dem Ende des Kalten Krieges und der Teilung Deutschlands und Europas eine Ära paradiesischen Friedens auf unserem Kontinent anbrechen würde. Die kriegerischen Auseinandersetzungen, insbesondere auf dem Balkan und später in der Ukraine, haben uns alle eines Besseren belehrt, ganz zu schweigen von den Geschehnissen im Nahen Osten. Dabei ist der Friede, also die Abwesenheit von Krieg und Gewalt, für uns alle und für unsere Kinder das höchste Gut.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Ralf Borschke, BMV)

Wie gesagt, es geht um Kinder.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Wenn ich Ihren Antrag und die Begründung eben gehört habe, dann sehen Sie in dem Kindertag oder darin, dass wir daraus einen gesetzlichen Feiertag machen, in erster

Linie ein soziales Problem und schlagen im Zuge einer undifferenzierten Gleichmacherei auch hier bei den Feiertagen eine zahlenmäßige Gleichstellung vor. Mit dem Wohl der Kinder hat das wenig zu tun.

Blicken wir auf die Situation der Kinder in unserem Land: Es herrscht Frieden, keine wirkliche materielle Not, die Grundbedürfnisse sind erfüllt, keine Hungersnot, kranke Kinder werden ärztlich behandelt, Schulen sind vorhanden, ein durchlässiges Bildungssystem gewährt Aufstiegschancen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Kinderarmut gibt es nicht?!)

von denen frühere Generationen nur träumen konnten. Dies alles sind keine Selbstverständlichkeiten.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Kinderarmut gibt es nicht nach Ihrer Auffassung?)

Komme ich noch zu.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Aha!)

Dennoch gibt es Klagen und vieles ist noch zu verbessern, von den Kitas bis zur Schule, wobei es nicht nur um die materielle Ausstattung geht. Noch wichtiger ist die personelle Seite. Hier wird zu Recht der Mangel an Erziehern und Lehrkräften beklagt und es ist zu befürchten, dass bei den Behelfs- und Quereinsteigerprojekten die Qualität Schaden nimmt.

Der Start eines jeden Kindes beginnt normalerweise zu Hause im familiären Umfeld, wo die wesentliche Prägung stattfindet und oft schon die Weichen fürs Leben gestellt werden. In diesem Zusammenhang wird verstärkt auf das Risiko von Kinderarmut hingewiesen. Ja, es gibt sie, eine Kinderarmut als statistische Größe, erfasst nach einer Quote des durchschnittlichen Einkommens.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Es ist keine statistische Größe, es sind Kinder!)

Diese Armut ist aber als statistische Größe ebenso bei steigendem Einkommen unvermeidlich. Dennoch sind natürlich prekäre Beschäftigungsverhältnisse als Ursache ein Übel, auch wenn sie oft die einzige Alternative zur Arbeitslosigkeit sind, jedenfalls real. Ihrer Beseitigung, das ist die Realität, sind allerdings oft Grenzen durch eine mangelhafte Befähigung der Betroffenen gesetzt. Auch das ist eine bittere Realität.

Es gibt eine andere, wesentlich dramatischere Form der Kinderarmut, nämlich die Armut an Kindern. Ich sage es ganz deutlich: Ich meine eine Armut an deutschen Kindern, wozu...

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ah ja! – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Hören Sie doch erst mal zu!

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Nee, da kann man nicht mehr zuhören.)

Es war mir klar, dass Sie reflexartig reagieren müssen.

(Thomas Krüger, SPD: Natürlich!)

Beim Wort „Deutscher“ sind Sie ja schon irritiert.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Was ist denn das für ein Ton?)

Das ist eine Form des Selbsthasses. Das gibt es in keinem Land,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

in keinem einzigen Land! Das ist vielleicht eine Art,

(Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

das ist vielleicht eine Art der psychischen Autoimmunerkrankung oder irgendwas Ähnliches.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Nein, das hat nichts damit zu tun.)