Protocol of the Session on December 13, 2017

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Am 27. September hat Landwirtschaftsminister Schmidt auf Grundlage wissenschaftlicher Ergebnisse die sachliche Entscheidung getroffen und dabei war die Stimme der Bundesrepublik Deutschland entscheidend, das ist richtig.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aha! Aha!)

Umso größer die Aufregung bei den Umweltverbänden, bei der SPD auch und bei den LINKEN und den GRÜNEN. Nun, meine Damen und Herren, die Entscheidung ist gefallen und damit ist der Antrag eigentlich überflüssig. Oder glaubt hier irgendjemand, dass durch unsere Debatte eine Revidierung dieser Entscheidung stattfinden wird? Ich glaube es nicht.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wir haben gedacht, dass die Landes-CDU Einfluss hat.)

Wir bleiben deshalb bei den Fakten.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Und, lieber Herr Dr. Weiß, verehrter Herr Dr. Weiß, als Wissenschaftler nutzen uns Emotionen nichts. Fakten! Fakten, mit denen muss und sollte man arbeiten

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

bei einer Beurteilung einer solch wichtigen...

Einen Moment, Frau Berg!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es denn den Bedarf gibt, sich zwischen den Fraktionen zu unterhalten, haben wir da draußen eine Lobby, hier drinnen ist es doch eher störend. Ich bitte, auch noch bei diesem letzten Tagesordnungspunkt dem Redner die gebührende Aufmerksamkeit zu widmen.

Jetzt können Sie fortfahren.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der Rednerin.)

Oder der Rednerin, damit ich hier nicht...

Vielen Dank.

Also wir bleiben bei den Fakten, und bei einer Enthaltung Deutschlands wäre der Entwurf der Europäischen Kommission ohne Veränderungen verabschiedet worden. Mit den durch die Bundesregierung initiierten Änderungen

wurden folgende Verbesserungen erreicht – und, Herr Dr. Weiß, da kann ich Ihnen jetzt helfen, da gibt es ein paar Punkte, die der Bundeslandwirtschaftsminister aufgeführt hat –:

Erstens. Wiederaufnahme einer Biodiversitätsklausel.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Dem Schutz der Artenvielfalt wird künftig besondere Aufmerksamkeit beigemessen. Dabei soll zum einen ein mögliches Risiko für Landwirbeltiere und sogenannte Nichtzielpflanzen geprüft werden, die mit Glyphosat in Kontakt kommen können. Jedes EU-Land hat das Recht, Glyphosat dort zu verbieten, wo bestimmte Tierarten stark rückläufig oder sogar vom Aussterben bedroht sind.

Zweitens. Aufklärung der widersprüchlichen Bewertungen in der WHO. Die WHO, Herr Ritter, wird aufgefordert, den Widerspruch in den Bewertungen des Wirkstoffs zwischen ihrer Krebsforschungsagentur und ihrem Pestizidausschuss aufzulösen. Die Bedenken der GlyphosatGegner über eine mögliche Gesundheitsgefahr werden also nicht vom Tisch gekehrt.

Drittens. Die Optimierung des Genehmigungsverfahrens. Um Transparenz und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit der Bewertungen zu verbessern – es bringt uns nämlich nicht weiter, wenn wir ständig auf den Hersteller schauen und meinen, dort würde gekungelt –, soll das Genehmigungsverfahren für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe durch die EU-Kommission untersucht und optimiert werden. Industriestudien sollen als solche veröffentlicht und die bisherige internationale Vergabe- und Finanzierungspraxis soll von Studien untersucht und gegebenenfalls verändert werden. Auch das steht in diesem Beschluss.

Und viertens. Die Verwendung von Glyphosat im Privatbereich. Das ist hier auch schon angesprochen worden. Die Mitgliedsstaaten sollen Möglichkeiten eines restriktiveren Einsatzes von Glyphosat zum Schutz der beruflichen und nicht beruflichen Anwender prüfen. Weitere Maßnahmen wie ein Verbot der Anwendung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel im privaten Bereich sollen ergriffen werden.

(Egbert Liskow, CDU: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren, diese durchaus positiv zu nennenden Aspekte gehen in der oft nicht sachlich, sondern mehr oder weniger emotional geführten Debatte einfach unter. Wir sind der Auffassung, dass die Wirkstoffzulassung lediglich auf Basis einer wissenschaftlichen Bewertung und nicht auf der Grundlage von Kampagnen oder Bauchgefühlen erfolgen darf.

Bei der Zulassung von Wirkstoffen für Pflanzenschutzmittel ist die Sicherheit für Menschen und Umwelt das zentrale Thema. Der im Pflanzenschutz verwendete Wirkstoff Glyphosat wird von der Internationalen Agentur für Krebsforschung als „vermutlich krebserregend“ eingestuft. Da stimme ich dem Vorredner zu, die Dosis ist das Maß der Dinge. Das Bundesinstitut für Risikobewertung und andere Zulassungsbehörden hingegen vertreten die Auffassung, dass Glyphosat bei ordnungsgemäßer Anwendung in der Landwirtschaft – nach heutigen Erkenntnissen – kein gesundheitliches Risiko für die Menschen darstellt. Das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmit

telsicherheit und Fischerei betont, dass derzeit keine Gefahr für Verbraucher besteht.

Innerhalb der EU werden Pflanzenschutzmittel gemäß der Pflanzenschutzmittel-Richtlinie geprüft, bewertet und zugelassen und in Deutschland sind vier Behörden mit der Zulassung dieser Wirkstoffe befasst: das Bundesamt für Risikobewertung, das Umweltbundesamt, das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Gemeinsam – gemeinsam! – haben sie in den vergangenen Jahren 343 Studien analysiert und kommen bei der Neubewertung des Wirkstoffs Glyphosat zu dem Ergebnis, dass nach heutiger Erkenntnis keine gesundheitlichen Risiken für Anwender, für unbeteiligte Dritte von der Anwendung von Glyphosat ausgehen. Das Bundesamt für Risikobewertung – auch das haben wir heute schon gehört – geht sogar davon aus, dass Glyphosat in der Gefahrenskala unter Kochsalz oder dem Schmerzmittel Paracetamol eingestuft werden kann. So!

Neben Glyphosat gibt es 250 andere Wirkstoffe, die allerdings alle natürlich nicht so toll geprüft sind, wie das für Glyphosat zutrifft. Und wir haben es gehört, pfluglose Bearbeitung, all diese Sachen möchte ich jetzt nicht wiederholen, sie sind ein Argument, das man den Landwirten zubilligen sollte und bei denen man – auch dort Bauchgefühl weg – den Kopf benutzen sollte.

Ich denke, meine Damen und Herren, insgesamt wäre ein Verbot weder für die Umwelt noch für den Verbraucherschutz, noch für die Landwirtschaft zur heutigen Zeit hilfreich.

(Beifall Egbert Liskow, CDU)

Die Debatte um den Wirkstoff Glyphosat wird seit Jahren geführt. Krebsgefahren werden heraufbeschworen, Verbot gefordert, Entscheidungen verschoben, Kampagnen geführt, Abstimmungen sabotiert, Studien diffamiert. Ich habe es gesagt, wir müssen dazu kommen, diese Studien ohne Emotionen zur Kenntnis zu nehmen, zu prüfen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Und zuletzt, hinsichtlich des Alleingangs des Bundeslandwirtschaftsministers verweise ich auf den Alleingang der Bundesumweltministerin bei der Ausweisung von Schutzgebieten in der Ausschließlichen Wirtschaftszone unserer Küste.

(Tilo Gundlack, SPD: Das sind jetzt aber sach- fremde Erwiderungen, die nicht dazugehören.)

Hier gab es trotz anderer Absprachen kein mediales Echo,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

keinen Aufschrei der Umweltverbände oder seitens Ihrer Fraktion.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ich sage es Ihnen noch einmal: Die Entscheidung ist gefallen, die Aufregung ist fast umsonst und entbehrt einer sachlichen Grundlage. Deshalb lehnt meine Fraktion den Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Thomas Krüger, SPD: Wir müssen ja auch nicht weiter zusammenarbeiten.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Borschke.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Worum geht es hier eigentlich? Es geht gar nicht um Glyphosat, es geht eigentlich um die Umgestaltung der Landwirtschaft, die sogenannte Agrarwende. So etwas Ähnliches hatten die Fischer schon mal hier in Deutschland über sich ergehen lassen müssen. Inzwischen kommen 90 Prozent unseres Fisches aus den Ausland.

(Marc Reinhardt, CDU: Aus den Ausland?! – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das ist dir aufgefallen, ne?)

Da müssen wir gucken, was da auf unsere Landwirte zukommt, aber dazu komme ich später noch mal.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und das um die Uhrzeit!)

Hier geht es heute auch viel um gefühltes Wissen. Zwar ist die Partei des gefühlten Wissens nicht im Landtag vertreten, aber ihr Geist wirkt hier weiter. Und wie viele von Ihnen haben jemals auch nur einen Quadratmeter Acker bewirtschaftet?

(Tilo Gundlack, SPD: Also ich nicht. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Aber als Erstes möchte ich mich mal hier ausdrücklich beim Bundeslandwirtschaftsminister Herrn Schmidt bedanken. Herr Minister, für Ihr gezeigtes Rückgrat erhielten Sie eine Rüge von der Bundeskanzlerin,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die höchste Auszeichnung.)