Diese Sichtweise hat das Urteil des Gießener Amtsgerichts vom November 2017, auf das Sie sich in Ihrem Antrag beziehen und welches der Auslöser für die bundesweite Debatte war, bestätigt. Eine Ärztin, die auch selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführt, hatte nach Ansicht des Gerichtes unzulässig auf ihrer Webseite über legale Möglichkeiten zur Beendigung der Schwangerschaft geworben.
Diese Entscheidung des Gerichts ist richtig, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ein Schwangerschaftsabbruch ist keine gewöhnliche medizinische Dienstleistung und gehört nicht zum Standardleistungskatalog einer Arztpraxis wie etwa eine Zahnreinigung beim Zahnarzt.
Sie sollte aus diesem guten Grund auch nicht aktiv beworben werden. Ganz im Gegenteil, der Abbruch einer Schwangerschaft ist in Deutschland grundsätzlich nicht legal und steht daher unter Strafe. Wie ich bereits ausgeführt habe, ist ein Abbruch nur in einem bestimmten gesetzlichen Rahmen möglich. Das heißt, es muss unter anderem eine Beratung durchgeführt werden und die Schwangerschaft darf die zwölfte Woche nicht überschritten haben.
Was ließe sich daraus schlussfolgern? Wenn ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig ist, kann und darf dieser nicht leichtfertig beworben oder anstößig befördert werden. Dies ist kein ausschließlich rechtspolitisches Gebot, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern vor allem auch ein ethisches, zu welchem meine Fraktion und ich sehr entschieden stehen. Auch dient die Regelung dazu, um eine Kommerzialisierung von Schwangerschaftsabbrüchen zu verhindern. Diese dürfen auf gar keinen Fall von wirtschaftlichen Interessen geleitet sein. Öffentliche Werbung würde den Schutzgedanken der Regelung im Strafgesetzbuch unterlaufen. Daher brauchen wir hier keine rechtliche Änderung.
Somit ist das Bestreben des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch gerechtfertigt, weil es sich bei Schwangerschaftsabbrüchen nach meiner moralisch-ethischen Überzeugung um keinen Normalfall handelt. Gesellschaftlich wäre es ein fatales Signal, wenn mit der Abschaffung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche diese verharmlost werden. Sachliche Informationen sind wichtig, unangemessenes Werben ist hingegen abzulehnen.
Einig sind wir uns sicher auch darin, dass es eine umfangreiche Schwangerschaftsberatung unabhängig der sexuellen oder konfessionellen Orientierung zu jeder Zeit für betroffene Paare oder Frauen geben muss. Frauen erhalten hier in einem geschützten Rahmen Informationen über soziale, ethische und medizinische Fragen ihrer Schwangerschaft, auch über einen Abbruch. An dieser Leistung ist mir sehr gelegen und ich bin froh darüber, dass wir ein intensives Informations- und Beratungsnetzwerk in Mecklenburg-Vorpommern etabliert haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie den Ausführungen der Ministerin entnommen haben, bestehen gelegentlich auch innerhalb der regierungstragenden Fraktionen und den Häusern unterschiedliche Auffassungen zu bestimmten Sachfragen.
Das heutige Thema zählt offenbar dazu. Ich darf Sie in der Linksfraktion allerdings beruhigen, an unserer verlässlichen und kollegialen Zusammenarbeit wird sich durch diesen Fall nichts ändern.
Koalitionen bestehen aus mindestens zwei Parteien, da kann es eben auch mal unterschiedliche Auffassungen geben, sonst könnten wir ja auch eine Einheitspartei bilden, und daran ist uns selbstverständlich nicht gelegen.
Dennoch werden wir Ihrem Antrag neben den aufgeführten inhaltlichen Erwägungen nicht zustimmen können, da wir in der Landesregierung keine einheitliche Position entwickelt haben. Selbst wenn Ihr Antrag käme, würde dieser im Bundesrat in einer Stimmenthaltung des Landes Mecklenburg-Vorpommern enden.
In der Überschrift des Antrages heißt es, ich zitiere: „Umfassende Schwangerschaftsberatung gewährleisten“. Zitatende. Schon an dieser Überschrift kann man erkennen, dass die Antragsteller, als sie ihren Antrag geschrieben haben, dann doch irgendwo ein schlechtes Gewissen hatten, denn sie haben in der Überschrift das Entscheidende eben nicht gesagt, was sie mit ihrem Antrag wollen, dass Sie Werbung für Schwangerschaftsabbrüche legalisieren wollen. Nein, Sie behaupten, dass Sie eine umfassende Schwangerschaftsberatung gewährleisten wollen. Das ist suggestiv. Sie suggerieren,
dass es keine umfassende Schwangerschaftsberatung gibt, und das ist falsch. Missachten Sie die Arbeit der Schwangerschaftsberatungsstellen? Was haben Sie denn gegen die Arbeit etwa des Deutschen Roten Kreuzes oder der Caritas? Wenn Sie meinen, die derzeitigen Schwangerschaftsberatungen seien nicht umfassend, dann müssen Sie klar sagen, was Ihnen an der Arbeit der Träger der Beratungsstellen nicht gefällt, was Sie verbessern wollen.
Da Sie das nicht tun, geht es Ihnen in Wahrheit nicht um eine Schwangerschaftsberatung. Dafür wäre der Antrag überflüssig. In Wahrheit geht es Ihnen darum, Schwangerschaftsabbrüche zu erleichtern. Ein Schwangerschaftsabbruch bedeutet die Tötung des ungeborenen Lebens. Auch dieses Leben steht unter dem Schutz unserer Verfassung. Folgerichtig ist der Schwangerschaftsabbruch in der Systematik des Gesetzes grundsätzlich ein Tötungsdelikt. Und es ist auch folgerichtig, Werbung für ein Tötungsdelikt zu verbieten.
Warum will ein Arzt überhaupt Werbung für eine Abtreibung machen? Welchen Zweck soll das haben? Weil er ein selbstständiger Unternehmer ist? Sie sagen, man will nur darüber informieren, aber das erledigt doch bereits die Schwangerschaftsberatung, und die sollte immer für alle Betroffenen die erste Anlaufstelle sein. Eine Information ist also gar nicht notwendig, denn wer eine Abtreibung in Erwägung zieht, muss sich vorher beraten lassen und vor dem eventuellen medizinischen Eingriff einen Nachweis über diese Beratung erbringen. Diese Beratung muss unabhängig erfolgen. Gemäß Paragraf 219 Strafgesetzbuch ist der Arzt, der den Abbruch der Schwangerschaft vornimmt, als Berater ausgeschlossen. Wenn also die Fraktion DIE LINKE Ärzte als die Personen ansieht, die informieren und aufklären, dann widerspricht das Paragraf 219 Strafgesetzbuch.
Nun sagen einige, die sich mit den aktivistischen Abtreibungsbefürwortern nicht anlegen wollen, reine Informationen müssten doch erlaubt sein, nur Werbung sollte verboten bleiben. Aber auch das lehne ich ab, denn der Streit, wann aus einer Information eine Werbung wird, ist vorprogrammiert. Ist etwa die Angabe eines günstigen Preises eine Information oder ist das schon eine Werbung? Eine Information kann immer auch Werbung sein.
Zum Schluss muss ich auch den Kollegen von der Fraktion DIE LINKE schlechtes Timing vorwerfen. In ein und derselben Plenarwoche, in der Sie den Kindertag als gesetzlichen Feiertag fordern, fordern Sie Werbefreiheit für die Tötung des ungeborenen Lebens – ein makaberes Zusammenspiel.
Lassen Sie uns stattdessen Werbung für das Leben machen! Lassen Sie uns die Bedingungen für die Kinder und Eltern in unserem Land verbessern! Hier gibt es wahrlich noch genug Baustellen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion stimmt der Aufhebung des Paragrafen 219a grundsätzlich zu. Wenn unter legalen Bedingungen abgetrieben werden kann, dann muss es auch auf legalem Wege möglich sein, sich zu informieren.
Wir haben einen gültigen Koalitionsvertrag. Das sagte Frau Friemann-Jennert bereits. An den halten wir uns. Das haben wir in der Vergangenheit getan und das werden wir auch in Zukunft tun.
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Da sind wir richtig dankbar. Da sind wir ja richtig dankbar. – Tilo Gundlack, SPD: Ja, kannst du auch sein.)
Nichtsdestotrotz haben wir unterschiedliche Auffassungen, was sehr bedauerlich ist. Allerdings haben wir ein bisschen Hoffnung. Eigentlich haben wir sogar ziemlich viel Hoffnung, denn auf Bundesebene ist das Thema ganz gut aufgehoben.
Das anpreisende Werben ist Ärztinnen und Ärzten bereits jetzt berufsrechtlich untersagt und daher bedarf es auch keiner weiteren zusätzlichen strafrechtlichen Regelungen. In dieser sowieso schon schwierigen Situation für Frauen ist es besonders wichtig, dass sie einfach an Informationen gelangen. In der heutigen Zeit machen wir das alle über das Internet. Das war in dem Fall der Ärztin eben auch so, die dafür strafrechtlich belangt wurde.
Niemand hat behauptet, dass einer Frau dieser Schritt leichtfällt. Hier jetzt mit dem Kindertag zu argumentieren, halte ich für völlig absurd.
Wir haben vorhin Ausführungen gehört, wann Frauen in solche Situationen gelangen. Ich möchte dann gern mal eine Frau hören, die vergewaltigt wurde. Da jetzt mit dem Kindertag zu kommen, also das ist unglaublich.
Ich habe ja gesagt, wir haben da Hoffnung. Die SPDLandtagsfraktion begrüßt daher die Initiative der SPDBundestagsfraktion. Auch die Bundestagsfraktion DIE LINKE hat bereits einen Initiativantrag, soweit ich weiß, gestellt. Am Montag hat die Bundestagsfraktion der SPD über einen Initiativantrag abgestimmt, der die Aufhebung des Paragrafen 219a …
Ich lade die Fraktion DIE LINKE ein, auch ihre Bundestagsabgeordneten einzuladen und für Mehrheiten zu sorgen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niemand aus meiner Fraktion will mit dem vorliegenden Antrag Schwangerschaftsabbrüche verharmlosen oder gar für das Töten werben.
(Zurufe vonseiten der Fraktion der AfD: Doch, doch! – Thomas, de Jesus Fernandes, AfD: Das kommt aber dabei raus.)