Protocol of the Session on November 15, 2017

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass es eine lebhafte Auseinandersetzung zu diesem Gesetzentwurf geben wird, war absehbar. Aber, Herr Heydorn, dass Sie wirklich unter Ihrem Niveau bleiben, das war so nicht absehbar. Ich finde es wirklich von Übel und ganz schlechtem Stil, meinen Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten und auch meiner Mitarbeiterin Frau Dr. Erdmann zu unterstellen, dass wir das hier alles nur machen, um sozusagen noch mal Publicity vor einem Parteitag zu bekommen. Das wird der Sache nicht gerecht und das beleidigt meine Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich gegenüber meinen Kolleginnen und Kollegen entschuldigen.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: So viel Anstand hat er nicht.)

Das ist nämlich wirklich ein herber Vorwurf. Und wer sich – weil das vorhin schon mal eine Rolle spielte – die Entwicklung dieses Gesetzes, der vorherigen Gesetzentwürfe ansieht, der wird, auch gerade diejenigen, die schon länger hier im Landtag tätig sind, wissen, dass sich meine Kollegin Karen Stramm gemeinsam mit unserer Mitarbeiterin seinerzeit schon sehr akribisch eingearbeitet hat. Wir haben uns immer mit der Materie beschäftigt.

Herr Heydorn und sehr geehrte Damen und Herren von der Koalition, wir kennen den Gesetzentwurf nicht. Das hatte eben schon mal eine Rolle gespielt. In der Anhörung, in dieser Expertenanhörung, haben wir eine ganz eigenartige Situation gehabt, dass wir über zwei verschiedene Papiere gesprochen haben, nämlich über das geltende Gesetz, das alle kannten, und über einen Referentenentwurf, den die Anzuhörenden kannten sowie ein Teil der Abgeordneten und ein anderer Teil der Abgeordneten nicht. Und dann wurde immer auf beiden Ebenen zu beiden Papieren diskutiert. Also ein solches Expertengespräch habe ich auch noch nicht erlebt. Aber das mal beiseite.

Ich würde ganz gerne, weil ich Herrn Brodkorb dort sehe, noch mal appellieren: Man kann unseren Gesetzentwurf kritisieren und in der Sache für nicht zweckdienlich halten – einige haben ja in der Sache darüber diskutiert, Herr Ehlers, dafür möchte ich Ihnen auch danken –, aber ich fand es eingangs sehr wichtig, dass Sie angetreten sind, Herr Brodkorb, damals noch als Fraktionsvorsitzender der SPD, und gesagt haben, wir werden eine andere politische Kultur praktizieren. Wir werden damit, was die Opposition vorlegt, anders umgehen.

Es wäre ein Ausweis von Souveränität zu sagen – so habe ich Sie auch verstanden, Herr Glawe –, dass es

durchaus einige wesentlichen Bestandteile unseres Gesetzentwurfes gibt, die ihre Berechtigung haben, die gut und richtig sind, und andere, da haben Sie dagegenargumentiert, die man mit einspeist ins Verfahren und wegen mir noch so lange liegen lässt, bis Sie faktisch hervortreten mit Ihrem Gesetzentwurf. Aber so ist das nicht auszumachen. Herr Heydorn sagte vorhin, Sie würden im Galopp an diesem Gesetzentwurf arbeiten.

(Torsten Renz, CDU: Allen Ernstes!)

Das ist überhaupt nicht erkennbar.

(Torsten Renz, CDU: Allen Ernstes!)

Allen Ernstes sage ich Ihnen mal Folgendes:

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Im Februar,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

im Februar haben wir die Hinweise darüber bekommen, dass es nicht hinhaut an der Basis,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

dass die Umsetzung dieses Gesetzes nicht möglich ist, strukturell nicht möglich ist.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Da haben Sie noch im Wirtschaftsausschuss und auch speziell Herr Heydorn argumentiert und gesagt, das Gesetz ist noch so neu, das muss sich in der Umsetzung erst zurechtruckeln. Das ist jetzt also eine Frage, welche Wege man mit dem Gesetz faktisch geht und dass man erkennt, wie man es am besten umsetzen kann. Schon damals haben wir gesagt, es gibt strukturelle Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieses Gesetzes. Wie die aussieht, will ich ganz gern – verschlüsselt aufgrund des Datenschutzes – zum Besten geben.

Ganz kurz zitiert aus einem Schreiben innerhalb des öffentlichen Dienstes – ich werde das ein Stück weit maskieren –: Anrede. „Am 25.12.2016 wurde ich um 9.20 Uhr von Frau F. informiert, dass der diensthabende Herr F. Probleme bei der Ausführung seines Dienstes habe, da Herr Richter T. vom Amtsgericht … ihn als irgendeinen kleinen Mitarbeiter des Landkreises nicht akzeptiere. Ich habe dann Herrn F. angerufen und mir die Situation schildern lassen. Demnach hat Herr F. am 24. Dezember 2016 aufgrund eines Zeugnisses des Notarztes für eine Patientin aus... die sofortige Unterbringung in der geschlossenen psychiatrischen Einrichtung in R. gemäß Paragraf 15 PsychKG angeordnet. Eine persönliche Inaugenscheinnahme hat stattgefunden. Die Unterbringung wurde korrekt bis zum 25.12. 24.00 Uhr angeordnet. Am Morgen des 25.12. hat Herr F. in der Klinik angerufen und sich erkundigt, ob die Patientin noch weiterhin einer Unterbringung nach PsychKG bedarf.“

Ihm wurde mitgeteilt, dass die Patientin hochgradig psychotisch sei und unbedingt verbleiben müsse. Eine fachärztliche Stellungnahme würde erstellt werden. „Herr F. hat dann den diensthabenden Richter angerufen und

einen Antrag an das AG... gestellt. Das fachärztliche Zeugnis wurde von der Klinik zum Amtsgericht und zu Herrn F. gefaxt.“ (Man arbeitet mit Fax.) Der diensthabende Richter Herr T. habe ihn gefragt, wer er denn sei, ob er Amtsarzt sei. Dies hatte er verneint, er sei der „Diensthabende des Landkreises... für Einsätze nach PsychKG“. Herr T. sei sehr unfreundlich und arrogant aufgetreten. Mit so jemandem wie ihm rede er nicht. Der Amtsarzt müsse vor Ort sein, sonst mache er hier gar nichts.

Diese ganze Argumentation läuft vor dem Hintergrund des Paragrafen 15 PsychKG. Das ist ein strukturelles Problem, mal abgesehen davon, wie die miteinander umgehen, in welcher Unkultur. Insofern ging es und geht es uns um Eile. Und, wie gesagt, anhand der Geschehnisse sieht man: Wir sind im Februar im Wirtschaftsausschuss vorstellig geworden, wir hatten – damals noch Herr Holter und ich – dafür plädiert, dass wir im Mai die Anhörung machen. Da haben Sie geargwöhnt, wir machen das, nicht wegen eines Parteitags, sondern wegen der Bundestagswahlen, wir wollen dieses Thema instrumentalisieren für die Bundestagswahl.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es ist immer was. Es ist immer was.)

Dann haben wir gesagt, okay, das soll nicht das Problem werden, aber damals haben wir schon auf Eile gedrungen und haben Ihnen mitgeteilt, dass es notwendig ist zu handeln. Der frühestmögliche Zeitpunkt, auf den sich der gesamte Ausschuss verständigen konnte, war dann im September nach der Bundestagswahl. Es war nicht von vornherein erkennbar, wann und wie schnell Sie an der Sache arbeiten, weil, wie gesagt, die erste Argumentation immer die war, das ist ein Problem, das sich in der Umsetzung mit dem geltenden Gesetz schon irgendwie regeln wird. Also, sehr geehrte Damen und Herren, so einfach ist das nicht zu machen.

Auf zwei, drei Argumente würde ich gern noch eingehen. Herr Dr. Jess, Sie haben ja darauf verwiesen, dass es durchaus zu hinterfragen wäre, ob psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten hier tätig werden können, ähnlich wie Ärztinnen und Ärzte, so, wie es das Gesetz jetzt schon ausweist. Wir haben uns da an dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz orientiert. Das hebt noch mal die Kompetenzen und auch die Möglichkeiten durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, leitende Dienste auszuführen, hervor. Insofern haben wir hier das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz mit herangezogen als Grundlage, warum wir das so eingepflegt haben.

Auf das, was die Weisungsrechte betrifft, will ich auch noch mal eingehen. Sie hatten mehrfach darauf verwiesen, dass es eine Kollision gibt zwischen dem, was wir wollen, und einem Bundesverfassungsgerichtsurteil hinsichtlich der Zuständigkeiten von Landrätinnen und Landräten. Also es gibt Stellungnahmen, die uns vorgelegt wurden – und darauf haben wir uns bezogen –, die sagen, durchaus sollte man unterscheiden und die Zuständigkeit für die Forensik ganz klar immer ans Ministerium und nirgendwo anders anbinden. Hier sagen Sie, das geht so nicht, da gibt es ein Bundesverfassungsgerichtsurteil. Jetzt darf ich Sie mal daran erinnern: In der eben zu Ende gegangenen Debatte um die Beamtenbesoldung haben einige hier auf Bundesverfassungsgerichtsurteile verwiesen und haben gesagt, das muss doch berücksich

tigt werden. Da haben Sie gesagt, nein, das muss nicht berücksichtigt werden, das wäre so nicht einschlägig, wir gehen da anders vor. Also offensichtlich handhaben Sie das selbst auch je nach Gusto.

Insofern kommen wir da nicht zueinander. Ich bedauere das sehr, dass Sie eigentlich abgerückt sind von der Tugend, mit Vorschlägen der Opposition anders umzugehen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Er war ja bloß 14 Tage Fraktionsvorsitzender.)

Wir haben auch nicht den Stein der Weisen. Wir haben hier einen Vorschlag unterbreitet, weil wir dringenden Handlungsbedarf sehen. Ich hoffte, dass Sie tatsächlich so schnell wie möglich das vorlegen, was Sie hier angekündigt haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht in drei Monaten, dann ist es abgelaufen.)

Wir werden uns dann entsprechend einbringen, so, wie wir es immer schon gemacht haben. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ehlers.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine beiden Vorredner motivieren mich dazu, noch mal ein, zwei Sachen klarzustellen.

Herr Professor Weber, nicht die Regierungsfraktionen haben den Referentenentwurf in der Sitzung zur Verfügung gestellt, sondern es gab dort einige Irritationen. Ich glaube, einer der Anzuhörenden hat sozusagen das Thema an der Stelle öffentlich gemacht. Den Schuh, glaube ich, können wir uns gemeinsam...

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Oh, böse, böse! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ja, wenn die eingebunden sind im Rahmen der Verbandsanhörung, dann ist das wahrscheinlich der Weg gewesen. Dass das im Ausschuss nicht optimal gelaufen ist, Herr Koplin, da bin ich sogar bei Ihnen – ich glaube, da muss man künftig besser miteinander kommunizieren. Wenn die Anzuhörenden nicht genau wissen, wozu sie überhaupt vorgeladen oder, besser gesagt, eingeladen sind, dann ist das wahrscheinlich etwas schwierig. Da müssen wir schauen, dass wir das künftig besser machen.

Was wir aber, glaube ich, als Regierungsfraktionen hier nicht so ganz durchgehen lassen können, ist, dass Sie sich jetzt wieder in dieser Opferrolle vor uns präsentieren, denn wenn Sie einen anderen Umgang mit der Opposition einfordern, kann ich nur sagen, das ist keine Einbahnstraße, diese Forderung. Sie fordern von uns, dass wir Sie am besten frühzeitig in jedes Gesetzesver

fahren einbinden, was noch nicht mal die Regierungsfraktionen kennen, und gleichzeitig machen Sie es natürlich nicht,

(Heiterkeit bei Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

denn Sie sind nicht mit dieser Initiative auf uns zugekommen und haben mal den Kollegen Heydorn oder mich gefragt, liebe Leute, das ist unser Entwurf, wie steht ihr dazu. Man kann sich die Wahrheit auch nicht immer so hindrehen, wie man es gerade möchte. Die Kommunikation ist an der Stelle keine Einbahnstraße.

Wie gesagt, es ist ein Verfahren, das auf dem Weg ist, und ich finde es schwierig, weil gerade Ihre Fraktion immer diejenige ist, der es wichtig ist, dass man die Verbände mit anhört, dass man die Betroffenen hört. Das findet statt. Wenn man jetzt sagen würde, das schieben wir alles beiseite, wir haben den Gesetzentwurf der LINKEN, dann wäre faktisch alles das, was die zugearbeitet haben, schon mal für die Tonne.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Da würde man sagen, das interessiert uns nicht, wir schieben den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Seite. Was an Eingaben kam, interessiert uns gar nicht, wir haben den neuen tollen Entwurf der LINKEN, den verweisen wir jetzt und das soll der Weisheit letzter Schluss am Ende des Tages sein.

Ich glaube, so einfach geht es nicht, Herr Koplin. Das wissen Sie auch und das haben Sie von vornherein gewusst. Ich glaube, es wäre seriöser gewesen, sich noch die paar Wochen zu gedulden, bis der Gesetzentwurf der Landesregierung vorliegt. Dann kann man all diese Punkte – ich hatte es eingangs gesagt – gerne noch mal aufrufen und diskutieren. Und da kenne ich Sie jetzt mittlerweile gut genug, das werden Sie auch machen. Von daher noch mal: Wir werden die Überweisung des Entwurfs heute ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.