Protocol of the Session on November 15, 2017

Nun können wir nicht damit rechnen, dass der Anbau energiereicher Naturpflanzen sich massiv rückläufig gestaltet. Das heißt aber auch, dass die Jagdmethoden den geänderten Anbauverhältnissen in der Landwirtschaft Rechnung tragen müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich erlaube mir an dieser Stelle nochmals aus meiner Rede am 19.10. hier an gleicher Stelle zu zitieren:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es ist immer gut, wenn man sich selber zitiert!)

„… wir müssen in den nächsten Wochen und Monaten parteiübergreifend zu diesem Thema zusammenarbeiten, denn wenn der Virus nach Deutschland eingeschleppt wird, wäre das sehr problematisch. Das Einschlepprisiko beläuft sich auf 30 Kilometer im Jahr. Ein multidisziplinä

rer Ansatz ist bei der Therapie der ASP nötig. Dazu gehören Jäger, Landwirte, Jagd- und Veterinärwesen, Naturschutzbehörden und Wildausgleichskasse.“

Nun ist es ja möglich, dass Sie noch Ergänzungen zu unserem Antrag einbringen möchten. Dann sage ich Ihnen, lassen Sie uns im Ausschuss darüber reden. Eine Ablehnung aus parteipolitischen Erwägungen ist bei diesem wichtigen Thema völlig unangebracht. Ich beantrage die Überweisung in den Ausschuss und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV – Andreas Butzki, SPD: Welchen Ausschuss?)

Danke, Herr Abgeordneter.

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 180 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat ums Wort gebeten der Minister für Landwirtschaft und Umwelt. Herr Dr. Backhaus, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Borschke, zunächst erst einmal möchte ich feststellen, vor vier Wochen, am 14. Oktober, haben wir dieses Thema hier umfassend debattiert. Ich hatte angekündigt, dass wir ein Sofortprogramm am Erarbeiten sind. Ich bin sehr dankbar, dass die Fraktionen mir das Vertrauen geschenkt haben und das Sofortprogramm mit 2 Millionen Euro ausgestattet haben.

Ich glaube, es hat sich in den letzten Wochen einiges getan. Ich will aber ausdrücklich noch mal darauf hinweisen, die Strategie, warum wir und ich selbst das Thema so hoch anhängen, ist vollkommen klar. Wir nehmen zur Kenntnis: Seit 2007 schlagen wir uns mit diesem Thema bereits herum, weil da die ersten Hinweise auf die Afrikanische Schweinepest aus Georgien, anschließend aus der Ukraine, Weißrussland, Russland, Lettland, Litauen und Estland bei uns aufgelaufen waren. Insofern will ich natürlich diese ernst gemeinten Hinweise von Ihnen nicht in Abrede stellen. Ich komme darauf aber noch mal.

Eine Grundaussage können wir heute schon treffen: Wir haben in den letzten Jahren die Wildschweine, die Sauen, wie es in der Fachsprache heißt, schlaugeschossen. Das ist tatsächlich so. Deswegen brauchen wir kluge Ideen und kreative Lösungen. Insofern begrüße ich, dass wir uns heute schon zum wiederholten Male mit dem Thema auseinandersetzen. Ich werde den Versuch unternehmen, konkrete Vorschläge zu machen. Auch wenn die, die von Ihnen kommen, nicht immer 100 Prozent – auch weil Sie sie geprüft haben –, nicht unbedingt alle zweckmäßig sind, macht es eins deutlich: Wir arbeiten mit Hochdruck gemeinsam und damit fraktionsübergreifend an Lösungen und nehmen diese Risikofaktoren, die durch das Friedrich-Löffler-Institut, auch durch unsere Initiativen, noch mal nach oben gestuft worden sind, und zwar, dass das Ansteckungsrisiko mittlerweile in Deutschland und damit ebenso in MecklenburgVorpommern als hoch eingeschätzt wird, wirklich sehr, sehr ernst.

Ich will die wichtigsten Aspekte, die wir jetzt eingeleitet haben, hier noch mal benennen:

Erstens. In den nächsten drei Jahren wird das vom 11.01. bis 30.07. geltende Drückjagdverbot aufgehoben. Das ist bereits geschehen.

Zweitens sollen revierübergreifende Drückjagden stärker forciert werden und die Forst, die Nationalparkämter, aber auch die Privatjagden sind hier gemeinsam in der Verantwortung, sich dieser Aufgabe zu stellen, und zwar revierübergreifend.

Drittens muss die Zahl der Drückjagden, insbesondere im Forst und auch in den Nationalparken, deutlich erhöht werden. Wir sprechen intern über eine Verdoppelung dieser Aktivitäten. Die Drückjagdsaison hat begonnen und wir nehmen auch aufgrund der Witterungssituation zur Kenntnis, ein Großteil der Sauen, also der Wildschweine, sind noch gar nicht wieder im Wald, sondern sie sind zum Teil noch im Mais oder sie sind in anderen Flächen, sodass wir sie in den Wäldern noch gar nicht zurückerwarten konnten.

Viertens. Der Schwerpunkt der Schwarzwildbejagung liegt auf dem Abschuss von Frischlingen und der reproduzierbaren Bache. Das ist die Veränderung, die wir jetzt eingeleitet haben. Auch da sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Forstämtern eingewiesen worden. Reproduzierbare Bachen dürfen und müssen erlegt werden, um die Reproduktion zu minimieren. Aber es gilt auch der Grundsatz, dass für führende Bachen Mutterschutz gilt.

Fünftens. Die Freigabebeschränkung für Bachen auf gemeinschaftlichen Jagden werden aufgehoben, selbstverständlich mit der Ausnahme geschützter Muttertiere mit gestreiften Frischlingen.

Sechstens. Wir werden ab dem 01.12. finanzielle Anreize gewähren in Form einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 25 Euro pro erlegtem Stück.

(Patrick Dahlemann, SPD: Sehr gut!)

Das gilt beim Fund und der Beprobung eines kranken oder verendeten Stücks Schwarzwild, das gilt für den Frischling bis 20, 25 Kilo aufgebrochen und für jede nicht führende Bache ab einem Alter von zwei Jahren. Dafür werden diese 25 Euro gezahlt, ausdrücklich sage ich das. Für jeden an den revierübergreifenden Drückjagden teilnehmenden Hund, der eine Brauchbarkeitsprüfung absolviert hat, gilt das auch.

Meine Damen und Herren, warum ist die drastische Reduzierung der Sauenbestände von so großer Bedeutung? In den letzten Jahren ist der Wildschweinbestand in Mecklenburg-Vorpommern und auch bundesweit stark angewachsen. Wir müssen jährlich, das ist hier eben schon angeklungen, von einer 200- bis 300-prozentigen Zuwachsrate sprechen. Im Jagdjahr 2005/2006 waren es noch 51.000 Stück Schwarzwild, die erlegt worden sind, und im letzten Jagdjahr 2016/2017 betrug die Strecke 60.500. Auch wenn die Streckenergebnisse zum Teil starken Schwankungen unterliegen, ist die Strecke tatsächlich im Durchschnitt mittlerweile bei deutlich erhöhten Beständen. Wir haben im Übrigen im Spitzenjagdjahr 2008/2009 auch schon mal 76.000 Stücken Schwarzwild in diesem Land erlegt. Deswegen habe ich so eine

Zahl ausgegeben. Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Jagdjahr bis zu 80.000 Stück Schwarzwild erlegen werden. Nur so kann das Risiko, das vom Schwarzwild als potenzieller Überträger der Afrikanischen Schweinepest ausgeht, weiter reduziert werden.

Im Übrigen hat die Reduzierung der Schwarzwildbestände noch einen anderen positiven Einfluss, nämlich die Schäden in der Landwirtschaft, auf dem Grünland und insbesondere natürlich auch die Marktfrüchte betreffend. Damit würde auch die Wildschadensausgleichskasse, ein besonderes Produkt dieses Landes, nicht so stark belastet.

Ich habe in der letzten Landtagssitzung gesagt, all diese Maßnahmen sind nicht Ausdruck einer aufgeheizten Hysterie, sondern angesichts der unvorstellbaren Schadenspotenziale der Afrikanischen Schweinepest unumgänglich. Ich sage hier ausdrücklich: Ich weiß nicht, wer von Ihnen Erfahrungen mit Jägern oder Forstleuten oder auch Naturschützern gesammelt hat, aber diese Maßnahmen, die wir anbieten, sind in diesem Land getragen. Deswegen möchte ich mich jetzt schon mal insbesondere bei der Jägerschaft, bei unseren Forstleuten, aber auch bei den Naturschützern bedanken, dass es hier nicht zu einem Zerreden dieser Problematik kommt. Sollte die Afrikanische Schweinepest in Mecklenburg-Vorpommern in größerem Umfange ausbrechen, zögerte ich nicht, zu weiteren Maßnahmen zu kommen. Allein, auch das habe ich das letzte Mal gesagt, die 830.000 Schweine, die wir in Haustierbeständen haben, und die mehr als 200 landwirtschaftlichen Unternehmen – ich habe gestern gerade einen Strohschweinestall,

(Patrick Dahlemann, SPD: Mecklenburger Strohschwein.)

das Mecklenburger Strohschwein, eröffnet – wären dann davon betroffen.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Wenn man sich überlegt, die Fleischverarbeitung und alles, was an der Schweineproduktion in MecklenburgVorpommern hängt – das sind mehr als 3.700 Beschäftigte –, ist zum Teil ebenso ein Exportschlager, auch das dürfen wir nicht vergessen.

Wir haben natürlich die Verantwortung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Jeder kann hier mitwirken, dieses Virus möglichst nicht einzuschleppen, zum Beispiel aus den Regionen, wo die Afrikanische Schweinepest, grassiert, keine Lebensmittel mitzubringen – das ist im Übrigen ausdrücklich verboten –, keine Fleisch- und Wurstwaren. Aber auch Speisereste dürfen nicht an Tiere verfüttert werden. Wildtiere dürfen nicht angefüttert werden. Ich nehme zur Kenntnis, dass es immer noch so was gibt, insbesondere in den touristischen Hochburgen, wo man sich zunächst freut, dass die Schweine zu sehen sind, und sich wundert, wenn sie dann plötzlich auch zu anderen Maßnahmen greifen.

(Zurufe von Minister Harry Glawe und Andreas Butzki, SPD)

Insofern noch mal an die Tierhalter mein dringender Appell, in diesem Lande alles dafür zu tun, Sauberkeit und Hygiene umzusetzen, um uns damit letzten Endes vor größeren Schäden zu bewahren.

Aber zurück zum Antrag der BMV: Abgesehen von den eben vorgestellten Sofortmaßnahmen ist die Landesregierung natürlich seit längerer Zeit dabei, die jagdrechtlichen Rahmenbedingungen, die die Reduktion der Schwarzwildbestände erleichtern, zu verbessern. Allerdings werden hier auch andere Rechtskreise, wie zum Beispiel das Waffenrecht, berührt. Dazu habe ich ebenfalls in der letzten Landtagssitzung darauf hingewiesen, dass wir Beschlüsse in der Agrarministerkonferenz getroffen haben, dass die Bundesregierung aufgefordert ist, das Waffenrecht in dieser Frage zu ändern, sodass eine Anpassung nicht von heute auf Morgen passieren wird. Das glaube ich nicht. Man hört auch, dass in Berlin diese Fragen zurzeit diskutiert werden, aber wir noch keine endgültigen Ergebnisse haben.

Ihr Vorschlag, unter anderem die Ausnahme vom Verbot der Verwendung von künstlichen Lichtquellen zuzulassen, wird sowohl in der Wissenschaft als auch in der Jagdpraxis als kritisch angesehen. Ich will das nicht in Abrede stellen. Natürlich bin ich selbst als ausgebildeter Jäger in der Lage, das einzuschätzen. Das ist eine Maßnahme, aber sie würde natürlich auch dazu führen, dass sehr schnell Gewohnheitseffekte eintreten. Die Folge wären Vermeidungseffekte. Ich habe eben ausdrücklich betont, wir haben die Sauen in den letzten Jahren schlaugeschossen.

Wie Sie wissen, haben wir eine sehr, sehr gute Arbeitsgruppe in Vorpommern-Greifswald,

(Patrick Dahlemann, SPD: Ja! Ja!)

die sich mit wissenschaftlich hervorragendem Sachverstand aus Eberswalde, aus Hannover und auch aus anderen Regionen Deutschlands mit dem Thema sehr, sehr intensiv befasst.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Wir fördern das auch sehr stark. Da ist im Übrigen zum Ausdruck gekommen, dass eine Bache heute in Mecklenburg-Vorpommern 7,8 Jahre alt wird – 7,8 Jahre alt wird! – und dass sie genetisch schon die Stellen, wo es gegebenenfalls mal zum Schuss kommen kann, an die Frischlinge weitergibt. Das heißt, die gehen dann, wie ich es angedeutet habe, beim Mondschein eben nicht an die Kirrungen, weil sie ganz genau wissen, da gibt es Ärger. Deswegen, meine ich, ist diese wildbiologische Aussage, mit Lichtquellen das zu genehmigen und zu erlauben, vor dem Hintergrund dieser Gewöhnungseffekte zu hinterfragen.

Auf der anderen Seite muss man einem Stück Wild noch die Möglichkeit anbieten, ich will das nicht in Abrede stellen, aber sie müssen auch noch die Chance haben, flüchten zu können.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Alles andere ist ebenso ethisch zu hinterfragen. Da werden wir gegebenenfalls auch noch Ärger bekommen. Wenn die Dramatik noch größer wird, bin ich bereit, selbstverständlich im Agrarausschuss immer wieder darüber zu berichten und gegebenenfalls auch solche Maßnahmen mit in den Blick zu nehmen.

Insofern darf ich noch mal unterstreichen: Wir sind in einer noch komfortablen Situation – drei Mal Holz! –, weil wir jetzt Proben nehmen und einen sehr genauen Über

blick haben über die Situation. Aber ich nehme natürlich auch zur Kenntnis, dass wir wieder neue Ausbrüche in Tschechien gehabt haben. Wir haben aktuell neue Ausbrüche in Polen und in Rumänien ganz aktuell neu. Das heißt, die Situation wird nicht einfacher. Insofern sage ich Ihnen fest zu – ich glaube, dass wir hier zu einem Verfahren im Agrarausschuss gefunden haben, auch dank der Hinweise der Vorsitzenden –, dass wir regelmäßig über aktuelle Probleme diskutieren und darauf hinweisen werden. Ich werde selbstverständlich im Agrarausschuss, das biete ich hier noch mal ausdrücklich an, in der Zukunft in den Sitzungen über den aktuellen Sachstand berichten. Wir sind ebenfalls mit dem Innenminister in wichtigen Gesprächen, um auch hier nach Alternativen zu suchen. Insofern bitte ich um Verständnis, dass wir das so darstellen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Minister.

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Strohschein.

(Minister Dr. Till Backhaus: Mister Peng, Peng! Jetzt hören wir wieder zu.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Liebe Bürger! Der Antrag der Fraktion der BMV fordert zeitlich begrenzte Änderungen im Landesjagdrecht, um der Schweinepest vorzubeugen. Vor wenigen Tagen hat Herr Minister Backhaus eine große Offensive zur Reduzierung der Schwarzwildbestände in Mecklenburg-Vorpommern ausgerufen und dafür rund 2 Millionen Euro an Landesmitteln zur Verfügung gestellt, wie Sie es schon sagten, Herr Minister. Daneben wurden Regelungen ausgeweitet, um die Jagd effizienter und erfolgreicher zu gestalten.