Protocol of the Session on October 19, 2017

Unsere direkten europäischen Nachbarn in Polen und Tschechien sind da schon etwas weiter. Polen will einen 729 Kilometer langen Grenzzaun zur Ukraine und zu Weißrussland bauen, der das weitere Eindringen von infizierten Wildschweinen verhindern soll. Dazu, was in der tschechischen Regierung veranlasst wurde, um mit drastischen Maßnahmen die weitere Ausbreitung der Schweinepest in Richtung Westen zu verhindern, hat der Minister auch bereits etwas gesagt. Ich hatte für die Verwaltungsregion Zlίn – manchen ist das noch als Gottwaldov in Erinnerung – den Bericht gelesen, dass dort ein 45 Kilometer langer, sehr engmaschiger Zaun errichtet werden soll.

Beide Meldungen stammen bereits aus dem Sommer. Ob die Zäune errichtet worden sind – Herr Backhaus, Sie haben es eben so dargestellt, als wenn das in Zlίn bereits fertig ist –, da fehlen mir die Angaben, das weiß ich nicht. Aber eins eint beide Länder im Unterschied zu dem, was bisher in Deutschland gemacht wurde: Es wird öffentliches Geld in die Hand genommen, und zwar ordentlich Geld in die Hand genommen, um eine aktive Abwehr von ASP zu versuchen. Die Kosten für die Elektrozäune übernimmt der Staat. Zugleich ist in beiden Ländern der Abschuss von Schweinewild stark erhöht worden. Das dient übrigens auch dem Schutz vor der ASP in Deutschland.

Im ursprünglichen Antrag kann ich also nicht viel Neues und Konkretes finden, aber, wie gesagt, dann kam heute früh die Überraschung. Frau Schlupp, da möchte ich doch gerne wissen: Warum haben Sie denn nicht einfach Ihren Antrag durch den Ersetzungsantrag ersetzt? Denn da steht doch drin, worum es heute eigentlich geht und warum wir heute auch gar nicht groß zanken müssen. Ihre mündliche Begründung teile ich vollumfänglich – vom Infrarot bis zur Abschussprämie einschließlich des zu diskutierenden Paradigmenwechsels in dem ganzen Prozedere.

Jetzt liegt also mit dem Änderungsantrag etwas Substanzielles vor. Das, was dort geschrieben steht, korrespondiert mit einigen Überlegungen, die wir bereits in der Haushaltsdiskussion verbal ausgetauscht haben. Wir reflektieren das positiv, und genau deswegen werden wir Ihrem Antrag zustimmen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter.

Für die Fraktion der BMV erhält das Wort der Abgeordnete Borschke.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Die afrikanische Schweinepest, kurz ASP, die bereits 2014 das erste Mal in Litauen und an der Grenze zu Weißrussland aufgetreten ist, ist der klassischen Schweinepest sehr ähnlich. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied: Es sind zwei verschiedene Viruskrankheiten. Die klassische Schweinepest wird durch einen Virus ausgelöst, gegen den man auch einen Impfstoff entwickelt hat. Bei der afrikanischen Schweinepest sieht es leider ganz anders aus. Einen Impfstoff gibt es bis heute nicht. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Landesregierung beim Bund dafür einsetzt, dass die Forschung zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen die afrikanische Schweinepest forciert wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, die afrikanische Schweinepest ist ein gefährliches und aggressives Virus. Deshalb müssen wir konsequent, ohne Wenn und Aber gegen dieses Virus und seine Ausbreitung vorgehen. Wenn wir nicht konsequent sind, steht die gesamte Schweinehaltung in der Bundesrepublik Deutschland und somit auch in Mecklenburg-Vorpommern auf dem Spiel, und für die Landwirte – aber nicht nur für diese – wäre das ein wirtschaftliches Fiasko, denn ist in einem Betrieb nur ein Tier infiziert, muss der ganze Bestand getötet werden. Der Handel mit Schweinefleisch käme unweigerlich zum Erliegen.

Für den Menschen ist die afrikanische Schweinepest nicht ansteckend, aber ein Vektor, mithin ein Überträger, zum Beispiel, wenn man rohe Wildschweinprodukte aus betroffenen Gebieten mit sich führt. Eine große Gefahr besteht in Rohprodukten. Zum Beispiel kann das ASPVirus in Mettwurst über Monate virulent bleiben. Das Loeffler-Institut geht von einem hohen Einschleppungsrisiko des ASP-Virus aus.

Ein Fallbeispiel: ein belegtes Brot mit Salami. In der Salami ist der Krankheitserreger. Das Brötchen mit der Salami schmeckt nicht und wird aus dem Autofenster geworfen. Ein Wildschwein frisst es und nimmt den Erreger auf. Die Infektion wird in Gang gebracht.

Auch das Friedrich-Loeffler-Institut warnt vor der illegalen Entsorgung und schätzt das Risiko hoch ein, dass die Schweinepest so nach Deutschland gelangen wird. Daher ist eine Einhaltung der Hygienevorschriften zwingend erforderlich. Dies gilt natürlich auch für Kleinbetriebe. Die Kontrolle und Regulierung von Tiertransporten ist ebenfalls von Bedeutung.

Ein Hauptaugenmerk in der Bekämpfung muss aber der Wildschweinpopulation gelten. Die Wildschweinbestände sind extrem angewachsen. Trotz Jagd ist es bis heute nicht zu einer Reduzierung gekommen. Hier sind dringend Maßnahmen wie die Erteilung von Abschussprämien erforderlich. Die Möglichkeit zur Wildschweinjagd in Schutzgebieten muss ebenfalls in Betracht gezogen werden. Auf jeden Fall muss der Jagddruck unbedingt erhöht werden. Zu beachten ist aber auch, dass die erste Rausche bei den Frischlingen bereits ab der vierten bis sechsten Woche eintritt, somit zwei Würfe im Jahr möglich sind und dies dann auch noch mit einer erhöhten Individuenzahl einhergeht. Grund hierfür ist das in erheblichen Mengen zur Verfügung stehende energiehaltige Futter.

Sehr geehrter Herr Minister, Sie appellierten an ein Umdenken in der Jägerschaft. Die herkömmlichen Jagdmethoden hätten nicht nachhaltig die Überpopulationen verhindern können. Ein Institut in Eberswalde stellte fest, das Fortpflanzungspotenzial hätte sich um 300 Prozent erhöht, bedingt durch den Flushing-Effekt. So fördere zum Beispiel der energiereiche Mais dank der hohen Maisbestände die Ovulation bei Überläufern und adulten Tieren. Da können die Jäger Tag und Nacht jagen und es wird trotzdem problematisch, die erforderlichen Abschusszahlen zu erreichen.

Ein weiteres Problem stellen die Pachtforsten dar. Besonders die unterschiedlichen Besitzverhältnisse von Jagdrevieren und die Bejagung auf renaturierten Flächen sei zurzeit ein ungelöstes Problem. Bei Pächtern aus den alten Bundesländern ist eben eine Jagdausübung vielleicht nur zweimal im Jahr nicht ausreichend. Hier besteht auf jeden Fall Handlungsbedarf, auch wenn es sich schwierig gestaltet. In der Tschechei hat man es übrigens durch rigorose Bejagung geschafft, ein Übergreifen auf Haustierbestände bis jetzt zu verhindern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen in den nächsten Wochen und Monaten parteiübergreifend zu diesem Thema zusammenarbeiten, denn wenn der Virus nach Deutschland eingeschleppt wird, wäre das sehr problematisch. Das Einschlepprisiko beläuft sich auf 30 Kilometer im Jahr. Ein multidisziplinärer Ansatz ist bei der Therapie der ASP nötig. Dazu gehören Jäger, Landwirte, Jagd- und Veterinärwesen, Naturschutzbehörden und Wildausgleichskasse. Auch die Bürgerinnen und Bürger von Mecklenburg-Vorpommern sind aufgerufen, wenn irgendwo tote Wildschweine aufgefunden werden, dies sofort der örtlichen Veterinärbehörde zu melden, damit die Untersuchung starten kann und die Kadaver entsorgt werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Kollegen! Dem Antrag der CDU und SPD kann unsere Fraktion Bürger für Mecklenburg-Vorpommern in allen Punkten nur zustimmen. Die Maßnahmen sind richtig und notwendig, damit die Schweinehaltung in MecklenburgVorpommern nicht in Gefahr gerät. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Kliewe.

Sehr verehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Gäste! Es ist, denke ich mal, heute fast alles gesagt zu dem Thema. Vor allem haben unsere beiden Hauptredner, Frau Schlupp, die die Einbringung gemacht hat, und der Minister das Thema fachlich gut abgeräumt. Ich möchte noch ein paar Sachen ergänzen, will es aber auch nicht in die Länge ziehen.

Ich habe mal einen Artikel mitgebracht, aktuell aus „top agrar“ vom September 2015, da steht ganz oben drauf „Afrikanische Schweinepest: Es ist fünf vor zwölf!“. Ich glaube,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Da darf man nichts zeigen.)

ich glaube, die Überschrift...

Herr Kliewe!

Herr Abgeordneter, das ist nicht gestattet. Sie wissen das, ja?

(Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Gut, okay.

Dieser Ausspruch „Es ist fünf vor zwölf!“ signalisiert uns, dass wir Handlungsbedarf haben. Das wurde hier heute mehrfach unterstrichen. Ich denke mal, wir sollten diese fünf Minuten, die wir noch haben, bis es brennt, nutzen, um sämtliche Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, die heute auch schon mehrfach genannt wurden.

Das ist sicherlich erst mal eine generelle Aufklärung der entsprechenden wichtigsten Gruppen, die hier, ich sage mal, in Mitleidenschaft gezogen werden, das ist eine Zusammenarbeit mit den Jägern, das ist die von uns vorgeschlagene Abschussprämie, die wir mit dem Antrag finanziell untersetzen wollen. Ich denke, Sachen, die heute hier genannt wurden, eventuell einen Zaun an der Grünen Grenze zu errichten, wie es jetzt die Polen machen – so weit sind wir noch nicht gegangen. Ich glaube, das wäre etwas übertrieben.

Ich finde es gut, dass wir uns heute zu dieser Unterstützung verständigen, was am Ende zur Verhinderung der Ausbreitung der Seuche aus den östlichen Nachbarländern nach Deutschland beitragen soll. Und ich bitte darum, unseren Antrag, unseren gemeinsamen Antrag von CDU und SPD zu unterstützen, damit wir schnellstmöglich die Maßnahmen ergreifen können, die heute schon mehrfach genannt wurden. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 7/1174 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/1174 einstimmig angenommen.

Wer dem so geänderten Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 7/1132 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist ebenfalls nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 7/1132 mit den soeben beschlossenen Änderungen angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktion der BMV – Unterstützung der Bemühungen des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt gegen ein Angel- und Fischereiverbot in neu ausgewiesenen Meeresnaturschutzgebieten, Drucksache 7/1134.

Antrag der Fraktion der BMV Unterstützung der Bemühungen des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt gegen ein Angel- und Fischereiverbot in neu ausgewiesenen Meeresnaturschutzgebieten – Drucksache 7/1134 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Borschke.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister!

(Ministerin Birgit Hesse: Oh!)

Meine Damen und Herren, warum stellt die Fraktion Bürger für Mecklenburg-Vorpommern diesen Antrag? Da müssen wir erst mal gucken, worum es geht. Es geht schlicht und einfach darum, unserem Minister Herrn Dr. Backhaus die volle Zustimmung und Unterstützung für sein Eintreten zugunsten unserer Fischer und Angler zuzusichern. Auf diese ist der Minister in diesem Fall wohl dringend angewiesen.

Sehr geehrter Herr Minister, ich weiß, dass Sie es mit der Unterstützung unserer Fischer und Angler ernst meinen und dass dies keine leeren Worte sind. Das weiß ich zu schätzen. Ihre diesbezüglichen Anmerkungen im Ausschuss kann ich nur begrüßen und unterstützen. Umso wichtiger ist es, dass dies auch die Unterstützung all derer findet, die das Wohl unseres Landes und seiner Bevölkerung als Maßstab ihres Handelns sehen, und das – ich betone das ausdrücklich – unabhängig vom Parteibuch.

Das, was sich aber die Bundesumweltministerin geleistet hat, ist einfach so nicht hinnehmbar. Zwei Tage vor der Wahl eine Verordnung durchzudrücken, die mit anderen Ministerien nicht abgestimmt ist und dann noch jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt, scheint sehr fragwürdig. Daher sollten der Landtag und die Regierung die

Bestrebungen des Herrn Ministers zur Korrektur dieser Maßnahme unbedingt unterstützen.

Mit dem Vorgehen der Umweltministerin droht, ein erheblicher Schaden an der Demokratie angerichtet zu werden. Niemand kann eine demokratische Rechtfertigung für diese unabgestimmte Nacht-und-Nebel-Aktion finden. Es besteht die große Gefahr, dass in der Bevölkerung der Eindruck entsteht oder er sich erhärtet, Politik entfernt sich von den Menschen, besonders von den Betroffenen, und bezieht den Bürger nicht mehr in ihr Handeln mit ein. Naturschutz gegen den Menschen ist nicht hinzunehmen. Er ist für den Menschen da, er soll dem Menschen dienen und nicht den ideologischen Interessen einer kleinen Gruppe. Solche Aktionen tragen erheblich zur Politikverdrossenheit bei.

Laut WWF ist Deutschland in Europa bei der Ausweitung von Schutzgebieten führend. 47 Prozent der deutschen Meeresfläche steht unter Schutz. Jetzt haben wir wohl die 50 Prozent geknackt. Ich frage: Wo bleibt der Mensch? Mecklenburg-Vorpommern und seine Meere und Seen sind aber nicht nur Lebensraum, nein, sie sind auch Wirtschaftsraum.

Die Widersinnigkeit dieser Verordnung lässt sich sehr schön an dem Ort, nämlich der Kadetrinne, festmachen. In der meist befahrenen Seewasserstraße der Ostsee soll zum Schutz der Schweinswale und Seevögel das Angeln verboten werden. Eine wirtschaftliche Nutzung, ja, selbst Windparks sollen aber weiter möglich sein. Einen wissenschaftlichen Beweis, der dies rechtfertigt und Schäden durch Angler nachweist, gibt es nicht und den wird es wohl auch nicht geben. Trotzdem wird ein Angelverbot durchgesetzt und die Existenz der Angelkutter gefährdet sowie in die Rechte der Angler, die zu den größten Natur- und Umweltschützern gehören, eingegriffen. Man darf nicht vergessen, was hier den Anglern droht, droht letztendlich eventuell auch den Fischern.

Ich möchte an dieser Stelle auf meinen Antrag betreffs eines Stellnetzverbotes auf der Plenarsitzung im März dieses Jahres verweisen, Titel: „Kleine Küstenfischerei stärken – Stellnetzfischerei erhalten“. Ich zitiere hier mal aus der Antwort des Ministers: „Die Kadetrinne ist im Großteil der Fläche identisch mit einem Verkehrstrennungsgebiet mit nahezu andauerndem Schiffsverkehr. Vor diesem Hintergrund erscheint das beabsichtigte ganzjährige Verbot der Freizeitfischerei wegen Störung von Schweinswalen durch unspezifischen Bootsverkehr in unbekanntem Ausmaß und unbekannter Wirkung sehr fragwürdig. Im Umfeld der Kadetrinne befinden sich traditionell beliebte Angelreviere, die insbesondere von den Häfen der Stadt Rostock und dem Umland gut zu erreichen sind.“

Für die Stellnetzfischerei in Schutzgebieten der AWZ liegen, wie bereits gesagt, keine aktuellen Vorschläge vor. Daher stellt sich die Frage, ob es zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Verbot der Stellnetzfischerei in der AWZ der Ostsee kommen wird beziehungsweise ob das überhaupt beabsichtigt ist. Aus den vom Minister Backhaus vorliegenden Unterlagen kann das jedenfalls nicht entnommen werden.