Protocol of the Session on October 19, 2017

Also ich glaube nicht, dass es deshalb nicht gereicht hat.

Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/1125 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und AfD, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BMV abgelehnt.

(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Andersrum! Andersrum! – Zuruf aus dem Plenum: Zustimmung DIE LINKE und AfD.)

Bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und AfD abgelehnt. Also ich weiß nicht, was hier …

(allgemeine Unruhe – Minister Dr. Till Backhaus: Das ist richtig. Harry hat wieder verrückt gespielt.)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion BMV – Sicherung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft/Struktur erhalten – Höfeordnung in Mecklenburg-Vorpommern einführen, Drucksache 7/1135.

Antrag der Fraktion der BMV Sicherung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft/ Struktur erhalten – Höfeordnung in Mecklenburg-Vorpommern einführen – Drucksache 7/1135 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Borschke.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Heute behandeln wir den Antrag zur Höfeordnung. Während einer Podiumsdiskussion wurde von Landwirten unter anderem die Frage gestellt, wann denn nun endlich in MecklenburgVorpommern eine Höfeordnung kommt.

Meine Damen und Herren, wir sollten einen Blick auf die Betriebsgrößen von Agrarbetrieben in Deutschland werfen. Führend ist Mecklenburg-Vorpommern mit circa 275 Hektar durchschnittlicher Betriebsgröße. Schlusslichter sind Bayern und Baden-Württemberg mit circa 35 Hektar. Das sagt etwas über die Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirte aus.

Nun werden Sie hier, falls das abgelehnt werden sollte, sicherlich mit der Begründung, mit dem Argument kommen: Für Mecklenburg-Vorpommern ist das nicht dringlich erforderlich, da die wenigsten Betriebe bäuerliche Einzelbetriebe sind, die meisten sind Agrargesellschaften und Genossenschaften. Das stimmt teilweise. Aber warum führen dann Brandenburg und nun wohl auch Sachsen-Anhalt eine Höfeordnung ein? Die Betriebsgröße in Brandenburg beträgt zum Beispiel 245 Hektar und in Sachsen-Anhalt 271 Hektar, also ähnliche Betriebsgrößen wie in Mecklenburg-Vorpommern. Warum hier die Höfeordnung berechtigt ist, in Mecklenburg-Vorpommern aber nicht, erschließt sich mir nicht.

Natürlich tragen wir Verantwortung auch für wenige Einzelne oder für Minderheiten. Da sich der brandenburgische Landtag bereits 2015 für die Einführung einer gesetzlichen Erbschaftsregelung für Landwirte nach dem Vorbild der Höfeordnung ausgesprochen hat, sollten wir folgen. Ich möchte hierzu gerne den Landwirtschaftsminister von Brandenburg, Herrn Vogelsang, SPD, zitieren.

(Minister Dr. Till Backhaus: Vogelsänger heißt er.)

Vogelsänger, Entschuldigung, gut, Vogelsänger.

„,Unser wichtigstes Ziel ist, die Vielfalt unserer … Agrarbetriebe im Land zu erhalten. Dazu gehört auch, dass im Fall einer Übergabe innerhalb der Familie leistungsfähige Höfe erhalten werden können. 25 Jahre nach der Wende steht auch in Brandenburg ein weitreichender Generationswechsel an. Viele Betriebsinhaber, die hier in den Neunzigerjahren das Wagnis eines Neuanfangs in einem bäuerlichen Familienbetrieb auf sich genommen haben, stehen mit ihren Familien nun vor der Frage: Wie weiter? Der zu vererbende landwirtschaftliche Betrieb soll möglichst in seiner Gesamtheit weitergegeben werden. Der Übergebende muss dabei finanziell abgesichert werden.‘ … Die Einführung der Höfeordnung bietet sich hierfür an, ,weil hier das ,Rad‘ nicht neu erfunden werden muss.‘“

Diesen Ausführungen kann man nur uneingeschränkt zustimmen.

Der Geltungsbereich dieser bundeseinheitlichen Verordnung wird in einigen alten Ländern angewendet und muss auch für Mecklenburg-Vorpommern Anwendung finden. Die Höfeordnung ist kein zwingendes Recht. Sie soll die Hofnachfolge regeln, wenn in der Familie kein Konsens erzielt werden konnte. Bisherige Regelung im Erbrecht ist: Das Vermögen des landwirtschaftlichen Betriebes wird an alle Erben verteilt, wenn kein Testament vorliegt, egal, ob die Erben bereit oder in der Lage sind, den Betrieb weiterzuführen. Der Betrieb muss so im schlimmsten Fall verkauft werden oder er verschuldet sich erheblich, wenn die Erbanteile aufgeteilt werden. Eine Weiterführung des Betriebes ist dann oft nicht möglich.

Der Antrag soll dabei helfen, im Erbrecht die Möglichkeit zu schaffen, dass der einheimische Landwirt den Betrieb weiterführen kann. Das bedeutet, dass der Hof als Teil der Erbschaft nur einem Erben zufällt. Somit können die einheimischen Landwirte die Betriebe wirtschaftlich weiterführen und die Familienbetriebe bleiben in Familienbesitz. Wichtig ist, dass der Betrieb nicht an irgendwelche Investoren fällt.

Ein weiteres gutes Beispiel ist Rheinland-Pfalz. Die Einführung der Höfeordnung hat dazu beitragen, dass die größeren Höfe im Konkurrenzkampf überleben konnten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Höfeordnung wird einen Beitrag zur Stabilität in der Betriebsstruktur leisten. Das bedeutet, generationsübergreifende landwirtschaftliche Betriebe bleiben erhalten. Fast die Hälfte der Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern sind familiengeführte Einzelunternehmen.

Der SPD-Fraktion möchte ich gerne noch einen Denkanstoß mitgeben.

(Zuruf aus dem Plenum: Oh!)

Der Sprecher der SPD-Fraktion für Landwirtschaft in Brandenburg sagte, ich zitiere: „Mit der Höfeordnung kann zumindest der Versuch unternommen werden, einen landwirtschaftlichen Betrieb an die nächste Generation zu übergeben, ohne dass er an Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit verliert.“

Der brandenburgische Bauernbund-Präsident Karsten Jennerjahn sagte: „Das ist ein ganz wichtiges Signal an unsere jungen Hofnachfolger, dass Betriebe künftig nicht

mehr aufgrund von Erbstreitigkeiten zerschlagen und verkauft werden müssen.“

Dieses gemeinsame Vorgehen gegen den Ausverkauf unserer Landwirtschaft an Investoren von außerhalb wünsche ich mir auch bei anderen Fragen, wie beispielsweise dem Grundstücksverkehr. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam ein neues Erbrecht schaffen! – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV und Jürgen Strohschein, AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 180 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Gäste!

Herr „Dorschke“, hätte ich jetzt bald wieder gesagt,

(Ralf Borschke, BMV: Das kommt später!)

aber Herr Borschke hat eben das Thema an sich richtig dargestellt.

Der Hintergrund ist relativ einfach erklärt. In der Vergangenheit gab es im 18., 19. Jahrhundert immer wieder Streitigkeiten zur Frage des Erbrechtes, insbesondere in der Landwirtschaft. Damals ging es darum, ob das Vermögen geteilt werden kann, um die Existenz der Nachkommen des erst- und zweitgeborenen Sohnes – das haben Sie sinngemäß richtig angedeutet – zu sichern. Ich glaube, wir leben heute in einer anderen Zeit. Im Übrigen ist dort nur die männliche Form gewählt worden. Bei uns gibt es zum Glück auch Landwirtinnen

(Beifall Dr. Wolfgang Weiß, DIE LINKE)

und Geschäftsführerinnen in der Landwirtschaft. Ich glaube, das darf man an dieser Stelle auch mal sagen.

Also es geht grundsätzlich um das Erbrecht. Selbstverständlich haben wir schon in den letzten Jahren immer mal wieder hier diskutiert, der eine oder andere wird sich erinnern: Sollen wir die Höfeordnung einführen, ja oder nein, und welches Modell wäre da das sinnvollste, ich sage mal, das norddeutsche oder das süddeutsche? Sie haben sich jetzt mehr oder weniger für Rheinland-Pfalz ausgesprochen. Es gibt aber auch in Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Höfeordnung, die nach einem anderen Prinzip abläuft.

Bis dato war es so, dass sich der Bauernverband selbst in Mecklenburg-Vorpommern nicht für eine Höfeordnung ausgesprochen hat. Das hat sich ein Stückchen gewandelt, das muss man ganz klar sagen. Wenn wir insgesamt 4.725 Landwirtschaftsbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern haben und davon immerhin doch 2.300 Familienbetriebe im Haupt- und Nebenerwerb, dann muss man die ganze Geschichte schon ernst nehmen. Das sehe ich überhaupt nicht anders. Aber bis dato war es immer so, dass der Bauernverband selbst davon gesprochen hat,

dass man die Höfeordnung nicht einführen will. Dort verändert sich so ein bisschen das Bild.

Womit hängt das zusammen? Natürlich sind die Werte in den Betrieben immens gewachsen, insbesondere durch den Grund und Boden. Wenn ich mir überlege, Anfang der 90er-Jahre hat ein Hektar, Herr Kliewe, auf Rügen 1.000 Mark gekostet,

(Holger Kliewe, CDU: Das ist richtig.)

in der Griesen Gegend 500 Mark. Heute liegen die bei 25.000, 30.000 oder auf den guten Böden bis zu 50.000 Euro. Dann ist vollkommen klar, dass da innerhalb der Familie selbstverständlich die Diskussion geführt wird, wie der Betrieb weitergeführt wird und wie die Erben abgefunden werden. Natürlich ist das ein Problem. Aber das BGB oder auch die Situation, die wir innerhalb des Landes haben, geben hier die Möglichkeit, sich zu einigen.

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich unterstreichen: Uns liegt bis heute, Herr Borschke, offiziell nicht ein Antrag auf Höfeteilung oder auf das Ansinnen vor von Landwirtschaftsbetrieben. Ich muss auch sagen, wir haben das in der Vergangenheit auf Bundesebene in den Koalitionsverhandlungen immer wieder diskutiert. Dort, in Berlin, gab es sogar – von meiner Fraktion jedenfalls – das Ansinnen, die Höfeordnung generell aufzuheben und das dem BGB zu unterstellen. Ich halte das auch grundsätzlich nach wie vor für richtig.

(Thomas Krüger, SPD: Ich auch.)

Ich glaube, heute geht es nicht allein um die Frage der Existenz – ich denke, das habe ich deutlich gemacht –, sondern es geht insbesondere um einen gerechten Ausgleich für diejenigen, die an den Betrieben beteiligt sind, und dass die Nachfolge geregelt wird.

Die norddeutsche Höfeordnung, die heute noch in Hamburg, in Niedersachsen, in Nordrhein-Westfalen, in Schleswig-Holstein gilt, hat damals eine positive Wirkung auf die Agrarstruktur gehabt. Wenn ich mir allein überlege, dass wir Anfang der 70er-Jahre in Deutschland noch 1,3 Millionen Landwirtschaftsbetriebe hatten, und wenn ich Sie fragen würde, wie viele haben wir heute in Deutschland, müssen wir sagen, wir haben noch 285.000 Betriebe, dann ist der Strukturwandel in den älteren Bundesländern ebenfalls massiv vonstattengegangen. Überall haben wir ähnlich wie in der Wirtschaft sonst auch die Fragestellung: Wer ist bereit, den Landwirtschaftsbetrieb zu übernehmen? In der Regel sieht es da schlecht aus. Insofern sind wir mit dieser Situation, wie kann die Existenz gesichert werden in den Betrieben, heute nicht mehr im ersten Rang. Daher stellt sich zum einen die Frage nach der Zersplitterung des Eigentums und andererseits gibt es die Frage, die heute leider nicht mehr so die Rolle spielt in der allgemeinen Bevölkerung: Wie können wir die Ernährung sichern? Die Ernährung in Deutschland, in Europa ist gesichert – ein Segen! – auch durch die politischen Rahmenbedingungen und den Frieden, den wir in Europa haben. Das darf man an dieser Stelle nicht vergessen.

Insofern darf ich noch mal feststellen: Ein modernes Gesellschaftsbild erlaubt nicht mehr die Zurückstellung der weichenden Erben. Das ist das moderne Erbrecht.

Ich bin nun kein Jurist, sondern Mensch,

(allgemeine Heiterkeit)

wenn ich das so sagen darf, der mitten im Leben steht – ich war noch nicht fertig, Herr Schulte, den nehme ich in dieser Frage sehr ernst – und auch die Probleme in Landwirtschaft sehr genau kennt.

Das war eben zum Aufmuntern gedacht.