Protocol of the Session on October 18, 2017

Meine Damen und Herren, jetzt haben wir noch eine weitere Anmerkung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Noch eine?!)

Da geht es um die Festschreibung der fiktiven Nivellierungshebesätze für Grundsteuer A, B und Gewerbesteuer zur Festsetzung der Steuerkraftzahl, die letztendlich den Finanzausgleichsbedarf ausdrückt. Sie ist sinnvoll, hat aber auch einen kleinen praktischen Nachteil.

(Torsten Renz, CDU: Also Sie sind dafür und trotzdem dagegen, oder wie?)

Es wird den kleinen Kommunen bei annähernd flächendeckenden gleichen Hebesätzen schwerer fallen, finan

zielle Anreize zur Ansiedlung oder zum Erhalt von Handel, Handwerk und Dienstleistungsgewerbe zu schaffen.

(Torsten Renz, CDU: Also lehnen Sie es ab, obwohl es sinnvoll ist? Sie haben gesagt, das ist sinnvoll, und dann aber wieder nicht.)

Ja, aber wir wollten auf das Risiko hinweisen,

(Torsten Renz, CDU: Und wofür sind Sie jetzt?)

Das Risiko besteht durchaus.

(Torsten Renz, CDU: Wofür sind Sie denn jetzt?)

Also wir sind für die Überweisung des FAG-Entwurfes in die Ausschüsse. Das ist vollkommen klar, wir sehen da Diskussionsbedarf

(Torsten Renz, CDU: Ja, zu welchen Punkten denn?)

und werden uns dort auch einbringen. Ich möchte zusammenfassen, wir sind mit dem FAG schon in vielen Punkten auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Vincent Kokert, CDU: Das war ʼne gute Aussage.)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte ein bisschen weiter ausholen.

(Torsten Renz, CDU: Noch weiter?! 2014? – Vincent Kokert, CDU: Einen richtig großen Bogen schlagen. – Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Erst mal, der Minister sagte eben: Nach der Reform ist vor der Reform. Man kann auch sagen, vor der Reform ist nach vielen Vielleichtreformen oder -reförmchen, denn ich glaube, wir sind jetzt in einem viele Jahre währenden Prozess auf eine Zielgerade eingebogen,

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig!)

die ja mit dieser Novellierung auch noch nicht zu Ende ist.

Seit vielen, vielen Jahren schon verlangt die kommunale Ebene eine grundsätzliche Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes und fordert die sogenannte aufgabengerechte Finanzausstattung. Ich bin das erste Mal 2006 in den Landtag gewählt worden und ich weiß es noch ganz genau: In dem Regierungsprogramm der SPD stand seinerzeit auch die Forderung nach einer umfassenden Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes und einer

aufgabengerechten Finanzausstattung. Ich erinnere mich dunkel, auch zu dem Zeitpunkt war diese Forderung gar nicht neu.

Und was fanden wir nachher in der Koalitionsvereinbarung dazu wieder? Der FAG-normierte Gleichmäßigkeitsgrundsatz wird bis 2010 beibehalten, in der 5. Legislaturperiode wird das FAG grundlegend überarbeitet und zur Vorbereitung soll ein wissenschaftliches Gutachten erstellt werden. Der Innenminister hat das beauftragt. Insbesondere ging es um die horizontale, nein, es ging ausschließlich um die horizontale Verteilung seinerzeit.

(Torsten Renz, CDU: Rücksprache durch die Staatskanzlei.)

Das 2-Quellen-Modell sollte geprüft werden. Natürlich waren auch die Vorwegabzüge wieder in der Überprüfung – die waren ja immer schon in der Diskussion –, ob man die in dem Umfang beibehalten musste oder nicht. Da gab es ständig Vorschläge, was man in die Schlüsselmasse überführen könne und was nicht. 2008 jedenfalls wurde das Gutachten vorgelegt, es wurde lange diskutiert, im Großen und Ganzen aber verworfen. Die kommunalen Spitzenverbände erkannten es nicht an, es war ja auch von der Landesregierung beauftragt, einseitig.

(Torsten Renz, CDU: Wie „einseitig“?)

Die Landesregierung hat es beauftragt.

(Torsten Renz, CDU: Ja.)

Da gab es nicht dieses Verfahren wie dieses Mal. Ich spreche von 2008, Herr Renz, von 2008.

(Torsten Renz, CDU: Da war ich Mitarbeiter im Wirtschaftsministerium.)

Und auch die Fraktionen spielten letztendlich nicht mit.

(Marc Reinhardt, CDU: Da war ich noch im Bildungsausschuss. – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Im Großen und Ganzen war die Fortschreibung des seinerzeit bestehenden Finanzausgleichsgesetzes die Folge. Änderungen gab es allerdings, aber mehr im Zusammenhang mit der Kreisstrukturreform. Die Systematik blieb erhalten. Die Legislatur ging zu Ende. Es gab wieder neue Regierungsprogramme der Parteien, auch unserer natürlich und …

(Torsten Renz, CDU: Nee, 2009 haben wir novelliert. Da haben wir die Zentren gestärkt. – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Ja, novelliert, aber die Systematik blieb erhalten. Ich habe es gesagt. Im Zuge der Kreisstrukturreform gab es sicherlich Änderungen,

(Torsten Renz, CDU: Da war die Zentren- stärkung, da war ich nämlich wieder dabei. – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

aber von der grundsätzlichen Strukturierung wurde nicht abgewichen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Klärt das doch in der Koalition und nicht hier! Das ist doch so was von nervig!)

Auch im Regierungsprogramm der SPD, bei den Koalitionsverhandlungen für 2011, wurden wieder die aufgabengerechte Finanzausstattung und die grundsätzliche Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes gefordert und dann kam man einen entscheidenden Schritt weiter. In der Koalitionsvereinbarung von 2011 bis 2016 wurde festgelegt, die Koalitionspartner werden einen Zukunftsvertrag mit den Kommunen vereinbaren, in dem wesentliche Fragen im Verhältnis zwischen dem Land und seinen Kommunen geregelt werden, inklusive der Ausgestaltung des Konsolidierungsfonds wie auch eines Kofinanzierungsfonds, der einmalig zu Beginn der Legislaturperiode mit Finanzmitteln ausgestattet werden und besonders für die strukturschwachen Gemeinden sein sollte.

Der Konsolidierungsfonds wurde seinerzeit mit 100 Millionen Euro ausgestattet. Beim Kofinanzierungsfonds – Sie erinnern sich daran – wurden einmalig 50 Millionen zur anteiligen Förderung des Eigenanteils kommunaler Investitionen, insbesondere für strukturschwache Kommunen aufgelegt. Als Maßstab wurde die faire Partnerschaft zwischen Land und Kommunen festgeschrieben.

Nebenbei nur erwähnt – ich hatte eben schon mal angedeutet, Kreisstrukturreform, einige Veränderungen im FAG –, im Januar 2012 entschied das Landesverfassungsgericht, dass die Finanzausgleichsumlage, Sie erinnern sich, besonders finanzkräftiger Gemeinden im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs rechtens sei. Anders ging das aber aus mit dem Urteil zur StadtUmland-Umlage. Das hat das Landesverfassungsgericht seinerzeit gekippt. Allerdings ging es dabei nicht darum, ob eine Umlage erhoben werden darf, sondern Land und Gericht haben lediglich das Wie beanstandet. Leider wurde dieser Ansatz nicht wieder aufgenommen, was ich persönlich – damals jedenfalls – schade fand. Dann ging aber die Arbeit richtig los. Es bildeten sich Arbeitsgruppen zu den einzelnen Ministerien. Mehrere sogenannte Kommunalgipfel wurden durchgeführt und es geht hier immer noch um einen Vertrag zwischen Land und Kommunen.

Im Februar 2014 gab es dann eine Vereinbarung zwischen Land und Gemeinden, mit der sich das Land bereit erklärte, den Kommunen für 2014 und die nächsten drei Jahre – also letztmalig in diesem Jahr – 40 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. 35 Millionen jährlich wurden als Aufstockungsbetrag über die Schlüsselmasse verteilt und 5 Millionen für die Sozialleistungsträger zur Verfügung gestellt.

Die hohen Sozialleistungsausgaben wurden hier eben angesprochen. Die künftige Finanzausstattung sollte vor dem Hintergrund der ab 2020 wegfallenden Finanzzuweisungen des Bundes und der Europäischen Union erfolgen. Daran kann man auch erkennen, warum diese Zweiteiligkeit der FAG-Novelle, die wir hier vollziehen, sinnvoll ist, denn in 2020 haben wir noch mal andere Verhältnisse. Die schwierige Haushaltslage der Kommunen wurde trotz der zusätzlich gewährten Hilfestellungen des Landes anerkannt.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig.)

Die Vertragsparteien waren sich einig darüber, dass die Komplexität des Vorgehens bei einer Novellierung des

Finanzausgleichsgesetzes insbesondere in Bezug auf nutzbares Zahlenmaterial ein umfangreiches Gutachten erfordert, und zwar von beiderseitig anerkannten Gutachtern. Das Gutachten sollte nicht nur wie vorher die horizontale, sondern auch die vertikale Finanzverteilung untersuchen. Der Lenkungsausschuss des Finanzausgleichsbeirates sollte die Erstellung begleiten und das hat er auch getan.

Die Auffassung der Landesregierung, dass eine grundlegende Novelle erst zum 01.01.2018 in Kraft treten kann, wurde damals akzeptiert. Damals ging man noch davon aus, dass man insgesamt die komplette Novelle bereits im Jahr 2018 umsetzen könnte, was sich jetzt leider anders darstellt. Das Land erklärte sich, wie schon beschrieben, bereit, noch einmal 160 Millionen Euro bis einschließlich 2017 auszuzahlen. Die kommunalen Spitzenverbände verpflichteten sich ihrerseits, im Gegenzug keine Klagen gegen die Verfassungsmäßigkeit und auch finanzielle Mehrausstattung nach dem FAG in diesem Zeitraum zu unterstützen. Sie haben sich verpflichtet, die Kommunen bei der Haushaltskonsolidierung und dem Personalabbau zu beraten und zu unterstützen. Sie erkannten an, dass eine Optimierung der Geschäftsprozesse insbesondere bei der Jugend- und Schulsozialarbeit notwendig und die Schaffung zukunftsfähiger Gemeinden erforderlich seien.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)