Dass wir mit diesem Antrag der Koalitionsfraktionen allerdings einer Forderung der AfD nachkommen, das finde ich ja mehr als lächerlich. Das, was Sie gefordert haben, war eine einfache Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht. Ich glaube, Frau Schlupp hat hier eindringlich erklärt, dass die Problematik damit nicht mal im Ansatz beim Schopfe gepackt wird.
Wenn wir dann sehen, dass Ihr nun ehemaliger Fraktionskollege Herr Borschke noch in der vergangenen Woche beim Bauernverband gesagt hat, er wolle doch erst mal wissen, was denn überhaupt ein Problemwolf sei, dann frage ich mich, ob Sie die Anträge, die Ihnen vorliegen, überhaupt gelesen haben, weil genau das steht nämlich da drin, dass das zu definieren ist.
Und wenn Sie nicht mal das lesen, dann frage ich mich, wie Sie sich ernsthaft mit der Problematik auseinandersetzen wollen.
Dann haben Sie, Herr Strohschein, gerade ausgeführt, ich wollte normalerweise nicht so ins Detail gehen, weil ich glaube, dass die Einbringung schon mehr als ausreichend war, aber wenn Sie sagen, jeder Wolf, der den Kopf aus dem Wald steckt, gehört abgeschossen,
dann frage ich mich, ob Ihnen bewusst ist, dass der Wolf überwiegend in offenen Landschaften jagt, und der muss zwangsläufig, um sich zu ernähren, auch aus den Wäldern kommen, aus der Deckung, um in offenen Landschaften jagen zu können.
Und wenn wir dabei sind, können wir auch gleich darüber sprechen, ob wir zukünftig ein Integrationskonzept für den Wolf brauchen, ob wir vielleicht konkrete Grenzöffnungszeiten für den Wolf brauchen, damit er nur zu bestimmten Zeiten in bestimmte Regionen kommt.
… dann können wir auch darüber reden, ob wir in Zukunft den Greifvögeln vorschreiben wollen, wie viele Hühner sie pro Betrieb maximal jagen dürfen, damit sie einen vertretbaren Schaden machen.
(Dr. Ralph Weber, AfD: Greifvögel waren das. – Zurufe von Dr. Gunter Jess, AfD, und Jürgen Strohschein, AfD)
Ich bin sehr froh, dass wir am heutigen Tag diesen Koalitionsantrag hier vorliegen haben, der sich dieser Problematik weit gefächerter widmet, anstatt nach dem sofortigen Abschuss zu rufen. Wir brauchen klare Definitionen, ab wann ein Wolf durch auffälliges Verhalten zum Problemwolf erklärt wird
Herr Fernandes, wenn Sie sagen, „wenn er Fleisch frisst“, dann frage ich mich, was dieser dämliche Zwischenruf, Entschuldigung, soll. Der Fleischfresser muss natürlich Fleisch fressen.
(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das ist ungefähr genauso dämlich. – Peter Ritter, DIE LINKE: Soll er sich doch eine Pizza holen!)
Wir brauchen regionale Betrachtungsweisen über die Population und auch die Schäden der Wölfe. Das hat Frau Schlupp gesagt und das geht aus diesem Antrag hervor. Wir müssen auf den Prüfstand stellen, ob die Abgrenzung der Wolfspopulation zwischen der zentraleuropäischen Tieflandpopulation und der baltischostpolnischen Population wissenschaftlich betrachtet noch zeitgemäß ist. Dann brauchen wir die Gewissheit darüber, wie genau der gute Erhaltungszustand zu definieren ist und welche Ableitungen das für unser Bundesland tatsächlich bedeutet. Da hoffe ich ganz eindringlich darauf, dass sich das aus der 89. Umweltministerkonferenz in diesem Jahr ergeben wird.
Schlussendlich ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ein Miteinander von Wolf und Mensch in unserer Kulturlandschaft vorrangig ohne Zwischenfälle möglich wird. Da brauchen wir zum einen aus unserer Sicht eine gezielte und effektive Vergrämung, wo sich Wölfe den Siedlungen oder Nutztierherden immer häufiger nähern,
und wir müssen die Definition des Problemwolfes haben, um rechtlich eine Entnahme vorbereiten zu können.
Zusammenfassend kann ich sagen: Natürlich brauchen wir eine Weiterentwicklung des Umgangs mit dem Wolf, natürlich brauchen wir rechtliche Definitionen und Maßnahmen. Das heißt ganz korrekt, wir brauchen diesen Antrag. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank.
(Patrick Dahlemann, SPD: Die Krawatte ist der Hammer. – Torsten Renz, CDU: Es ist Krawattenzwang, wenn man redet.)
Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schlupp! Auch ich bin froh, dass wir uns heute zum Thema Wolf sachlich bemühen. In der jüngsten Vergangenheit konnte man eher den Eindruck erhalten, dass Gegner und Befürworter der eigentlich erfreulichen Populationsentwicklung des Wolfes eine zunehmend emotionale Debatte in der Öffentlichkeit führen. Das reichte von Mahnwachen bis hin zur öffentli
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor es zu Missverständnissen kommt: Ich sagte gerade „der eigentlich erfreulichen Populationsentwicklung“. Das ist natürlich eine Einschränkung. Schön ist es, wenn an der Spitze der Nahrungspyramide ein Raubtier steht, das auf eine gesunde Pyramide zurückblicken kann, wenn diese Nahrungspyramide eine gesunde, natürliche Basis hat. Aber genau das ist unser Problem. Wir leben heute in ausgeräumten Agrar- und Kulturlandschaften und die Basis dieser Nahrungspyramide ist keine rein natürliche, sondern zum großen Teil eine sozial angelegte.
So langsam ist es aber überall durchgedrungen, dass diese Debatte keine einfache Antwort bietet. Weder Populismus noch Romantik bieten gute Lösungen. Leider scheint das aber nicht bis in alle Fraktionen durchgedrungen zu sein. Der Wolf wird weder – egal, wie seine Populationsentwicklungen auch aussehen – wie in früheren Zeiten durch gnadenlose Jagd ausgerottet werden, noch kann und wird es eine völlig aus dem Ruder laufende Bestandsentwicklung geben, die zum Beispiel die Weidehaltung in Mecklenburg-Vorpommern oder anderen Regionen in Deutschland und Europa unmöglich machen wird.
Bis aber diese Erkenntnis überall anerkannt wird, wird es weiterhin heiße Debatten geben. Nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern haben die Menschen verlernt, mit dem Wolf zu leben. Unsere Lebensweise und die Art der Landwirtschaft muss sich auf seine Anwesenheit einstellen. Der Wolf war bis vor 20 Jahren in Deutschland faktisch ausgerottet und seither breitet er sich von Osten her über Polen und Sachsen wieder aus. Gleichzeitig greifen die uralten Ängste vor dem Wolf um sich. Wir lebten 200 Jahre lang ohne dieses größte heimische Raubtier und müssen es nun wieder neu lernen.
Meine Fraktion sieht den vorliegenden Antrag als eine gute Chance, Ruhe und vor allem Sachverstand in die Diskussion zu bekommen und sich einer Lösung der durchaus vorhandenen Probleme mit dem Wolf anzunähern. Auch müssen alle Gegner der Ausbreitung des Wolfes anerkennen, das 20 Jahre nicht viel Zeit sind, um gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zu sammeln, um Kompetenzen im Herdenschutz neu zu erwerben, um gewonnene Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen und um Schutz von Mensch und Nutztier und Wolf gleichermaßen in Einklang zu bringen.
Den vorliegenden Antrag von CDU und SPD werte ich als einen Beitrag, praxistaugliche Wege zu finden, den gegensätzlichen Schutzzielen und Bedürfnissen zu genügen. Im Detail, auch wenn es Redundanzen geben wird: Aus Sicht meiner Fraktion ist es notwendig zu überprüfen, ob es mit Blick auf den Antrag wissenschaftlich gerechtfertigt ist, eine Abgrenzung der zentraleuropäischen Tieflandpopulation von den baltisch-ostpolnischen Populationen durchzuführen, und welchem Ziel das dienen soll. Je nach Betrachtungsweise kommt man auf erhebliche Unterschiede von notwendigen Populationsgrößen, um dem Wolf einen günstigen Erhaltungszustand zu bescheinigen und Maßnahmen zur Regulierung der Bestände durchführen zu können.
Den Punkt 2 des Antrages kann ich so, wie er steht, unterschreiben. Er macht allerdings auf eine Problematik
aufmerksam, die mal laut angesprochen werden sollte. Die verschiedenen Bundesregierungen der letzten fünf Legislaturperioden haben die Länder bei der Problematik Wolf einfach im Regen stehen lassen und nur stur auf den strengen Schutzstatus des Wolfes hingewiesen. Zurzeit leben ungefähr 50 Wolfsfamilien in Deutschland. Der Minister sprach gerade von 48, auf einer Seite habe ich 51 gelesen, aber wir wollen uns um zwei/drei Wölfe nicht streiten.
Für die Förderung der Schutzmaßnahmen sind allein die Länder zuständig, deren Grenzen dem Wolf übrigens völlig schnuppe sind. Ebenso sind auch beim Schadensausgleich allein die Länder in der Pflicht, wenn Nutztiere dem Wolf zum Opfer fallen. Da war es natürlich schön bequem, der Bestandsentwicklung dieser Tiere aus der Berliner Ferne zuzusehen, sich die Erfolge beim Naturschutz ans Revers zu heften und den Rest den Bundesländern zu überlassen. Der Bund muss endlich seine Verantwortung wahrnehmen, alles rund um den Schutz des Wolfes und der Nutztiere koordinieren und wissenschaftlich begleiten. DIE LINKE forderte dazu seit Langem den Aufbau eines Herdenschutzkompetenzzentrums beim Bund. Das wäre doch mal ein wirklich praktischer Beitrag, der allen helfen könnte.
Den Punkt 3 des Antrages halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Natürlich müssen alle gegebenen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um entstandene Schäden auszugleichen und die Schadensprävention zu ermöglichen. Zu diskutieren wäre an dieser Stelle höchstens der vorgegebene Haushaltsrahmen. Die Debatten laufen gerade. Es wird sich mit zunehmender Bestandsentwicklung des Wolfes zeigen, ob genau dieser Rahmen ausreicht.
Natürlich gehört für DIE LINKE auch dazu, Vergrämungsmaßnahmen zu testen, damit es erst gar nicht zu Konflikten zwischen Mensch, Nutztier und Wolf kommt. Vergrämung ist immer besser als das Töten von Tieren, die Schafe reißen beziehungsweise die Schafe reißen könnten. Der Wolf, ja, auch der muss lernen, dass die Nähe des Menschen für ihn nicht ohne Probleme ist und die Jagd auf Nutztiere hinter dem Zaun schmerzhaft sein kann.
So kann meine Fraktion auch dem Punkt 4 zustimmen. Natürlich brauchen wir eine rechtssichere Definition bezüglich eines Problemwolfes. Vielleicht ist sogar das Wort falsch, aber das ist eine Nebensache. Dabei muss aber klar sein, dass es in erster Linie nicht um das Töten des Einzeltieres geht. Priorität hat für uns natürlich der Schutz des Menschen. Rotkäppchen kommt immer vor dem Wolf. Das Töten muss weiterhin die Ultima Ratio bleiben.