Protocol of the Session on July 14, 2017

Mit Ihnen wird das nicht geschehen, mit Ihnen klappt das nicht.

Was die Finanzen betrifft, gibt Herr Schäuble zweimal im Jahr, im Mai und im November, die Steuerschätzungen bekannt und die Prognosen, die mittlerweile weit ins nächste Jahrzehnt reichen. Das, was an volkswirtschaftlicher Entwicklung prognostiziert ist, ist in dem, was wir hier vorgeschlagen haben, allemal enthalten.

(Heiterkeit bei Minister Harry Glawe)

Ich glaube – Frau Ministerin Drese ist auf die 1.050 Euro Mindestrente eingegangen –, das ist schon ein Gebot der Stunde und das haben mittlerweile auch andere, interessanterweise aus dem neoliberalen Lager, erkannt. Die jüngst gewählte neue Landesregierung in SchleswigHolstein, CDU und FDP, hat in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, eine Expertenkommission einzusetzen, die sich mit neuen Modellen der Absicherung generell auseinandersetzt.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Da ist die Grundsicherung ein zentraler Punkt. Die kann an Bedingungen geknüpft sein – das ist ein immer grüner Streit –, sie kann aber auch als bedingungsloses Grundeinkommen gelten.

(Torsten Renz, CDU: Jetzt schweifen Sie aber von Ihrem Antrag ganz schön ab.)

Nein, nein, das eine hat mit dem anderen zu tun,

(Torsten Renz, CDU: Sie lassen die Ostrentner nicht aus dem Blick?!)

weil alle Menschen einen Anspruch haben sollten, nicht in Armut leben zu müssen. Das ist der Punkt.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Da geht es, Herr Arppe, selbstverständlich um Umverteilung. Sie haben das österreichische Beispiel ausgiebig dargestellt. Auch wir verweisen auf das österreichische Modell. Das ist ein Modell der Umverteilung, etwas anderes ist das nicht. Dass Sie das jetzt ein bisschen garnieren, um unsere Überlegungen verächtlich zu machen als sozialistisches Modell, das hat an der Stelle gar nichts damit zu tun. Auch wenn wir programmatisch in völlig verschiedenen Richtungen unterwegs sind, aber das österreichische Modell ist ein praktikables und es ist eins der Umverteilung.

Ich habe erwartet und habe das zu bedauern – die SPD lädt uns zwar ein, für einen Gerechtigkeitsfonds mit das Wort zu reden und, wie Sie sagten, Bodo Ramelow mit ins Boot zu holen, ich glaube, das wird völlig komplikationslos der Fall sein,

(Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

da sehe ich überhaupt keinen Dissens –,

(Torsten Renz, CDU: Von dem habe ich noch gar nichts gehört zum Thema Renten.)

ich habe nur erwartet, dass Sie etwas dazu sagen, dass die Dämpfungsfaktoren weg müssen aus der Rentenformel, also der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor oder der Riester-Faktor. Das sind ja zwei Komponenten in der Rentenformel, die für dieses Sinken des Rentenniveaus verantwortlich sind. Wenn wir da eine Veränderung erreichen wollen, die Sie selbst anstreben, dann muss man das schon angehen.

Ich glaube, Sie drücken sich ein Stück weit um das Thema, weil Sie ja immer beteiligt waren.

(Torsten Renz, CDU: So ist es! So ist es!)

Mit Ausnahme von vier Jahren, als es die Regierungsbeteiligung von CDU und FDP gab, waren Sie immer beteiligt.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sie haben im Grunde genommen mit der Rentenreform vor circa 15 Jahren die ganze Sache aufgegleist, wie Henning Foerster immer so schön sagt. Sie haben das auf den Weg gebracht. Sie müssten sich revidieren. Dazu gehört natürlich eine gehörige Portion politische Größe zu sagen, was wir mal gemacht haben, ist so nicht aufgegangen, wir revidieren uns und wir werden jetzt einen anderen Weg beschreiten. Den Sprung müssten Sie im Grunde genommen noch machen.

Und, Herr Heydorn, ich bin sehr froh darüber, dass Sie den Bezug genommen haben auf die wirklich unhaltbare Situation bei den Erwerbsminderungsrenten. Auch dazu haben wir ja in unserem Antrag in Punkt III entsprechende Vorschläge unterbreitet und in der Begründung auch noch mal ausargumentiert, auf welch niedrigem Niveau Erwerbsminderungsrenten gezahlt werden. Wenn wir gemeinsam erkennen, dass es dort Handlungsbedarf gibt und dass es ein unhaltbarer Zustand ist, dann lassen Sie uns gemeinsam etwas daran verändern. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und habe dennoch die Hoffnung, dass unser Antrag eine Mehrheit in diesem Hause bekommt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Koplin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Renz für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Prinzip haben wir ja hier schon ähnliche Debatten – ich war Zeitzeuge – in 2013 geführt. Das ist jetzt nämlich nichts anderes als reines Wahlkampfgehabe, bezogen auf den Bundestagswahlkampf. Damals – das muss man sagen – sind LINKE und auch SPD mit einem Gerechtigkeitswahlkampf gestartet. „Rentenwahlkampf“ und „Bürgerversicherung“ waren Schwerpunkte bei beiden. Sie wissen, wie das geendet hat: Die CDU hat mit über 40 Prozent grandios gewonnen. Wenn Sie die gleiche Taktik auch dieses Mal an den Tag legen wollen, bitte, dann müssen Sie es tun.

Was sich auch nicht geändert hat, ist die Argumentation. DIE LINKE macht nichts anderes als reine Verteilungspolitik. Sie blenden alle anderen Themen völlig aus und dann machen Sie einen großen Blumenstrauß von „Wünsch dir was“ auf. Sie wollen nur verteilen. Ich glaube, der Wähler wird erkennen, dass das nicht der richtige Weg ist. Was die SPD zu diesem Thema, argumentativ auch noch mal durch die Ministerin vorgetragen, zusätzlich ins Spiel bringt, ist, dass man – ich übersetze das mal etwas vereinfacht – den Arbeitsmarkt mehr regulieren will, dort eingreifen will im Sinne der Verbesserungsmöglichkeiten für Beschäftigte. Dass man aber außer Acht lässt, einen funktionierenden Arbeitsmarkt möglicherweise totzuregulieren, das, denke ich, muss im Wahlkampf weiter ausgefochten werden.

Wenn wir jetzt diesen Antrag konkret nehmen, dann muss ich schon sagen, man sollte sich wahrscheinlich auf das Wesentliche konzentrieren. Was hier alles auf mehreren Seiten niedergeschrieben ist, will ich kurz zusammenfassen. Der erste große Punkt ist im Prinzip – das haben Sie mit einem Satz angedeutet – eine Abrechnung mit Rot-Grün, nämlich, dass die zuständig waren für die Hartz-IV-Gesetzgebung. Das ist der erste große Komplex. Dafür bräuchten wir eigentlich eine eigene Debatte.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Im Punkt I, Ziffer 2 machen Sie eine Ost-West-Neiddebatte auf.

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Gut, Sie haben es niedergeschrieben und haben das auch hier entsprechend zum Ausdruck gebracht.

Es geht weiter mit Punkt II. Den haben Sie, glaube ich, gar nicht richtig erwähnt. Die Redner sind auch nicht darauf eingegangen. Herr Arppe hat gesagt, dem einen oder anderen Punkt können wir zustimmen, ohne dass es eine Debatte dazu gab. Und das alles unter der Überschrift „Rentenungerechtigkeit beseitigen“ – das ist die große Überschrift, die wir diskutieren. Der Punkt II befasst sich mit dem Vergabegesetz. „Gute Arbeit“ ist das Schlagwort – keine Ausführungen Ihrerseits.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Dann geht es weiter mit Punkt III. Auf den will ich mich konzentrieren, weil das zumindest ein bisschen Ähnlichkeit mit dem hat, was in der Überschrift steht. Da haben Sie Ihr Parteitagsprogramm ansatzweise niedergeschrieben, zusammengefasst in fünf Punkten, die besonders einladend klingen, wenn es darum geht, hier viel zu verteilen.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Das ist also Ihr Rentenkonzept 2015. Ich will Ihnen ehrlich sagen, ich tue Ihnen nicht den Gefallen, die Wunschliste für die Bevölkerung, was Sie so alles verteilen wollen, hier noch mal vorzulesen. Ich möchte nur die Frage in den Raum stellen, ob es gerechtfertigt ist, die Rente losgelöst in dieser Gesellschaft zu diskutieren, losgelöst als reine Sozialpolitik, losgelöst von Wirtschaftspolitik, losgelöst von vielen anderen Faktoren, die kein Vertreter der LINKEN oder der SPD aufgegriffen hat, ob es überhaupt eine Demografie in diesem Lande gibt, die wir

berücksichtigen müssen. Kein Wort davon. Ich glaube, das ist nicht besonders seriös.

Deswegen auch nur in Kurzform noch mal die Gesetzgebung von Hartz IV, 12.12.2006, wo wir uns die Frage stellen müssen – Müntefering hat sich ja damals als Arbeitsminister der Herausforderung gestellt –, wo wir uns die Frage gefallen lassen müssen beziehungsweise Sie, hat sich die Situation geändert. Ein großes Thema, das er aufgeschrieben hat, war „Rückgang der Geburtenzahl“. Das hat sich jetzt entsprechend stabilisiert. Wenn man das aber mit den geburtenstarken Jahrgängen, zum Beispiel aus meiner Zeit, betrachtet und das in Relation setzt, muss man immer noch sagen, die Alterspyramide entwickelt sich demzufolge negativ. Dann hat er den großen Punkt „Verlängerung der Lebenserwartung“ aufgeschrieben. Das wird hier mit keiner Silbe berücksichtigt. Er hat zu Protokoll gebracht, dass sich in den letzten 40 Jahren, bezogen auf 2006, die Rentenbezugsphase damals von 7 Jahren auf 17 Jahre erweitert hat. Diese ganzen Faktoren blenden Sie aus. Sie tun so, als wenn es das alles nicht gibt, und philosophieren nur, was wir noch mehr aus einem vollen Füllhorn ausschütten können. Ich glaube, das ist nicht redlich.

Wenn wir die Gesetzgebung zum Thema Ost-WestAngleichung betrachten, wo sich alle dafür ausgesprochen haben, dass das so in Ordnung ist, dass erstmalig eine Festschreibung gesetzlich erfolgte und eine breite Zustimmung im Bundesrat vorlag – ich habe mir insbesondere die Länder Thüringen und Brandenburg rausgesucht –, dann kann nicht erkennen, dass es irgendwie eine negative Stimme gab, die das verhindern wollte. Es ist zwar kein Einspruchsgesetz gewesen, nichtsdestotrotz hätten Sie ganz locker mit diesen beiden Landesregierungen in den Vermittlungsausschuss gehen und diskutieren können, ob der Zeitplan überhaupt infrage gestellt werden könnte. Nichts ist passiert. Brandenburg, Thüringen haben zugestimmt. Insofern sage ich einfach mal, das, was Sie hier machen, ist nichts anderes als taktisches Manöver und das lassen wir Ihnen einfach nicht durchgehen. Schauen Sie sich das auch noch mal an, was Thüringen zu Protokoll gegeben hat in der Rede! Sie können nichts von dem erkennen, was Herr Koplin versucht, der Öffentlichkeit hier darzulegen.

Und was mich besonders ärgert, ist, dass Sie diesen Sozialstaat Deutschland einfach nur in Grund und Boden reden wollen: wie schlecht alles ist, dass wir uns in Richtung 40 Prozent bewegen, was die Rentenhöhe betrifft, und, und, und. Insofern habe ich mir gestern die Mühe gemacht, denn ich will das ganz persönlich mal darstellen: Meine Oma ist 1911 geboren und ist zu DDR-Zeiten 1972 als 60-jährige Frau in Rente gegangen. Diese meine Oma hat uns, diesem Staat, fünf Kinder geschenkt und hat in dem Staat der DDR gearbeitet. Heute verteufeln Sie hier alles und da will ich Ihnen einfach mal sagen, wie Sie zu der Zeit – Sie nicht persönlich, aber Ihre Ideologie lebt ja weiter –, wie Sie damals Ihr Rentensystem in der DDR gestaltet haben. Wenn wir schätzen sollten, was Ihnen zugestanden hat nach 15 Arbeitsjahren an Rente im Jahre 1972,

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

wird sich der eine oder andere sicherlich noch erinnern können, ich sage es trotzdem mal: 210 Mark Rente gab es dort.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Jetzt kommt natürlich der Hammer: Wenn Sie 45 Jahre gearbeitet haben – wie viel Rente stand Ihnen dann zu? 240, also 30 Mark mehr.

(allgemeine Unruhe)

Jetzt habe ich mir die Mühe gemacht und noch mal den Durchschnittsverdienst von 1975 aus der DDR herausgesucht, der, glaube ich – ich habe es mir auch notiert –, bei 755 Mark lag. Herr Koplin, setzen Sie das mal ins Verhältnis zu den Rentenwerten, die ich Ihnen eben gesagt habe!

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Dann werden Sie mathematisch erkennen, dass das Rentenniveau unter 30 Prozent lag.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das können Sie nicht in Vergleich setzen. Das sind zwei verschiedene ökonomische Systeme.)