Protocol of the Session on July 13, 2017

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Vincent Kokert, CDU: Das war schon mal ein guter Einstieg, ja.)

Ich habe in den 80er-Jahren mal als Leiter eines kleinen Sozialamtes gearbeitet und erlebte da Folgendes: Eine Frau, die durch Trennung des Ehemanns – der hatte die Familie verlassen – auf Sozialhilfe angewiesen war, hatte vier Kinder und war letztendlich in der Situation, sich aus Sozialhilfemitteln die Dinge kaufen zu müssen. Für einen ihrer Söhne kaufte sie beim Discounter ein Paar Turnschuhe. Der ging einen Tag später mit den Turnschuhen zur Schule, kam nach Hause, zog die Schuhe aus und hat sie nie wieder angezogen. Als sie der Frage nachging, was ist da passiert, ist genau das passiert, was die Kollegin Bernhardt beschrieben hat, nämlich, dass andere Schüler zu ihm gesagt haben: Wie kommst du denn dahergerannt, was hast du denn da für Treter an? Da steht ja nicht mal „Nike“ oder „Adidas“ drauf. Und damit war die Sache erledigt.

Das war in den 80er-Jahren und ich sage Ihnen, diese Geschichte ist seitdem nicht weniger geworden. Es gibt jede Menge, jede Menge belastbarer Untersuchungen, die ganz klarmachen, dass es diese Form von Konsumdruck gibt, dass das stattfindet und dass gerade Kinder aus sozial schwächeren Verhältnissen immer wieder in die Bredouille kommen und sich in Schwierigkeiten befinden, weil sie halt nicht rechtfertigen können, warum sie nicht in solchen Markensachen angerannt kommen. Und es gibt eine Menge Eltern, die dem Rechnung tragen, dadurch, dass sie dann ihren Kindern zu ermöglichen versuchen, auch solche Dinge zu haben, damit die nicht von vornherein stigmatisiert sind. Also das stimmt so nicht, was Sie vortragen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vincent Kokert, CDU: Klatschen! – Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Gibt es noch, gibt es noch...

Ich habe die Aussprache noch nicht geschlossen. Herr Wildt hat noch Redebedarf. Also erhält jetzt das Wort Herr Wildt von der Fraktion der AfD.

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen!

Herr Heydorn, ich kann auch das nicht im Raum stehen lassen. Wenn ich alles bin, aber ganz bestimmt nicht ahnungslos, was Kindererziehung angeht.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Seit 25 Jahren erziehen wir unsere fünf Kinder und sie haben häufig genug Schuhe oder Hosen oder sonst irgendwas von den großen Brüdern auftragen müssen oder Klamotten anziehen müssen, die sicherlich keine

teuren Markenprodukte waren. Und ich kann Ihnen sagen, die Aufgabe eines verantwortungsvollen Vaters, einer verantwortungsvollen Mutter ist es in dem Fall, sicherzustellen, dass das Rückgrat der Kinder wächst, dass sie da auch standhalten können, weil es einfach nicht möglich ist und nicht sinnvoll ist, sich diesem Konsumdruck so zu beugen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Es ist ein Unterschied, ich meine, sicherlich gibt es diesen Konsumdruck, das will ich nicht abstreiten, dass es den gibt, und den gab es wahrscheinlich auch schon in den 80er-Jahren, aber...

Herr Wildt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Heydorn?

Einen ganz kleinen Moment, bitte.

... aber das Entscheidende ist doch, dass die Politik auch mal mit gutem Vorbild vorangehen muss. Wollen wir uns denn diesem Konsumdruck beugen und ihn auch noch verstärken,

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

indem wir das hier im Landtag so diskutieren und sagen, wir müssen Rücksicht nehmen auf den Konsumdruck?

Die Zwischenfrage, bitte.

Nee, nee, nee, nee! So nicht, Herr Wildt!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Helmut Holter, DIE LINKE)

Sie entscheiden, ob, und ich entscheide, wann.

Ja, gerne.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Also morgen.)

Jetzt, bitte schön, Herr Heydorn, die Zwischenfrage.

Herzlichen Dank.

Herr Wildt, Sie haben beschrieben, wie Sie Ihre Kinder großgezogen haben, Ihre fünf Kinder. Und jetzt meine Frage: Gehen Sie davon aus, dass Sie repräsentativ sind für Familien, die letztendlich von Transferleistungen leben müssen?

Also ob wir repräsentativ sind, kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten, aber ich kenne auf jeden Fall sehr viele andere Familien.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich auch.)

In unserem Haus toben normalerweise so um die zehn Kinder durch die Räume. Also wenn man fünf Kinder hat, dann kommen auch noch genügend andere Kinder dazu. Von daher kann ich schon dafür sprechen, dass es kein Einzelfall ist. Ich bin jetzt kein absoluter Einzelfall, sondern es gibt genug aufrechte Eltern, die ihren Kindern das vermitteln, dass wir dem Konsumdruck nicht einfach nachgeben dürfen. Und ich rede jetzt nicht unbedingt

von sozial Benachteiligten, ich weiß schon, worauf Sie anspielen, aber es geht doch jetzt hier heute um den Landtag und um die Landesregierung in MecklenburgVorpommern. Wir müssen uns entscheiden, ob wir diesem Konsumdruck nachgeben

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie reden gerade ein Stück weit am Thema vorbei.)

und ihn verstärken wollen oder ob wir dagegenhalten wollen, und ich bin dafür, dagegenzuhalten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Wir müssen den Kindern verdeutlichen, dass Konsumdruck eben nicht die richtige Antwort ist und dass man keine Nike- oder Adidas-Sportschuhe braucht, um ein toller Mensch zu werden. Und wenn wir das noch nicht mal mehr wollen, dann brauchen wir über Kinderarmut gar nicht zu diskutieren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Noch eine …?

(Jörg Heydorn, SPD: Ich stehe hier, bis die Frage beantwortet ist. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Da stehen Sie morgen noch hier.)

Ja, ich habe ja gesagt, ich weiß nicht, ob ich repräsentativ bin.

(Zuruf von Karen Larisch, DIE LINKE)

So, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Na, bitte!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/786. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/786 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und AfD, bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Bernhard Wildt, Fraktion der AfD, gemäß Paragraf 64 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages – Einrichtung eines offiziellen Schülertransports im Landkreis Vorpommern-Rügen nach dem Schulgesetz Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 7/429.

Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Bernhard Wildt, Fraktion der AfD, gemäß § 64 Absatz 3 GO LT Einrichtung eines offiziellen Schülertransports im Landkreis Vorpommern-Rügen nach dem Schulgesetz Mecklenburg-Vorpommern (SchulG M-V) – Drucksache 7/429 –

Die Antwort der Landesregierung lag bereits am 2. Juni 2017, noch vor dem Antragsannahmeschluss für die Juli-Landtagssitzung, vor.

Ich bitte die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur an das Rednerpult.

Mit dem Fragesteller ist vereinbart worden, auf die Verlesung der Antworten der Landesregierung zu verzichten. Der Abgeordnete Herr Wildt hat nunmehr die Möglichkeit, Nachfragen zu stellen.

Sehr geehrte Frau Ministerin! In ganz Deutschland ist es eine staatliche Aufgabe, die Schüler zur Schule zu befördern, nur im Landkreis Vorpommern-Rügen sieht der Landrat das anders. Dort definiert er Schülerbeförderung nicht durch die Beförderung per Bus des öffentlichen Nahverkehrs. Und dadurch, …

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)