Sehr geehrtes Präsidium! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit 18 Jahren – und ich hoffe, dass Frau von Allwörden jetzt ihre Ohren spitzt und mal zuhört –,
Da brauchen Sie gar nicht zu lachen. Das ist erbärmlich, was Sie hier abliefern, absolut erbärmlich!
Da saß ich im Stasikeller drei Nächte und drei Tage lang, bin zusammengeschlagen worden, dass die Heide wackelt, und es ist für mich eigentlich unerträglich, solchen Leuten heute wieder gegenübersitzen zu müssen und dass sich wieder Steigbügelhalter finden, die diesen Leuten noch Unterstützung geben,
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Überlegen Sie sich mal, was Sie da sagen! – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)
Und wenn Sie hier noch erzählen, wie schön das Militär angeblich verhindert hat, dass es zu Ausschreitungen kommt – übrigens war es ein Genosse von Ihnen, der mir 1989 noch gesagt hat: „Borschke, wenn es wieder andersrum kommt, dich hängen wir als Ersten auf.“ Das waren Ihre Genossen, Herr Ritter!
Ich war 1989 in der Reserve, da wurde ich noch mal gezogen. Ich war noch bis Anfang Oktober in der NVA und da wollte man uns tatsächlich – tatsächlich! – gegen Demonstranten einsetzen. Es war nur den einfachen Soldaten zu verdanken und vor allen Dingen den Reservisten, das war in Rostock, dass wir gesagt haben, wir gehen nicht vor gegen unser eigenes Volk. Da wollte man tatsächlich Unteroffiziersschüler einsetzen und Sie erzählen mir hier irgendwas von friedlichem Militär! – Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe natürlich nicht damit gerechnet, dass die Debatte sich in so eine Richtung entwickelt, aber vielleicht ist es ja auch mal gut, wenn man den Emotionen hier freien Lauf lassen kann. Ich will noch mal ein paar Punkte herausgreifen, weil mich das wirklich beschäftigt.
Also einerseits wäre ich unglaublich dankbar dafür, wenn wir diesen Antrag heute mit großer Mehrheit beschließen können, und andersherum, Herr Kollege Ritter, haben wir da zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen. Ich finde das auch nicht schlimm, denn ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, jede Hausfrau und jeder Pastor, der mit der Kerze auf der Straße gestanden hat, ist mir wichtiger als der Offizier, der bei der NVA vielleicht, als er gegen die eigenen Menschen eingesetzt werden sollte, angefangen hat, über sein Gewissen nachzudenken.
Das ist eigentlich auch der Grund, warum ich nicht möchte, dass wir dem Änderungsantrag zustimmen, weil das, was wir herausstellen wollen, nämlich die Einmaligkeit der friedlichen Revolution, damit verwässert wird. Und ich möchte, dass völlig klar wird, dass die Menschen im Osten die Mauer nach Westen umgekippt haben. Da kann man über NVA-Geschichte und über sonst was alles schwadronieren und philosophieren, das kann man auch gern in Abhandlungen schreiben, aber die größte Errungenschaft der Geschichte ist, dass erstmalig auf deutschem Boden so eine friedliche Revolution durch die eigenen Menschen stattgefunden hat, und zwar ohne Waffen.
Deshalb, glaube ich, geht dieser Antrag schon relativ weit, nämlich deswegen, weil wir auch ganz bewusst den Raum lassen wollen. Lassen Sie uns doch am Ende gern darüber diskutieren: Wie machen wir das? Wie wird ein Künstler oder eine Künstlerin das vielleicht gestalten?
Herr Kollege Ritter, ich glaube schon, dass man sicherlich noch mal herausstellen muss, welche Rolle vielleicht der eine oder andere dabei gespielt hat, dass eben nicht auf die friedlichen Demonstranten geschossen wurde. Das ist ja durchaus umstritten. Da sagen die einen, das waren die Russen, die haben den da oben runtergemacht und gesagt, auf die Menschen wird nicht mehr geschossen. Zugleich wird behauptet, die Offiziere der NVA wollten eigentlich was anderes, gerade die Offiziere der Bereitschaftspolizei, und es gibt diese Geschichte genau umgedreht.
Ich persönlich kann das gar nicht beurteilen, aber ich sage Ihnen, für mich und meine Fraktion ist das Wichtigste der einfache Mensch, der seinen ganzen Mut zusammengenommen hat, auf die Straße gegangen ist und gesagt hat, gegen dieses System der DDR begehre ich
auf. Und wir möchten nicht, dass das verwässert wird. Deshalb stimmen wir Ihrem Änderungsantrag nicht zu, nicht, weil wir aus irgendwelchen parteistrategischen und taktischen Gründen daran herumfummeln wollen, sondern wir wollen die Einmaligkeit dieser friedlichen Revolution nicht verwässern. Das war mir wichtig, hier noch mal klarzustellen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war auch etwas überrascht wie mein Vorredner Herr Kokert, dass das hier doch etwas emotional geworden ist.
Ich wollte noch mal zu Frau von Allwörden kommen. Frau von Allwörden, ich kann mich meinem Fraktionskollegen Herrn Borschke nur anschließen: Ihr Statement war gänzlich deplatziert.
Also da würde ich auch mal bitten, Herr Fraktionsvorsitzender, hier diese persönlichen Angriffe zu unterlassen.
Wir haben in der AfD-Fraktion mehrere DDR-Bürger, die erwachsen waren zur Wendezeit und die Opfer der DDRDiktatur waren. Ich habe das schon angedeutet, meine eigene Familie war betroffen. Unsere ganze Familie wurde bespitzelt vom MfS. Meine Familie war in der Kirche, war aktiv in der Kirche und hatte dadurch erhebliche Nachteile. Das konnten Sie nicht wissen. Ich habe gerade mal nachgesehen, Sie waren elf Jahre alt 1989 und kommen aus dem Westen. Ich muss wirklich sagen – ich mache das eigentlich nicht, aber in Ihrem Fall sage ich, Sie haben es provoziert, es tut mir leid –, Ihre Äußerungen waren völlig deplatziert. Etwas mehr Demut und Zurückhaltung gegenüber uns DDR-Bürgern!
Schämen Sie sich für Ihren Wortbeitrag! Ich finde es völlig deplatziert, es ist unangemessen gewesen, solch ein Ton!
Vor allen Dingen haben wir doch Ihrem Antrag zugestimmt. Es ist doch weitgehender Konsens. Dass die LINKEN ein bisschen Probleme damit haben, war ja absehbar, das ist ja verständlich.
(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Jeannine Rösler, DIE LINKE: Wo haben Sie das denn rausgelesen?)
Sie haben einen Änderungsantrag gestellt. Sie wollen zustimmen, habe ich verstanden, das nehme ich zurück,
aber Sie haben einen Änderungsantrag gestellt, den wir auch ablehnen werden, weil das natürlich wieder ein bisschen verwässern und ablenken soll.