Protocol of the Session on May 18, 2017

Verjährungsfrist von Veranlagungen, sowie noch zu treffenden Regeln für ein Drittel der kommunalen Abwasserbetriebe, die gemäß Bericht des Landesrechnungshofes unheilbar defizitär arbeiten, kann es sich am Ende des Tages womöglich sogar als sinnvoll herausstellen, das gesamte KAG einer neuerlichen, grundsätzlichen Novellierung zu unterziehen.

Und, liebe Regierungsfraktionen, glauben Sie mir, dass gerade auch Ihre Wähler genau darauf achten, ob Sie sich am Ende dieses Prozesses konstruktiven Vorschlägen der Opposition entziehen werden. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Danke, Herr Abgeordneter.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/533. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/533 bei Zustimmung der Fraktion der AfD, ansonsten aber Gegenstimmen abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Hände weg vom Arbeitszeitgesetz, auf Drucksache 7/544.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Hände weg vom Arbeitszeitgesetz – Drucksache 7/544 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Holter für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Panta rhei – alles fließt. Und so ist es auch im Leben. Unternehmen, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen sich auf veränderte Bedingungen einstellen, auf gesellschaftliche, auf wirtschaftliche, und, ja, auch auf die Bedingungen, die sich im Leben verändern. Viele von diesen Veränderungen wirken sich auch unmittelbar auf den Arbeitsmarkt aus. Viele von Ihnen, wenn man jetzt den Einzelnen oder die Einzelne befragen würde, würden als Erstes „Fachkräftemangel“, „Globalisierung“ oder „Digitalisierung“ sagen.

Ich bin der Überzeugung – und so viel Marx muss sein –, dass wir es mit tief greifenden Veränderungen der Produktivkräfte und auch der Produktionsverhältnisse zu tun haben. Es verändert sich die Technik, es verändern sich die Technologien, es verändern sich aber auch die Rolle und die Stellung des Menschen in der Produktion selbst. Außerdem verändern sich die Werte und die Ansprüche des Einzelnen an sich selbst und an seine Stellung in der Produktion und in der Gesellschaft.

Sie alle kennen den Spruch, dass sich die Generation Z ihr Leben und ihr Arbeiten anders vorstellt als die Vorgängergeneration Y beziehungsweise X. Von denen davor wollen wir mal gar nicht reden. Diese junge Generation betont bei der Arbeitsplatzsuche, in Vorstellungs

gesprächen und überhaupt, dass sie eine geregelte Arbeitszeit möchte, dass sie Planbarkeit möchte, dass sie wissen will, ob sie einen geregelten Feierabend hat und ob das Wochenende für Familie und Freizeit zur Verfügung steht, um das beispielhaft etwas zu untermauern.

All diese Veränderungen, über die ich gerade gesprochen habe oder die ich mehr oder weniger angerissen habe – das wissen wir –, werden heute zusammengefasst in dem Code 4.0.

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD)

Da kann man viel hineininterpretieren, aber das ist ja nun so Usus, Herr Krüger, dass wir das so machen.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Wenn wir über die vierte industrielle Revolution sprechen, dann müssen wir auch über Arbeit 4.0 sprechen. Wir müssen also darüber reden, wie wir morgen arbeiten und leben wollen. Genau darauf zielt unser Antrag ab, denn es ist die Frage: Soll es einen entgrenzten Arbeitstag geben oder soll das Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit klar geregelt sein beziehungsweise geregelt bleiben?

Dass es Regeln gibt, das wissen Sie. Diese Regeln ergeben sich aus dem Arbeitszeitgesetz aus dem Jahre 1994. Diese Regeln – so finden wir es als LINKE zumindest –, diese Regeln sind gut.

(Thomas Krüger, SPD: Ja.)

Diese sollen nach dem Willen von Arbeitergeberverbänden nun verändert werden. Der DEHOGA – das haben wir alle mitbekommen, das hoffe ich zumindest –, der DEHOGA, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband,

(Thomas Krüger, SPD: Die, die die hohen Löhne zahlen.)

hat am 22. März dazu sogar eine Kampagne gestartet. Diejenigen, die den Wahlkampf 2016 mitgemacht haben, wissen, dass es in den damaligen Wahlchecks des DEHOGA Mecklenburg-Vorpommern einen Punkt gab, der genau darauf abzielte. Und diejenigen, die sich im touristischen und wirtschaftspolitischen Bereich bewegen, kennen diese Diskussion. Aber für mich ist doch die Frage, ob der Achtstundentag, der von der Arbeiterschaft erkämpft wurde,

(Jochen Schulte, SPD: Von der SPD.)

auf den Haufen der Geschichte geworfen werden soll oder eben nicht. Und da sind wir uns als LINKE – soweit ich weiß, auch die Sozialdemokraten – mit den Gewerkschaften einig: Hände weg vom Arbeitszeitgesetz!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ich will etwas dazu sagen, das gehört zur Einbringung, wie die Rechtslage ist und was die Arbeitgeberverbände BDA, Nordmetall und DEHOGA – den habe ich als Beispiel schon erwähnt – jetzt nun tatsächlich fordern. Es ist nicht so, dass das Arbeitszeitgesetz in der Vergangenheit nicht novelliert wurde. Es wurde immer wieder angefasst und es regelt die täglichen Arbeits- und Ruhezeiten. Der

Arbeitstag wird normalerweise auf acht Stunden begrenzt, dazu kommen selbstverständlich die Pausen. Zwischen den Beschäftigungen hat eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu liegen. Sonn- und Feiertage sind für die meisten Beschäftigten arbeitsfrei. So ist es jetzt in dem Arbeitszeitgesetz geregelt und so soll es nach unserer Auffassung auch bleiben.

Die Unternehmerverbände wollen, dass sich die maximale Arbeitszeit nicht mehr auf den Arbeitstag, sondern auf die Arbeitswoche bezieht. Das ist eine Sache, die man tiefgründig betrachten und auch diskutieren muss, denn die Wochenarbeitszeit soll auf 48 Stunden begrenzt werden. Das soll dann analog der europäischen Arbeitszeitrichtlinie erfolgen. Öffnungsklauseln sollen es den Unternehmen zudem erlauben, die bisherige Mindestruhezeit von 11 Stunden zu unterschreiten. Na ja, dann können wir auch zu dem Thema Burnout und anderen gesundheitlichen Belastungen kommen, die sich aus den Verhältnissen, die man – ich bin ja heute ein bisschen bei der Politökonomie – auch Ausbeutung nennt, ergeben.

Die Umsetzung dieser Forderung in deutsches Recht würde es den Unternehmen erlauben, so die Argumentation der Verbände, zeitlich beweglicher im globalen Wettbewerb zu sein und Auftragsspitzen besser abarbeiten zu können. Diese Veränderungen, so die Unternehmerschaft, wären auch im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese könnten angeblich ihre Erwerbs- und Familienarbeit besser miteinander verknüpfen. Ich kann mich gut erinnern, dass wir bereits mehrfach hier im Land über die Vereinbarkeit von Familienleben und Erwerbsarbeit gesprochen haben. Ich bin der Überzeugung, dass es immer zu klein gedacht ist, wenn dann das Homeoffice herangezogen wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Kellner oder ein Koch per Homeoffice die Gäste in einem Restaurant tatsächlich befriedigt und bedient.

Also, die Unternehmerschaft ist der Überzeugung, dass man damit auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mehr Entscheidungsfreiheit gewähren würde, wann, wo und wie viel sie tatsächlich arbeiten wollen. Ich glaube, es geht aber genau in die umgekehrte Richtung. Wir hatten im Wirtschaftsausschuss – diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die dabei waren, haben diese engagierte Diskussion miterlebt – über genau die Ansprüche oder die Absichten zur Veränderung des Arbeitszeitgesetzes unter anderem mit dem DEHOGA diskutiert.

Dass es Menschen gibt, die länger arbeiten wollen, kann ich nachvollziehen. Es hat unter anderem auch seine Ursache darin, dass einige pro Stunde nicht genug verdienen, um damit ihr Leben tatsächlich zu finanzieren.

(Thomas Krüger, SPD: Das ist das eigentliche Problem.)

Es gibt genügend Statistiken, die belegen, dass Teilzeitbeschäftigte gerne wieder in Vollzeit arbeiten wollen. Und da hieß es, Herr Krüger und Herr Schulte, sehr wohl auch bei der SPD in Bezug auf die Bundestagswahl, dass es Initiativen geben soll, die ich übrigens unterstütze, damit wir uns da einig sind, mit denen der Übergang oder die Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit erleichtert werden soll. Da bin ich mal gespannt, wie das dann ganz konkret erfolgen soll,

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD: Das wird Martin schon machen.)

denn zurzeit liegen die Hürden unwahrscheinlich hoch. Da bin ich gespannt, was nach dem 24. September konkret an Gesetzesinitiativen seitens der SPD erfolgt. Aber das bloß am Rande bemerkt.

(Vincent Kokert, CDU: Die werden im Bundestag abgelehnt, weil die SPD keine Mehrheiten hat.)

Spannend ist doch die Frage, ob viele Köche, Kellner und andere Beschäftigte im Hotel- und Gaststättengewerbe oder anderen Branchen dauerhaft über acht Stunden hinaus arbeiten wollen. Da kenne ich andere Aussagen. Meine Kontakte zu diesem Personenkreis, zu diesen Menschen, die in Gaststätten und Hotels arbeiten, sind andere. Die sagen, acht Stunden reichen. Das hat auch etwas damit zu tun, wie hoch die Belastungen im Einzelnen sind. Wenn ich mir dann noch die Statistiken der Rentenversicherung anschaue, erreicht heute noch nicht einmal jeder Zweite die Regelaltersrente. Die meisten Menschen scheiden vorfristig aus ihrem Arbeitsverhältnis aus, weil sie einfach zu kaputt sind, wie der Bundesgesundheitsminister festgestellt hatte. Oder anders gesagt, sie sind Opfer von Arbeitsverdichtung, Überforderung und Stress, und das bei einem Arbeitstag, der auf acht Stunden begrenzt ist. Wie die gesundheitlichen Folgen von täglich zehn Stunden und mehr Arbeitsstunden aussehen, das könnte man jetzt beschreiben, aber ich weigere mich, mir das vorzustellen, weil ich nicht will, dass Menschen durch Arbeit kaputtgemacht werden.

Acht Stunden pro Tag sind zurzeit die Grenze. Das heißt aber nicht, dass es nicht heute bereits Ausnahmen gibt. Es wäre auch schlimm, wenn man hier nicht eine gewisse Flexibilisierung hätte. Bereits heute können die Tarifpartner die Arbeitszeit einvernehmlich auf bis zu zehn Stunden pro Tag verlängern. Das wird übrigens beim DEHOGA auch genutzt. Innerhalb von 24 Wochen darf aber die Gesamtarbeitszeit acht Stunden pro Tag nicht übersteigen. Mit dieser Regelung können Unternehmen auf Auftragsspitzen entsprechend reagieren. Sie sehen also, so starr, wie es von manchem Arbeitgebervertreter dargestellt wird, ist das geltende Arbeitszeitgesetz keineswegs. Wenn sich die Tarifpartner allerdings nicht einigen können, weil es keinen Betriebsrat beziehungsweise keine Tarifbindung gibt, wie es eben in Hotels und Gaststätten durchaus Usus ist, dann kann man das nicht dem Arbeitszeitgesetz anlasten.

Die Befürworter einer Verlängerung der täglichen Arbeitszeit müssen sich auch fragen lassen, warum sie sich auf genau diese Lösung versteifen. Vielleicht wäre die Umverteilung von Arbeit der richtige Weg, dass man tatsächlich einen anderen Ansatz wählt, indem man sagt, okay, es gibt eine Verkürzung der Arbeitszeit und anstelle von einem Beschäftigten, der mehr Arbeit leistet, leisten zwei Beschäftigte in weniger Arbeitszeit, aber dann bei gutem Lohn, die gleiche Arbeit. Es ist doch schlimm, einen Koch zwölf Stunden zu beschäftigen. Es wäre besser, zwei Köche sechs Stunden zu beschäftigen. Das hat aber was mit der Entlohnung zu tun.

Ich komme zum Schluss.

Sie sehen, meine Damen und Herren, es gibt Möglichkeiten, die Ansprüche von Unternehmen zu verwirklichen. Deswegen sind wir der Überzeugung, dass jeder Versuch, das Arbeitszeitgesetz auszuhöhlen, unterbunden werden muss. Hände weg vom Arbeitszeitgesetz! – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Schwarz von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Im Grundsatz sind wir ganz dicht beieinander, Herr Holter.

(Vincent Kokert, CDU: Nein!)

(Thomas Krüger, SPD, und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wir schon!)

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)