Meine Damen und Herren, eine klare Linie ist hier noch nicht zu erkennen. Auch hierbei kann möglicherweise der Austausch über Erfahrungen anderer Bundesländer nützlich sein.
Der vorliegende AfD-Antrag zu den Straßenbaubeiträgen ist datiert vom 3. Mai. Dieses Datum resultiert aus der Antragsfrist für diese Landtagssitzung, das ist okay. Nach der Beschlussfassung im Innenausschuss sieht das aber ganz anders aus. Ich kann doch nicht den Landtag zunächst auf eine ganz bestimmte Lösungsvariante festnageln, um hinterher im Fachausschuss mögliche Varianten
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Sinnhaftigkeit des Antrages wurde viel gesagt, ich will dazu auch nicht mehr viele Worte verlieren. Ein paar Fragen müssen Sie mir aber vielleicht doch noch gestatten. Was ist denn eigentlich Ziel dieses Antrages?
In Punkt 1 des Antrages soll der Landtag feststellen, dass der Oberbürgermeister der Stadt Schwerin ein Schreiben an den Landtag gesandt hat.
Sollen wir also jetzt in jeder Landtagssitzung einen an den Landtag gerichteten Brief im Plenum bestätigen lassen? Dann haben wir hier gut zu tun in den nächsten Wochen, denn dann sitzen wir noch in drei Wochen hier.
Das Schreiben der Stadt Schwerin wurde bereits vor zwei Wochen im Innenausschuss als Ausschussdrucksache verteilt und hat eine entsprechende Nummer bekommen.
Bei uns bedeutet das – in der Fraktion zumindest –, dass jedes Fraktionsmitglied, das im Innenausschuss sitzt, dieses Schreiben gesehen, gelesen, verinnerlicht und zur Kenntnis genommen hat.
(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Vincent Kokert, CDU: Aber sicher. – Zuruf von Jochen Schulte, SPD – Glocke der Vizepräsidentin)
Das wird natürlich auch bei der Expertenanhörung eine Rolle spielen. Das ist allerdings bei uns in der Fraktion so, ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist.
Zweiter Punkt. Der Gesetzentwurf der AfD wurde in der letzten Sitzung lang und breit hier behandelt. Wir haben die Überweisung schlussendlich abgelehnt. Wenn Ihnen allerdings die Berücksichtigung der Stadt Schwerin so
wichtig gewesen wäre, wie Sie behaupten, dann hätten Sie diese ja jetzt zum Expertengespräch einladen können. Das haben Sie allerdings nicht getan. Wenn es Ihnen also um diese fachliche Auseinandersetzung ginge, dann hätten Sie Ihren Antrag eigentlich aufgrund der Vorgänge zurückziehen müssen, wie es hier auch schon mehrfach erwähnt worden ist.
Dass Sie das nicht getan haben, zeigt eigentlich nur deutlich, dass es Ihnen nicht um eine inhaltliche Befassung mit dem Thema geht. Seien Sie also ehrlich, das Schreiben benutzen Sie nur als Vorwand, um hier die Zweite Lesung Ihres Gesetzentwurfes vorzuziehen. Wir werden bei diesem Schwachsinn nicht mitmachen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrtes Präsidium! Liebe Damen und Herren! Leeve Mäkelbörger und Vorpommern! Da haben wir wieder so ein Murmeltier, was hier grüßt. Es hat schon gegrüßt zu Zeiten,
(Vincent Kokert, CDU: Ihr seid die Murmeltiere! – Heiterkeit bei Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ich dachte schon, Sie.)
Allein schon der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass ein örtliches Straßennetz keinen für Grundstückseigentümer, also Anlieger, individuell zurechenbaren Vorteil hat. Nach Herstellung einer Straße haben wir doch alle, die sie nutzen, den gleichen Vorteil. Adäquat trifft diese Aussage übrigens auch für leitungsgebundene Ver- und Entsorgungseinrichtungen zu. Sie haben alle gemeinsam, dass die Finanzierung durch das KAG geregelt wird. Bei Straßen kommt nun noch erschwerend der Umstand hinzu, dass, wer eine Straße zwar täglich nutzt, dort aber kein Grundstück hat, für die Sanierung nichts zahlt. Der Anlieger muss aber zahlen, egal, wie oft er die Straße benutzt oder ob er sie auch gar nicht benutzt, weil er gar kein Auto hat.
Meine Damen und Herren, wie oft muss diese Binsenweisheit noch betont werden, dass der Sanierungsstau, der im Laufe der Jahrzehnte in den Kommunen entstanden ist, durchaus in direktem Zusammenhang mit der finanziell unzureichenden Ausstattung der Kommunen steht, und das im Kontext mit der absoluten Wirtschaftsschwäche unseres Bundeslandes. Natürlich spielen hierbei die vollkommen unbeabsichtigt, ja geradezu gesetzlich geforderten Zuweisungsfehlbeträge, die sich gemäß einigen Berechnungen allein zwischen 2010 und 2015 auf 200 Millionen Euro summiert haben, eine maßgebliche Rolle, weil sie einseitig zulasten der Kommunen gingen, aber unter dieses Thema wurde am vergangenen Donnerstag mit der getroffenen Einigung zwischen Land und Kommunen ja ein Schlussstrich gezogen. Ganz zu
schweigen jedoch auch von den Beträgen, die den Ländern und Kommunen durch die Zweckbindung in die Wirschaffen-das-Politik der Kanzlerin entgangen sind. Selbst wenn der Bund hiervon nur die Hälfte an die Länder überwiesen hätte, wären das für M-V weitere 135 Millionen gewesen. „Hätte, hätte, Fahrradkette“, wie der Volksmund an dieser Stelle so schön bemerken könnte.
Meine Damen und Herren, wie auch immer, es geht ums Geld und um die Frage: Woher nehmen? Es geht am Ende aber auch genau darum, dass die Anlieger nicht mit existenzbedrohenden Beiträgen belastet werden dürfen. Im Innenausschuss wird es am 29.06. auf Antrag der Fraktion DIE LINKE eine Expertenanhörung zum Thema „KAG und Straßenbaubeiträge“ geben, wofür ich sehr dankbar bin.
Dass wir diesen Antrag heute trotzdem auf der Tagesordnung gelassen haben, liegt daran, dass wir noch einmal daran erinnern möchten, dass alle Abgeordneten hier im Hause gegenüber ihren Wählern in der Pflicht stehen.
Und wie hier auch schon bemerkt wurde, entgegen den Gepflogenheiten dieses Hohen Hauses wurde unser Gesetzentwurf nicht an die Ausschüsse überwiesen.
Aber es ist auf jeden Fall ein immens wichtiges Thema, mit dem sich hier im Saal jeder zielführend auseinandersetzen sollte.
Expertenmeinungen gehen im Punkt der Finanzierung jedenfalls auseinander. Wer sich mit der Materie beschäftigt, weiß, dass die Möglichkeiten hier von grundsätzlicher Beibehaltung der KAG-Regelungen über Finanzierung durch regelmäßig wiederkehrende Abgaben, sprich Grundsteuer B, bis hin zu dem Standpunkt, dass Straßenausbau zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehört und daher nicht auf die Anlieger umzulegen ist, auseinandergehen. Wir werden uns in der Palette dieser Möglichkeiten abwägend einen Standpunkt über das Wie hinsichtlich der Finanzierung zu bilden haben.
Im Zusammenhang mit möglicherweise noch bestehenden Rechtsunsicherheiten im KAG in der aktuellen Version, zum Beispiel zu Altanschließerbeiträgen und der
Verjährungsfrist von Veranlagungen, sowie noch zu treffenden Regeln für ein Drittel der kommunalen Abwasserbetriebe, die gemäß Bericht des Landesrechnungshofes unheilbar defizitär arbeiten, kann es sich am Ende des Tages womöglich sogar als sinnvoll herausstellen, das gesamte KAG einer neuerlichen, grundsätzlichen Novellierung zu unterziehen.