Protocol of the Session on April 6, 2017

Und das ist gelebte Völkerverständigung im besten Sinne, meine Damen und Herren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte die Gelegenheit aber auch nutzen, für die Akteure, die diese deutschpolnische Zusammenarbeit tagtäglich leben – und sie leben sie wirklich –, an dieser Stelle eine Lanze zu brechen, für Menschen, die sich seit vielen Jahren unermüdlich für dieses Thema einsetzen und die, ich glaube, da sind wir uns im Haus alle einig, doch deutlich dicke Bretter bohren mussten und nach wie vor müssen. Ich denke da an Namen von Personen wie eine Maria Burow, die langjährige Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft, wie einen Peter Heise, dem langjährigen Geschäftsführer der Euroregion POMERANIA, Andrzej Kotula, einen polni

schen Journalisten, Władysław Diakun, Bürgermeister von Police, aber auch an Institutionen wie die IHK Neubrandenburg mit ihrem Haus der Wirtschaft in Stettin, was übrigens seit vielen Jahren, Herr Kollege Holter, aus dem Landeshaushalt finanziell unterstützt wird und damit natürlich dem Thema Metropolregion zugerechnet werden muss.

Ihre Arbeit, das tägliche Klein-Klein, das ist oft ein hartes Brot, und Mitbürger, Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Behörden von dem Sinn dieser Projekte zu überzeugen, sie zu begeistern, ich kann mir vorstellen, das ist oft nicht vergnügungssteuerpflichtig und nicht einfach. Und deshalb, glaube ich, verdient die Arbeit dieser Männer und Frauen unser aller Respekt und unsere Ermunterung. Machen Sie bitte weiter so!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stellen fest, wir sind gut vorangekommen bei dem Thema „Metropolregion Stettin“, aber daran wollen wir anknüpfen und weitermachen. Klar ist, im Ausbau der deutsch-polnischen Zusammenarbeit besteht ein großes Potenzial für beide Seiten, wirtschaftlich und für das tägliche Leben der Menschen bei der Verbesserung von Infrastruktur und der Daseinsvorsorge. Für Vorpommern ist es wichtig, dass wir diese stärkere Bindung zu dem alten Oberzentrum Stettin in dem gesunden Interesse wieder vitalisieren, das kommt vor Ort bei den Menschen an.

Wenn man mal mit Zahlen arbeitet an dieser Stelle, dann wird auch deutlich, wie viel politische Kraft wir darin investieren. In der Förderperiode 2014 bis 2020 sind es für grenzüberschreitende Projekte immerhin 134 Millionen Euro europäischer Mittel. Und wer in Mecklenburg-Vorpommern die Rechnung zulasten Mecklenburg-Vorpommerns mit EU-Geldern aufmachen will, der muss in den letzten Jahren doch tatsächlich blind durchs Land gelaufen sein.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Aufbau einer grenzüberschreitenden Metropolregion das nächste Etappenziel und es ist das Flaggschiff von Zusammenarbeit und gemeinsamer Kooperation mit unseren polnischen Freunden. Unser Ministerpräsident und der Marschall von Westpommern sind in einer gemeinsamen Erklärung darauf eingegangen. In Polen gibt es im Übrigen seit Längerem einen Verein, der die Metropolregion ehrenamtlich mitbegleitet. Das führt dazu, dass auf polnischer Seite Gebietskörperschaften durchaus zusammenwachsen.

Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern hat sich seit einigen Jahren im grenzüberschreitenden Bürgernetzwerk eine Bewegung gebildet, wo die Menschen sich einbringen. Und ich kann Ihnen sagen, schon vor meiner Ernennung als Staatssekretär und am Rande der letzten Landtagsdebatte habe ich dieses Thema aktiv begleitet sowie unterstützt und wir werden das auch weiter tun, denn wir müssen die Menschen bei dem Thema „Metropolregion Stettin“ mitnehmen. Wir müssen aufpassen, dass das nicht nur etwas ist, was zwischen uns Politikern, Behörden und Diplomaten eine Rolle spielt, sondern im gelebten Alltag stattfindet.

Darüber hinaus habe ich mit der Verbesserung der Zusammenarbeit im grenznahen Raum eines der Schwerpunktthemen unserer Arbeit gesetzt. Dazu führen wir aktuell zahlreiche Gespräche mit Kommunen, Vereinen

und Unternehmen. Um diese wirklich wichtige Aufgabe – das möchte ich an dieser Stelle sagen, weil es viele der Oppositionsparteien ja immer wieder beschäftigt – kümmert sich mein Vertreter Bernd Schubert im Übrigen sehr eifrig und ich bin überzeugt, dass die Bedarfsanalyse, die wir dann vorstellen werden, ein sehr wichtiges Rüstzeug und Grundargument für unsere weitere Arbeit ist.

Die Vorstellung bei uns ist, diesen Austausch regelmäßig durchzuführen. Wir sind auch weiterhin bereit, hierfür konkret finanzielle Mittel im Rahmen des Haushaltes in die Hand zu nehmen, und wir wollen aufbauend auf diese enge Abstimmung auf deutscher Seite mit den polnischen Kollegen über konkrete Schritte diskutieren. Ich habe bereits frühzeitig Kontakte hergestellt zu meinem polnischen Kollegen, dem Vizemarschall Rzepa, und in Stettin Gespräche geführt. Wir waren am 23. Februar zusammen unterwegs und ich kann Ihnen sagen, wir haben über eine ganze Reihe sehr viel konkreter Themen diskutiert, die im Übrigen immer das Ziel haben, dass die deutsch-polnische Grenze am Ende in der Vorstellung tatsächlich nicht mehr spürbar ist.

Ein weiterer konkreter Schritt, auch das sei an dieser Stelle genannt, Polen ist in diesem Jahr das Partnerland der Hannover-Messe. Auch da werden wir Kraft investieren, dass vorpommersche Unternehmen diese wichtige Industriemesse weiter zum Anlass nehmen, um dort Kontakte zu knüpfen und die Chancen zu nutzen, im Übrigen mit dem gemeinsamen Empfang des Ministerpräsidenten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte zum Schluss kommen. Beim Aufenthalt in Stettin im Februar im Dialogzentrum „Umbrüche“, kann ich Ihnen sagen, habe ich ein Museum mit Schwerpunkt der Geschichte Stettins seit 1939 besucht, also eine durchaus geteilte Geschichte, der sich dieses Land gestellt hat. Ich war von dem, was ich dort gesehen habe und was man mir vorgestellt hat, nicht nur tief beeindruckt, sondern ich war auch bewegt. Ich kann Ihnen sagen, gerade diese gemeinsame Geschichte von Deutschen und Polen in einer der besonderen Situationen, in der eine Stadt wie Stettin sich historisch befinden kann, ist es wichtig, dass wir dort miteinander reden und dass wir uns bewusst mit unserer Geschichte auseinandersetzen. Dieses Museum zeigt, wohin Ausgrenzung und Fremdenhass in der Vergangenheit geführt haben, und es macht uns zu einem anderen Umgang miteinander höchst sensibel, um das in dieser Gegenwart auch immer im Hinterkopf zu behalten. Auch deshalb sind unsere guten Beziehungen nach Polen für die weitere Entwicklung unseres Bundeslandes so wichtig. Deshalb bin ich dankbar für diesen Antrag.

Zum Schluss will ich noch einmal die Werbekeule schwingen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir wegkommen wollen von bloßen Worten am Rednerpult und mehr hin zu den Taten, die wir gelegentlich in Sonntagsreden fordern, dann lade ich Sie alle gern ein: Werden Sie Mitglied im Bürgernetzwerk Metropolregion Stettin! Das wäre mit wenigen Talern ein echter Beitrag zur Stärkung dieser wichtigen Arbeit. Ich freue mich, dass Sie so breite Zustimmung signalisiert haben, und bin jederzeit gern bereit, auch in Ihren Fraktionen das Thema zu vertiefen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Kollege.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/414. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag auf der Drucksache 7/414 einstimmig angenommen worden.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der AfD – Auflage von Bürgerschatzbriefen, auf der Drucksache 7/401.

Antrag der Fraktion der AfD Auflage von Bürgerschatzbriefen – Drucksache 7/401 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Wildt für die Fraktion der AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Landtagskollegen! Werte Gäste und liebe Bürger des Landes! Seit einigen Jahren gibt es bedingt durch die Niedrig- beziehungsweise Null- und mittlerweile Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank keine Zinsen für kleinere Beträge auf Sparkonten. Wir wissen aber, dass gerade in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der im Vergleich zu anderen Bundesländern relativ geringen Durchschnittseinkommen und Durchschnittsvermögen eine große Zahl von Bürgern keine Möglichkeit hat, einen Vermögensaufbau außerhalb der klassischen Sparkonten zu betreiben. Meines Wissens liegen wir beim Durchschnittseinkommen beziehungsweise dem verfügbaren Einkommen pro Kopf immer noch auf Platz 16 von 16.

Die Landesregierung ist dagegen immer wieder gefordert, auslaufende Kredite zu verlängern, um sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Insgesamt betragen die Schulden des Landes Mecklenburg-Vorpommern noch über 9 Milliarden Euro und der jährliche Zinsaufwand liegt bei circa 292 Millionen Euro im Jahr 2016.

Die AfD-Fraktion ist daher der Meinung, dass in der Refinanzierung über das Programm der bestehenden Landesschatzanweisung des Landes hinaus zumindest auch ein kleiner Teil durch die eigenen Bürger vorgenommen werden könnte. Über eine inflationsindexierte Anleihe soll hierbei ein Ausgleich der amtlich festgestellten Inflationsrate geschaffen werden.

Aus Gleichbehandlungsgrundsätzen stünde diese Möglichkeit der Geldanlage jedem Bürger in Mecklenburg-Vorpommern offen, aber natürlich werden insbesondere wenig vermögende Bürger angesprochen. In kleinen Einheiten von beispielsweise 50 Euro – vergleichbar mit den früheren Bundesschatzbriefen – hätten finanzschwache Bürger die Möglichkeit, einen Notgroschen der privaten Haushaltsrücklage anzusparen, der sich zwar nicht, wie in früheren Zeit üblich, durch Zinsen vergrößert, sich aber wenigstens durch die Inflation in der Kaufkraft auch nicht verringert.

Beispiel, extra für die Linksfraktion, die ja gerne mit Beispielen arbeitet: Bei einer Inflationsrate von drei Prozent

pro Jahr und einem Anlagebetrag von 1.000 Euro erhielte der Bürger einen auf einen Inflationsindex bezogenen Kapitalertrag von 30 Euro für dieses Jahr, sodass die Kaufkraft seines angesparten Guthabens konstant bliebe. Anderenfalls wäre es in der Realwirtschaft schon nach einem Jahr 30 Euro weniger wert und nach drei Jahren sind in diesem Beispiel von ursprünglich 1.000 Euro nur noch 912 Euro an Kaufkraft übrig.

Das Land könnte sich derzeit ohne Frage günstiger refinanzieren, zum Beispiel bei großen internationalen Fonds. Jedoch gebe ich zu bedenken, dass das Land in seinem Kreditmanagement aufgrund des niedrigen Zinsniveaus derzeit erhebliche Kosten einsparen kann. Es erscheint uns daher nur sozial gerecht zu sein, einen kleinen Teil dieser Ersparnis an die Sparer des eigenen Bundeslandes zurückzugeben.

Bei einer Auflage von zum Beispiel 50 Millionen Euro und 2 Prozent Inflationsrate entstünden mit diesem Modell Kapitalkosten, die etwa 700.000 Euro über den derzeitigen Finanzierungskosten lägen. Dieses Beispiel ist sehr realistisch, denn die aktuellen Inflationsraten liegen bei 0,5 Prozent im Jahr 2016, im Januar schon bei 1,9 Prozent, im Februar bei 2,2 Prozent und im März bei 1,7 Prozent. Die 2 Prozent sind auch das angestrebte Ziel der Europäischen Zentralbank und sind daher mittelfristig durchaus denkbar. Die Laufzeit dieser Anleihen sollte nur die laufende Legislaturperiode betreffen. So ist der zeitliche Horizont dieser Anlagen gut abschätzbar.

Derzeit wird ein großer Teil der Zinsersparnis durch das gesunkene Zinsniveau im Landeshaushalt MecklenburgVorpommerns für Schuldentilgung verwendet. Ein kleinerer Teil wird für unterschiedliche Investitionsvorhaben eingeplant. Darüber wird beim Landesfinanzbericht ohnehin noch zu debattieren sein. Jedenfalls sollten aber auch diejenigen, die diese günstige Finanzierung der Landesschulden ermöglichen, nicht völlig leer ausgehen. Wenigstens der Notgroschen, die private Haushaltsrücklage, sollte den Bürgern nicht genommen werden. Das ist sozialpolitisch geboten, finanzpolitisch vertretbar und stärkt auch die Kultur des Sparens, die aufgrund der fehlenden Zinsen unterzugehen droht. Gerade für junge Bürger unseres Landes, Kinder und Jugendliche ist es wichtig zu lernen, dass Vermögensaufbau durch Konsumverzicht und Sparleistung möglich und erforderlich ist.

Erinnern Sie sich noch an den Weltspartag am 31. Oktober? Eine Gesellschaft, die nicht spart, ist in normalen Zeiten auch nicht in der Lage zu investieren, zehrt ihre Substanz auf und fällt im internationalen Wettbewerb insgesamt zurück. Der Staat – in diesem Fall die Landesregierung – hat die Aufgabe, das hohe Gut des Sparens auch in völlig absonderlichen Zeiten der heutigen EZBZinspolitik aufrechtzuerhalten. Zur Erinnerung: Die Sparquote ist 2015 auf nur noch 5,4 Prozent in MecklenburgVorpommern gesunken. Früher waren Werte unter 10 Prozent undenkbar.

Spielraum für das vorgeschlagene Instrument besteht durchaus. So werden zwischen September 2017 und März 2018 unter anderem drei Tranchen zu jeweils 50 Millionen Euro fällig mit bisherigen Zinssätzen zwischen 2,5 und 4,5 Prozent pro Jahr. Aufgrund der guten Liquiditätslage ist eine tagesgleiche Anschlussfinanzierung nicht erforderlich, sodass das Land sogar das zeitliche Risiko der Vermarktung übernehmen könnte. Das ist

aber nicht unbedingt nötig, das ist Verhandlungssache mit den Banken.

Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, dass auch andere Emittenten von Anleihen mit Inflationsschutz inflationsindexiert herausgeben beziehungsweise sogar schon herausgegeben haben. Etwa fünf Prozent der derzeitigen Euroanleihen sind mit Inflationsschutz versehen, jedoch aufgrund der Ausgestaltung der Laufzeit beziehungsweise der Rückgabebedingungen nicht für Kleinsparer geeignet. Die Kombination des klassischen und früher außergewöhnlich beliebten Bundesschatzbriefes mit einem Inflationsindex als Verzinsungsersatz wäre für die Kleinsparer in Mecklenburg-Vorpommern eine echte Alternative.

Da wir aus unseren Gesprächen mit infrage kommenden Emittenten und den Landesbanken wissen, dass der Markt in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der geringen Vermögen als sehr eng, also klein, eingeschätzt wird und auch aufgrund der Anforderungen an die Beratungsdokumentation für Bankkunden laut dem Kreditwesengesetz Bedenken bei der Umsetzbarkeit bestehen, bitten wir den Landtag um Überweisung in den Finanzausschuss, um dort technische Details und Kosten präzise zu klären. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Danke, Herr Abgeordneter.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Finanzminister. Herr Brodkorb, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter und Ausschussvorsitzender Wildt, ich gestehe, es fällt mir jetzt nicht ganz leicht zu sprechen. Weil wir ja in aller Regel sachlich zusammenarbeiten, ich allerdings diesen Antrag wirklich für sachlich abwegig halte, fällt es mir ein bisschen schwer, vielleicht sprachlich die Balance zu halten.

Warum? Die Frage kann man sich ganz gut beantworten, wenn man sich zunächst die Frage stellt, warum Menschen eigentlich mal begonnen haben, einen Staat zu gründen, und damit meine ich nicht das Territorium, sondern die Organisation. Menschen gründen Staaten, um Aufgaben wahrnehmen zu lassen, die sie alleine nicht wahrnehmen können, beispielsweise den Straßenbau, die Gesundheitsversorgung. Wahrscheinlich wäre auch jeder von uns mit der öffentlichen Sicherheit überfordert, wenn er sie alleine für sich in einem Territorium gewährleisten sollte. Das heißt, es geht immer um die öffentlichen Leistungen, die jemand alleine nicht erbringen kann.

Jetzt kann man sich die Frage stellen, ob die Verzinsung von Kapital dazugehört. Ich habe gerade noch mal ins Internet geguckt, die Tagesgeldanleihen sind im Moment für rund 0,8 bis 1 Prozent zu haben. Es scheint also

einen Markt zu geben, auch für kleinere Beträge. Das funktioniert. Sie haben natürlich recht, dass wir uns im Moment unterhalb der Inflationsrate bewegen. Aber die spannende Frage ist: Soll der Staat da einspringen oder nicht? Ich schlage Ihnen deshalb vor, Herr Wildt, dass wir uns gemeinsam vorstellen, es gäbe den Staat noch nicht und Sie kämen auf die Idee, ihn zu gründen und ich auch, und wir würden beide in den Wahlkampf eintreten.

(Manfred Dachner, SPD: Das ist aber nett.)

Auf meinen Wahlplakaten würde stehen, lasst uns einen Staat gründen. Dafür müssen wir dann auch Steuern erheben, um Straßen zu bauen und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Auf Ihrem könnte stehen, lasst uns einen Staat gründen, damit wir Steuern einnehmen, die wir dann in Form von Zinsen den Bürgern wieder zurückgeben, weil das ist das, was passiert. Wir nehmen über Steuern erst den Bürgern Geld weg und geben es ihnen dann in Form von Zinsen wieder. Bei Straßen würde ich mitmachen, bei öffentlicher Sicherheit und bei Schulen auch. Allein das Zinsgeschäft leuchtet mir nicht ein. Es leuchtet mir nicht ein, allen Steuerzahlern Geld wegzunehmen, um es dann Einzelnen zu geben. Das läuft umgekehrt darauf hinaus, dass wir uns in diesem Parlament verabschieden von dem Ziel, Schulden und Zinslast des Staates so schnell wie möglich zu reduzieren.

Ich bin seit 2002 in diesem Landtag. Seitdem ich hier im Landtag bin, war es immer das Thema aller Fraktionen zu sagen, ja, die Schuldenlast muss reduziert werden, und zwar deshalb, weil wir die Zinslast reduzieren wollen, damit wir weniger Geld für Zinsen ausgeben müssen und dann mehr Geld haben für Kitas, für Schulen, für was auch immer. Im Moment zahlen wir das Geld, 250 Millionen Euro im Jahr, für Zinsen und dieses Geld fehlt an anderer Stelle beziehungsweise man könnte es an anderer Stelle ausgeben.

Herr Wildt, was Sie vorschlagen, ist das erste Mal in der Geschichte des Landes, glaube ich, dass eine Partei einen Vorschlag macht, die Zinsausgaben des Landes wieder zu erhöhen, ohne dass es sein muss, weil das, was Sie vorschlagen, heißt ja, höhere Zinsen zu zahlen, als auf dem Markt im Moment erzielbar sind. Das kann man gut finden. Mir erschließt es sich nicht. Ich möchte weiterhin eine Politik verfolgen, die die Zinslast möglichst reduziert, um die freien Spielräume in öffentliche Leistungen zu investieren, wie zum Beispiel die beitragsfreie Kita. Ich möchte dafür jeden Cent, den wir ersparen können, reservieren. Ich glaube, das sieht die Koalition insgesamt auch so.

(Torsten Renz, CDU: Ich würde aber die Grunderwerbssteuer absenken, um den Bürgern mal was zurückzugeben.)

Wir möchten nicht einsteigen in ein Modell, wo wir die Steuermittel der Bürger ohne Not und bewusst für Zinszahlungen einsetzen, egal an wen sie gehen. Das ist für mich ein etwas zu weitreichender Übergriff der Idee des Finanzkapitalismus auf den bürgerlichen Staat. Deswegen bitte ich um Verständnis dafür, dass ich dem Parlament nur empfehlen kann, diesen Antrag abzulehnen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)