Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mal mein Manuskript liegen lassen und möchte speziell auf das eingehen, was Herr Wildt gesagt hat. Dass man Bürgerschatzbriefe einführt, und das für Mecklenburg-Vorpommern alleine, scheint eine elegante Lösung zu sein, um den Bürgern wieder Zinsen zukommen zu lassen. Wir haben gerade vom Finanzminister gehört, das kann man zurzeit auf dem Markt auch.
Sie haben selbst abgestellt auf Bundesschatzbriefe, die es mal gegeben hat. Die sind 1969, wenn ich mich recht erinnere, mit einem Ziel eingeführt worden, und zwar, weil der Staat Schulden gemacht hat und diese Schulden refinanzieren musste, um Gelder auszugeben für Straßen, für Schulen, für Kindergärten und so weiter und so fort. Also er hatte das Geld nicht, musste Schulden aufnehmen und hat dafür dem Bürger Geld gegeben. Jetzt haben wir aber eine ganz andere Situation. Der Staat braucht gar kein Geld, sondern er zahlt über Jahre im Bund, aber auch im Land Geld zurück. Warum soll er jetzt Schatzbriefe ausgeben? Das macht verhältnismäßig wenig Sinn, weil er sich selbst auf dem Markt zu null Prozent oder teilweise sogar mit Negativzinsen refinanzieren kann.
Die zweite Sache in Ihrem Antrag ist, dass Sie sagen, Sie möchten das nur auf Bürger von MecklenburgVorpommern beziehen. Auch da haben wir, glaube ich, ein kleines Problem. Wir fragen: Nach welchen Richtlinien soll es denn eigentlich sein, sollen es Bürger sein, die hier wohnen, die hier Nebenwohnungen haben oder Ähnliches? Da haben wir doch ein Problem mit dem Gleichbehandlungsprinzip. Entweder müssen es alle Bürger haben oder keiner. Wenn Sie das dann begrenzen mit 2.000 Euro, haben wir das nächste Problem. Wer soll das festlegen, wenn die Oma das macht oder für die Kinder? Also wir haben sehr, sehr viel ungelöste Probleme in diesem Antrag. Wie ich schon gesagt habe, gibt es im Moment nicht die Notwendigkeit, diese Schatzbriefe herauszugeben, auch wenn es auf den ersten Blick für den Bürger, für den Kleinsparer eine elegante und eine interessante Lösung zu sein scheint, dass er ein bisschen mehr Geld für sein Erspartes bekommt.
Ich denke, dieser Antrag ist zu kurz gesprungen. Man sollte einfach abwarten. Wenn es dem Land wirklich schlechtgeht, es Geld braucht und es dieses aufnehmen muss, dann kann man, glaube ich, darüber nachdenken, ob man dieses Geld nicht von Banken aufnimmt, sondern vom Bürger, und dieses entsprechend verzinst. Solange sollten wir warten. Wir lehnen diesen Antrag ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die AfD glaubt, mit einer guten Idee hier um die Ecke zu kommen, aber wenn man genauer hinsieht, ist sie dies weniger. Ich will das auch gern begründen.
Richtig ist, die Niedrigzinsphase führt dazu, dass die geringen Sparzuwächse von den allgemeinen Preissteigerungen aufgefressen werden. Klassische Sparangebote von Banken, für die es mehr als zwei Prozent gibt, sind derzeit ausgesprochen rar. An dieser Stelle könnte man fragen, ob es Aufgabe eines Landes ist, Sparer vor Wertverlusten durch die Inflation zu schützen, oder nicht. Das Land soll dafür nach dem Willen der AfD eine Kreditsumme X von Kleinsparern aufnehmen, zu einem geringeren Zinssatz verzinsen und zusätzlich das Inflationsrisiko übernehmen. Das scheint mir haushaltsrechtlich doch bedenklich zu sein. Das Land würde damit vergleichsweise teure Kredite bei Einwohnerinnen und Einwohnern aufnehmen, obwohl es selbst deutlich günstigere Alternativen für die Kreditbeschaffung hätte.
Sie schlagen in Ihrem Antrag weiterhin vor, dass die Sparkassen die Anleihen am Markt platzieren sollen. Wie aber lässt sich dies finanzieren, frage ich Sie. Die Sparkassen werden so etwas ganz sicher nicht zum Nulltarif machen. Für Kauf und Verkauf werden in aller Regel auch Gebühren fällig und diese müssten vom erwarteten Sparzuwachs abgezogen werden. So kann es sein, dass davon gar nichts übrig bleibt.
Meine Damen und Herren, ein solches Instrument ist auch nicht so bombensicher, wie es die AfD dargestellt hat. Die AfD erweckt den Eindruck, dass die Geldanlage ihrem Wert nach bei sogenannten Bürgerschatzbriefen in jedem Fall erhalten bleibt. Das aber ist, denke ich, nicht so. Im Vergleich zu einer Geldanlage in klassischen Anleihen mit fester Verzinsung ist der Kauf von inflationsindexierten Papieren nur dann vorteilhafter, wenn die allgemeine Preissteigerung künftig höher, als heute erwartet, ausfällt. Nur dann erfolgt ein finanzieller Ausgleich. Ein solches Instrument seitens des Landes ist, glaube ich, aber auch gar nicht unbedingt nötig, denn der Bund hält, soweit ich weiß, ebenso inflationsindexierte Bundeswertpapiere vor und man kann hier auch Kleinstbeträge einsetzen.
Wir dürfen außerdem nicht vergessen, viele Menschen, viele Unternehmen, die öffentliche Hand profitieren auch von niedrigen Zinsen. Andererseits ist die Niedrigzinspolitik der EZB der Grund dafür, dass die Sparer, auch in Mecklenburg-Vorpommern, nur noch sehr geringe bis gar keine Zinsen auf ihr Erspartes bekommen. Durch die Inflation verliert das Ersparte weiter an Wert, das ist klar. Auch der Staat trägt aber mit Schuldenbremse und Investitionszurückhaltung zum niedrigen Zinsniveau bei. Das muss man ebenfalls sehen.
Im Übrigen sehe ich nicht das niedrige Zinsniveau, sondern die dennoch zu geringe öffentliche Investitionstätigkeit als das Problem an. Es ist kein Geheimnis, dass notwendige und ökonomisch sinnvolle Investitionen in Straßen und Brücken, Schulen und Hochschulen, Bildung und Gesundheit seit vielen Jahren weit hinter dem Bedarf zurückbleiben. Eine umsichtige öffentliche Investitionspolitik würde den wirklichen Kleinsparerinnen und Kleinsparern in Deutschland und natürlich auch hier in
Mecklenburg-Vorpommern viel mehr zugutekommen, als es jede Erhöhung der Sparzinsen jemals tun wird. Außer bei den wirklich Reichen machen die Vorzüge einer funktionierenden öffentlichen Infrastruktur, guter Schulen und eines handlungsfähigen Staates mit zuverlässigen sozialen Sicherungssystemen gegen Arbeitslosigkeit, Krankheit und Armut viel mehr aus als die Zinserträge, die ausbleiben. Aber vielleicht stellen sich die Zinserträge dann auch wieder ein.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas zu steigender Inflation sagen. Sie wird begünstigt durch eine Politik, die auf Protektionismus ausgerichtet ist, Politik, die auch von der AfD hier als Heilsbringer gesehen wird. Deutschland zuerst, ein Zurück zu allein nationalen Interessen, das sind, glaube ich, die größten Preistreiber. Ein Rückfall in die Kleinstaaterei und Abschottung führt zu Wertverlusten der Währung auf internationaler Bühne und verteuert Importe. Verlierer sind am Ende damit auch die Einwohnerinnen und Einwohner hierzulande.
Wir werden uns bei der Überweisung – die ist beantragt worden – enthalten. Den Antrag an sich werden wir aber ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die AfD-Fraktion hat uns einen Antrag zur Diskussion vorgelegt. Was ist der politische Ansatz oder die Zielrichtung dieses Antrages? Es wird ein Bürgerschaftsbrief als inflationsgeschützte Anleihe gefordert. Dieser soll ausschließlich an Bürger aus Mecklenburg-Vorpommern gehen, die gleichzeitig auch Kleinsparer sind und maximal 2.000 Euro ansparen wollen. Die Bürgerschaftsbriefe sollen von den Sparkassen in Mecklenburg-Vorpommern am Markt platziert werden.
Ich sage es gleich, wir lehnen den Antrag und auch die Überweisung ab. Dazu aber nachher noch ein wenig mehr. Die Gründe für die Ablehnung durch die SPDFraktion sind vielfältig. Rechtlich stehen dem Antrag mehrere Gründe entgegen:
Erstens. Am Markt platzierte Beteiligungs- oder Finanzprodukte müssen grundsätzlich allen Marktteilnehmern zugänglich sein, denn für den Bürgerschaftsbrief des Staates haften dem Grunde nach alle Bürger des Staates automatisch mit Hab und Gut für diese Anlagen.
Zweitens. Der Staat, die öffentliche Hand, darf keine Geschäfte eingehen, die zu seinem Nachteil sind, und dies würde so passieren. Das ist aber das eherne Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Verwendung öffentlicher Mittel in allen Verwaltungen. Sie haben doch immer angeprangert, dass vernünftig mit öffentlichen Geldern umgegangen werden muss, und widersprechen sich hier. Das funktioniert nicht. Wie gesagt, Sie spielen sich auf und widersprechen sich mit diesem Antrag selbst.
Meine Damen und Herren, eine inflationsgeschützte Anlage hat zwei Zinskomponenten, einmal den festgelegten Zins bei der Ausgabe der Anleihe und zweitens einen
variablen Zins zum Ausgleich des Inflationsrisikos. Der Zins liegt derzeit unterhalb der Inflationsrate. Bei einem niedrigen Leitzins von zurzeit 0 Prozent und einem Inflationsindex von derzeit 2,2 Prozent müsste der festgelegte Zins bei der Ausgabe der Anleihe minus 2,2 Prozent betragen, damit kein Nachteil für das Land beim Ausgleich des Inflationsindexes nach Ablauf der Laufzeit der Anleihe entsteht. Wer soll denn so eine Anleihe kaufen?
Im Übrigen sendet die Europäische Zentralbank inzwischen Signale aus, dass die Nullzinspolitik in absehbarer Zeit beendet werden könnte, denn die Banken und Versicherungen können keine ausreichenden Gewinne erwirtschaften. Im Moment schließt zum Beispiel die Volks- und Raiffeisenbank im ganzen Land viele Filialen gerade im ländlichen Bereich und verlangt unverschämt hohe Gebühren, zum Beispiel für die Ausgabe von Visakarten oder demnächst vielleicht auch von Bargeld. Damit haben die Kleinsparer, die Kunden bei der Volks- und Raiffeisenbank sind, viel größere Probleme.
Meine Damen und Herren, es gibt auch eine Vielzahl von organisatorischen Fragestellungen, die dem Antrag entgegenstehen. Beim Kauf einer Anleihe wird ein Ausgabeaufschlag zur Deckung der Ausgabekosten fällig. Gibt es überhaupt einen Markt dafür beziehungsweise eine Nachfrage nach so einem Produkt in diesem gewünschten Kleinsparsegment von maximal 2.000 Euro mit negativem Festzins? Hat das die AfD überprüft oder wie kommen Sie auf diese Idee? Wie lang soll denn die Laufzeit Ihres Bürgerschaftsbriefes sein? Es lohnt sich für den Anleger doch nur, wenn er auf den angelegten Notgroschen wirklich verzichten kann und die Anleihe nicht gleich wegen einer Neubeschaffung notwendiger Güter, zum Beispiel bei einer kaputten Waschmaschine, wieder verkaufen oder gar einen Kredit dafür aufnehmen müsste. Wer wäre eigentlich zeichnungsberechtigt? Nur die aktuell in Mecklenburg-Vorpommern lebenden Bürgerinnen und Bürger? Was ist, wenn jemand wegzieht? Muss er dann die Bürgerschaftsbriefe verkaufen? Hat eigentlich mal jemand mit den Sparkassen gesprochen? Dann die spannendste Frage für uns: Wer soll überprüfen, wer es verdient, einen Bürgerschaftsbrief zu kaufen?
Wer ist ein im Antrag beschriebener „Kleinsparer“? Muss er die Hosen runterlassen, bevor er die Anleihe kaufen kann? Wer soll die ganzen Kriterien prüfen, die Sie hier aufgestellt haben? Wir müssen uns endlich mal fragen, was denn ein „Kleinsparer“ ist. Das steht nirgendwo.
Die inflationsbedingte Abwertung eines Notgroschens von 2.000 Euro betrüge bei einem Inflationsindex von 2,5 Prozent gerade 9 Euro im Jahr. Diese 9 Euro retten niemanden vor Altersarmut oder anderen Armutsrisiken. Die SPD steht aber für soziale Gerechtigkeit.
Wir können im Finanzausschuss bei der Beratung des Landesfinanzberichtes gerne darüber debattieren. Wir werden aber den Überweisungsantrag wie auch diesen Antrag ablehnen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Beiträge. Darauf will ich natürlich gerne eingehen. Ich bitte Sie, mir nachzusehen, dass ich sie nicht sortiert habe. Ich gehe einfach der Reihe nach Ihre Argumente durch.
Herr Minister Brodkorb, Sie sind der Meinung, die Verzinsung von Guthaben ist keine öffentliche Leistung. Dafür gründen wir keinen Staat. Das ist sicherlich richtig, aber wir müssen einfach auch konstatieren, dass der Markt im Moment nicht funktioniert. Wir haben jahrhundertelang immer Zinsen bekommen für unsere Sparguthaben. Das ist im Moment außer Kraft gesetzt und deswegen kann man das auch schlecht als Beispiel hier anführen, warum man einen Staat gründet oder keinen Staat gründet. Das ist eine sehr schöne philosophische Diskussion, aber leider am Thema vorbei. Es geht um die konkrete Situation heute. Die Bürger bekommen für ihr Sparguthaben keine Zinsen und verlieren dementsprechend Geld. Wenn Sie sagen, dass 0,8 bis 1 Prozent Zinsen durchaus möglich sind auf dem Tagesgeldkonto, so mag das richtig sein, aber nur in einer anderen Größenklasse. Wenn Sie 1.000 Euro anlegen wollen, bekommen Sie kein Prozent. Sie können mir gerne zeigen, wo man da 1 Prozent Zinsen bekommt.
Wir sprachen vor allen Dingen von den Kleinsparern, das heißt, es geht um die Sparer, die mit 50 Euro anfangen. Für alle diejenigen unter Ihnen, die noch Bundesschatzbriefe kennengelernt haben: Es war absolut üblich, dass man tatsächlich 50 Mark, 100 Mark anlegte in Bundesschatzbriefen, gerne gerade für die Kinder, von denen ich eben gesprochen habe.
Wie gesagt, der Markt existiert im Moment nicht oder funktioniert nicht mehr richtig. Sie sprachen davon, dass man jetzt Steuerzahlungen umwidmen würde, um Sparern Zinsen zu zahlen. Das ist natürlich völlig verkehrt. Es geht nicht um die Steuern, es geht um die Zinsersparnisse, die der Staat macht aufgrund der verfehlten Politik der Europäischen Zentralbank. Das ist einfach nicht normal, dass sich ein Staat, ein Schuldner, zu derartig niedrigen Zinsen verschulden kann und auf diesem Wege seine Gläubiger enteignet. Das ist nicht normal und es geht tatsächlich zulasten der Kleinsparer. Die größeren Sparer, diejenigen, die größere Vermögen haben, haben natürlich Alternativen, die können das Geld anlegen im Ausland, in Immobilien, können Aktien kaufen oder sonstige Dinge. Aber gerade die Kleinsparer können das nicht.
Dann kommt Herr Liskow. Herr Liskow, auf dem Markt gibt es eine Verzinsung. Das sagten Sie auch. Ich kann
noch mal wiederholen: Die gibt es leider nur für größere Vermögen und nicht für die kleinen Beträge. Dann sagten Sie noch, Mecklenburg-Vorpommern braucht gar kein Geld, es ist ganz anders als 1969. Das ist natürlich auch nicht richtig. Ich hatte es Ihnen eben schon gesagt, alle paar Monate refinanzieren wir Beträge. Die Landesregierung ist gezwungen, immer wieder auslaufende Kredite zu refinanzieren, und da ist es auch so, dass man dann Geld braucht. Es ist nicht so, dass wir Neuverschuldungen haben, da haben Sie recht. Die Neuverschuldung ist zum Glück im Minusbereich. Das heißt, wir tilgen Schulden, aber natürlich müssen wir immer wieder alle paar Monate Kredite refinanzieren.