Protocol of the Session on December 10, 2020

Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE auf Drucksache 7/5601 zur Beratung an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages der Fraktion der AfD – Terrorismus bekämpfen: Syrische Gefährder und Straftäter abschieben, Drucksache 7/5499.

Antrag der Fraktion der AfD Terrorismus bekämpfen: Syrische Gefährder und Straftäter abschieben – Drucksache 7/5499 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Förster.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Liebe Landsleute! Es geht bei unserem Antrag um die Rückführung von Gefährdern und Kriminellen, die im Zuge einer unkontrollierten Masseneinwanderung in unser Land kamen, vor allem aus Syrien. Eine ungesteuerte Zuwanderung führt zwangsläufig zu wachsenden Risiken. Das ist keine neue Erfahrung, das musste jedem klar sein. Die Migration, von einer gespalteten Gesellschaft teils als Bereicherung, teils als Heimsuchung wahrgenommen, ist das Gegenteil dessen, was Zuwanderung in ein Einwanderungsland ausmacht, denn in den klassischen Einwanderungsländern entscheidet das Aufnahmeland, wer ins Land kommt, und zwar nach Kriterien des eigenen Vorteils. Die Migration in unser Land läuft exakt nach dem umgekehrten Muster ab. Und so haben wir uns viele Probleme geschaffen, die uns überfordern und bei denen eine Lösung nicht in Sicht ist.

An keiner Stelle wird das so deutlich wie bei dem Umgang mit islamistischen Gefährdern und kriminellen Migranten. An keiner Stelle wird die selbstverordnete Ohnmacht des Staates so deutlich wie hier. An keiner Stelle wird das Wort „Rechtsstaat“ für die Opfer dieser Ohnmacht so zur inhaltsleeren Floskel wie hier. Natürlich ist die Zahl der Gefährder und Schwerkriminellen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Ausländer beziehungsweise Migranten, die sich gesetzestreu verhalten, gering, aber sie ist dennoch beachtlich und besorgniserregend.

Wie steht es denn überhaupt um die Kriminalität von Zuwanderern? Die Kriminalstatistik gibt eine eindeutige Antwort. Keine Gruppe fällt so negativ auf und beschäftigt die Ermittler so intensiv wie Asylbewerber, Flüchtlinge und Geduldete, sagt das Bundeskriminalamt in seiner Auswertung von 2019. Keine andere Gruppe ist so stark in der Kriminalstatistik überrepräsentiert. Bei einem Anteil von rund 2 Prozent an der Gesamtbevölkerung machen die Zuwanderer in 2019 bei den Tötungsdelikten 12 Prozent, bei Diebstahl, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und anderen Hoheitsdelikten jeweils 10 Prozent der Tatverdächtigen aus. 2018 war der Anteil teils noch erheblich höher. Bei den Tötungsdelikten waren es 15 Prozent, das heißt also fünf- bis siebenmal häufiger, als es dem Bevölkerungsanteil entspricht.

Laut Mitteilung des Innenministeriums halten sich in Mecklenburg-Vorpommern – Stand 30. April 2020 – 3.965 Personen auf, die vollziehbar ausreisepflichtig

sind. Das heißt, dass diese Personen grundsätzlich abgeschoben werden können. Allerdings haben davon 3.442 eine Duldung, das heißt, die Vollziehung der Ausreisepflicht wird aus bestimmten Gründen, die im Aufenthaltsgesetz geregelt sind, ausgesetzt. Die Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung scheitert nicht nur gelegentlich, sondern in rund zwei Drittel aller Fälle. Das allein ist bereits ein Skandal, der niemandem zu vermitteln ist. Besonders brisant wird die Sache bei den sogenannten Gefährdern, bei denen latent die Gefahr besteht, dass sie eine politisch motivierte Tat von erheblicher Bedeutung begehen werden.

Im Verfassungsschutzbericht M-V steht unter der Überschrift „Aufenthaltsverfestigung ausländischer Islamisten“ Folgendes: Islamistische Aktivitäten, die unterhalb der Schwelle bedeutsamer Straftaten bleiben, reichen regelmäßig nicht aus, um darauf aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu ergreifen. Mit anderen Worten, ein anerkannter Flüchtling kann, ohne ausländerrechtliche Sanktionen befürchten zu müssen, den demokratischen Rechtsstaat offen ablehnen und sich für die Einführung der Scharia aussprechen. Das ist ein unerträglicher Zustand. Und niemand kann ernsthaft behaupten, das ließe sich nicht ändern, wenn der politische Wille dazu da wäre. Aber genau daran fehlt es. Seit Jahren wird dieses Problem tabuisiert, seit Jahren schweigen die Abgeordneten der Koalition dazu. Stattdessen fokussieren sie sich darauf, ob in der Migrationsdebatte die politisch korrekte Sprachregelung eingehalten wird.

Für blankes Entsetzen sorgten die islamistischen Morde am 16. und 29. Oktober in Paris und Nizza. Die barbarische Begehungsweise einer Enthauptung, die den Eindruck eines rituellen Abschlachtens vermittelt, macht die Taten zu mehr als einer Tötung. Erst danach wurde die bis dahin gedeckelte Messerattacke in Dresden medial zu einem Thema in Deutschland. Dies ist genauso bemerkenswert wie die unterschiedlichen Reaktionen in Deutschland und Frankreich, wo im ganzen Land Zehntausende an Trauerkundgebungen teilnahmen.

In so gut wie allen uns bekannten Fällen waren die Täter für die Sicherheitsbehörden keine Unbekannten. Sie waren allesamt strafrechtlich bereits aufgefallen und/oder als in der islamistischen Szene aktiv bekannt. Die meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien. Deren Abschiebung scheitert, weil seit 2012 ein Abschiebestopp nach Syrien besteht, der bis jetzt immer wieder verlängert wurde. Nach der Tat von Dresden, die nicht geschehen wäre, wenn der islamistische Syrer abgeschoben worden wäre, mehren sich die Stimmen, die eine Abschiebung von Gefährdern und Straftätern fordern.

Fest steht, dass es in Syrien befriedete Gebiete gibt. Das kann nach allem, was wir über Syrien erfahren, eigentlich nicht zweifelhaft sein. Mein Eindruck ist, dass diese Befriedung nicht wahrgenommen werden soll, weil sie im Wesentlichen mit russischer Hilfe bewirkt wurde und Assad noch an der Macht ist. Das passt nicht ins gewünschte Bild.

Für eine Befriedung sprechen eine ganze Reihe von Umständen. Syrische Migranten, die hier einen Schutzstatus haben, reisen in den Ferien in ihr Herkunftsland zu ihrer Familie und kehren danach wieder hierher zurück. Keine Gerüchte – Fakten! Skandinavische Länder wie Schweden und Dänemark halten Teile Syriens für sicher genug, um dorthin abzuschieben. Wenn diese Länder zu

einer solchen Einschätzung kommen, dann halte ich das für überzeugender als die Einschätzung unseres Außenministers, der bei einem Sinneswandel – und ich sage bewusst „Sinnes“- und nicht „Erkenntniswandel“ – große Probleme mit seiner Partei bekäme.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Am Schluss geht es um eine Abwägung: Es geht um die Abschiebung von Gefährdern und Schwerkriminellen in ein möglicherweise risikobelastetes Herkunftsland und es geht darum, unsere Bevölkerung vor diesen Menschen zu schützen. Was ist Ihnen wichtiger? Dieser Frage können Sie nicht länger ausweichen.

Aber das ist es nicht alleine. Der Schaden, der dadurch angerichtet wird, dass der Staat sich als unfähig erweist, dieses Problem zu lösen, ist viel größer, denn es ist keinem rechtstreuen Bürger zu vermitteln, dass das Wohlergehen dieser Personen einen höheren Stellenwert hat als die Sicherheit unserer Bevölkerung.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Das wird jedes Mal signifikant sichtbar, wenn es zu einem neuen Anschlag oder einer schweren Straftat kommt. Dann wird das Problem neu thematisiert, als ob es vorher nicht bekannt gewesen wäre, und es beginnt das Konzert der verantwortlichen Politiker mit dem Ur-Ton: „Man könnte, sollte, müsste, aber …“ Und am Ende ändert sich nichts.

Oder doch? Seehofer will das Abschiebeverbot nach Syrien aufweichen. Er will sich dafür einsetzen, Zitat, dass „zumindest für Straftäter und Gefährder in jedem Einzelfall geprüft wird“, ob sie abgeschoben werden können – eine aufgeblähte Ankündigung, die das wiedergibt, was ohnehin gilt, und in ihrer Substanzlosigkeit kaum zu überbieten ist. Seehofer, das ist der Bundesinnenminister, der einst die Migrationspolitik der Kanzlerin als eine „Herrschaft des Unrechts“ anprangerte und der Kanzlerin mit einer Verfassungsklage drohte und der heute im Kabinett artig die Tag für Tag fortdauernde illegale Migration mit absegnet.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Ohne Druck auf diese Regierung wird sich nichts ändern.

Ein Weiteres ist zu bedenken: In unserem Land leben viele Ausländer und deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund, die sich hier erfolgreich integriert haben. Mit jedem Anschlag eines Migranten, der längst hätte abgeschoben werden sollen, wachsen die Vorbehalte gegen Migranten. Genau das wirkt sich mittelbar auch auf die aus, die hier wirklich angekommen sind. Zugleich sinkt das Vertrauen in den Rechtsstaat immens.

Herr Innenminister – auch wenn er nicht hier ist –, ich wende mich an Sie: Tun Sie das, was Ihr Vorgänger versäumt oder nicht geschafft hat! Sorgen Sie in Ihrer Partei in Berlin dafür, dass Gefährder und schwerkriminelle Ausländer nicht länger ein faktisches Bleiberecht in unserem Land genießen, egal, wo sie herkommen!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Sorgen Sie dafür, dass auch nach Syrien abgeschoben wird!

Und, Herr Minister, es gibt hier keine Ausreden. Wenn der politische Wille da ist, dann gibt es auch eine Lösung, und sei es über die Rückführung in ein Drittland. Und was spricht dagegen, das Entgegenkommen eines Drittstaats durch Großzügigkeit an anderer Stelle zu kompensieren? Ein Staat, der keine Bedenken hatte, unter Bruch der Verfassung und Einreisebestimmungen Hunderttausende Migranten unkontrolliert ins Land zu lassen, ihnen einen Schutzstatus durch Ankreuzen von Fragebögen zu verpassen, der sollte auch den Mut, die Entschlossenheit und die Fantasie aufbringen, sich derer zu entledigen, die eine schwere Bedrohung für unsere Bürger darstellen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst für die Landesregierung und in Vertretung des Ministers für Inneres und Europa der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich habe ja auch schon allerhand in meinem Leben erlebt, aber dass ich jetzt den Innenminister auch noch vertreten soll, muss und darf,

(Heiterkeit bei Dirk Lerche, AfD)

das habe ich mir auch nicht träumen lassen. Das will ich ausdrücklich sagen.

(Heiterkeit und Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Und wenn ich der Rede nun intensiv zugehört habe, dann würde ich glauben, dass Herr Renz es ähnlich formulieren würde:

(Heiterkeit bei Karsten Kolbe, DIE LINKE)

Wer Zwietracht sät, muss sich nicht wundern, wenn die Gesellschaft weiter auseinanderdriftet.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Deswegen wollen wir die ja abschieben und nicht Zwietracht säen.)

Und auf der anderen Seite, wenn man, ich habe mir, Herr Förster, wirklich die Mühe gemacht, schon mehrfach, Ihren Lebensweg anzuschauen, als Richter eines Gerichtes nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern dann auch noch in Ihrer Entwicklung dieses Staates als Rechtsstaatsvertreter – das ist meine persönliche Auffassung, ich kann Ihre Urteile nicht überprüfen, will ich auch nicht –,

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

aber sich als jemand, der diesen Staat repräsentiert hat, den Rechtsstaat, für den ich persönlich auf die Straße gegangen bin, und heute so zu tun, als ob dieser Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland handlungsunfähig ist,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

das tut mir in der Seele weh, dass Sie solche Dinger hier loslassen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Vielleicht ist es dem geschuldet, dass Sie seit 2007 dann Ihre Pension genießen durften und Ihre wirren Gedanken entwickelt haben. Mir tut das in der Seele weh, wenn ich Ihnen das persönlich sagen darf. Mir tut das wirklich in der Seele weh, weil ich immer gehofft habe,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

wir leben endlich in einem Rechtsstaat,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

in einem Rechtsstaat, wo Recht und Gesetz gelten und wo wir im Übrigen in einer Gemeinschaft leben und in einer Wertegemeinschaft leben.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Man wird das doch wohl benennen dürfen! Wir müssen doch darüber reden!)