Protocol of the Session on December 9, 2020

Jetzt lasse ich darüber abstimmen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So, Herr Liskow, jetzt Farbe bekennen!)

Wer möchte der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zustimmen? –

(Peter Ritter, DIE LINKE: Farbe bekennen, Kreistagsmitglied von Vorpommern-Rügen!)

Danke schön! Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? –

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das haben wir schon im Kreistag gemacht, Farbe bekannt.)

Darf ich trotzdem erst das Ergebnis der Abstimmung bekannt geben?

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ja, sagen Sie es Ihrer Fraktion!)

Damit ist der Antrag auf Aufsetzung auf die Tagesordnung bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE, ansonsten Ablehnung aller anderen Abgeordneten abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein. Es wurden 30 Minuten verabredet. Wir setzen die Sitzung fort um 13.55 Uhr. Die Sitzung ist unterbrochen.

Unterbrechung: 13.27 Uhr

__________

Wiederbeginn: 13.59 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge, Drucksache 7/5349, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- und Europaausschusses, Drucksache 7/5531. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/5643 vor.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge (Erster Medienänderungsstaatsvertrag) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 7/5349 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- und Europaausschusses (2. Ausschuss) – Drucksache 7/5531 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 7/5643 –

Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Julitz.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! In den vergangenen Tagen wurde viel darüber diskutiert, warum einer Änderung des Rundfunkstaatsvertrages nicht zugestimmt und somit aktiv dem Votum einer unabhängigen Kommission widersprochen werden sollte. Ich möchte heute in Vertretung die Gelegenheit nutzen, Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, von den Proargumenten für diesen Antrag zu überzeugen. Ich denke nämlich, dass eine kontroverse Debatte sinnvoll ist, weil es die Notwendigkeit unterstreicht, nichtsdestotrotz lassen Sie uns sachlich bleiben und somit unabhängig von der Diskussion in anderen Bundesländern.

Ich denke, dass in der Vergangenheit schon viele flammende Reden für eine zukunftsfähige Medienwelt gehalten wurden, und deswegen sehen Sie es mir nach, dass ich jetzt nicht noch mal auf alle Formalien eingehe, wie die Kommission zur Entscheidung einer Erhöhung gekommen ist. Vielmehr möchte ich darlegen, was der Rundfunkstaatsvertrag für die Bundesrepublik bedeutet und warum damit unmittelbar sowie natürlicherweise auch Kosten verbunden sind.

Die Grenze zwischen den klassischen Medien und dem digitalen Angebot, das wir verständlicherweise wahrnehmen möchten, verschwimmen immer weiter. In diesem Sinne ist es eine logische Konsequenz, dass ExpertInnen einbezogen wurden, um in diesem Prozess Stellung zu beziehen. Es ist uns klar, dass der Rundfunkstaatsvertrag in seiner inhaltlichen Dimension in das Jahr 2020 passen muss.

Warum nun also eine Kostenerhöhung um 86 Cent auf 18,36 Euro im Monat? Die Frage lässt sich ganz einfach beantworten: Um weiterhin die bestmögliche Qualität im Öffentlich-Rechtlichen bieten zu können, um uns alle über das tägliche Geschehen informieren zu können. Gerade die vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt, wie wichtig eine solide Berichterstattung ist, zumindest unterstreichen die präsentierten Abrufzahlen von „Tagesschau“ und Co diese These.

Natürlich stimme ich der Debatte komplett zu, dass das Geld sinnvoll ausgegeben werden muss. Aber nun das Haar in der Suppe zu suchen und zu behaupten, an manchen Punkten werden Personen überbezahlt, die regionalen Defizite gefallen mir nicht und so weiter, wird der Ernsthaftigkeit der Lage ebenso wenig gerecht. Nie

mand wird hier behaupten, dass das Konzept vollendet ist und keinerlei Verbesserung bedarf. Mit einem Votum für die Erhöhung wird niemandem das Recht entzogen, auch zukünftig kritisch mitzuwirken. Und natürlich gehört es auch zur Demokratie dazu, dass nicht immer alle einer Forderung zustimmen. Es ist total in Ordnung, wenn einzelne Personengruppen den GEZ-Beitrag kategorisch ablehnen.

Dennoch wünsche ich der Debatte, dass wir die scheinbare Problematik ganzheitlich betrachten. Überwiegen die durchaus berechtigten kleineren Anmerkungen so gewichtig, dass es richtig erscheint, komplett gegen die Empfehlung zu stimmen? Ich möchte bei dieser Thematik gar keine Diskussion darüber führen, wer mit wem kooperiert und warum man sich dazu positionieren sollte. Ich denke, meine politische Meinung ist klar, ich vertraue vielmehr den ExpertInnen der unabhängigen Kommission, dass eine Erhöhung unausweichlich ist und auch nicht durch Umstrukturierung wegdiskutiert werden kann. Erhöhungen sind nie sonderlich beliebt, aber die Augen sollten wir vor dem benötigten finanziellen Zuschuss auch nicht verschließen.

Schlussendlich benötigen wir ein eindeutiges Votum der einzelnen Landesparlamente, um eine Umsetzung durchzusetzen. Wir wurden an dem Prozess beteiligt und genauso hätten wir schon seit Langem unsere Bedenken gegenüber der Kommission äußern können. Ich möchte eine zukunftsfähige Medienlandschaft mit einer bedarfsgerechten Ausstattung. Wenn die Kommission befindet, dass dafür 86 Cent zusätzlich notwendig sind, so vergebe ich dafür gern mein Votum. In diesem Sinne werbe ich um breite Zustimmung und hoffe, dass sich die Gemüter wieder ein wenig beruhigen. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Julitz!

Ums Wort gebeten hat nun die Ministerpräsidentin Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Wir hatten ja schon bei der Einbringung des Ersten Medienänderungsstaatsvertrages die Gelegenheit zu debattieren, und angesichts der Aktuellen Debatte und der Entscheidungen meines Kollegen Ministerpräsidenten Herrn Haseloff in Sachsen-Anhalt finde ich es wichtiger denn je, dass wir heute noch mal deutlich machen, warum die Landesregierung MecklenburgVorpommern, warum ich als Ministerpräsidentin – und ich weiß um die Zustimmung zumindest der Regierungsfraktionen hier – hinter diesem Medienänderungsstaatsvertrag und hinter der Gebührenerhöhung um 86 Cent stehe.

Ich habe schon bei der Einbringung deutlich gemacht, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine wichtige Säule in der Medienvielfalt unseres Landes ist und damit auch eine wichtige Säule der demokratischen Gesellschaft. Medienfreiheit, unabhängige Berichterstattung sind unerlässlich. Und es ist ein gutes Mittel, dass wir eine unabhängige Kommission haben, die den Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bestimmt. Den Finanzbedarf bestimmen nicht die Regierungschefs, bestimmen auch nicht die Parlamente, sondern der Finanzbedarf wird durch eine unabhängige Kommission ermittelt.

Ich will deutlich machen, dass diese unabhängige Kommission sehr kritisch auf die Finanzsituation des öffentlichrechtlichen Rundfunks schaut und kein Verdacht besteht, dass die Vorschläge zu üppig werden. Und das sieht man auch daran, dass die Rundfunkanstalten aus guten Gründen das Doppelte angemeldet hatten, und auch dafür bestimmt gute Gründe hatten, und die KEF sich in dieser Abwägung von Notwendigkeit der Finanzierung, aber auch Sparsamkeit für den Rundfunkbeitrag von 86 Cent entschieden hat. Und 16 Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben auf ihrer Konferenz am 12. März beschlossen, diesen Rundfunkbeitrag entsprechend dieser Empfehlung anzupassen.

Ich will auch noch mal in Erinnerung rufen, dass dieser Entscheidung eine langjährige intensive Debatte vorausging, ob man vielleicht zu einem neuen Finanzierungsverfahren kommt, dem sogenannten Indexverfahren. Wir persönlich hätten dafür Sympathie gehabt als Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, aber da gab es keine Einigung unter den Ländern, sodass wir uns dann für diese, ich sage mal, KEF-Empfehlung entschieden haben.

Es ist aber nicht so, dass wir einfach die 86 Cent hingenommen haben und einen grünen Haken drangemacht haben, sondern dass es eine intensive Diskussion war. Das ist mir sehr wichtig zu sagen, weil in den letzten Monaten und insbesondere in den letzten Tagen immer der Eindruck entstanden ist, na ja, ist ja kein Wunder, da kommen die Politiker und schieben mal den ÖffentlichRechtlichen Geld zu. Und so, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ist es nicht. Das trifft weder für die Politik zu, noch wird es den Ansprüchen, die der öffentlichrechtliche Rundfunk selbst hat, gerecht, denn der öffentlichrechtliche Rundfunk hat die Aufgabe, unabhängig, kritisch und vielseitig Medienberichterstattung zu machen, und das tut er auch. Man muss nicht immer mit jeder Berichterstattung zufrieden sein, darum geht es auch nicht bei dieser Gebührenerhöhung, sondern es geht schlicht darum, dafür zu sorgen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk weiter existieren kann.

Und selbst, wenn wir heute diese 86 Cent beschließen, ist es nicht so, dass der Norddeutsche Rundfunk mehr Geld bekommt, im Gegenteil, der Norddeutsche Rundfunk muss trotzdem 300 Millionen Euro bis 2024 einsparen, und das ist schon eine große Aufgabe. Und wir wissen, dass beliebte Programme, beliebte Formate deswegen auch wegfallen werden. Wenn wir die Gebühren ganz streichen, wie es Teile der Politik vorschlagen, oder jetzt nicht mal zu den 86 Cent kommen, wird es weitere Einschnitte geben müssen.

Und ohne die Erhöhung der Rundfunkbeiträge würden wichtige Teile des NDR in große Schwierigkeiten kommen, nicht nur die Orchester und die Film- und Kulturförderung, sondern auch die Landesfunkhäuser, darunter auch unser Landesfunkhaus Schwerin. Und ich finde schon, dass auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks das verdient haben, worüber hier oft im Parlament gesprochen wird, gute und faire Bezahlung. Und da kann man nicht einerseits immer sagen, die Leute sollen in unserem Land fair bezahlt werden, und sich an der Stelle, wo es auch mit Sicherheit nicht populär in der Bevölkerung ist, das will ich gar nicht verschweigen, sich einen schlanken Fuß machen und sagen, da trage ich eine Gebührenerhöhung, für die es eben nicht in der Bevölkerung Beifall gibt, nicht mit. Das ist nicht seriös, sehr geehrte Damen und Herren.

Heute gilt es deshalb, Farbe zu bekennen, Farbe zu bekennen für eine wichtige Säule der Medienlandschaft und damit für eine wichtige Säule der Demokratie. Es geht eben nicht um 86 Cent,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Oha!)

sondern es geht um die Prinzipfrage, stehen wir weiter zum öffentlichen Rundfunk oder nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und, sehr geehrte Damen und Herren, gerade in diesen Zeiten, gerade in den letzten Monaten, haben wir gesehen, wie viele Journalisten, nicht nur des öffentlichen Rundfunks, der verschiedenen Medien in unserem Land intensiv gearbeitet haben, um insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern über bewährte Formate, beliebte Formate, wie zum Beispiel dem „Nordmagazin“, aber auch neue Formate wie Livestream, wie Social Media, die breite Masse der Bevölkerung zu erreichen, die Bürgerinnen und Bürger, um sie tagaktuell, stundenaktuell über die aktuelle Corona-Lage zu informieren. Und ich denke, die Corona-Krise hat gezeigt, wie wichtig es ist für die Menschen, eben nicht Verschwörungstheorien oder Fake News zu bekommen, sondern klare Fakten,

(Holger Arppe, fraktionslos: Ha!)

mit guter Recherche und mit ehrlichem Pro und Kontra. Und das leistet der öffentlich-rechtliche Rundfunk, und ja, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist auch kritisch,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

zu Recht kritisch allen gegenüber, die politische Verantwortung tragen.

Und, sehr geehrte Da... – ach, stimmt ja, es gibt keine Damen! Sehr geehrte Herren der AfD-Fraktion, Ihnen geht es in Wahrheit nicht um,

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ihnen geht es in Wahrheit nicht um 86 Cent für die Bürgerinnen und Bürger. Ihnen geht es auch nicht um den kompletten Beitrag. Sie tun so, als ob Sie die Bürgerinnen und Bürger, gerade die, die vielleicht sagen, na eigentlich würde ich gern auf den Betrag verzichten, schützen. In Wahrheit geht es Ihnen darum, dass Sie den öffentlichrechtlichen Rundfunk am liebsten vernichten würden, weil es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie in anderen Medien,...