Protocol of the Session on December 9, 2020

Sie haben die verschiedenen Ausschüsse schon angesprochen, auch hier im Landtag ist ja im NSUUntersuchungsausschutz einiges zutage getreten und im Innenausschuss wird das weiterverfolgt. Meiner Überzeugung nach geht es der AfD jedoch nicht um die Sachaufklärung. Hauptanliegen ist es, den Verfassungsschutz, der der AfD aus den vorgenannten Gründen ein Dorn im Auge ist, zu diskreditieren, und auch diese Aktuelle Stunde zeigt, besonders Verfassungsfeinde haben Interesse an einem schwachen Verfassungsschutz. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Tegtmeier!

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Arppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Der Verfassungsschutz ist in der Tat eine merkwürdige Behörde, denn wie könnte es sonst sein, dass eine vom Verfassungsschutz als linksextremistisch und verfassungsfeindlich beurteilte Dame Richterin am höchsten Gericht dieses Landes ist? Und deswegen ist es auch richtig, den Verfassungsschutz in seiner derzeitigen Form infrage zu stellen und einer Reformierung zu unterziehen. Denn wem dient der Verfassungsschutz? In der Tat dient er den Regierenden bei der Bekämpfung der Opposition. Das ist doch ganz offensichtlich!

(Thomas Krüger, SPD: Das ist doch Schwachsinn!)

Deutschland ist das einzige sich demokratisch nennende Land, in dem der von den regierenden Parteien kontrollierte Geheimdienst die eigene Opposition überwacht und zu deren Diffamierung beiträgt.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Deutschland ist das einzige sich demokratisch nennende Land, wo die Regierung einen 1,1-Milliarden-Posten verabschiedet, der keinen anderen Zweck hat, als die freiheitlich-patriotische Opposition in diesem Lande

(Thomas Krüger, SPD: Oh, patriotisch auch noch! – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

zu bekämpfen, zu diffamieren, zu diskreditieren. Und ganz nebenbei ist das natürlich auch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Ihre sogenannte Zivilgesellschaft. Die wäre nämlich komplett arbeitslos. Die ganzen Gefolgsleute von Herrn Barlen und seinen komischen Storch-Truppen da

(Julian Barlen, SPD: Heerscharen, ja!)

werden ja auch von diesem Topf finanziert. Die wären alle arbeitslos, wenn es das nicht gäbe. Und deswegen brauchen Sie ja auch den Popanz dieser angeblich rechten Bedrohung

(Julian Barlen, SPD: Das sind alles sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen.)

und deswegen haben Sie auch überhaupt kein Interesse daran,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

deswegen haben Sie auch gar kein Interesse daran, dass zum Beispiel diese 1,1 Milliarden Euro auch für die Bekämpfung des Linksextremismus und des Islamismus Verwendung finden. Sie brauchen den Rechtsextremismus, und deswegen wird dieser Strohmann ja auch mit größter Hingabe gepflegt für die Legitimierung Ihrer Politik.

Und Sie haben überhaupt kein Interesse an der Bekämpfung des Islamismus, weil der Islamismus ist eine – hier in Deutschland, wie er hier auftritt und wirkt –, eine direk

te Folge Ihrer verfehlten Migrationspolitik, und würden Sie dem Islamismus die Aufmerksamkeit schenken, die er verdient, wäre das gleichzeitig ein Eingeständnis Ihres eigenen politischen Versagens. Und deswegen wollen Sie das nicht und deswegen wird das unter den Tisch gekehrt, und deswegen betreiben Sie hier auch ständig diese lächerliche Diskursverschiebung zur Identitären Bewegung und zu Querdenkern und was nicht noch alles. Noch kein Mitglied der Identitären Bewegung hat jemals eine Gewalttat verübt oder jemanden umgebracht gar oder sonst irgendwas, von den Querdenkern ganz zu schweigen. Aber bei den Islamisten ist es etwas ganz anderes und bei den Linksextremisten auch. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU Frau von Allwörden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die AfD hat heute ein sehr vielsagendes und dabei gleichzeitig sehr nichtssagendes Thema angemeldet. Einerseits soll es um islamistischen Terror gehen, andererseits auch um die Frage, wen der Verfassungsschutz schützt. Allein die Bezeichnung dieser Aktuellen Stunde folgt typischer AfD-Logik: erstens vieldeutige Andeutungen machen, zweitens nichts genau wissen, aber umso mehr raunen, und drittens, Dinge in Zweifel ziehen, ohne über echte Indizien zu verfügen. Es ist die gleiche Logik im Übrigen auch, mit der sogenannte Impfskeptiker, Reichsbürger oder vermeintliche Querdenker operieren. Das Ziel dabei ist immer dasselbe: Wahrheit soll zu einer Frage des Standpunktes pervertiert werden. Und der – zum Glück scheidende – amerikanische Präsident würde von „alternativen Fakten“ sprechen.

Immerhin, das gestehe ich der AfD-Fraktion zu, ist die heutige Aktuelle Stunde immerhin mutig. Dass ausgerechnet die AfD-Fraktion, um deren Verfassungstreue es nachweislich nicht zum Besten bestellt ist – zumindest,

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Haben Sie eben Impfskeptiker auf eine Stufe mit Anis Amri gestellt?)

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das ist schon sehr gewagt!)

zumindest für die AfD als Partei gilt das –, den Verfassungsschutz zum Thema macht, doch, das nenne ich ganz gewiss schon mutig.

Meine Damen und Herren, obwohl die Bezeichnung der Aktuellen Stunde – ich erwähnte es ja – sehr vieldeutig ist, haben wir ja nun gehört, ganz eindeutig, worum es Ihnen wirklich geht, meine Herren. Es geht um den Fall Amri und es geht um die Frage, welche Rolle unser Verfassungsschutz bei der Aufklärung der Hintergründe des Attentates gespielt hat. Und dabei geht es insbesondere um die Frage, warum das hiesige Landesamt für Verfassungsschutz nach dem Attentat einen möglichen Hinweis auf Hintermänner des Täters als nicht weiterleitenswert eingestuft hat. Erst einmal stelle ich hierzu fest, dass weder Sie noch ich die vermeintlich vorenthaltenen Informationen genau kennen.

(Nikolaus Kramer, AfD: Deshalb stellen wir auch die Fragen!)

Mehr noch, weder Sie noch ich wissen, ob die Information werthaltig war oder nicht.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Information damals als „nicht werthaltig“ eingestuft. Ob es mit dieser Einschätzung recht hatte, wissen wir nicht.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das sollten Sie aber wissen!)

Wir wissen lediglich, dass es die Information nicht weitergeleitet hat. Und Innenminister Renz hat es schon ausführlich erklärt, ich tue es aber trotzdem noch einmal: Nach allem, was wir wissen, spricht vieles eher dafür, dass die Information eben nicht werthaltig war.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sie wissen doch nichts, haben Sie doch gerade gesagt.)

Ich sagte: Nach allem, was wir wissen, spricht es eher dafür. Hören Sie mir auch genau zu!

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sie wissen doch nichts, haben Sie doch vorher gesagt!)

Und sollte sie doch werthaltig gewesen sein – immer bis zu Ende zuhören! –, sagt das nichts darüber aus, ob das Landesamt für Verfassungsschutz nicht trotzdem korrekt gehandelt hat,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Abteilung!)

indem es die Information eben nicht weiterleitete, denn entscheidend ist die Frage, ob die Beamten entsprechend ihrer fachlichen Ausbildung eine begründbare Einschätzung getroffen haben. Dies kann sich im Ergebnis dennoch als falsch erweisen. Entscheidend ist: Mussten die Beamten von etwas anderem ausgehen?

Ich weiß, dass das gerade für Sie von der AfD alles ungeheuer verwirrend sein muss. Sie interessiert nur die Schlagzeile oder, um es eben in den Worten Ihres Parteichefs zu zitieren, das „Rumgeprolle“. Deswegen noch mal etwas kürzer für den Laien: Man kann eine fachlich absolut einwandfreie Entscheidung treffen und trotzdem danebenliegen – obwohl im vorliegenden Fall noch nicht einmal klar ist, ob die Beamten wirklich danebengelegen haben oder nicht.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Oder ob sie eine fachlich richtige Entscheidung getroffen haben.)

Ich weiß, dass dieser Umstand auch die Fraktion DIE LINKE – insbesondere Herrn Ritter – fuchsig macht. Wenn man seine Interviews liest, dann könnte man auf die Idee kommen, dass Ihre Idealvorstellung von geheimdienstlicher Arbeit vor gut 30 Jahren auf der Schutthalde der Geschichte gelandet ist. Tatsache ist, dass im deutschen Rechtsstaat unterschiedliche Ermittlungsbehörden unterschiedliche Aufgaben haben. Das gleichzeitige vollständige Vorliegen aller möglichen Informationen

in allen Ermittlungsbehörden ist tatsächlich nicht gewollt. Und wissen Sie was? Das ist auch richtig so!

Kommen wir zurück zur AfD und zu den Haltungsnoten für unser Landesamt für Verfassungsschutz. Ich bekenne sehr offen, dass mich der Auftritt des ehemaligen Chefs des Landesamtes für Verfassungsschutz im hiesigen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss NSU ein wenig, ich sage mal, ratlos gemacht hat. Meine Haltung dazu,

(Julian Barlen, SPD: Das war eine Unverschämtheit!)

meine Haltung dazu lässt, so glaube ich, auch keinen Zweifel dazu offen. Gleiches mag für die Kolleginnen und Kollegen in Berlin gelten, die kürzlich den amtierenden Verfassungsschutzchef eingeladen haben. Auch wenn beide Auftritte nichts miteinander zu tun haben, so gibt es bei allen Unterschieden auch Gemeinsamkeiten, und die nähren den Eindruck, dass man das durchaus anders und besser hätte machen können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oder das System, was dahintersteckt.)

Und daran, meine Damen und Herren, müssen wir arbeiten, und zu dieser Auffassung stehe ich auch.

(Nikolaus Kramer, AfD: Und genau danach fragen wir.)

Aber darum geht es heute nicht. Heute geht es der AfD darum, in Zweifel zu ziehen, dass der Verfassungsschutz seiner Aufgabe nachgeht.