Protocol of the Session on October 29, 2020

Vielen Dank, Herr Schulte!

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Lieber Kollege Schulte, ich schätze Sie wirklich sehr, auch in der kollegialen Zusammenarbeit, die uns jetzt schon einige Zeit begleitet, aber ich muss Ihnen sagen, mit einigen Passagen Ihrer Rede jetzt zum Schluss haben Sie viel von dem kaputt gemacht, was wir in mühevoller Kleinarbeit gestern und heute auf den Weg gebracht haben. Und ich bedauere ein Stück weit, dass Bestandteil auch dieser Zusammenarbeit war, dass wir unseren Dringlichkeitsantrag zurückgezogen haben. Also so einen Schlag ins Gesicht habe ich schon lange nicht mehr gekriegt. Das will ich hier in aller Deutlichkeit sagen!

Und nein, es ist nicht das erste Mal, dass das Parlament einbezogen worden ist in die Erarbeitung von abmildernden Maßnahmen der Corona-Krise. Ich erinnere hier an die Debatten zu den Nachtragshaushalten, wo wir angefragt worden sind, schon im Vorfeld, wo unsere Vorschläge erbeten worden sind, wo wir geliefert haben, wo das eine oder andere auch in meiner Fraktion Widerspiegelung gefunden hat, aber Einbeziehung des Landtages ist aus Sicht meiner Fraktion eben etwas anderes. Die Regierungsfraktionen sitzen wie selbstverständlich – das ist ihre Aufgabe, ihr gutes Recht – mit am Kabinettstisch, auch dann, wenn sie sich mit Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Ebene, der Wirtschaft, der Tourismusverbände und, und, und zu den Corona-Gipfeln treffen. Wir sitzen am Katzentisch. Wir erfahren bestenfalls – auch dafür sind wir dankbar – in abendlichen oder nächtlichen Telefonaten über die Ergebnisse, die in diesen Runden gefasst worden sind. Wir haben aber keinerlei Einfluss darauf, wie diese Ergebnisse zustande gekommen sind. Wir können bestenfalls – dafür bin ich dankbar – unsere Vorschläge unterbreiten, aber wir können sie in die Entscheidungsprozesse nicht mit einbringen. Das aber ist Einbeziehung des Landtages.

Und es ist natürlich so, ich ziehe mir die Hosen doch auch nicht mit der Kneifzange an, hier seit über 25 Jahren, dass ich nicht wüsste, wie parlamentarisches Handeln und Regierungshandeln ist, aber zu sagen, wir können in wichtigen Entscheidungen doch nicht erst warten, bis die nächste Landtagssitzung ist, das ist ein an den Haaren herbeigezogenes Argument. Erstens ist es in regulären Ausschusssitzungen oder Landtagswochen nicht nur einmal der Fall gewesen, dass man bei wichtigen Angelegenheiten eine Erste und eine Zweite Lesung in der Landtagssitzung durchgeführt hat, um zum Ergebnis zu kommen. Punkt! Aber etwas anderes ist auch möglich, wenn nämlich, wenn nämlich heute nicht zufällig Landtagssitzung gewesen wäre, dann wäre auch die Möglichkeit gewesen, eine Sondersitzung des Parlamentes einzuberufen, möglicherweise auf Vorschlag der Regierungsfraktionen, um dem Parlament die Möglichkeit zu bieten,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

über das, was gestern in Berlin auf den Weg gebracht worden ist, hier zu diskutieren. Tun Sie doch nicht so, als gäbe es solche Möglichkeiten nicht!

(Beifall Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

Das ist unkollegial! Das will ich Ihnen hier ganz deutlich sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Und wenn sich herausstellt, Frau Ministerpräsidentin, wenn sich herausstellt, dass die Argumentationslinie des Kollegen Schulte uns heute hier auf einen Pfad geführt hat, der in einer Eintagsfliege endet, und die parlamentarische Einbeziehung des Landtages eben nicht so stattfindet, wie sie bundesweit gefordert und diskutiert wird, dann – kann ich Ihnen hier 100-prozentig versprechen – bringen wir unseren Antrag wieder ein und wir reden im Dezember wieder. – Herzlichen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Ritter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Renz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will beginnen und eingehen auf den letzten Redebeitrag von Herrn Ritter.

Ja, Herr Ritter, ich gebe Ihnen recht, dass wir darüber diskutieren sollen, und nicht nur diskutieren, sondern auch darüber streiten, in welcher Art und Weise das Parlament oder die Ausschüsse, wie auch immer, mehr einbezogen werden. Das ist meine ganz klare Auffassung. Dazu haben wir als CDU-Fraktion – so wurde mir jedenfalls berichtet – einen Antrag im Rechtsausschuss gestellt, nämlich eine Expertenanhörung durchzuführen.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Und dem sind alle Fraktionen einstimmig gefolgt, und jetzt muss man diese Expertenanhörung auswerten. Und wir brauchen keine Anhörung zu machen, wenn man daraus keine Schlüsse zieht. Und in welcher Form wir dann darauf reagieren, das sollten wir weiter offen diskutieren.

Und ich will noch mal ganz klar sagen, es geht nicht darum, dass dieses Parlament jede Verordnung beschließt, darum geht es nicht, sondern ich komme auf den Ausgangspunkt der heutigen Regierungserklärung unseres Dringlichkeitsantrages zurück: Es geht darum, zu debattieren, unterschiedliche Auffassungen hier auf den Tisch zu legen, aber auch als Parlament Beschlüsse zu fassen und gegenüber der Bevölkerung zu signalisieren, dass wir uns damit inhaltlich auseinandersetzen, um die Bevölkerung mitzunehmen, und das – das muss ich mit Verlaub sagen – ist mir jetzt zum Schluss wieder etwas zu kurz gekommen.

Ich hatte auch leider heute nicht die Möglichkeit, hier im Plenum meine Fragen zu stellen. Das ist auch zumindest für mich jetzt eine neue Qualität gewesen, dass Leute wie Herr Förster oder auch Herr Professor Weber jetzt nicht bereit waren, sich Fragen zu stellen.

(Horst Förster, AfD: Ja, genau.)

Das mag an der Zeit gelegen haben, aber Fakt ist, und dazu hatte ich Sie gebeten und aufgefordert, und das

wäre auch meine Fragestellung gewesen: Welche konkreten Vorschläge machen Sie denn der Öffentlichkeit? Welche konkreten Vorschläge machen Sie denn diesem Parlament, die wir zur Abstimmung stellen wollen? Das haben Sie nicht getan.

Es ergibt sich doch ganz klar die Frage: Wenn die Inzidenz in Mecklenburg-Vorpommern jetzt bei 36 liegt, welche Position haben Sie dazu? Sie können die Position haben, dass Sie diese Zahl nicht anerkennen. Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit Ihrer Fraktion aber diese Zahl anerkennt, und diese Zahl bedeutet in MecklenburgVorpommern in dieser Woche 579 Infektionen. Und dann stellt sich doch die Frage, und diese Frage wollte ich Ihnen stellen: Sehen Sie Handlungsbedarf?

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

Wir alle wissen, dass vor Wochen wir ewig weit weg waren, das habe ich vorhin schon zugegeben. Und wenn Sie sich die sieben Tage anschauen, wie setzt sich die Zahl 579 zusammen, dann haben wir eben am 25. Oktober nur 33 gehabt. Und 33 Infektionen haben wir gefühlt vor zwei Monaten nicht mal in einer Woche gehabt. Das war aber an einem Tag, das war der kleinste Wert. Jetzt haben wir also fast 600 Infektionen am Tag in Mecklenburg-Vorpommern, und Sie müssen doch dann die Frage beantworten – müssen Sie nicht, aber ich erwarte das von Leuten, die verantwortlich Politik machen –, a) wollen Sie handeln und b) wenn ja, wie. Diese Antworten sind Sie schuldig geblieben.

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

Sie haben sich aus meiner Sicht keiner Diskussion gestellt. Bei Ihren Rednern waren keine Lösungsansätze zu hören.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Herr Kramer hat, wenn ich das richtig mitbekommen habe, zwei Dinge in den Raum gestellt, einmal das Thema Masken und einmal das Thema Testen. Das hat er kurz angerissen. Ich will der Öffentlichkeit sagen, wie die AfD agiert in diesem Zusammenhang. Es ist doch kein Geheimnis, Herr Professor Weber, Sie artikulieren das doch überall, dass, solange keine Maskenpflicht angeordnet ist, Sie nicht mal bei der Bitte, eine Verpflichtung in Betracht zu ziehen, da sind Sie doch der Erste, der für die Fraktion spricht und sagt, aber nicht mit mir. Also inwieweit ist denn überhaupt dieser Vorschlag, der so ansatzweise von Ihrem Fraktionsvorsitzenden hier in den Raum gestellt wurde, inwieweit ist der denn überhaupt ehrlich gemeint und nachvollziehbar?

Und Sie machen weiterhin Folgendes: Sie stellen eine Zahl in den Raum, nämlich, dass zehn Intensivbetten belegt sind. Diese Zahl stimmt.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ja, eben!)

Ich hätte auch mal die Frage an Sie gehabt: Wissen Sie überhaupt, oder sollte man in diesem Zusammenhang der Bevölkerung nicht sagen, wie viele Intensivbetten wir denn in diesem Land zur Verfügung haben?

(Dr. Ralph Weber, AfD: Über 500.)

Über 500?! Wir haben 108, die jetzt noch frei sind für die intensive Behandlung von Covid-Patienten. Wir haben

aktuell im Krankenhaus im Intensivbereich 51 belegte Betten und wir haben noch 335 Betten. Und dann nehmen Sie doch mal diese Frage in dem folgenden Zusammenhang hin und versuchen Sie, darauf eine Antwort zu finden! Klar ist es so, dass wir jetzt eine Auslastung haben dann insgesamt bei den Intensivbetten von 13 beziehungsweise bei denen mit medizinischer Intensivbehandlung von 8,5, aber dort stand doch noch vor vier/fünf Wochen die Zahl 0 oder 1 in Prozent. Jetzt sind wir aber in kürzester Zeit auf circa 10 Prozent gekommen. Und jetzt sagen Sie doch in dem Zusammenhang, dass in den letzten Tagen wir bei einer Inzidenz von 35 sind und möglicherweise absehbar auf 50. Wie wollen Sie reagieren?

Herr Förster hat einmal kurz angerissen, ja, es sind zehn Betten, er kann das nicht so einschätzen. Ja, aber das ist doch Ihre Aufgabe als Politik! Beschäftigen Sie sich denn mit den Zahlen? Wann laufen denn die Intensivbetten voll, Herr Förster? Können Sie diese Frage beantworten? Und da empfehle ich Ihnen, sich wissenschaftlichen Rat zu holen. Wir haben das heute Morgen als Fraktion gemacht. Ich empfehle Ihnen intensiv, auf Herrn Professor Hübner zuzugehen von der Uni Greifswald und gleichermaßen ein Professor, der Kollege – einen Moment, damit Sie sich auch vertrauensvoll an sie wenden können –, Professor Kaderali. Die befassen sich wissenschaftlich damit und die sollen nicht dazu gehören, hier Panik zu verbreiten.

Und ich hatte es eigentlich nicht vor, in Größenordnungen hier mit Ihnen Zahlen zu diskutieren, aber da Sie als Fraktion, und ich glaube, auch die Öffentlichkeit, nur wenig Vorstellungen davon haben, in welchem Bereich wir uns bewegen, will ich das sehr gerne tun. Wir haben seit einer Woche ungefähr Unterlagen zur Verfügung, aus denen hervorgeht – und die Unterlagen sind in etwa schon eine Woche alt –, dass am 30.10. wir die Inzidenz von 35 überschreiten. Heute ist der 29. beziehungsweise wir waren im Prinzip schon am 28. drüber. Diese Prognosen sind aufgestellt worden vor Tagen und es wird immer wieder gesagt bei Ausführungen – deswegen empfehle ich Ihnen, dass Sie sich solche Fachleute auch einladen –, dass man sich mit diesen Zahlen auseinandersetzt. Und die Zahlenreihe sagt, wenn Sie keine Maßnahmen treffen, dann werden wir um den 07.11. herum eine Inzidenz von über 50 haben. Dann sind wir im roten Bereich und dann ist es politisch unverantwortlich, sich hier hinzustellen und zu sagen, jetzt sind zehn Intensivbetten belegt und schauen wir mal, was passiert. Und Sie müssen die Frage beantworten: Reicht es aus, der Bevölkerung zu sagen, seid bitte etwas vorsichtiger? Diese Frage muss diskutiert werden.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und wenn wir schon bei Zahlen sind, ich stelle mich auch gerne zur Verfügung, Ihnen die zur Verfügung zu stellen,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Die haben wir alle.)

aber es macht, glaube ich, mehr Sinn, in Einzelgesprächen auf Sie zuzugehen. Wenn Sie diese Gruppendynamik haben, dann wird es sehr, sehr schwierig, hier inhaltlich zu diskutieren. Und dann sage ich Ihnen, am 21.11. soll die Zahl bei über 100 liegen. Und dann stellt sich doch die Frage, was müssen wir daraus schlussfolgern und müssen wir reagieren und, wenn ja, wie. Ich habe das schon zu Beginn meiner Ausführungen gesagt. Und

wenn Ihnen die Wissenschaft sagt, dass dieser Anstieg exponentiell verläuft und nachgelagert die Belegung der Intensivbetten vonstattengeht –

(Der Abgeordnete Horst Förster bittet um das Wort für eine Anfrage.)

und ich werde meine Ausführungen jetzt im Zusammenhang ausführen und hier keine Zwischenfragen beantworten –,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Rainer Albrecht, SPD: Sehr gut!)

wenn das so abläuft, dann stellt sich doch die Frage, wann ist unser Gesundheitssystem überlastet, und dann werden Sie Zahlen bekommen. Ich hatte Ihnen ja gesagt, in welchem Bereich wir uns ungefähr so bewegen, was wir an Bettenkapazität haben, insgesamt dann Intensiv- und Beatmungsgeräte. Das können Sie ja alles selbst noch mal nachvollziehen.

Und wenn es dann so sein sollte, dass wir im Januar möglicherweise Patienten dann nach diesen Berechnungen von 3.455 zu erwarten haben, die den Intensivbereich in unseren Krankenhäusern nutzen müssen, dann können Sie gerne im Detail diskutieren, ob ein 25-Jähriger noch so stark betroffen ist oder nicht. Ich sage Ihnen, bei diesen Zahlen ist Handlungsbedarf und wir müssen uns der Frage stellen,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

zumindest die, die in Regierungsverantwortung sind, wollen wir diesen Zustand sehenden Auges in Kauf nehmen oder wollen wir es nicht.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)