Herr Kollege Koplin, ich glaube, ich darf mich erst mal bei Ihnen für die faire Herangehensweise bedanken. Es ist, glaube ich, kein Geheimnis, dass Sie den Antrag hier auch den Koalitionsfraktionen im Sommer angeboten haben für eine gemeinsame Initiative. Und da wir dies abgelehnt haben, ist es natürlich folgerichtig, dass Sie den Antrag heute hier alleine einbringen.
Richtig ist, dass es solche Initiativen in anderen Landtagen gab, durchaus auch mit CDU-Beteiligung, in Hessen beispielsweise. Dort waren die GRÜNEN in der Koalition der Initiator dieses Themas. Aber, Herr Kollege Barlen, es gibt ja auch innerhalb der SPD ein buntes Meinungsbild zu einzelnen Themen,
und von daher haben wir als eigenständige Fraktion logischerweise auch eine eigene Position zu dem Thema. Und ich glaube, das ist auch vernünftig.
Auch im Bund, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat sich die CDU/CSU-Fraktion gegen eine Gesetzesänderung des Transfusionsgesetzes artikuliert. Dort gab es ja von den GRÜNEN entsprechenden Änderungsbedarf.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wurde das Transfusionsgesetz im Mai um folgenden Passus ergänzt, ich zitiere: „Die Bewertung des Risikos, das zu einem Ausschluss oder einer Rückstellung von bestimmten Personengruppen von der Spende führt, ist im Fall
neuer medizinischer, wissenschaftlicher und epidemiologischer Erkenntnisse zu aktualisieren und darauf… zu überprüfen, ob der Ausschluss oder die Rückstellung noch erforderlich ist, um ein … Gesundheitsschutzniveau von Empfängerinnen und Empfängern von Blutspenden sicherzustellen.“
Auf Bundesebene – und das ist auch schon mehrfach erwähnt worden – gibt es zudem eine Risikobewertung der Selbstverwaltung als Richtlinie der Bundesärztekammer. Und das ist die maßgebliche Fachmeinung, meine sehr verehrten Damen und Herren, die wir auch hier ein Stück weit zur Kenntnis nehmen sollten. Dort, glaube ich, sitzt da auch eine gewisse Kompetenz.
Inhaltlich, das will ich auch sagen, scheint mir eine Liberalisierung allerdings auch nicht ganz unplausibel. Diskriminierungen – und da sind wir uns hoffentlich hier im Haus alle einig – sind natürlich abzulehnen. Und deswegen sind wir auch froh, dass wir beim Abbau der Diskriminierung gegenüber Homosexuellen, glaube ich, auch hier im Land in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr gut vorangekommen sind. Das Blutspendeverbot ist schon ein Relikt aus den 80er-Jahren, als Aids unkontrollierbar war und auch keine hinreichenden Präventions- und Kontrollmöglichkeiten vorhanden waren.
Andererseits ist es aber nach wie vor auch so, dass das Sexualverhalten ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko für durch Blut übertragene schwere Infektionskrankheiten trägt. Der Gesundheitsminister ist darauf eingegangen. Das Infektionsrisiko könnte aufgrund mittlerweile erhöhtem Testaufwand bei der Konserve zwar weitgehend umgangen werden, aber ein überschaubares Restrisiko ist nicht auszuschließen, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn wenn es signifikante Unterschiede zwischen zwei Testreihen von Menschen mit jeweils unterschiedlicher sexueller Präferenz gibt, reicht eine sehr wahrscheinlich vorhandene menschliche Fehlerquote bei den Testungen aus, damit dieses Risiko weiter abgebildet wird.
An dieser Stelle könnte man entweder sagen, dass es sich um solch einen verschwindend geringen Promilleanteil an Konserven handelt, dass dieses Restrisiko auszublenden sei und zudem eine Diskriminierung Homosexueller nicht rechtfertigt – das ist ja ein Stück weit die Argumentation der Antragsteller –, oder man stellt sich auf den Standpunkt, dass der Schutz des Blutempfängers unbedingt vollumfänglich zu gewährleisten ist.
Ich und meine Fraktion, wir tendieren hier eher zu Letzterem, vor allem auch aufgrund der soeben zitierten Gesetzesänderung beim Bundestransfusionsgesetz. Hier ist ja die Möglichkeit einer Liberalisierung bewusst offengelassen worden. Abseits dessen hielt ich eine Liberalisierung auch nur für den Fall gerechtfertigt, in dem nicht ausreichend Blutkonserven zur Verfügung stünden. Letzteres besteht aus meiner Sicht nicht. Die Gefahr, auch in der aktuellen Pandemie sehe ich diese Gefahr nicht.
Man darf es sich, meine sehr verehrten Damen und Herren – und das merken Sie hoffentlich an meinen Ausführungen –, nicht leichtmachen. Das sehen Sie in der Abwägung, spricht in unseren Augen aber mehr gegen als für diesen Antrag. Und deswegen werden wir ihn ablehnen. Ich bedanke mich aber für diese sachliche und, ich finde, auch sehr konstruktive Debatte bei diesem sehr wichtigen Thema. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Ich bin schwul. Ich bin schwul, und warum soll mein Blut weniger wert sein als deins?“ Zitatende.
Auf eine Antwort wartet der Verfasser dieser Frage noch immer. Ich würde ihm ja sagen, 1 : 10 Millionen. 1 : 10 Millionen, so gering ist das Risiko in Deutschland, sich durch eine Blutspende mit HIV zu infizieren, 1 : 10 Millionen.
Und der spannende Punkt ist – und, werte Kollegen von der AfD, ich möchte es mir ersparen, ehrlich gesagt, auf Ihre Rede einzugehen. Da setze ich mich lieber mit den Kollegen der CDU und der SPD auseinander, die hier vernünftige und konstruktive Redebeiträge zum Thema abgeliefert haben. Aber zu Ihrer Wortrede, ehrlich gesagt, möchte ich gar keine Zeit, damit möchte ich gar keine Zeit verschwenden.
Blut ist Blut, das ist das wesentliche Thema. Und ob nun jemand homo- oder bisexuell ist oder transsexuell oder heterosexuell, Blut ist Blut und jede Blutspende wird auf dieselbe Art und Weise getestet. Und bei jeder Blutspende verbleibt auch das gleiche Restrisiko. Und genau deshalb gibt es ja die Initiativen auf Bundesebene, das Transfusionsgesetz zu ändern, weil man diesen ganz einfachen Fakt einfach mal einsieht. Und das ist auch richtig so. Es ist absolut unverständlich, dass eine Gruppe von Menschen in Bezug auf Blutspenden oder von Blutspenden ausgeschlossen wird, diskriminiert wird. Und das sind homo- und bisexuelle Männer, das sind Transfrauen und Transmänner, auch sie sind betroffen. Und ich finde, jeder Mensch, der helfen möchte, der sollte auch helfen können.
Die Frage nach der sexuellen Orientierung – das sagte der Kollege Barlen auch schon – ist ein Relikt, ein Relikt, das aus unserer Sicht abgeschafft gehört. Und Ursache dieser Ungleichbehandlungen sind Vorurteile, die dazu führen, dass homo- und bisexuelle Männer nur dann Blut spenden dürfen, wenn sie zwölf Monate lang keinen Geschlechtsverkehr hatten. Zwölf Monate! Unverständlich und lebensfremd nicht nur, weil wir alle gerne Geschlechtsverkehr haben,
Ich hoffe, damit können Sie umgehen, mit dem Thema. Ich möchte Sie nicht verunsichern, gar keine Frage,
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und Jens-Holger Schneider, AfD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
dass ich mal allen Menschen, unabhängig von ihrer Sexualität und ihrer geschlechtlichen Identifikation, unterstelle, dass sie gerne Liebe machen.
Aber wir gehen alle zur Blutspende und dann werden wir gefragt, ob wir die letzten zwölf Monate, wenn ich ein homosexueller Mann wäre, werde ich gefragt, hatten Sie die letzten zwölf Monate Sex. Und dann sage ich Ja, und dann darf ich kein Blut spenden. Das ist doch absurd!
Ich gehe erst mal davon aus, dass heterosexuelle Männer und Frauen auch Sex haben. Und da will ich noch gar nicht die Debatte aufmachen, wie viele heterosexuelle Männer und Frauen vielleicht mehr als nur die eine oder den einen Partner haben.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Torsten Renz, CDU: Ja, jetzt wird es langsam spannend.)
Ich will ja niemandem was unterstellen, aber so was soll ja in den besten Familien vorkommen, nicht wahr? So, also das ist schon ziemlich absurd,
Der Europäische Gerichtshof hat 2015 schon geurteilt, dass der Ausschluss von der Blutspende gegen die Grundrechte verstößt und gegen das Diskriminierungsverbot. Dann war sozusagen die Lösung diese Frage nach dem einjährigen Verzicht. Aber selbst Medizinerinnen und Mediziner haben mehrfach festgestellt, dass diese Sperrfrist Quatsch ist, dass sie auf keinerlei wissenschaftlicher Erkenntnis fußt. Und auch die Deutsche Aidshilfe sagt ganz klar, man sollte sich an dem diagnostischen Zeitfenster orientieren, nämlich der Zeit zwischen Infektion und dem sicheren Nachweis einer Infektion. Und das sind längstens fünf bis zwölf Wochen. Wenn wir das Thema schon medizinisch angehen wollen, dann müssen wir es auch richtig machen, und dann muss man den Infektionszeitraum in den Blick nehmen, und das sind fünf bis zwölf Wochen.
Viele andere Länder sind uns voraus: Bulgarien, Portugal, Spanien. Kein Wunder, schließlich gehen aktuelle Schätzungen davon aus, dass rund 15 Prozent der Weltbevölkerung homo- oder bisexuell sind. 15 Prozent! Und wir möchten auf deren Blutspenden verzichten?! Was für ein Irrsinn!